Protokoll der Sitzung vom 29.05.2013

In dem Gesetzentwurf begrüßen wir außerordentlich, dass die Landesregierung sich auf eine zweimalige Berichtspflicht zum Vollzug des Mittelstandsförderungsgesetzes innerhalb einer Legislaturperiode verpflichtet hat, wie Herr Glawe schon ausgeführt hat. Und wir begrüßen auch, dass nach Ablauf der Wahlperiode eine Evaluierung des Gesetzes vorgesehen ist. Wir kritisieren im vorliegenden Gesetzentwurf, dass die Regelung über den Vorzug der privaten Leistungserbringung vor der öffentlichen Leistungserbringung nicht im Gesetzentwurf enthalten ist. Aber das kann sich ja noch ändern. Dies wird mit dem Verweis auf die aktualisierte Kommunalverfassung begründet. Paragraf 68 der Kommunalverfassung regelt die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand

(Heinz Müller, SPD: Nein, der Kommunen.)

jedoch sehr großzügig, sodass diese bei gleichwertiger Aufgabenerfüllung wie wirtschaftliche Unternehmen in die Lage versetzt wird, sich wirtschaftlich zu betätigen.

Meine Damen und Herren, wir stellen hier ganz klar, es geht uns nicht um die Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, also die Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung. Hier stehen wir durchaus auch zur Rekommunalisierung, aber es gibt bundesweit und auch in unserem Bundesland

Beispiele über wirtschaftliche Betätigungen, die weit über den Aufgabenbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge hinausreichen, wie zum Beispiel bei Reisebüros in öffentlicher Hand oder städtischen IT-Unternehmen, die auf dem freien Markt Geschäftsbeziehungen pflegen. Da sind wir dagegen und legen Wert auf den Vorrang des Klein- und Mittelstandes hinsichtlich wirtschaftlicher Aktivitäten.

(Heinz Müller, SPD: Aha! – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Rheinland-Pfalz hat sich in seinem Mittelstandsförderungsgesetz aus dem Jahr 2012 im Paragraf 6 ganz klar dazu bekannt, ich zitiere: „Die öffentliche Hand … sollen wirtschaftliche Leistungen nur dann erbringen, wenn sie von privaten Unternehmen nicht ebenso gut … erbracht werden können. … Die öffentliche Hand soll wirtschaftliche Leistungen“ möglichst an „private Unternehmen … vergeben.“ Deshalb fordern wir Bündnisgrüne, diese Regelung explizit auch in das Mittelstandsförderungsgesetz für Mecklenburg-Vorpommern mit aufzunehmen. Wir sind sicher, dass diese von uns geäußerte Kritik auch im vor uns liegenden Anhörungsverfahren eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird. Wir befürworten im Weiteren die Stärkung der Eigenkapitalquote unserer Unternehmen

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Was für eine tolle Förderung!)

und werden Vorschläge für eine engere Definition dieser zur Aufnahme in das Gesetz unterbreiten.

Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf gestaltet den Rahmen für eine Förderung des Mittelstandes. Wir wollen eine genaue Zielsetzung zur Ausgestaltung des Rahmens im Gesetz verankert sehen. So gibt es aus unserer Sicht noch genügend Diskussionsbedarf. Und Sie dürfen mit weiteren konstruktiven Vorschlägen rechnen. Ich freue mich auf die Diskussion in den entsprechenden Ausschüssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Gerkan.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der NPDFraktion Herr Pastörs.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt außerordentlich, wenn die Landesregierung sich um die tragende wirtschaftliche Säule, also um den Mittelstand in unserem Land kümmert. Das Problem ist nur, dass die Statik dieser Säule so beschaffen ist, dass sie zu brechen droht.

Wir haben uns einmal die Arbeit gemacht zu vergleichen, mit welchen praktischen Hilfen die Landesregierung einerseits im Bereich der Werften aktiv geworden ist, und andererseits, wie sich der Ministerpräsident und vor allem der Wirtschaftsminister Herr Glawe von der CDU in dieser Legislaturperiode für den sogenannten kleinen Mittelstand eingesetzt haben.

Herr Glawe, Ihre Bilanz ist eine Katastrophe, das wissen Sie.

(Minister Harry Glawe: Sie sind eine Katastrophe.)

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es diesen von Ihnen beschworenen Mittelstand so gut wie überhaupt gar nicht. In diesem Land kann man – bezogen auf das produzierende Gewerbe – nach 20 Jahren der sogenannten Wende noch immer von einem wirtschaftlichen Notstandsge- biet sprechen. Ich will Ihnen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, der wahrscheinlich mal wieder nicht auf seiner Bank sitzt, und dem Wirtschaftsminister Herrn Glawe einmal ein paar Zahlen nennen, die in Ihren Sonntagsreden offensichtlich überhaupt gar keinen Platz haben,

(Minister Harry Glawe: Heute ist Mittwoch.)

weil sie sehr aussagekräftig sind und wehtun. Es sind Zahlen, die die realen Wirtschaftsverhältnisse des Landes Mecklenburg und Vorpommern spiegeln.

Erste Zahl: 34,1 Prozent der Wertschöpfung im Lande werden erbracht aus den Bereichen der öffentlichen und sonstigen Dienstleister. Das ist ein Katastrophenwert, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine klare Kopflastigkeit, weil dieser Wirtschaftsbereich mehr oder weniger mit Steuergeldern unterhalten wird. Der Durchschnittswert in der BRD beträgt übrigens rund 22 Prozent, Herr Glawe.

Zweite Zahl: Der Bereich des produzierenden Gewerbes kommt nicht voran, obwohl er in Mecklenburg-Vorpom- mern den drittgrößten Anteil an der Wertschöpfung hat, und beharrt seit vielen Jahren auf dem Niveau von um die 19, 20, 21 Prozent. Das sind satte 10 Prozent weniger als im Bundesdurchschnitt Deutschlands und ist sogar aktuell rückläufig.

Das verarbeitende Gewerbe hat ein kleines Plus von 0,7 Prozent und dieses Plus wird zurzeit wieder aufgefressen vom Bereich des Baugewerbes, das 2012 mit sage und schreibe 3,8 Prozent Minus in einer sehr schwierigen Situation war.

Schauen wir auf die Arbeitsproduktivität, meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz Massenabwanderung der Jugend 20 Jahre nach der Wende beträgt die Produktivität hier in diesem Lande 79,6 Prozent des Bundesdurchschnitts. Leider lässt meine kurze Redezeit es nicht zu,

(Burkhard Lenz, CDU: Zum Glück, zum Glück!)

näher auf Ihr Totalversagen auch in anderen Wirtschaftsbereichen hier einzugehen, Herr Wirtschaftsminister Glawe.

Zum Schluss daher nur noch der Hinweis, dass wir bundesweit in Mecklenburg-Vorpommern die niedrigsten Bruttolöhne und -gehälter haben. Und das Ganze verkaufen Sie in Mecklenburg-Vorpommern als blühende Landschaften, Herr Wirtschaftsminister.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Der dem Parlament vorgelegte Gesetzentwurf zur Mittelstandsförderung beschreibt zwar in seiner Einführung die Zielsetzung, kann jedoch niemals die strukturellen Probleme ohne eine zentrale industriepolitische Konzeption, die natürlich in Berlin angesiedelt werden muss, gelöst werden. Das haben die letzten 20 Jahre deutlich bewiesen.

Das vorgelegte Gesetz ist im Grunde nichts anderes als eine überarbeitete Fassung des alten Gesetzes. Es beinhaltet eine weitere Einengung der Möglichkeit der Landesregierung, weil hier neue europäische Rechtsvorschriften zwingend mit eingebracht und eingearbeitet werden mussten. Der einzige Vorteil, den meine Fraktion in dem vorgelegten Gesetzestext erblicken kann, ist, dass der Paragraf 68 Kommunalverfassung, der hier schon angesprochen worden ist, in Bezug auf die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden stark eingeschränkt wird und somit ein besserer Schutz der kleinen Handwerksbetriebe vor Konkurrenz der öffentlichen Hand in Form von Wettbewerbsverzerrung gewährleistet werden kann. Alles andere, ob der Paragraf 4, Hilfe zur Selbsthilfe, der Paragraf 3, Koordinierung von Fördermaßnahmen, der Paragraf 5, mittelstandsfreundliche Rechtsvorschriften, und so weiter und so fort, alles abgeschrieben aus dem alten Gesetz – alter Wein in neuen Schläuchen, fällt mir da nur ein.

Sie sind, mein sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, mit Ihrem Latein am Ende. Das wissen Sie.

(Minister Harry Glawe: Ach, das behaupten Sie!)

Das vorgelegte Gesetz ist nicht neuer Impuls für die mittelständische Wirtschaft, sondern das zwingende Erfordernis, fremde europäische Rechtsvorschriften in deutsches Recht einfließen zu lassen, wie das ja in der Einleitung zum Gesetz auch nachzulesen ist.

Noch ein Wort zum Paragrafen 17 Ihres Gesetzes, der die Belange der Einrichtung eines Mittelstandsbeirates regelt. Diese Rechtsbestimmung trägt in Ihrem Entwurf insofern einen schweren Mangel aus unserer Sicht, als dass dort überhaupt nicht geregelt ist, wer nach welchen Kriterien Mitglied dieses Beirates sein wird. In Absatz 3 heißt es hierzu lapidar: „Die Mitglieder … werden vom … Minister oder der für Wirtschaft zuständigen Ministerin für die Dauer einer Wahlperiode des Landtages berufen.“

(Minister Harry Glawe: Das ist auch gut.)

Wer die Vetternwirtschaft in Ihrem Hause und hier im Landtag kennt wie ich, weiß, dass die üblichen Verdächtigen natürlich auch in diesem sogenannten Mittelstandsbeirat sich wieder begegnen.

Meine Damen und Herren, es ist selbstverständlich, dass wir diesem Gesetzentwurf so nicht zustimmen können.

Noch ein Wort zu Ihnen, Herr Glawe. Sie sprachen von 1,9 Prozent Wachstum in 2012. Bitte verschweigen Sie nicht, dass wir jetzt in der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft in diesem Land erst wieder langsam da hinkommen oder hingekommen sind, wo wir schon 2008 einmal waren! Das verschweigen Sie. Und verschweigen Sie auch nicht, dass Ihre Beschäftigungsbilanz deswegen auf dem Papier relativ gut aussieht, weil massenhaft die Jugend aus diesem Lande herausgeekelt wurde, weil sie hier kein vernünftiges Auskommen finden konnte! – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und …

(Der Abgeordnete Udo Pastörs beendet seine Rede bei abgeschaltetem Mikrofon. – Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Waldmüller für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die Einbringung zum Mittelstandsförderungsgesetz. Ich wollte eigentlich eingangs noch mal auf die Historie des Mittelstandsförderungsgesetzes eingehen.

Herr Holter, Sie haben das schon gemacht, deswegen spare ich mir das Ganze einfach. Es hat ja eine Geschichte bei uns auch aus der letzten Legislaturperiode heraus. Vielleicht ganz kurz, bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, zu Frau Gerkan.

Frau Gerkan, Sie hatten kritisiert, dass die Aufnahme der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen und so weiter, dass das hier nicht explizit eine Rolle spielt. Das haben wir damals auch schon gehabt. Wir haben das in der Kommunalverfassung eindeutig geregelt und deswegen wird hier in diesem Gesetz darauf verzichtet und begleitet wird dieses Gesetz ebenso von dem Gesetz für die öffentliche Auftragsvergabe. Das ist flankierend, das muss man so einfach mit dazu zur Kenntnis nehmen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: So verstehen wir das auch.)

Und zu Herrn Pastörs. Herr Pastörs, man muss auch irgendwann mal zur Kenntnis nehmen, dass wir hier in Mecklenburg-Vorpommern auf einem unglaublich guten Weg sind.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Wir sind besser durch die Krise gekommen als manch anderes Bundesland. Wir haben ein Wirtschaftswachstum von über einem Prozent. Bei uns sinkt die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Wert,

(Udo Pastörs, NPD: Wir haben die niedrigsten Löhne.)

gerade heute aktuell mit 96.561 Arbeitslosen auf den niedrigsten Wert seit der Wende.

Und wenn Sie sagen, das ist deswegen, weil so viele weggegangen sind, dann halte ich dagegen: Im Gegenteil, wir haben ständig eine Zunahme von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genauso ist es. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)