Für Mecklenburg-Vorpommern besteht schon wegen der ausufernden Grenzkriminalität zu Polen dringend Handlungsbedarf.
Und der eine oder andere von Ihnen weiß auch, dass das Thema Eilbefugnisse für den Zoll in Mecklenburg-Vor- pommern nicht erst seit diesem Jahr in der Diskussion ist.
Ende 2010 stellte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Hartmut Koschyk die Frage, warum dem Zoll in Mecklenburg-Vorpommern für besondere Gefahrensituationen nicht Polizeiaufgaben übertragen werden können. Bundesweit betrachtet haben wir es in Bezug auf die Übertragung polizeilicher Eilbefugnisse auf den Zoll mit einem Flickenteppich zu tun. Was spricht eigentlich dagegen, wenn sich diese Landesregierung im Bundesrat für eine bundeseinheitliche Regelung einsetzen würde? Doch wohl nichts, Herr Innenminister.
Bei dieser Gelegenheit könnte sich das Kabinett zudem für eine Aufhebung des stumpfsinnigen Erlasses des Bundesfinanzministers vom Juli 2012 einsetzen. Demzufolge wurde der Zoll angewiesen, in der täglichen Praxis ausschließlich zollrechtliche Belange wahrzunehmen. Der Übertragung polizeilicher Eilbefugnisse auf den Zoll wurde gleichzeitig eine Absage erteilt.
Für uns Abgeordnete hier in diesem sogenannten Hohen Hause gilt es zunächst, einen weiteren weißen Fleck von der Landkarte zu tilgen. Deshalb der hier von uns vorgelegte Gesetzentwurf. Wir bitten natürlich um Zustimmung zu unserem Vorschlag.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll den Beamten des Zollvollzugsdienstes die Möglichkeit eingeräumt werden, ebenso wie bei Polizeivollzugsbeamten des Bundes im Eilverfahren Maßnahmen nach dem SOG Mecklenburg-Vorpommern treffen zu können. Damit greift die NPD in unserem Land ein Problem auf, welches sich seit 2008 in der bundespolitischen Diskussion befindet. Und wenn die NPD eine Frage aufgreift, die für parteipolitische Profilierung eigentlich ungeeignet ist, dann sollte man ganz besonders aufmerksam sein.
Meine Damen und Herren, neben Bayern, BadenWürttemberg und Sachsen hat vor einem knappen Jahr auch die rot-rote Koalition in Brandenburg die Eilkompetenz für Vollzugsbeamte in das dortige Polizeigesetz aufgenommen. Das geschah einstimmig bei Enthaltung der GRÜNEN. In Bremen hingegen wurde ein entsprechender CDU-Antrag abgelehnt. Dieses bunte politische Farbenspiel ließe sich fortsetzen, bringt uns aber in der Sache nicht weiter.
Meine Damen und Herren, die Beamtinnen und Beamten des Zolls gehören organisationsrechtlich nicht zu den Polizeivollzugsbeamten des Bundes. Daher verfügen sie nicht über die in Paragraf 9 Absatz 1 und 2 SOG Mecklenburg-Vorpommern genannten Befugnisse. Vor diesem Hintergrund gibt es nun grundsätzlich drei Handlungsmöglichkeiten:
Erstens. Man prüft die praktische Zusammenarbeit zwischen Zoll und Polizei. Sollten hier signifikante Probleme auftreten, weil Zollvollzugsbeamten die polizeiliche Eilzuständigkeit gefehlt hat, dann sollte der Landesgesetzgeber aktiv werden.
Die zweite Möglichkeit wäre die Beibehaltung der gegenwärtigen Regelung, weil auf Landesebene kein Regelungsbedarf für eine SOG-Änderung besteht.
Und drittens schließlich – diese Alternative erwähnt der vorliegende Gesetzentwurf nicht – können durch eine Änderung des Bundespolizeibeamtengesetzes die Vollzugsbeamten des Zolls den Bundespolizeibeamten rechtlich gleichgestellt werden.
Meine Damen und Herren, gerade weil ich für die demokratischen Fraktionen insgesamt sprechen möchte, will ich nicht verhehlen, dass mir persönlich diese bundeseinheitliche Regelung gefallen würde.
Auf dieser Linie bewegt sich auch die GdP und für die Zollverwaltung kann es letztlich nicht zufriedenstellend sein, mit einem rechtlichen Flickenteppich konfrontiert zu werden. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es seit 2008 um eine entsprechende bundesgesetzliche Regelung zwischen den Bundesministerien für Inneres beziehungsweise Finanzen Diskussionen gibt, um es ganz höflich auszudrücken. Die dahinter stehenden Interessen
Meine Damen und Herren, ein Gesetzentwurf sollte auf einer tragfähigen Begründung beruhen, auch und gerade, wenn er auf eine Änderung unseres Sicherheits- und Ordnungsgesetzes zielt. Beim vorliegenden Entwurf der NPD muss man dankbar sein für die Begründung, nicht für ihre Tiefe, aber für ihre Unverkennbarkeit.
Sei es, wie es sei, der Gesetzentwurf will also einen wichtigen Beitrag leisten, einen Beitrag zur Bekämpfung der immer mehr ausufernden Grenzkriminalität, von der gerade Mecklenburg-Vorpommern in ganz erheblichem Ausmaß betroffen sei.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund derartiger Schreckensgemälde muss man sich förmlich zwingen, sachlich zu bleiben. Am besten gelingt dies, wenn man sich an die Fakten hält. Und zu den Fakten gehören zunächst programmatische Aussagen der NPD in Bund und Land zu unserem Thema, also Sicherheit, Polizei oder Zoll.
Im Bundes-NPD-Aktionsprogramm sind Maßnahmen aufgeführt, die eine NPD-Regierung durchführen würde. Ich zitiere ungern:
„Die Außengrenzen des deutschen Staates müssen so gesichert werden, daß eine unkontrollierte Bewegung von Menschen, Material und Geld nicht stattfinden kann. Die Polizei wird umorganisiert … und menschengerecht ausgerüstet …“ Zitatende.
Und im Landesaktionsprogramm heißt es dann, ich zitiere: „Die NPD will deshalb das Schengener Abkommen kündigen, um wirksame Grenzkontrollen einzuführen.“ Zitatende.
Meine Herren der NPD, das alles brauche ich an dieser Stelle nicht zu kommentieren. Das spricht für sich.
Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht so offensichtlich gegen Ihre eigene Parteiprogrammatik verstoßen.
Sie begründen nämlich eine notwendige Eilzuständigkeit mit der Verlagerung der zollamtlichen Aufgaben von den Grenzen in das Landesinnere. Das aber genau ist ja Resultat des Schengener Abkommens,
welches Sie kündigen wollen. Anders formuliert: Parteiprogrammatisch betrachtet ist Ihr vorgelegter Gesetzentwurf höchst unglaubwürdig.
Meine Damen und Herren, mit der Glaubwürdigkeit wird es auch nicht viel anders, wenn wir uns die Fakten aus unserem Landtag hier heranziehen. Der NPD-Gesetz- entwurf möchte Paragraf 9 SOG Mecklenburg-Vorpom- mern ändern. Diesen Paragrafen haben der Landtag und der federführende Innenausschuss letztmalig im ersten Halbjahr 2011 beraten und geändert. Dabei ging es um die Regelung von Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamten anderer Staaten in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Eilzuständigkeit für Zollvollzugsbeamte hatte niemand gefordert, erst recht nicht die NPD, im Gegenteil.
Der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu Paragraf 9 SOG ist Folgendes zu entnehmen: „Der Ausschuss hat einvernehmlich mit den Stimmen der … SPD und der CDU bei Enthaltung seitens der Fraktionen DIE LINKE und der FDP bei Abwesenheit der … NPD diesem Änderungsantrag zugestimmt.“
Meine Damen und Herren, Abwesenheit der NPD, auch das spricht nicht für besondere Glaubwürdigkeit oder Ernsthaftigkeit des vorliegenden NPD-Entwurfes.
Um das Problem aber weiterhin möglichst sachlich zu betrachten, bliebe natürlich auch die Variante, dass 2011 nach Einschätzung der NPD die Grenzkriminalität noch nicht derart ausgeufert war,