(Torsten Renz, CDU: Jetzt wissen wir, woher der Spruch kommt, ich erkenne meine Schweine am Gang! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)
Der fünfte Punkt des Antrags auf der Drucksache 6/1640, dass es eine klare und deutliche Trennung zwischen Ökobetrieben und konventionellen Betrieben geben muss, den teilen wir sehr.
Wir beantragen eine Einzelabstimmung zu Ziffer 3 im Antrag auf der Drucksache 6/1640 und werben um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Till Backhaus, SPD: Na, das war ja doch ganz gut.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lebensmittelsicherheit ist ein hohes und unverzichtbares Gut. Jeder von uns nimmt täglich Lebensmittel zu sich und vertraut darauf, dass diese in einer hohen Qualität und nicht gesundheitsgefährdend sind.
Das hohe Niveau der Lebensmittelsicherheit in Deutschland wurde dadurch erreicht, dass Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel, Kontrollstellen, Wissenschaft und Politik ihre Verantwortung wahrgenommen haben. Klar ist aber, dass wie in allen anderen Lebensbereichen auch eine hundertprozentige Sicherheit nie garantiert werden kann. Mit Nitrofen und Dioxin im Futtermittel, EHEC-Keimen in Sprossensamen, falsch deklarierten Eiern, Pferdefleisch in falsch deklarierten Fertiggerichten oder verunreinigtem Mais haben wir es im Bereich der Lebens- und Futtermittelsicherheit immer wieder mit neuen Herausforderungen zu tun. Ob die Falschdeklaration oder die Verunreinigung durch kriminelle Energie oder Unachtsamkeit erfolgt, spielt für den Endverbraucher letztendlich keine Rolle. Er fordert zu Recht qualitativ hochwertige, sichere Nahrungsmittel. Und doch wird anhand der von mir aufgezählten Fälle bereits deutlich, dass kein Fall dem anderen gleicht und alle Bereiche, sowohl ökologische als auch konventionelle Produkte, betroffen sind.
Klar ist: Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit ist eine globale Angelegenheit geworden. Da der weltweite Handel mit Lebens- und Futtermitteln zunimmt, werden wirksame Kontrollen immer wichtiger und müssen ausgebaut werden. Die strengen EU-Standards für Lebensmittel müssen auch für Importe gelten und in allen EU-Ländern
umgesetzt werden. Schon heute gibt es über 200 Verordnungen, Gesetze und richtungsweisende Gerichtsentscheidungen im Bereich des Lebensmittelrechtes. Die gesetzlichen Vorgaben sind so ausgelegt, dass Lebensmittel sicher und gesundheitlich unbedenklich produziert werden. Dafür gibt es strenge EU-weit gültige Grenzwerte für Schadstoffe, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Tierarzneimitteln bis hin zu Hygieneregelungen im Produktionsprozess. Alle Regelungen dienen den drei Hauptzielen: Schutz der Gesundheit, Schutz der Verbraucher und sachgerechte Information der Öffent- lichkeit.
Meine Damen und Herren, in Deutschland sind die Zuständigkeiten im Bereich der Lebens- und Futtermit- telsicherheit klar geregelt. Für die Überwachung von Lebens- und Futtermitteln sind die Bundesländer in eigener Zuständigkeit gemäß Grundgesetz Artikel 74 allein verantwortlich. In Krisensituationen allerdings arbeiten Bund und Länder eng zusammen. Eine rasche Aufklärung erfordert eine enge Koordinierung der Behörden von Bund und Ländern, um eine möglichst schnelle und umfassende Information der Verbraucher zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren, neue Krankheitserreger, Rückstände von Schadstoffen, menschliches Versagen oder kriminelle Energie führen immer wieder zu Missständen im Bereich der Futter- und Lebensmittelproduktion. Klar ist, dass es im Bereich der Lebensmittelsicherheit heute viele Akteure gibt. Sowohl die Produzenten als auch die Verarbeiter und die Händler stehen in einer herausragenden Verantwortung. Weitere Verantwortung tragen die Lebensmittelkontrolleure, die Untersuchungsämter der Länder und die Mitarbeiter der zuständigen Landesministerien.
Deshalb spricht sich meine Fraktion klar dafür aus, dass sowohl die finanzielle als auch die personelle Ausstattung im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle verbessert werden, ein weiterer Ausbau des stufenübergreifenden Qualitätssicherungssystems der Wirtschaft für die Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln zum Beispiel QS-gefördert wird sowie das System der Zurückverfolgbarkeit der Lebensmittel ausgebaut wird, ein EU-weit einheitlicher Vollzug des Lebensmittelrechts, einheitliche Qualitätsstandards und unabhängige Überprüfung der amtlichen Lebensmittelüberwachung umgesetzt werden und eine bessere Vernetzung der Länder im Bereich der Lebensmittelkontrolle gewährleistet wird.
Bei aller Diskussion muss klargestellt werden, dass in Deutschland nach wie vor ein sehr gutes Lebensmittel- und Futtermittelüberwachungssystem existiert und die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen, eindeutig deklarierten Lebensmitteln sichergestellt ist. So hatte die Lebensmittelkontrollbehörde bereits zwei Wochen, nachdem ausländische Behörden erstmals eine Lieferung falsch deklarierter Lebensmittel mit Pferdefleisch nach Deutschland gemeldet hatten, bundesweit insgesamt mehr als 1.300 Proben analysiert.
Dem Antrag der Koalitionsfraktionen stimmen wir zu und den Antrag der LINKEN lehnen wir ab. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn die heute angesprochenen drei Skandale keine Gefährdung oder gar Bedrohung von Gesundheit und Leben waren, haben sie doch gezeigt, welche Einfallstore es für kriminelle Energie gibt und welche Kontrolllücken vorhanden sind.
Frau Borchardt hat darauf aufmerksam gemacht, dass das Lebensmittelrecht in enger Verbindung steht mit dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und dass der Staat dafür Sorge zu tragen hat. Dieser hohe Maßstab muss auch für die vorgelagerte Futtermittelsicherheit gelten. Da gibt es sicher keine unterschiedlichen Auffassungen. Dieses Grundvertrauen auf sichere Lebens- und Futtermittel schuldet also der Staat seinen Bürgern. Ausdrücklich will ich an dieser Stelle unseren Kontrollorganen für die in den letzten Wochen geleistete Arbeit danken,
Meine Damen und Herren, jeder der bekannt gewordenen Skandale erschüttert dieses Vertrauen aber. Nach jeder Aufklärung bleibt immer ein Stück Misstrauen bei den Verbrauchern. Daran ändern auch schnell entwickelte Aktionspläne nichts. Wir wissen zum Beispiel immer noch nicht, wie das Pferdefleisch in die Nahrungskette gelangt ist. Misstrauen ist also verständlich und begründet, bis es vollständige Aufklärung gibt und wirksame Abhilfe geschaffen ist. Dazu ist ein wirksames System vorbeugender, ausreichender Kontrolle notwendig.
Genau darauf zielt unser Antrag und laut Überschrift auch der Antrag der Koalition. Und da kann ich den Hinweis von Frau Kollegin Feike nicht verstehen, wir wären konstruktivlos in unserem Antrag.
Zu den wesentlichen Unterschieden und Gemeinsamkeiten dieser Anträge möchte ich noch auf Folgendes eingehen. Der Antrag der Koalition geht in den Punkten 1, 2 und 5 auf konkrete Vorhaben zur Verbesserung der Tiergesundheit, der Minimierung des Antibiotikaeinsatzes und einer Verschärfung des EU-Ökolandbaus ein. Ich werde darauf im Weiteren noch eingehen.
Eine kleine Bemerkung zum Änderungsantrag BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN. Die Halbierung des Einsatzes von Antibiotika, da stelle ich mir die Frage: In welchem Zeitraum haben Sie das denn hiermit vor und gilt diese Forderung nicht genauso für die sogenannte ökologische wie die industrielle Massentierhaltung, wie Sie es hier dargestellt haben? Diese Punkte findet man übrigens fast wortgleich auf Internetseiten des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums. Aber es kann ja auch nicht schaden, Synergieeffekte zu schaffen und zu nutzen, denn die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit ist
nicht nur ein Landesthema, und es ist sicher gut, wenn benachbarte Landestierärzte zusammenarbeiten.
Dann geht es in Punkt 3 um die Verbesserung der Eigen- kontrollsysteme der privaten Wirtschaft, zum Beispiel des QS-Systems, und in Punkt 4 um den Ausbau der Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel. Worum es in Ihrem Antrag nicht geht, liebe Koalitionäre, wohl aber in unserem, ist der Teil, den das Land leisten will beziehungsweise leisten muss. Deshalb finde ich Ihre Überschrift „Verbesserung der Überwachung in der Lebens- und Futtermittelproduktion“ schon etwas täuschend, weil der Packungsinhalt dem dann nicht voll entspricht.
Dagegen steht unser Punkt 3 b). Er fordert, mit ausreichenden finanziellen Mitteln den wachsenden, ich unterstreiche, den wachsenden Anforderungen an die Lebensmittel- und Futterproduktion zukünftig gerecht zu werden. Damit wäre eine Verbesserung der Überwachung möglich. Um diese Frage drückt sich der Antrag ein bisschen herum. Herr Schütt hat gefordert, dass eine ausreichende Ausstattung mit finanziellen und personellen Ressourcen notwendig wäre.
Welchen Anteil leistet das Land zukünftig mehr, um wachsenden Anforderungen gerecht zu werden, ist unsere Frage an Ihren Antrag deshalb.
Minister Dr. Backhaus konnte kürzlich auch die CDUFraktion und Frau Schlupp über die Presse davon überzeugen, dass eine Kürzung der Haushaltsmittel 2006/2007 nur ein Effekt der Verlagerung der Kontrollaufgaben in andere Kapitel war. Frau Schlupp hatte am 4. März in der Presse die Stärkung der staatlichen Futter- und Lebensmittelkontrolle eingefordert und einen Stopp des Herun- terfahrens der Haushaltsansätze und das Anheben der Mittel für die Lebensmittelkontrolle auf das Haushaltsniveau von 2006/2007 verlangt.
Minister Dr. Backhaus konnte ihr ebenfalls über die Presse deutlich machen, dass es sich nur um eine Verlagerung von Mitteln in andere Kapitel handele. Jedoch wird eines deutlich: Mit im besten Fall gleichbleibenden Mitteln kann man nicht auf wachsende, und hier unterstreiche ich noch einmal, wachsende Herausforderungen reagieren.
Ich will das mal an einem Beispiel deutlich machen. In unserem Antrag zum Ökolandbau, den wir am Freitag behandeln werden, machen wir unter anderem diese Forderung auf. Wir wollen, dass die Kontrolltätigkeit zur Sicherung der Standards des ökologischen Landbaus den wachsenden Anforderungen und der gewachsenen Anzahl der Betriebe angepasst und im Haushaltsan- satz 2014/2015 beginnend entsprechende Mittelzuwächse eingestellt werden.
Das muss sich doch erschließen, dass in einem hochsensiblen Bereich, nämlich der Lebensmittel- und Futter
produktion, in dem immer mehr Betriebe tätig sind, auch mehr kontrolliert werden muss. Die Betriebe werden zwar zu allererst durch ihre Kontrollorganisationen kontrolliert, aber wer kontrolliert deren wachsende und umfassendere Kontrollergebnisse? Damit werden im Übrigen nicht nur die Verbraucher geschützt, sondern auch die Produzenten, die erhebliche Vertrauenseinbußen durch mangelnden Absatz spüren. Auch der Geflügelwirtschaftsverband unseres Landes hat sehr deutlich mehr wirksame Kontrollen eingefordert, damit schwarze Schafe nicht eine ganze Branche beschädigen. Das ist die Kernforderung unseres Antrages und wir meinen, dass Sie das dem Verbraucherschutz auch schuldig sind.
Ich habe vorhin Formulierungsgleichheiten zu Niedersachsen festgestellt. In einer Frage konnte ich sie bisher nicht finden. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Meyer hat öffentlich erklärt, mehr Kontrolleure zu beschäftigen. Das sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, heute auch tun.
Meine Kollegin Borchardt hat in der Einbringung unseres Antrages auch deutlich gemacht, dass unsere Schutz- und Sicherheitssysteme, so will ich die Lebensmittel- und Futtermittelgesetze einmal nennen, und deren Kontrolle nicht den Auswirkungen eines zunehmenden globalen Lebensmittelhandels gerecht werden. Anpassungen und Änderungen sind sowohl auf Bundes- als auch auf EUEbene deshalb dringend erforderlich. Ein entsprechender Entschließungsantrag meiner Bundestagsfraktion liegt jetzt auf Drucksache 17/12559 vor. Es geht dabei nicht nur um ausreichende Kontrollen, auch die Lebensmittelkontrolle in Deutschland mit ihrer zersplitterten Zuständigkeit zwischen Kommunen und Ländern gehört mit Blick auf die Entwicklung des weltweiten Handels von Lebens- und Futtermitteln unbedingt auf den Prüfstand.
Neben generellen Anforderungen braucht es auch die Arbeit an Details und an den wichtigsten Stellschrauben, um sichere Produkte herzustellen. Nehmen wir nur die Aufzuchtbedingungen für Junghennen, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen. Gruppengröße, Hygiene- und Futterregime, in denen diese Tiere aufwachsen, sind zum Beispiel bedeutsam für die spätere Neigung der Hennen zu Federpicken und Kannibalismus. Die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit, die sie in der Aufzucht erwerben können, ersparen häufig spätere medikamentöse Behandlungen, unter anderem mit Antibiotika. Die geschlossene Kette wird deshalb von uns unbedingt unterstützt in dieser Richtung.
Das heißt, Lebens- und Futtermittelsicherheit wird nicht nur durch eine Endkontrolle gewährleistet, sondern beginnt schon im ersten Schritt der Produktion.
Ja, Herr Minister, wir brauchen eine lückenlose Deklarierung der Produkte. Da sind wir uns völlig einig. Die Produktion sicherer Lebensmittel ist nach meinen Erfahrungen keine Frage landwirtschaftlicher Betriebsgrößen, großer oder kleiner Felder, großer oder kleiner Ställe, es ist in erster Linie eine Frage der Einhaltung von Gesetzen und das Wahrnehmen der Verantwortung und des Bewusstseins, Verbrauchervertrauen nicht enttäuschen zu dürfen.
landbau, den wir am Freitag behandeln werden, fordern wir unter anderem, dass die Landesregierung sich für die Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau, die entsprechende Ökoverordnung einsetzen soll. Die Anforderungen sollten verschärft werden, damit der hohe ökologische Standard weiter wachsen kann und nicht weiter verwässert wird. Dazu gehört durchaus die hier aufgeführte Forderung, dass eine gleichzeitige Bewirtschaftung nach den Vorgaben von ökologischem und konventionellem Landbau in einem Betrieb ausgeschlossen wird.
Das ist auch einer der Vorschläge, die die Landesregierung in den derzeitig laufenden Konsultationsprozess zur Überarbeitung der europäischen Politik zum ökologischen Landbau einbringen könnte.