Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Meine sehr geehrten Damen und Herren, leider ist das noch Zukunftsmusik. Ankündigungen haben wir schon manche gehört, nun muss es auch getan werden. Ich hoffe, dass auf Bundesebene durch die aktuellen Enthüllungen weiter Bewegung in diese Richtung kommt. Solange dies nicht der Fall ist, sehe ich die Länder weiter in der Pflicht, alles zu unternehmen, um Steuerhinterziehung aufzudecken. Dazu gehört ganz klar auch der Ankauf von Steuer-CDs.

Sie alle wissen, dass es aufgrund eines Ankaufs in Rheinland-Pfalz in der vergangenen Woche eine deutschlandweite Razzia gegeben hat. Die Spuren führten in acht Fällen auch in unser Bundesland. Ich kann die öffentliche Diskussion über die Rechtmäßigkeit des Erwerbs dieser Daten nicht ganz nachvollziehen, denn die Finanz- und auch die Strafverfolgungsbehörden sind in der Pflicht, alles zu tun, um Steuerkriminalität aufzuklären. Sollten ihnen zu diesem Zweck Daten von Steuerflüchtigen angeboten werden, sind sie sogar verpflichtet, diese zu beschaffen. Der Kauf von Steuerdaten bleibt für mich daher auch weiterhin ein geeignetes, ein legitimes und im Übrigen auch legales Mittel.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Steuerhinterzieher dürfen sich nicht in Sicherheit wiegen. Unser Land wird sich jetzt, aber auch in Zukunft an dem Ankauf solcher Daten beteiligen. Denn dies ist ein wirksames Instrument, auch wenn unser Hauptinteresse weiter darin liegen wird, ein geregeltes Verfahren zur Verhinderung und Aufklärung von Steuerhinterziehung zu finden. Und wer weiß, vielleicht klappt es jetzt ja auch in einem erneuten Anlauf mit der Schweiz. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Finanzministerin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Rösler für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Noch vor dem Fall Uli Hoeneß, der ja offenbar die ganze Nation in ihren Grundfesten erschüttert hat,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Sie wackelt jetzt noch.)

waren Steueroasen, Steuerhinterziehung und andere unappetitliche Begleiterscheinungen beim großen Geld schon längst Themen für meinen Lieblingskabarettisten

Volker Pispers. Das klingt dann in etwa so, Zitat: „Was für eine Sensation! Nach monatelangen intensiven Recherchen haben Spezialisten herausgefunden, dass es jene sagenumwobenen Steueroasen, von deren Existenz wir normal sterblichen Steuerwüstenbewohner in unseren Fieberträumen fantasiert haben, tatsächlich gibt und dass, und jetzt halten Sie sich bitte fest, dass es tatsächlich Mitmenschen gibt, die auf oder in diesen Steuer- oasen Schwarzgeld verstecken, und zwar auf eine Art, dass es sich gewaschen hat. Wer hätte das gedacht?! Die Empörung darüber, dass die von der Politik geschaffenen kunstvoll versteckten Steuerschlupflöcher von rücksichtslosen Zeitgenossen gefunden und auch noch genutzt werden, ist groß.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, ja, die plötzliche Empörung und das Bedauern scheinen gewaltig, allein dadurch hat sich jedoch noch nie etwas geändert. Und ja, es besteht überhaupt kein Zweifel daran, die Bekämpfung der weltweit organisierten Steuerhinterziehung mit aller Kraft und Entschlossenheit voranzutreiben. Insofern beginnt der Antrag von SPD und CDU durchaus verheißungsvoll.

Vor allem die Überschrift „Konsequente Verfolgung von Steuerhinterziehung und Schließung bestehender Steuerschlupflöcher“ ließ einiges erwarten. Aber welche Enttäuschung! Der Landtag soll heute nach dem Willen der Koalition eine Reihe von Selbstverständlichkeiten und Plattitüden beschließen.

Im Antrag aus der Feder der CDU steht aber auch wirklich nichts Konkretes, nichts zu den Ursachen, nichts zu den politisch Verantwortlichen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Hätten Sie denn gern die acht Klarnamen, oder wie?)

Die heißen Eisen werden nicht einmal ansatzweise angefasst. Kurz gesagt: Der Antrag, und so drastisch muss ich es wirklich formulieren, ist ein Schuss in den Ofen.

Meine Damen und Herren, gehen wir doch mal den bahnbrechenden Text zusammen durch. Satz eins lautet: „Die durch die internationalen Medien recherchierten weltweit organisierten Steuerhinterziehungen und

Schwarzgeldmachenschaften … sind von der Landesverwaltung in ihrem Zuständigkeitsbereich konsequent zu verfolgen und zu sanktionieren.“ Diese Aussage muss bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landesverwaltung mächtig Eindruck machen. Sie sollen also die ganzen Steuer- und Schwarzgelddelikte tatsächlich konsequent verfolgen und sanktionieren. Ja mei, legt die Steuerverwaltung zurzeit die Füße hoch und drückt alle Augen zu?

Satz zwei hat es ebenso in sich: „Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundes- und Länderebene für ein koordiniertes Vorgehen zur Erlangung der insoweit relevanten Daten einzusetzen.“ Ups! Da bin ich echt baff, liebe Koalitionäre. Zum Glück weisen SPD und CDU ihrer Landesregierung den richtigen Weg und fordern ein koordiniertes Vorgehen ein. Nicht auszudenken, wenn wir diesen Satz heute nicht beschließen! Womöglich würde sich dann die Landesregierung für ein völlig unkoordiniertes Vorgehen entscheiden.

Satz drei rüttelt dann richtig wach, da heißt es: „Zur Bekämpfung illegaler, aber auch unerwünschter legaler Steuergestaltungsmöglichkeiten ist ein internationales,

insbesondere europaweit einheitliches Vorgehen, er- forderlich.“ Dank CDU und SPD weiß es nun wirklich jeder: Weltweit praktizierte, legale, aber unerwünschte Steuersparmodelle können nur weltweit bekämpft werden. Ah ja!

Nach diesem Feuerwerk an richtungsweisenden Ausführungen der Koalition schließt der Antrag mit diesen beiden Sätzen: „Auf Bund-Länder-Ebene fordern wir als einen ersten Schritt die unverzügliche Einrichtung einer Task-Force. Sie soll vorhandenes Wissen bündeln, vernetzen und die Länder im Steuervollzug unterstützen.“ Aha! Auch diese Aussagen muss man erst einmal wirken lassen.

Ja, wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ‘ ich einen Arbeitskreis, dachten sich auch CDU und SPD, und weil wir uns ja auf internationalem Parkett bewegen, haben sie den klangvolleren Namen „Task-Force“ gewählt.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, angesichts der zum Himmel schreienden Steuerungerechtigkeit, die die Medien regelmäßig aufdecken, müssten sich SPD und CDU für diesen Antrag schämen,

(Rainer Albrecht, SPD: Da ist gar keine Gefahr. – Zurufe von Beate Schlupp, CDU, und Stefan Köster, NPD)

denn das war nun wirklich ganz dünne Suppe, liebe Kolleginnen und Kollegen. Fällt Ihnen wirklich nichts Besseres ein als die CDU-Forderung nach dieser Task-Force?

(Manfred Dachner, SPD: Sie können es auch besser machen! Sie machen doch gar nichts. Sie reden doch nur.)

Wie kann man Ihnen abnehmen, dass Sie Steuerhinterziehung überhaupt ernsthaft und konsequent bekämpfen wollen?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das passt in Ihre Weltanschauung nicht rein. So was passt in Ihre Weltanschauung nicht. Wie können die anderen so was wollen?)

Glaubt die Koalition wirklich, dass das Rumgeeier von SPD und CDU in Sachen Schweizer Steuerabkommen vergessen ist? Ein klares „Jein“ war damals von der hiesigen Koalition zu hören. Nach dem Willen der CDU sollten die Täter straffrei und anonym bleiben. Das versteht die CDU unter einem konsequenten Vorgehen gegen Steuerhinterzieher. Anstatt diesen Appell an die Landesverwaltung zu richten, sollten Sie ihn besser an sich selbst richten.

Meine Damen und Herren, die Bundes-SPD mit ihrem Vizekanzlerkandidaten Steinbrück fordert den Aufbau einer bundesweiten Steuerfahndung. Doch das wird nie etwas, wenn selbst Finanzministerin Polzin davon nichts wissen will. Und auch im Antrag findet sich dazu keine einzige Silbe, stattdessen wird von einer Task-Force schwadroniert. Die Unionsfinanzpolitiker verstehen darunter Folgendes, ich zitiere: „Diese müssten Steuerfahnder der Länder mit dem Bund und den Schwerpunktstaatsanwaltschaften bilden, die ihrerseits besser vernetzt werden müssen“. Soso.

Dumm nur, Herr Liskow, dass es in Mecklenburg-Vor- pommern gar keine Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Fragen des Steuerbetruges gibt. Die normalen Steuerstrafsachen werden von den zuständigen Dezernaten bei jeder Staatsanwaltschaft mitbearbeitet. Schwerpunktstaatsanwaltschaften gibt es nur für Internetkriminalität und für Wirtschaftsstrafsachen. Für die ganz großen Fälle reicht es wiederum nicht.

Aber, Herr Liskow, ärgern Sie sich nicht, Frau Polzin will gar keine Schwerpunktstaatsanwaltschaften einrichten. Deswegen wird SPD-Chef Gabriel wohl noch lange darauf warten, dass es in Deutschland eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung großer internationaler Steuerstraftaten gibt. Von dieser Landesregierung hat er jedenfalls keine Unterstützung zu erwarten.

Meine Damen und Herren, vielleicht soll die Task-Force zumindest einheitliche Standards bei der Steuererhebung und -prüfung zusammen mit den Bundesländern festlegen. So will es Peer Steinbrück. Ich fragte also bei der Landesregierung nach. Und was antwortete sie? Die Landesregierung sieht auch hier keinen Handlungsbedarf. Na, das wird ja eine tolle Task-Force!

Meine Damen und Herren, vielleicht können potenzielle Steuerbetrüger zukünftig besser vor Straftaten abgeschreckt werden. Was hält wohl die Koalition hiervon? Die Bundes-SPD fordert zumindest eine Verschärfung der Verjährungsfristen für Steuerbetrug. Ich mag es kaum noch sagen, aber die Landesregierung – Sie ahnen es – hat darauf keine Lust. Die derzeit bestehenden strafrechtlichen Verjährungsfristen zur Verfolgung von Steuerstrafsachen werden nämlich als ausreichend erachtet. Frau Polzin sieht mal wieder keinen Handlungsbedarf.

Meine Damen und Herren, ich könnte noch Ausführungen machen zur Deregulierung der Finanzmärkte, zu zahlreichen legalen Steuerschlupflöchern, die SPD und CDU maßgeblich zu verantworten haben. Das will ich an dieser Stelle nicht tun. Wir könnten über den Entzug der Banklizenz bei fortgesetzter Beihilfe zum Steuerbetrug sprechen – auch hierzu kein einziges Wort im Koalitionsantrag, SPD und CDU werden wissen, warum –, nein, ich will SPD und CDU an ihre Verantwortung hier in Mecklenburg-Vorpommern erinnern.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ein Glück, dass wir Sie haben, sonst wüssten wir das gar nicht.)

Es dient nicht der konsequenteren Verfolgung von Steuerhinterziehung, wenn die Steuerfahndung des Landes mit immer weniger Personal auskommen muss.

(Tilo Gundlack, SPD: Na, endlich sind wir beim Thema!)

Meine Damen und Herren, Steuerschlupflöcher gibt es auch in Deutschland, da brauchen wir gar nicht auf irgendwelche Inseln zu gehen. Dank der Unternehmenssteuerreform von SPD und CDU aus dem Jahr 2008 können Betriebsvermögen erbschaftssteuerfrei ver

schenkt oder vererbt werden.

(Minister Lorenz Caffier: Gott sei Dank! – Udo Pastörs, NPD: Das ist auch ganz wichtig, sonst gehen die kaputt. Sie haben doch keine Ahnung!)

Jahrelang haben SPD und CDU gegen die sogenannten Cash-GmbHs nichts unternommen.

(Udo Pastörs, NPD: Sie reden irgendwas, linken Blödsinn.)

Es gibt zahlreiche andere Beispiele, die SPD und CDU jahrelang duldeten, wenn nicht gar geschaffen haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die ganz bösen Kapitalisten wieder hier.)

Die Ursachen für die Steuersparmodelle brachte GoogleChef Eric Schmidt auf den Punkt. Sein Konzern erlöst in Deutschland etwa 3 Milliarden aus dem Anzeigengeschäft, versteuert wird aber fast alles in Irland. Der deutsche Fiskus geht so gut wie leer aus. Darauf angesprochen, antwortete Schmidt ganz offen, dass Google eben die legalen Möglichkeiten geschickt nutze, und er fügte hinzu: „Das ist Kapitalismus.“ Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

(Udo Pastörs, NPD: Tja.)

Nur so viel, dass wir Ihrem platten Antrag

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)