Protokoll der Sitzung vom 29.05.2013

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrages der Landesregierung – Zustimmung des Landtages gemäß § 8 Absatz 5 Landesforstanstaltserrichtungsgesetz, §§ 63 Absatz 1 und 64 Absatz 1 Landeshaushaltsordnung und § 12 Absatz 2 des Haushaltsgesetzes 2012 und 2013, hier: Waldtausch der Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/1475, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Agrarausschusses, Drucksache 6/1930, in Verbindung mit Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Risiken von Waldtausch prüfen, Drucksache 6/1897. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1933 vor.

Antrag der Landesregierung Zustimmung des Landtages gemäß § 8 Absatz 5 Landesforstanstaltserrichtungs- gesetz, §§ 63 Absatz 1 und 64 Absatz 1 Landeshaushaltsordnung und § 12 Absatz 2 des Haushaltsgesetzes 2012 und 2013 hier: Waldtausch der Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 6/1475 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Agrarausschusses (6. Ausschuss) – Drucksache 6/1930 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/1933 –

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Risiken von Waldtausch prüfen – Drucksache 6/1897 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Agrarausschusses Professor Dr. Tack.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Agrarausschuss hat den Antrag der Landesregierung auf Druck- sache 6/1475 während seiner 30. Sitzung am 16. Mai vorbehaltlich der mitberatenden Stellungnahme des Finanzausschusses abschließend beraten. Dieser Vorbehalt hat sich dann mit der Zustimmung des Finanzausschusses am selben Tage aufgelöst.

Breiten Raum hat bei den Beratungen unseres Ausschusses dabei die Frage eingenommen, ob mit dem Wertgutachten sowie den Stellungnahmen der Sachverständigen eine ausreichend sichere Entscheidungsgrundlage besteht, die eine Zustimmung zu dem Waldtausch rechtfertigt. Von der Opposition ist diese Frage verneint

worden. Ausgehend davon hat diese Anträge in den Ausschuss eingebracht, bei deren Annahme weitere Gutachten einzuholen gewesen wären. Dabei hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ich zitiere, „eine umfassende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung entspre

chend § 7 Landeshaushaltsordnung und eine Ergänzung zum Wertgutachten“, Ende des Zitats, gefordert.

Diese Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist unter anderem damit begründet worden, dass die Ergebnisse der Anhörung zu dem geplanten Waldtausch ihrer Ansicht nach keine abschließende Klärung erbracht hätten, ob das vorliegende Wertgutachten ausreichend sei. Nach wie vor sei unklar, ob dem Land aus dem Tauschgeschäft Vorteile oder Nachteile erwüchsen. Es ist auf die Stellungnahme des Landesrechnungshofes hingewiesen worden, wonach das angewendete Verfahren zwar plausibel sei, jedoch nicht erkennen lasse, ob bestimmte Risiken, namentlich des Klimawandels, angemessen berücksichtigt worden seien.

(Egbert Liskow, CDU: Welches Klimawandels?)

Ebenso habe der Landesrechnungshof das vorliegende Gutachten im Sinne der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach Paragraf 7 Landeshaushaltsordnung als nicht ausreichend angesehen. So seien beispielsweise die Waldumbaukosten für die Überführung des Forstobjektes Eichhof in den von der Landesforstanstalt für den Landeswald angestrebten naturnahen Zustand nicht ausreichend dargelegt worden. Vom Büro „Wald- und Landschaftsplanung“, dessen Sachverständiger nach eigener Aussage als Einziger der Anzuhörenden die Tauschflächen vor Ort begutachtet hat, ist während der Anhörung Kritik sowohl an der Modifizierung des Verfahrens der Wertermittlung als auch an Einzelbewertungen geübt worden. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bestandeserwartungswert für den Vergleich von Tauschflächen nicht geeignet sei und stattdessen unter anderem der Waldrentierungswert herangezogen werden sollte.

Die Fraktion DIE LINKE hat dagegen ein, ich zitiere wieder, „unabhängiges Gutachten auf der Grundlage des Rentierungswertes“ gefordert. Für diese hat die öffentliche Anhörung Zweifel und Bedenken deutlich werden lassen, ob das Wertgutachten nach der von den Tauschpartnern vereinbarten Methode eine objektive Grundlage für den Waldtausch sein könne. Ihrer Auffassung nach sollte bei einem weiteren Gutachten – wiederum ein Zitat – „die Rentierlichkeit der angenommenen Betriebe“ zugrunde gelegt werden. Zudem erhielte der Landtag mit dem neuen Gutachten eine aktuellere Entscheidungsgrundlage, als das bei dem Wertgutachten der Fall sei.

(Egbert Liskow, CDU: Wann kommt denn das Gutachten?)

Von der Fraktion der CDU ist die Expertise des Landesrechnungshofes in Bezug auf die Bewertung von Wald in Zweifel gezogen worden. Dessen Stellungnahme sei in forstlichen Fragen nur eingeschränkt aussagefähig. Die von den Oppositionsfraktionen gestellten Anträge haben für diese Fraktion die Frage entstehen lassen, ob die Opposition bei der Einholung weiterer Gutachten bereit wäre, ihre Meinung in Bezug auf den Waldtausch zu überdenken, anderenfalls wäre jeglicher Aufwand für ein neues Gutachten umsonst.

Die Fraktion der SPD hat unter anderem hervorgehoben, dass die Wertermittlung gemäß der Waldermittlungsrichtlinie 2000 ein bundesweit angewendetes Verfahren ist. Dieses basiere auf dem fixen Kriterium des Walderwartungswertes zum Zeitpunkt der Endnutzung des Bestandes und lasse einer subjektiven Bewertung unterliegende weiche Faktoren unberücksichtigt. Der Waldrentierungswert gelte nur für die zehnjährige Laufzeit eines Forsteinrichtungswerkes und werde nur zur Wertermittlung bei Waldverkäufen, nicht aber Waldtauschverfahren herangezogen.

Weiter ist ausgeführt worden, dass die Fraktion der SPD der Einschätzung öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger folge, während sich die antrageinbringenden Fraktionen auf die einzelner Sachverständiger bezögen, die diesen Status nicht hätten. Von den hinzugezogenen acht Anzuhörenden hätten sieben bestätigt, dass es sich bei der Ermittlung des Bestandeserwartungswertes um ein anerkanntes Verfahren handele.

Nach Auffassung beider Koalitionsfraktionen sollten die Anträge der Fraktionen DIE LINKE sowie BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN aus grundsätzlichen Erwägungen der Ablehnung von Waldtauschverfahren heraus lediglich den weiteren Verfahrensverlauf verzögern.

Beide Anträge sind vom Ausschuss mehrheitlich bei Zustimmung durch die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU sowie Enthaltung der Fraktion der NPD abgelehnt worden.

Alternativ dazu haben die Koalitionsfraktionen den Antrag gestellt, dem Tauschvorhaben vorbehaltlich des Votums des im Nachgang zum Agrarausschuss tagenden Finanzausschusses zuzustimmen. Zur Begründung ist unter anderem angeführt worden, dass der Tausch wertgleich erfolge und über einen Beförsterungsvertrag mit einer Mindestlaufzeit von 15 Jahren zur Sicherung von Arbeitsplätzen im Bereich der Landesforstanstalt beitrage. Der Agrarausschuss ist dem bei Zustimmung der Koalitionsfraktionen und bei Ablehnung durch die Oppositionsfraktionen mehrheitlich gefolgt.

Namens des Agrarausschusses bitte ich Sie, dessen Beschlussempfehlung zuzustimmen. – Danke sehr.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort zur Einbringung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1897 hat Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kommt nicht alle Tage vor, dass Hunderte Hektar Landeswald, also öffentlicher Wald, gegen Privatwald getauscht werden soll. Öffentlicher Wald ist nach langen Zeiten von vorherrschendem Privatbesitz derzeit ein hohes Gut und so ist es nicht verwunderlich, dass eben die Öffentlichkeit sensibel auf derartige Pläne reagiert. Es ist demzufolge auch folgerichtig, dass wir als Opposition ganz genau hinsehen und prüfen, ob mit dem nun geplanten Vorgang dem Land tatsächlich kein Schaden entsteht.

Eine solche Haltung, also die Vermeidung von finanziellem Schaden, erwarten wir auch von der Landesregie

rung. Allerdings gibt es durch Anhörung von Sachverständigen im Agrarausschuss mittlerweile zahlreiche Hinweise, dass eben doch nicht unbedingt sichergestellt ist, dass es zu einem Geschäft zum beiderseitigen Vorteil kommt. Vielmehr besteht aus unserer Sicht ein begründeter Anlass zu der Annahme, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern hier den Kürzeren ziehen könnte.

Ich will im Folgenden die wichtigsten Fragen aufwerfen, die wir aus der Anhörung mitgenommen haben und die uns veranlasst haben, den heutigen Antrag zu stellen.

Da ist zunächst die Frage nach dem Zweck des Waldtausches. Im eigentlichen Waldwertgutachten wird dieser Zweck nicht weiter beschrieben. Der vom Vorstand der Landesforstanstalt im Zuge der Anhörung betonte Arrondierungseffekt, das heißt die Zusammenführung von Waldsplitterflächen zu einem eigentumsrechtlich zusammenhängenden Gebiet, das gut bewirtschaftet werden kann, wurde von Vertretern der Industriegewerkschaft BAU und des Bundes Deutscher Forstleute als nicht vorrangig bezeichnet, handelt es sich doch in beiden Fällen um bereits arrondierte Gebiete. Das sind gut zu bewirtschaftende Einheiten, sie sind bereits arrondiert.

(Thomas Krüger, SPD: Aber nicht im Wald. – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Auch werden die angeblich positiven Beschäftigungs- effekte von mehreren Sachverständigen in Zweifel ge- zogen.

(Egbert Liskow, CDU: Aber die stehen im Wald.)

Ein dauerhaft positiver Beschäftigungseffekt wurde vonseiten des Gewerkschaftsvertreters verneint. Wir haben gehört, es geht um 15 Jahre.

Eine Zunahme von Waldfläche in Landesbesitz, der ebenfalls als Vorteil bezeichnet wurde, ist ja nicht unbedingt per se ein Vorteil. Wir müssen hingucken, was kommt da für Wald dazu. Können denn die damit vielleicht auch verbundenen Kosten in erheblicher Höhe von uns getragen werden? Warum also dieser Tausch? Ich denke, wir denken, die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, die eigentliche Motivation dieses Tauschgeschäftes zu erfahren, die die Landesregierung bis zum heutigen Tag – vielleicht werden wir noch etwas erfahren – schuldig bleibt.

Als nächsten Punkt stellt der Landesrechnungshof völlig zu Recht in der Anhörung fest, dass es sehr wohl erheblich ist, welche Folgekosten das Land auf den durch die Kiefer dominierten Flächen im Landkreis VorpommernGreifswald erwartet. Das Land hat sich, wir haben es auch gehört, verpflichtet, die naturfernen Kieferreinbestände der Landesforsten zu standortgerechten Mischwäldern beziehungsweise Laubwäldern umzubauen.

Sie selbst, Herr Minister Backhaus, wiesen in der Pressemitteilung dieses Jahres zum Tag des Waldes auf die anspruchsvolle Aufgabe des Waldumbaus hin. Dort heißt es, ich zitiere: „Der Waldumbau in Mecklenburg-Vor- pommern verfolgt das Ziel, nicht standortgerechte Nadelbaumreinbestände durch ökologisch besser angepasste Mischwälder zu ersetzen.“

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

„Bis zum Jahr 2100 soll mit Blick auf den Landeswald der Anteil der Laubbäume von derzeit etwa 40 % auf 56 % angehoben werden. Für die Baumart Kiefer ergibt sich damit ein Baumartenwechsel auf über 30.000 Hektar. Dieses ist mit erheblichen Investitionen verbunden.“ Zitatende.

Auch wenn es sich mit Standorten im Forstrevier Eichhof um einen der Nährkraftstufe nach ganz armen Standort handelt, auf dem die Kiefer sicherlich stets eine gewisse Rolle spielen wird, auch in Zukunft, so müssen auch dort die derzeitigen instabilen Reihenbestände zu einem Mischbestand umgebaut werden. Das ist, denke ich, unstrittig. Aufgrund von massiven Holzentnahmen in der Vergangenheit wurde der Bestand Eichhof in letzter Zeit aber deutlich destabilisiert.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist nicht wahr. – Egbert Liskow, CDU: Das ist eine Behauptung, die Sie gar nicht belegen können. – Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Und ein Schadereignis einer bestimmten Art kann schnell dazu führen, dass dieser Forst sich zu einem Problemforst entwickelt.

(Beate Schlupp, CDU: Seit vier Jahren gar nicht mehr.)

Es ist nun nicht Aufgabe eines Waldwertgutachtens, die Folgekosten, die bei der künftigen Waldbehandlung entstehen, zu erfassen, doch in irgendeiner Weise müssen wir hier im Landtag ja an diese Information herankommen. Wir brauchen eine gutachterliche Bewertung der Folgekosten. Anderenfalls haben wir hier als Entscheidungsträger keine belastbare Grundlage für diese wichtige Entscheidung.

Ein weiterer Punkt ist die Frage der Rendite. Die Rendite, die der Wald im Revier Eichhof abwirft, ist sicherlich anders zu bewerten als der Wald im Bereich des Naturparks Sternberger Seenlandschaft. Die Landesforstanstalt hat ja den Auftrag, auskömmlich zu wirtschaften. Im Auftrag des Landes hegt und pflegt sie den Wald, verkauft das Holz und erzielt Gewinne, und das in einer Weise, dass sie ohne Zuschüsse des Landes auskommen kann. Das ist noch nicht ganz der Fall, aber in wenigen Jahren wird dieser Zustand erreicht sein.

(Beate Schlupp, CDU: Das ist Quatsch, das ist Quatsch.)

Das Land hat also gar keinen Grund, gewinnträchtigen Wald, wie im Forstamt Gädebehn einer vorliegt, in irgendeiner Weise zu verschenken. Ich sage nicht, dass das passiert, aber ich denke, es gibt jedenfalls keinen Grund, das zu tun.

Seltsamerweise spielt jedoch die Frage nach den möglichen Gewinnen bei der bisher vorgenommenen Bewertung des Vorgangs für uns keine sichtbare Rolle. Dies ist aber doch eine ganz zentrale Frage, sehr geehrte Damen und Herren. Wir können uns doch nicht ohne Not mit einem Kiefernwirtschaftsforst belasten, der uns im Zweifel mehr Geld kostet, als wir je in Holzgewinn aus ihm herausholen, zumal wir gleichzeitig eine Fläche abgeben würden, wo dies nicht der Fall ist. Wir fordern, das wurde auch im Bericht des Ausschussvorsitzenden gerade deutlich, eine Wirtschaftlichkeitsbegutachtung – so, wie

es auch der Landesrechnungshof in seiner Stellungnahme zum Ausdruck bringt –, eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, mit der die möglichen Folgekosten des Waldtausches erfasst werden. Auch das ist ein wichtiges Ergebnis der Anhörung.

Auf die Frage von Abgeordneten nach einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse konnte der Vorstand der Landesforstanstalt Herr Blomeyer in der Anhörung nur auf das vorliegende Waldwertgutachten verweisen. Das ist uns einfach zu wenig, um diese schwere Entscheidung zu fällen. Wir brauchen eben nicht nur eine Betrachtung des Waldwertes, sondern wir brauchen eine Aussicht auf kommende Entwicklungen und Risiken in beiden Fällen.

(Beate Schlupp, CDU: Das kann man in der Natur auch hundertprozentig voraussagen. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Wir nehmen die Ergebnisse der Anhörung sehr ernst