Diese Thematik würde mich mal interessieren, damit ich dann im weiteren Lauf der Debatte mich auch noch mal äußern kann. – Ich danke schön. Ich danke.
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Ich bedanke mich bei mir selbst.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich zitiere die Sozialministerin, die im November 2009 Folgendes sagte, Zitatanfang: „Das Betreuungsgeld hilft den Familien nicht weiter, im Gegenteil: Es kann sogar Schaden anrichten, weil für viele Kinder der Kita-Besuch eine Chance ist, sich weiterzuentwickeln.“ Zitatende.
Es ist unmissverständlich, die Botschaft heute sowohl von Frau Bernhardt als auch von Frau Schwesig haben das noch mal unterstützt.
Aber, liebe Frau Schwesig, es ist ja nicht so, dass wir als Opposition nicht auch einmal loben können. Ihre Einschätzung zum Betreuungsgeld teilen wir Bündnisgrüne voll und ganz. Das Betreuungsgeld ist de facto eine AntiKita-Prämie, die Kinder aus frühkindlichen Bildungseinrichtungen und Mütter vom Arbeitsmarkt fernhält.
Es drängt Frauen in tradierte Rollenmuster. Und von daher, Herr Renz, kann ich Ihre Argumentation der Wahlfreiheit als sehr einseitig bezeichnen, weil das wird den Bedürfnissen moderner Familienpolitik wahrlich nicht gerecht.
Das Betreuungsgeld ist in diesem Zusammenhang ein falsches, fatales Instrument, es fördert nicht die Wahlfreiheit, sondern stigmatisiert. Der finanzielle Anreiz wird voraussichtlich dazu führen, dass insbesondere die Kinder, die in ihrer Familie wenig Unterstützung und Forderung erfahren, nicht in eine Kita gehen.
Die inhaltliche Debatte dazu ist sowohl auf Bundesebene als auch hier im Hause bereits erschöpfend geführt worden, Ausführungen hörten wir eben. Ich möchte mich dazu jetzt nicht ausführlich äußern, sondern halte kurz noch einmal die wesentlichen Argumente gegen das Betreuungsgeld fest und vielleicht ergibt sich dann auch die Nachfrage:
Erstens, und das unterstützen wir voll und ganz, das Betreuungsgeld ist verfassungsrechtlich bedenklich und, Herr Renz, es führt eben nicht zu einer Wahlfreiheit,
weil die 100 Euro sind mit Verlaub ein Witz. Und – das muss man immer wieder sagen – es ist eine Farce frauenpolitisch, familienpolitisch, sozialpolitisch. Also die Reihe kann man fast unendlich weiterführen.
weil Ihre Argumentation lautet, dass es für Frauen und Männer, die jetzt ALG II bekommen, diskriminierend ist. Ich finde das gesamte Betreuungsgeld diskriminierend. Ich finde es eben nicht angebracht und halte es von daher auch für eine verkehrte Argumentation, weil die mir nicht weit genug geht. Das, was wir hier haben mit dem Betreuungsgeld, ist ein Rollback. Wir gehen nämlich in patriarchale Strukturen zurück
und es werden hier alte Rollenmuster manifestiert, die möglicherweise vielleicht DDR-sozialisierten Herren, auch in der CDU, zuwider sprechen.
Also ich denke, es wird eine Diskussion zwischen Ost und West in vielen Bereichen auch geführt werden.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Die CDU hat keine Vergangenheit und hat nie eine gehabt. Die sind alle erst 89 geboren.)
Aber ich sehe die Chancengleichheit eben hier zum Wohle des Kindes. Und von daher, Herr Renz, auch noch mal, was die verfassungsrechtlichen Bedenken angeht: Genau dieses sehe ich ebenfalls nicht nur als familienpolitische Sprecherin, sondern insbesondere für das Wohl unserer Kinder, und ich denke, das liegt allen am Herzen.
Das Betreuungsgeld bindet finanzielle Ressourcen, die besser investiert sind – das haben wir öfter gehört –, wenn sie in den Ausbau und die Qualität von Kindertagesstätten fließen. Das Betreuungsgeld ist bildungspolitisch widersinnig.
Frühkindliche Bildung ist der Schlüssel zum lebenslangen Bildungserfolg. Voraussetzung ist natürlich, dass die frühkindliche Bildung qualitativ hochwertigen Standards genügt. In diesem Zusammenhang spielt insbesondere die Fachkraft-Kind-Relation im U3-Bereich eine entscheidende Rolle. Darüber werden wir in Kürze im Rahmen der KiföG-Novellierung debattieren, ich denke, ausführ
lich. Und ich hoffe, dass im Ergebnis dann ein Gesetz dabei herauskommt, das ebenfalls das Lob der Opposition verdient.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was die Sinnhaftigkeit des Betreuungsgeldes betrifft, stimmen wir – Bündnisgrüne, LINKE und SPD – also offensichtlich überein. Nun geht es darum, aus dieser Erkenntnis Taten abzuleiten. Nachdem es im Bundestag nicht gelungen ist, die Einführung des Betreuungsgeldes zu verhindern, stehen jetzt noch verschiedene Wege offen.
Da ist zum einen der Weg über ein Normenkontrollverfahren. Ein solches könnte frühestens mit Inkrafttreten des Gesetzes, also am 1. August 2013 erfolgen. Die Dauer eines solchen Verfahrens ist ungewiss.
Als zweite Variante wären Aktivitäten im Bundesrat denkbar. Dort haben sich ja mit der Niedersachsenwahl die politischen Mehrheiten grundlegend verändert und Frau Schwesig ist eben darauf eingegangen.
Aber es gibt noch eine dritte Variante und die lautet: Mit dem Wahlsieg von Rot-Grün auch auf Bundesebene wird es im September möglich sein, das Betreuungsgeld umgehend abzuschaffen.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Anfang ist gemacht. Meine Prognose lautet, es ist lediglich eine Frage der Zeit, wann dem Anliegen des hier debattierten Antrages, nämlich der Abschaffung des Betreuungsgeldes entsprochen wird. Für meine Fraktion plädiere ich dafür, die kürzestmögliche Zeitspanne zu wählen, ich will damit sagen, die Abschaffung durch die neu gewählte Bundesregierung im Herbst dieses Jahres.
Von daher ergibt sich der Änderungsantrag, und zwar bitte ich um getrennte Abstimmung. Dem ersten Absatz werden wir zustimmen, bei dem zweiten werden wir uns aus der Argumentation heraus enthalten. – Nun danke ich erst mal für die Aufmerksamkeit.