Protokoll der Sitzung vom 17.11.2011

Wie sehen die derzeitigen Vorschläge des Bundes aus? Die vorgeschlagene Zuschussrente und auch die leicht verbesserte Erwerbsminderungsrente von Frau von der Leyen sind keineswegs dazu geeignet, das Problem der Altersarmut wirksam zu bekämpfen. Hier sind weitergehende Ansätze vonnöten, was übrigens nicht nur von mir so gesehen wird, sondern auch von meiner geschätzten Kollegin in Sachsen, der Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz Frau Clauß von der CDU. Sie hat in einem Schreiben an Frau Bundesministerin von der Leyen das mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht. Deswegen gehe ich davon aus, dass die Vorschläge der Bundesregierung auch erst mal nur ein Einstieg in die Diskussion sein können, und am Ende des Rentendialogs muss nach meiner Auffassung ein anderes, ein besseres Konzept stehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so viel zu den Vorschlägen aus der Landesregierung. Wir werden in einem ersten Schritt im Rahmen des Rentendialogs ein Gesamtkonzept erarbeiten müssen. Dann muss klar sein, wie hoch sind die Mehrkosten und wie finanzieren wir es. Und deshalb gehe ich auch davon aus, so, wie es hier

vorgetragen worden ist von der Linkspartei, dass eine Beitragssenkung im Hinblick auf die erforderlichen Maßnahmen unrealistisch ist.

Dennoch kann ich mich mit dem Finanzierungsvorschlag des vorliegenden Antrags nicht anfreunden. Ich möchte auch begründen, warum. Wir haben derzeit einen Überschuss in der Rentenkasse – konjunkturbedingt. Und ich halte es auch nicht für richtig, dass wir ihn auszahlen, weil davon nur wenig bei dem Einzelnen ankommt. Ich würde es für richtig halten, diesen Überschuss in der Kasse zu lassen als Aufstockung der Demografiereserve, denn gerade die jungen Generationen werden in Zukunft hier Probleme bekommen.

Aber dieses Mehrgeld zur Bekämpfung der Altersarmut einzusetzen, halte ich für riskant. Warum? Wenn die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Altersarmut davon abhängen, ob gerade mal ein paar Euro mehr in der Rentenkasse sind, dann heißt es auch, dass diese Maßnahmen gestrichen werden, wenn diese Euro eben nicht mehr drin sind. Die konkreten Maßnahmen zur Bekämpfung der Altersarmut müssen finanztechnisch dauerhaft abgesichert werden und können nicht an dieser Konjunkturschwankung hängen. Diese konjunkturbedingten Überschüsse sollten deshalb zu einer Demografiereserve genutzt werden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE, die rentengesetzlichen Regelungen zu ändern und die gesetzliche Rente zur armutsfesten Säule der Alterssicherung zu machen, ist sicher gut gemeint, aber er ist eben viel zu pauschal und allgemein gehalten. Der Finanzierungsvorschlag trägt nicht und es gibt leider keine konkreten Vorschläge zu geeigneten Maßnahmen, die Altersarmut zu bekämpfen. Deshalb findet er von mir keine Zustimmung.

Ich kann Ihnen versprechen, dass sich die Landesregierung, dass ich mich als Sozialministerin in die Debatte um den Rentendialog einbringen werde, jetzt schon, aber natürlich ganz konkret im November auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat die Ab- geordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ja, gestern hat das Bundeskabinett die nach den bisherigen Gesetzen und Regelungen notwendige Senkung der Rentenbeiträge, wie schon genannt, bei diesen 1,5 Monatsrücklagen beschlossen.

Die Beiträge sinken nun ab 2012 von 19,9 auf 19,6 Prozent. Eine ersatzlose Streichung, wie in der Drucksa- che 6/76 gefordert, sehen DIE GRÜNEN grundsätzlich eher skeptisch. Grundsätzlich sind DIE GRÜNEN der Meinung, dass politische Eingriffe in die Automatismen der Rentenversicherung möglichst nicht stattfinden sollten.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Aber in der jetzigen Situation macht es durchaus Sinn, die Beiträge nicht zu senken und stattdessen die Nachhaltigkeitsrücklage wegen der labilen und unsicheren Wirtschaftssituation zu erhöhen, da niemand sagen kann, wie es mit und nach der Finanzkrise weitergeht und/oder ob dieses Geld in Maßnahmen zu bringen ist, die der Bekämpfung von Altersarmut vorbeugen. Hier denken wir insbesondere, und das ist hier mehrfach schon genannt worden, an die Verbesserung bei der Erwerbsminderungsrente.

Der Rentensicherungsbericht von 2011 zeigt in der langfristen Annahme der Entwicklung bei Beitrags- und Nachhaltigkeitsrücklagen deutlich, dass nach Beitragssenkungen in den kommenden Jahren spätestens ab 2019 wieder Steigerungen ins Haus stehen. Beim Regierungsdialog Rente geht es im Wesentlichen um die Bekämpfung der Altersarmut. Während wir die Garantierente über Steuern finanzieren wollen und auch die von Frau von der Leyen vorgeschlagene Zuschussrente über Steuern finanziert werden soll, ist ein weiterer wichtiger Punkt die Verbesserung der Erwerbsmin- derungsrente, die als Versicherungsleistung beitragsfinanziert ist.

Bei allen Verbesserungen stellt sich dabei immer wieder die Frage: Wer soll das bezahlen, wenn auf die Beitragssenkung verzichtet würde? Könnten wichtige Maßnahmen in diesem Bereich gegenfinanziert werden?

Nach einer Forsa-Umfrage, die im Auftrag des DGB durchgeführt wurde, sprechen sich 79 Prozent der Befragten für eine Beibehaltung der Beitragssätze und gegen eine Senkung aus, da sie damit lieber der Altersarmut vorbeugen und das Rentenalter senken wollen.

Dies alles ist jetzt eine eher für die Bundesebene ausgelegte Forderung. Ich möchte aber hier noch mal zur zweiten Forderung kommen, nämlich „geeignete Regelungen im Rahmen der gesetzlichen Rente“ einführen, „mit denen Altersarmut verhindert wird“. Was sind aus Sicht der LINKEN „geeignete Regelungen“? Was gibt es denn für konkrete oder konkretere Vorstellungen darüber? DIE GRÜNEN stimmen diesem Punkt grundsätzlich zu. DIE GRÜNEN hätten sich aber gewünscht, dass konkretere Maßnahmen benannt würden.

(Torsten Renz, CDU: Dann müssen Sie Änderungsanträge dazu stellen.)

Ja, und nun möchte ich aber weiterreden.

(Torsten Renz, CDU: Ich halte Sie nicht davon ab.)

Das wollen DIE GRÜNEN auf Bundesebene.

(Torsten Renz, CDU: Aber hier keine Änderungsanträge, das ist ja schwach.)

Altersarmut entsteht …

Das entscheiden immer noch wir.

(Heinz Müller, SPD: Oh!)

Aber danke für den Hinweis, Herr Renz.

(Unruhe bei Abgeordneten vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Altersarmut entsteht aus Sicht der GRÜNEN, und das ist hier mehrfach genannt worden und das wissen wir auch, durch mangelndes, niedriges Einkommen. Wir unterstützen ausdrücklich die Forderungen nach Mindestlohn

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und weiteren Ergänzungen im Rentensystem, damit Rentnerinnen und Rentner mit geringem Einkommen vor Altersarmut geschützt werden oder in bereits vorhandener Altersarmut unterstützt werden.

(Udo Pastörs, NPD: Sie sind bankrott, Sie labern nur rum.)

Auch hier ist der Hinweis genannt worden zu den Selbstständigen mit geringem Einkommen. Diese sind oftmals nicht abgesichert. Sie sollen in das Rentensystem integriert werden, wenn keine andere Absicherung vorhanden ist. Die Alterssicherung muss weiterentwickelt werden, damit Menschen trotz geringen Einkommens nach lebenslanger Arbeit mehr als Grundsicherung bekommen.

Ich möchte noch mal ausdrücklich auf einen Punkt hinweisen, den ich eben bei unserer Ministerin ein Stück weit vermisst habe, und zwar geht es um die Absicherung …

(Zuruf aus dem Plenum: Die rote Lampe hat geleuchtet.)

Oh, habe ich gar nicht gesehen, Entschuldigung. Okay, so schnell geht die Zeit vorbei.

(Heinz Müller, SPD: So ist das im Leben.)

Also wir unterstützen den Antrag.

(Udo Pastörs, NPD: Sie müssen langsam aufhören, sonst kriegen Sie einen Ordnungsruf.)

Schade, dass ich nicht weiterreden konnte.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lindner von der Fraktion der CDU.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren des Landtages! Alle Tage wieder kommt von der Fraktion DIE LINKE im Landtag Mecklenburg-Vorpommern ein Antrag zum Thema Rente beziehungsweise zur gesetzlichen Rentenversicherung. So konnte ich es in der Vergangenheit aus der Ferne beobachten und so haben es mir die altgedienten Kollegen des Landtages bereits berichtet.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Beim nächsten Mal, meine Damen und Herren, müsste das Thema „Gesundheit und gesetzliche Krankenkasse“ auf der Tagesordnung stehen. Bemerkenswert hierbei ist jedoch, dass wir über Sachen reden, für die wir im Landtag Mecklenburg-Vorpommern nicht die Gesetzgebungskompetenz haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann können wir ja nach Hause gehen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir reden nämlich über ein Bundesgesetz, das SGB VI, das in Berlin durch den Deutschen Bundestag als alleiniges zuständiges Parlament geändert oder neu gefasst werden kann. Soweit ich weiß, ist dort DIE LINKE ebenfalls als eigene Fraktion vertreten, allerdings auf den Oppositionsbänken. Warum diese Debatte hier in Schwerin noch mal? Aber, meine Damen und Herren, sei es, wie es sei.

Die Landtagsfraktion DIE LINKE in Schwerin will also ein Bundesgesetz in Berlin geändert wissen, damit die Beitragssätze für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu einer gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr abgesenkt werden können. Wir hingegen sind der Meinung, dass bei einer guten wirtschaftlichen Entwicklung und bei steigenden Beitragseinnahmen, also bei einem deutlichen Überschuss in der Rentenkasse, der von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen zu zahlende Beitrag abgesenkt werden muss. Dies entlastet sowohl Arbeitnehmer und Arbeitgeber – mehr Netto vom Brutto.

Aus unserer Sicht darf die Entwicklung der Beiträge zur Sozialversicherung keine Einbahnstraße sein, die nur einen stetigen Anstieg kennt, immer mehr Sozialversicherungsbeiträge und immer weniger in den Taschen der Arbeiter und Angestellten. Bei Überschüssen muss viel mehr auch eine automatische Absenkung möglich sein, ohne lange Diskussion, wofür man das zusätzliche Geld in der Rentenkasse auch noch alles sinnvoll ausgeben könnte. Bedarf und Begehrlichkeiten gibt es immer und sie steigen, je mehr Geld zusätzlich im Topf vorhanden ist, was man ausgeben kann. Dies wollen wir mit der derzeitigen gesetzlichen Regelung im SGB VI unterbinden.

Übrigens noch mal an DIE GRÜNEN: Dort haben Sie im Jahre 2004 auch zugestimmt. Dieses Gesetz haben Sie unter Rot-Grün eingebracht, Herr Suhr, das steht heute im „Medienspiegel“, Seite 54.

(Stefan Köster, NPD: Ach, das haben die schon vergessen.)