Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Dann wird das Ganze der Bundesregierung zugeleitet, die leitet das dem Bundestag zu, dann werden wir uns medientechnisch mit dieser Frage mindestens bis September beschäftigen. Die Schlauen haben ja schon die Terminleiste herausgefiltert, hier 15., 26. April bieten wir ja an, im Bundesrat diesen Weg zu gehen. Dann erreicht dieses Gesetz den Bundestag und die werden wahrscheinlich auf Zeit spielen. Entweder lehnt Schwarz-Gelb es gleich ab, was zu erwarten ist, aber Sie haben die

mediale Hoheit möglicherweise, oder die lassen sich im Bundestag irgendetwas einfallen,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Es geht nicht auf Bundesebene, Herr Renz. Das hab ich Ihnen vorhin schon gesagt.)

dass es zur Verschiebung dieser Gesetzgebung in den September kommt. Ich kann Ihnen nur sagen, das ist ein symbolischer Akt. Das ist Politik, um Leute zu beschäftigen, die uns in der Sache nicht weiterbringt. Da sollten sich lieber die Landesregierungen jetzt in dem nächsten halben Jahr die Zeit nehmen und inhaltliche Politik in ihrem Lande machen.

Zum Thema Klage: Das kann man natürlich so machen, auf ein Gutachten verweisen. Ich habe natürlich an- dere entsprechende Gutachten, die ich auch lese, die zu gegenteiligen Auffassungen kommen. Ich würde ganz einfach sagen, die Klage soll auf den Weg gebracht werden, von wem auch immer, und dann wird zu gegebener Zeit entschieden und wir werden sehen, wie das Gericht entscheidet und was es für politische Konsequenzen hat.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Sie stimmen also unserem Antrag zu. Das ist aber schön.)

Also insofern sollte man auch diesen Punkt sehr entspannt sehen. Es gibt ja noch ein drittes Szenario, was Sie bewegen können, und zwar ist das ein sogenanntes Ergänzungsgesetz, was Sie ja entsprechend blockieren können im Bundesrat, wo es noch mal um die Festschreibung dieses Ausbildungsbonusses in Höhe von 15 Euro geht. Das sind aber kosmetische Reparaturen, die inhaltlich an der Sache nichts bringen, sondern Sie werden Deutschland jetzt ein halbes Jahr oder acht Monate noch beschäftigen mit Scheindebatten, die am Ende nichts substanziell in der Sache ändern werden. So viel zum Antrag, zu der Verfahrensweise, die hier durch DIE LINKE angeschlagen wird.

Ich möchte ein paar Dinge noch mal andiskutieren. Mir geht es vor allem noch mal um die Wahlfreiheit. Ich muss sagen, die Antwort der Kollegin der GRÜNEN war für mich in dem Sinne nicht überzeugend. Wenn ich Sie frage, Wahlfreiheit, ja oder nein, und Sie sagen, ja, und Ihre Maßnahme ist dann in Anführungsstrichen nichts anderes als die verbesserte Ausstattung von Kitas, dann habe ich damit ein Problem. Wo ist da eine Wahlfreiheit, wenn Sie den Fokus nur auf diese eine Maßnahme legen wollen? Ich kann das so nicht nachvollziehen.

Und ich muss sagen, auch wenn ich jetzt hier zum Beispiel das Protokoll noch mal von der letzten Bun- desratssitzung nehme, die sich mit diesem Thema befasst hat im Dezember, wo es ja da nicht zur Mehrheit kam, um den Vermittlungsausschuss anzurufen, wenn ich dort mal zitiere, Frau Kraft: „Echte Wahlfreiheit, wovon immer so gerne gesprochen wird, ist bei weitem noch nicht vorhanden.“ Also auch die SPD-führende Vertreterin sagt „Wahlfreiheit“, aber sämtliche Diskussionen danach beziehen sich immer nur auf die Ausgestaltung der Kitas.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, natürlich, was denn sonst? – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und da kann ich Ihnen sagen, ich glaube, das kann nicht ernst gemeint sein, dass Sie so dem Anspruch gerecht werden wollen, dass das Wahlfreiheit ist.

Und wer sich mal die Reden aus der Bundesratsdebatte ein bisschen zu Gemüte gezogen hat, der wird ja dann auch sehen, da sind Dinge thematisiert worden, ich will das nur stichpunktartig aufgreifen, um vielleicht inhaltlich das eine oder andere noch mal hier für die Öffentlichkeit zu ergänzen, dass Frankreich seit dem Jahr 2008 für die Altersstufe der Ein- bis Zweijährigen gesonderte Maßnahmen ergreift, nämlich alternativ zur Krippe, so wird es dort ausgeführt, ein Betreuungsgeld von mehr als 500 Euro einführt.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Ich will nur sagen, es ist also so, dass ich ein Kind, was 13, 14, 15 Monate alt ist, nicht unmittelbar 1 : 1 vergleichen kann in seinem Entwicklungsstadium mit einem gleichaltrigen Kind oder mit einem, was 36 Monate ist. Diese Situation kann man nicht ganz wegdiskutieren. In Frankreich stellt man sich dieser Diskussion. Und wenn hier immer entsprechende...

Herr Renz, lassen Sie eine Anfrage des Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN zu?

Ich habe noch ausreichend Zeit, das später zu beantworten.

Wenn man immer Umfragen zitiert, ganz Deutschland ist gegen das Betreuungsgeld, dann, finde ich, sind wir auch in der Pflicht als Politik, dort im Detail vielleicht mal ein bisschen genauer hinzuschauen. Und es ist eben unstrittig, dass in Deutschland die Mehrheit zum Beispiel sagt, dass sie der Auffassung ist, dass eine Betreuung im Alter von 12 bis 24 Monaten zu Hause mindestens genauso oder noch günstiger ist als in der Krippe. Also auch dafür gibt es eine Mehrheit in Deutschland.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das kann man aber nicht nur ökonomisch sehen.)

Ich will damit einfach nur zum Ausdruck bringen, dass es eine Vielfalt gibt in dieser Diskussion.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und was mich dann besonders erstaunt hat beziehungsweise aber auch erfreut hat, sind die Ausführungen gewesen von Minister Friedrich im Bundesrat.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach!)

Minister Friedrich, Baden-Württemberg, SPD, führt Folgendes aus: „Nun will ich hier nicht darüber diskutieren, ob es richtig ist, Wahlfreiheit einzuräumen oder nicht. Ich halte das grundsätzlich für einen berechtigten Anspruch.“ Er spricht sich also auch für Wahlfreiheit aus. Es geht weiter: „Aber wenn man Wahlfreiheit ernst nimmt und wenn man sagt: ,Jemand sollte die Möglichkeit haben, sich auch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes frei dafür zu entscheiden, zu Hause zu bleiben‘, dann müssten wir über die Erweiterung des Elterngeldes bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes diskutieren. Denn nur das sichert die wirtschaftliche Existenz der jeweiligen Person, weil es einkommensab

hängig ist und dann ein entsprechender Ausgleich gegeben ist.“

Also ich finde, das ist eine hochinteressante Position, die hier vorgetragen wird. Und die unterstützt eigentlich das, was ich versucht habe, hier inhaltlich mal zu beschreiben, dass es eben nicht nur Schwarz-Weiß gibt.

Und wenn wir über Wahlfreiheit sprechen, wenn man dann zum Beispiel der Auffassung ist, 100 Euro Be- treuungsgeld sind zu wenig, ähnlich wie ich es mit Frankreich mal angedeutet habe oder so wie Herr Minister Friedrich – übrigens ein Mann mitten im Leben, 1972 geboren, zwei Kinder, also, ich denke, der steckt unmittelbar in der Materie drin –, wenn man dann eben der Auffassung ist, für dieses Erziehungsgeld, sprich, es ist ja am Ende nichts anderes als ein Betreuungsgeld, müsste man die Höhe und die Länge der Zahlung erweitern. Insofern, denke ich, ist das eine fruchtvolle Argumentation und Diskussion und der sollten wir uns stellen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist die Wahl- freiheit bei den Abgeordneten der CDU.)

Herr Abgeordneter Renz, lassen Sie eine Anfrage des Abgeordneten Suhr zu? interjection: (Zustimmung)

Bitte, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank.

Herr Kollege Renz, ich habe ja hier zur Kenntnis genommen, dass der Aspekt der Wahlfreiheit für Sie von besonderer Bedeutung ist. Teilen Sie denn meine Auffassung, dass für viele Familien oder für viele Alleinerziehende die Wahlfreiheit allein deshalb schon nicht gegeben ist, weil sie sich von den finanziellen Mitteln, die sie für die Inanspruchnahme eines Kindergartenplatzes oder eines Krippenplatzes aufwenden müssen, davon abschrecken lassen, das Kind in diese Einrichtung zu schicken, obwohl sie sich das vielleicht gern wünschen würden, und dass schon allein die Wahlfreiheit deshalb nicht gegeben ist, weil nicht genügend Krippenplätze zur Verfügung stehen? Und teilen Sie ebenfalls meine Auffassung,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

dass das Betreuungsgeld eigentlich viel besser dahin gehend aufgehoben wäre, an diesen Stellschrauben zu drehen, um tatsächlich Wahlfreiheit zu gewährleisten?

(Andreas Butzki, SPD: War das eine geschlossene Frage, ja oder nein? – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Sehr geehrter Herr Kollege, die Frage Nummer 1 würde ich mit Ja beantworten. Das war ja, ob ich für Wahlfreiheit stehe und ob die mir wichtig ist. Ja, das ist so.

Frage Nummer 2, finde ich, haben Sie so komplex formuliert, dass die nicht mit Ja oder Nein zu beantworten ist. Sie haben meiner Meinung nach weitreichende Themen dort mit hineinspielen lassen, wo ich zumindest zum Teil sagen würde, da haben Sie recht, da teile ich Ihre Auffassung, aber nicht uneingeschränkt so, wie Sie es vorgetragen haben.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke schön.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Thema ist ja auch nicht schwarz-weiß.)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1500. Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, über die Ziffern 1 und 2 des Antrages einzeln abzustimmen. Zur Ziffer 1 des Antrages ist gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung beantragt worden.

Meine Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzugeben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesenden, während des Abstimmungsvorganges von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen.

Ich bitte nun den Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? –

(Die Abgeordneten Barbara Borchardt und Wolf-Dieter Ringguth werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.

Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.

Unterbrechung: 13.40 Uhr

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