(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Immer schön Verantwortung abschieben, ne? – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das stimmt nicht.)
Ich bin mal gespannt, was Brandenburg machen wird. Und deswegen müssen Sie nicht versuchen, hier die Koalitionspartner auseinanderzudividieren. Das ist ein untauglicher Versuch.
Ich gehe fest davon aus, dass das Betreuungsgeld entweder politisch oder verfassungsrechtlich – vielleicht durch beides – gekippt wird. Ich würde mir wünschen, dass diese über 1 Milliarde Euro, die hier unsinnig ausgegeben werden, dahin kommen, wo sie hingehören, in den Ausbau von guten Ganztags-Kitas. Und wir könnten 25 Millionen Euro aus diesem Geld bekommen als Land für unsere Kinder U3. Und mit diesem Geld könnten wir viel machen, zum Beispiel auch im Krippenbereich den Personalschlüssel senken.
Insofern sehen Sie, es gibt gute Gründe, dafür zu werben, dass das Betreuungsgeld nicht eingeführt wird, dass dieses Geld in unsere Kitas investiert wird. Dieses Werben machen wir. Aber das machen wir so, dass die Koalition deshalb nicht auseinanderfliegt. Das ist auch kein Grund, weil die Mehrheiten sind gesichert, gegen das Betreuungsgeld zu klagen.
Und, sehr geehrte Damen und Herren der Linksfraktion, Sie kommen wirklich mit Ihrem Antrag reichlich spät. Insofern sind Sie mal wieder ziemlich spät dran bei einem wichtigen Thema, was wir schon längst auf der Pfanne haben.
Der Tag der Entscheidung hier in Mecklenburg-Vor- pommern zum Betreuungsgeld, das wollen Sie hier mit Ihrem Antrag signalisieren. So versuchen Sie jetzt im Vorfeld Stimmung zu machen, unter dem Motto: „Neuer Wein in alten Schläuchen“. Obwohl wir dieses Thema ausreichend inhaltlich hier erschöpfend behandelt haben,
kommen Sie jetzt irgendwann mal ein halbes Jahr später und versuchen, die Öffentlichkeit mit diesem Thema an sich zu ziehen,
die öffentliche Meinung. Und was natürlich jetzt noch deutlicher bei der Einbringung hervorgegangen ist: Sie wollen im Prinzip nicht nur das Thema noch mal wieder anreißen, Sie wollen hier – das war für mich sehr deutlich – eine klassische Sozialneiddebatte vom Zaun reißen.
Und da will ich Ihnen noch mal deutlich sagen: Wenn es um abrechenbare Leistungen geht in diesem Land, dann hat diese Koalition unter Beteiligung der CDU dafür gesorgt,
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, ja. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das war alles die CDU, das war alles die CDU.)
dass wir den Betreuungsschlüssel perspektivisch von ursprünglich 1 : 18 auf 1 : 15 setzen, dass wir jetzt wieder ein 50-Millionen-Euro-Paket für Bildung auf den Weg gebracht haben. Das sind Leistungen, die diese Koalition umsetzt.
Und da haben wir es nicht nötig, von Ihnen in dieser Frage getrieben zu werden – so viel zumindest erst mal vorneweg.
Und wenn Sie dann noch eine politische Strategie an den Tag legen, also das ist für mich hochspannend und interessant. Aber wenn Sie dann erfolgreich sein und in dem sogenannten linken Lager Ihren Stimmenanteil bedeutend erhöhen wollen und hier nur versuchen, auf die CDU zu schimpfen,
also wenn das Ihre Parteistrategie ist, dann, glaube ich, sollten Sie den Punkt vielleicht auch noch mal hinter- fragen.
Fakt ist für uns: Die grundlegenden Positionen, was das Betreuungsgeld betrifft, sind ausgetauscht. Ich will aber deutlich sagen, und die Debatte zeigt es ja immer wieder, das werde ich dann auch noch mal zurückweisen:
Es geht darum, dass Mütter und Väter in diesem Lande Wertschätzung verdient haben. Und da macht es keinen Sinn, ein Ausspielen der Thematik „Kita-Ausbau“ gegen „Betreuungsgeld“ vorzunehmen, sondern wir sollten akzeptieren, dass es unterschiedliche Lebensmodelle gibt, dass die Entwicklung der Kinder unterschiedlich ist. Ich habe das alles dargestellt, habe auch gesagt, dass ich eine entsprechende differenzierte Meinung zu dem Thema habe. Aber hören Sie doch auf – und das trifft dann eben nicht nur für DIE LINKE zu, sondern auch für die Vertreter der SPD –, hören Sie doch auf, diese Modelle gegeneinander auszuspielen!
Und wen gibt es denn in der CDU Mecklenburg-Vorpom- mern, der behauptet, – mir ist jedenfalls keiner bekannt –, dass wir den Vorwurf machen, wenn der Kita-Ausbau erfolgt, dass das gleichzeitig bedeutet, dass die Eltern dann ihre Erziehungs- und Bildungspflichten an der Tür abgeben? Wo hören Sie denn in diesem Lande Mecklenburg-Vorpommern von der CDU diesen Vorwurf? Den gibt es nicht, sondern wir werben dafür, das zu akzeptieren, dass es unterschiedliche Lebensbiografien gibt.
Und wenn der eine oder andere der Auffassung ist, mein Kind geht erst mit 15 Monaten – zum Beispiel aufgrund der Entwicklung des Kindes – in eine Kindereinrichtung, dann sollte man das akzeptieren. Und dieses SchwarzWeiß gibt es aus meiner ganz persönlichen Sicht
in diesem Bereich der Politik auch nicht. Und das will ich Ihnen noch mal deutlich sagen, um inhaltlich hier klar Stellung zu beziehen.
Zu Ihrem Antrag: Da würde mich doch ganz gern interessieren – ich hoffe, dass Sie in der Aussprache darauf noch mal näher eingehen –, Sie sagen, die Einführung des Betreuungsgeldes verstößt gegen Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz. Ich will für die interessierte Zuhörerschaft mal sagen, was im Artikel 6 Absatz 1 steht: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“ Da würde mich, wie gesagt, dann schon mal die Ausführung interessieren, warum das Betreuungsgeld, diese Einführung, gegen diesen Satz verstößt.
Weiter schreiben Sie, Artikel 3 Absatz 2 Satz 2, Einführung des Betreuungsgeldes ist ein Verstoß gegen diesen Artikel. Auch hier zitiere ich den Satz: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Haben Sie nicht zugehört? Das habe ich doch schon mal erzählt, Herr Renz.)
Den zweiten Punkt haben Sie angeschnitten, das habe ich gehört, aber die Ausführlichkeit hat mich überhaupt nicht überzeugt.
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Lesen Sie das Gutachten! Ich habe es Ihnen doch genannt. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Und zum Punkt 1, warum Ehe und Familie unter besonderem Schutz der staatlichen Ordnung stehen, warum das Betreuungsgeld dagegen verstößt, dazu habe ich nichts gehört. Da würde ich Sie ganz gern noch mal bitten, entsprechende Ausführungen hier zu tätigen. Was mich auch interessiert, ist noch ein Punkt, auch wenn es vielleicht ungewöhnlich ist, dass ich jetzt erst mal Fragen stelle in der Debatte,
aber ich will es trotzdem tun in der Hoffnung, dass Sie sich dieser sachlichen Debatte dann auch stellen. Mich würde interessieren: Sind Sie nun eigentlich für Wahlfreiheit oder sind Sie nicht für Wahlfreiheit?