Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann ja hier nahtlos an die Rede unserer Ministerin Frau Schwesig anknüpfen.
Natürlich, die hat das sauber vorgetragen, Herr Renz, und deswegen muss man da halt bestimmte Dinge noch mal aufgreifen und darauf hinweisen.
(Torsten Renz, CDU: Wir haben doch keinen Wahlkampf hier. – Dr. Margret Seemann, SPD: Es geht doch nicht um Wahlkampf. – Torsten Renz, CDU: Ja, natürlich nicht.)
Es ist ja so, dass das eine große Ungerechtigkeit ist. Was hat das mit Wahlkampf zu tun, Herr Renz? Ungerechtigkeiten bleiben Ungerechtigkeiten, ob Wahlkampf ist oder nicht, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Und diese Angelegenheit ist im Zuge der deutschen Vereinigung versäumt worden, das muss man ganz deutlich sagen. Das hätte man damals schon klären können, dann wären viele, in der Regel Frauen, die davon betroffen sind, heute geringe Renten zu kriegen, die sie teilweise dazu verpflichten, Grundleistungen in Anspruch zu nehmen, nicht davon betroffen. Dann wäre ihre Arbeitsleistung damals schon entsprechend gewürdigt worden und sie wären heute nicht in der Situation, dass Jahr um Jahr ins Land geht und an der Stelle passiert nichts.
Die Ministerin hat ganz klar darauf hingewiesen, dass es eine Initiative der ostdeutschen Bundesländer in diese Richtung gab, hier zu einer Lösung zu kommen. Und diese Lösung ist von der Bundesregierung bis heute nicht geliefert worden, obwohl Frau Angela Merkel entsprechende Zusagen auf dem Seniorentag gemacht hat. Es liegt heute nichts vor und deswegen finde ich es richtig, dass das hier noch mal in aller Deutlichkeit thematisiert wird und dass man diese Dinge herausarbeitet. Denn jeder von uns weiß, der sich mit dem Thema beschäftigt, dass die Situation schwierig ist.
Der Versorgungsausgleich ist in der DDR nicht durchgeführt worden und heute herzugehen und zu sagen, wir machen das im Nachhinein, das wird nicht möglich sein. Sie können heute niemandem, der jahrelang davon nicht betroffen war, erklären, wir führen jetzt nachträglich einen Versorgungsausgleich durch, der im Ergebnis dazu führt, dass Rente weggeht. Und wenn man das in anderer Weise regelt, dann gäbe es ja auch wieder Benachteiligte. Dann würden sich die nämlich melden, die vom Versorgungsausgleich betroffen sind und betroffen waren in der Vergangenheit, und würden fragen: Warum hat man mir Rentenversicherungsleistungen weggenommen und warum passiert das jetzt an anderer Stelle nicht?
Deswegen ist es gut und richtig gewesen, zu sagen, wir machen dazu eine Regierungskommission, bestehend aus Bund und Ländern, und diese Regierungskommission aus Bund und Ländern hat hier Lösungen zu erarbeiten und zu präsentieren. Das ist bis heute nicht passiert. Und da braucht man auch keine Daten zu erheben. Warum sollen wir heute in Mecklenburg-Vorpommern zu dem Thema Daten erheben? Das ist doch völlig entbehr
lich. Die Tatsache liegt insoweit auf der Hand: Da, wo diese Dinge nicht stattgefunden haben, das heißt, wo kein Versorgungsausgleich stattgefunden hat und Menschen geschieden worden sind, da führt das im Ergebnis immer zu der gleichen Situation, nämlich, dass die Rente heute nicht auskömmlich ist, ein ordentliches Leben zu führen. Da muss man nicht irgendwie noch Geld für Untersuchungen ausgeben, sondern das liegt einfach klar auf der Hand.
Was wir brauchen, sind Lösungen. Und ich will in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass die SPD in ihr Regierungsprogramm für die nächste Bundestagswahl Lösungen reingeschrieben hat, dass da drinsteht, dass wir im Falle eines Wahlsieges, Herr Renz, uns darum kümmern werden, dass es hier,
dass es hier dazu kommt, dass diese Härtefälle geklärt und geregelt werden. Das muss man sagen. Und natürlich sind wir hier in einer Koalition mit der CDU, aber Koalition heißt ja nicht Wischiwaschi und Einheitsbrei, sondern Koalition heißt, wir sind zwei Parteien, die haben sich zusammengetan und wollen etwas zusammen machen, aber die unterscheiden sich. Und in diesem Fall, Herr Renz, unterscheiden wir uns deutlich von Ihnen.
Wir haben da eine klare Haltung. Wir sagen, es ist richtig, dass diese Ungerechtigkeit seit über 20 Jahren besteht, und wir sagen … Nein, wir sagen, es ist nicht richtig, dass die Ungerechtigkeit besteht, und wir sagen, diese Ungerechtigkeit muss schnellstmöglich beseitigt werden. Und da, muss man sagen, klemmt die Säge. Doch an uns liegt es nicht, dass die Säge klemmt, meine Damen und Herren, das muss ich an dieser Stelle noch mal sagen.
Abschließend einen Hinweis, die Ministerin hat es schon ausgeführt: Es ist nicht sonderlich zielführend, diesen Antrag heute hier zu beschließen. Das Thema ist im Bundesrat angestoßen worden. In dieser Legislaturperiode macht es keinen Sinn mehr, mit einem erneuten Antrag um die Ecke zu kommen, weil der fällt aus dem Fenster.
Also wenn man hier etwas machen will, dann muss man in der nächsten Legislaturperiode, völlig unabhängig davon, welche Regierungskonstellation wir haben werden, wieder versuchen, über den Bundesrat eine Initiative anzuschieben, und die Menschen in diesem Land können sich darauf verlassen, dass die SPD das tun wird. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Schwesig und Herr Heydorn, wo waren denn die Initiativen der SPD im Zeitraum 1998 bis 2005, als Sie in Regierungsverantwortung waren?
Sollten Sie, Frau Schwesig, wirklich, was die Deutschen hoffentlich verhindern werden, auf Bundesebene in Verantwortung kommen, werden Sie, trotz eines großen Redeschwalls, genauso wie hier im Land MecklenburgVorpommern als Sozialministerin nix unternehmen. Die Bürger in Mecklenburg-Vorpommern kennen es auch nicht anders.
DIE LINKEN fordern also im Kern, dass der seit 1977 in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Rentenversorgungsausgleich auch für die vor 1992 in der DDR Geschiedenen gelten soll.
Die Bundesregierung mit SPD-, CDU-, FDP- und GRÜNEN-Beteiligung lehnt diese Gleichstellung hingegen ab und hofft wohl auf eine biologische Erledigung des Themas. Natürlich handelt es sich bei diesem Antrag um eine Initiative, um die eigene Klientel zu bedienen. Andere Ungerechtigkeiten im Bereich der Rentenversicherung bleiben hingegen von den LINKEN unangetastet.
(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Stimmt ja nicht. – Peter Ritter, DIE LINKE: Wir haben eine Anzahl Anträge dazu gestellt.)
Selbstverständlich unterstützt die NPD-Fraktion jede Initiative, die zu mehr Rentengerechtigkeit führt,
aber wann wird beispielsweise endlich auch Gerechtigkeit für die etwa 300.000 ehemaligen DDR-Bürger hergestellt, die durch Flucht, Freikauf, Abschiebung oder Ausreiseantrag in die Bundesrepublik Deutschland einen erheblichen Teil ihrer Rentenansprüche verloren haben? Viele der sogenannten früheren Ostzonenflüchtlinge leben heute auf Hartz-IV-Niveau, denn sie müssen Rentenkürzungen von bis zu 500 Euro monatlich verkraften. Sie hören also, dass im Zusammenhang des Anschlusses der DDR an die Bundesrepublik Deutschland erhebliche Ungerechtigkeiten vollzogen wurden.
Es ist schon sehr bedenklich, dass die ehemaligen SEDFunktionäre, Staats- und Stasimitarbeiter in der Rentenabsicherung und im Rentenbezug allesamt weitaus bessergestellt sind als ehemalige DDR-Flüchtlinge. Wir stimmen dem Antrag der LINKEN zu.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die rentenrechtliche Diskriminierung der Menschen, die in der DDR und danach bis zum 31. Dezember 1991 nicht durchgängig erwerbstätig wa
ren und die sich scheiden ließen, muss endlich beseitigt werden. Ich will, dass wir uns als Landesparlament dieser Menschen annehmen. Diese Menschen sind unverschuldet Opfer, sie büßen für eine einseitige und unsensible Überführung des DDR-Rentensystems – das haben wir alles hier heute schon gehört – in das bundesdeutsche Rentenrecht. Um das zu verdeutlichen, aber noch mal einige Einzelheiten:
In der DDR gab es nach einer Scheidung keinen Ehegattenunterhalt und auch keinen Versorgungsausgleich.
Jeder der ehemaligen Ehepartner war nach einer Scheidung wieder wirtschaftlich selbstständig. Eine zeitweilige Unterbrechung der Berufstätigkeit hatte in der DDR kaum rentenrechtliche Auswirkungen. Die Betroffenen konnten für diese Zeit einen freiwilligen Beitrag zahlen, der sehr gering war. Zudem wurde die Altersrente nach den Einkommen in den letzten 20 Arbeitsjahren berechnet. Wer also wegen Kinderbetreuung oder aus anderen Gründen in jungen Jahren nicht erwerbstätig war, dem drohten keine rentenrechtlichen Nachteile, auch nicht im Falle einer Scheidung.
Mit der Überführung dieses Systems in das bundesdeutsche Rentenrecht änderte sich das. Die freiwilligen Rentenbeiträge wurden entwertet, das haben wir auch schon gehört, und wenn alle Arbeitsjahre für die Rentenberechnung herangezogen werden, fehlen diejenigen, in denen man nicht erwerbstätig war. Plötzlich waren die in der DDR Geschiedenen, die einige Jahre ihre Berufstätigkeit unterbrochen oder verkürzt gearbeitet hatten, Verlierer der Einheit. Dieser Ungerechtigkeit waren sich die Verfasser des Einigungsvertrages bewusst. Sie vermerkten, dass für die in der DDR Geschiedenen eine spezielle gesetzliche Regelung gefunden werden müsse – das nur mal dazu, Herr Lindner –, sobald die Angleichung der Rentensysteme abgeschlossen sei.
Das war zum 1. Januar 1992 zunächst einmal der Fall. Zu diesem Zeitpunkt trat das Rentenüberleitungsgesetz in Kraft. Seitdem gibt es den Versorgungsausgleich auch in Ostdeutschland, die rentenrechtliche Diskriminierung der bis 1991 Geschiedenen blieb jedoch bestehen.
Meine Damen und Herren, mich verwundert die Diskussion, besonders der CDU. In diesem Haus war es bereits einmal Konsens, dass Ostdeutsche, die nicht durchgängig berufstätig waren und sich vor 1992 scheiden ließen, durch das Rentenrecht diskriminiert werden. Das war nicht nur Konsens, die Übereinstimmung führte auch zu einer entsprechenden Initiative im Bundesrat. Und dazu hat die Ministerin Frau Schwesig ja auch bereits ausgeführt.
Dass die Bundesregierung die Aufforderung des Bundesrates, für die Geschiedenen tätig zu werden, ignoriert, ist kein Argument gegen eine erneute Bundesratsinitiative. Wenn es nicht möglich ist, also wenn es jetzt nicht möglich ist, so doch nach der Bundestagswahl.