Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ganz schwach.)

Genauso, wie Sie hier ein Gesetz durchpauken können mit der Mehrheit von CDU und SPD, werden Sie in ein paar Jahren – das wage ich vorauszusagen – die Ineffektivität der Zweigstellen feststellen und eine nach der anderen schließen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Helmut Holter, DIE LINKE: Genau so, genau so.)

Ja, manchmal,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Bin ich denn Hellseher, oder was?)

manchmal braucht man für solche Entwicklungen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Einen Hellseher haben wir da in der Fraktion, einen Hellseher.)

Herr Kollege, keine hellseherischen Fähigkeiten. Ich kann den Abgeordneten,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der weiß schon, dass wir die nächste Wahl verlieren.)

ich kann den Abgeordneten, vor allen Dingen von der CDU-Fraktion, die mit Engagement für ihre Amtsgerichtsstandorte eingetreten sind, und das ist richtig so, ich wiederhole das noch mal, die glauben, mit den jetzt geschaffenen Zweigstellen Teilerfolge erzielt zu haben, ich kann Ihnen nur raten, lassen Sie sich nicht blenden. Das Sterben und Wegbrechen der Amtsgerichtszweigstellen in Mecklenburg-Vorpommern wird genauso schnell und zuverlässig erfolgen wie andernorts auch. Das wird alleine schon daran deutlich, dass die sachlichen...

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Das wird...

Hören Sie gut zu, Herr Kokert.

Das wird alleine schon daran deutlich, weil Sie ja gesagt haben, wir können hier an dieser Stelle eingreifen, das wird alleine schon daran deutlich,

(Vincent Kokert, CDU: Sie haben so wenig Gründe, das abzulehnen, dass Sie sich Geschichten ausdenken.)

dass die sachlichen und örtlichen Zuständigkeiten der Zweigstellen im Rahmen einer gesonderten Verordnung geregelt werden, deren Ermächtigungsgrundlagen Artikel 2 Nummer 2 des Gesetzentwurfes bilden. Das wollen Sie gerade hier verabschieden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Erst mal überweisen wir das.)

Die Verteilung der verbleibenden amtsgerichtlichen Aufgabengebiete bleibt der Entscheidung, nicht Ihnen, sondern bleibt der Entscheidung der jeweiligen Gerichtspräsidien vorbehalten und niemandem sonst, also keinem politischen Entscheidungsprozess. Was da passieren wird, ist doch vorhersehbar.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber doch nur mit Böswilligkeit. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Und noch mal: Da muss man kein Hellseher sein!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber doch nur mit Böswilligkeit kann man so etwas vorhersehen. Ganz böser Blick in die Zukunft.)

Sehr geehrte Damen und Herren, dieses Gesetzesvorhaben resultiert nicht aus einer sachlich begründeten Position und das will ich nur exemplarisch an drei Positionen deutlich machen:

(Vincent Kokert, CDU: So viel haben Sie gefunden?!)

Ich habe noch mehr, aber ich habe nur eine begrenzte Redezeit. Vielleicht stellen Sie mir noch welche aus Ihrer Fraktion zur Verfügung.

Zentrales Argument der Landesregierung ist, dass vor allem die demografische Entwicklung – gerade wieder durch die Justizministerin vorgetragen – in MecklenburgVorpommern die Gerichtsstrukturreform erforderlich macht.

Diese Behauptung, meine Damen und Herren, ist vorgeschoben. Das wird alleine daran deutlich, dass die unter Federführung der Staatskanzlei seinerzeit eingerichtete interministerielle Arbeitsgruppe zum demografischen Wandel gerade nicht, gerade nicht davon ausgeht, dass zwischen der Bevölkerungsentwicklung und der Geschäftsentwicklung in der Justiz ein direkter linearer Zusammenhang besteht. Sie widerlegen sich hier selbst und Sie missachten schlicht und ergreifend die Hinweise, die Ihnen nicht passen.

Deshalb ist auch begründet, warum die IHK vorgelesen wird, aber die zahlreichen Stellungnahmen, die in der Anhörung zur Volksinitiative skeptisch geäußert worden sind, von Herrn Müller nicht zitiert werden, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen

DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –

Das können

Sie ja jetzt machen. – Heinz Müller, SPD:

Ich könnte Ihnen auch noch ein paar andere

vorlesen, Herr Suhr, aber dann sagen Sie

wieder, ich hätte keine eigene Meinung.)

Ich bin der festen Überzeugung, dass ich Ihnen deutlich mehr vorlesen kann und dass Sie dann endlich mal dazu kommen sollten, Ihr Gesetzesvorhaben zu korrigieren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber das machen wir nicht.)

Schon bei dem Leitgedanken deklarierte die Justizministerin die Mindestzahl von zehn Richterplanstellen pro

Amtsgericht als besonders effektiv. Frau Kuder, Sie beziehen sich dabei auf eine Kienbaum-Studie, ich habe sie gerade zitiert.

Nehmen Sie schlicht und ergreifend zur Kenntnis, meine Damen und Herren, zwei Drittel aller Amtsgerichte in Deutschland verfügen über neun Richterstellen oder weniger, ein Drittel über fünf oder weniger. Diese sind dazu durchaus in der Lage, hocheffizient zu arbeiten. Und ich will daran erinnern, in der Anhörung des Rechtsausschusses – ich habe das explizit gefragt, können Sie im Wortprotokoll nachlesen – fand sich kein einziger Experte, auch keiner, der von der CDU und der SPD bestellt worden ist, fand sich kein einziger, der bestätigen oder gar begründen könnte, warum jetzt gerade zehn oder mehr Richterstellen besonders effektiv sein sollen. Dieses Argument ist schlicht und ergreifend falsch.

Ein weiteres zentrales Argument der Landesregierung ist die Behauptung, Mecklenburg-Vorpommern weise bei den Amtsgerichten die höchste Gerichtsdichte auf – gerade auch wieder vorgetragen. Die Besonderheiten unseres Bundeslandes lassen Sie dabei schlicht und ergreifend außer Acht. Wir sind kein dicht besiedeltes Bundesland. Wir haben kaum städtische Zentren, sondern Mecklenburg-Vorpommern ist vor allem durch seinen ländlichen Raum geprägt. Und deshalb, gerade deshalb muss dies bürgernah sein. Das kann man nicht mit Füßen treten, sondern dazu muss man die Strukturen vorhalten. Das ist nicht mehr gegeben in dem Moment, wenn man an einem Tag mit dem Bus oder mit dem öffentlichen Nahverkehr nicht zum Gerichtsstandort hin und wieder zurückkommt. Das ist keine Bürgernähe, meine Damen und Herren.

Meine Redezeit ist zu Ende.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Schade.)

Ich kann Ihnen nur empfehlen, haben Sie den Mut, ziehen Sie die Gesetzesinitiative zurück! – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Renz, CDU: Warum haben Sie denn nicht Block V beantragt?!)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Silkeit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und liebe Kollegen!

Ach, Herr Suhr,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schönen guten Morgen, Herr Silkeit!)

die Gerichtsstruktur beschäftigt uns seit geraumer Zeit und ich muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass sie uns noch eine ganze Weile beschäftigen wird. Dank Ihnen, Herr Holter, wird da sicherlich noch der eine oder andere Gesprächsstoff existieren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch auch in Ordnung. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Und ihr zieht noch nicht zurück?)

Auch wenn jedem die prognostizierte Bevölkerungs- entwicklung bekannt sein dürfte, möchte ich nochmals darauf verweisen: Bis zum Jahr 2030 – und das ist völlig unabhängig, egal auf welche Prognose wir dort zurückgreifen – wird ein Rückgang von bis zu 22,5 Prozent erwartet. Wenn wir einzelne Landkreise betrachten, können wir sogar mit bis zu 38 Prozent rechnen. Einzig und allein die zwei Universitätsstädte Rostock und Greifs- wald werden einen geringen Bevölkerungszuwachs erwarten.