nachdem Sie mich so gelobt haben und ich darauf gewartet habe, wo jetzt der Hasenfuß steckt in der Geschichte.
Wir haben eine zweite Stellschraube in diesem Haushalt gehabt, die weniger Risikovorsorge bedeutet. Ich will die auch gleich ganz deutlich benennen, es ist das Thema Ausgaben. Wir haben die Zinsentwicklung der letzten Jahre beobachtet und festgestellt, dass sich die Zinsen auf einem relativ niedrigen Niveau befinden und sich nach unserer Prognose auch in den nächsten Jahren halten werden. Darum haben wir es gewagt, den Zinstitel abzusenken um 40 Millionen. Das können Sie im Haushalt nachvollziehen. Das bedeutet aber auch, dass wir das bei einem Anziehen der Zinsentwicklung schnell in den Bilanzen haben. Wir haben eine Risikovorsorge weniger.
Ich erwähne diese beiden Dinge vor allem deshalb, um Ihnen deutlich zu machen, dass dieser Haushalt eng ist, denn auch ein weiteres Thema konnten wir nicht, und das sage ich sehr unzufrieden an dieser Stelle, definieren im Haushalt: Wir haben keine Tilgung einplanen können. Das gab der Haushalt nicht mehr her.
Ich gehe aber davon aus, dass wir wie in den letzten Jahren beim Haushaltsvollzug maßvoll darauf schauen, dass man zumindest die Pro-Kopf-Verschuldung in diesem Land stabil hält. Das ist ja ein Ziel der Koalition, das sich auch schon im Vertrag findet. Das haben wir bisher geschafft und ich bin zuversichtlich, dass wir daran auch weiter arbeiten werden, aber es ist eben noch nicht im Klaren. Und man darf nie vergessen bei all dem, was im Moment schon an fröhlichen Ausgabenprogrammen gesungen wird: Wir haben immer noch mehr als 10 Milliarden auf der Uhr und danach werden irgendwann mal unsere Nachfolger gefragt, wenn wir diese Antwort verweigern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, kurz und gut, wir legen Ihnen hiermit einen ausgewogenen Haushalt
vor, einen Haushalt, der in ein Jahrzehnt ohne Schulden weist. Ich freue mich auf interessante Debatten in den Ausschüssen und bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam zu einer guten Lösung kommen werden. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Die Finanzministerin hat die angemeldete Redezeit um neun Minuten überschritten. Nach Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung steht der über die vereinbarte Redezeit hinausgehende Zeitraum den Fraktionen zusätzlich zur Verfügung, die nicht an der Regierung beteiligt sind.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landeregierung geht es gut und die Gehälter des Ministerpräsidenten, der Staatssekretäre
Der Landeshaushalt 2014/2015 ist ausgeglichen. Die Welt ist also für die politische Klasse in MecklenburgVorpommern im Lot. Doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, seit 20 Jahren verbreitet die Regierungsspitze, ganz gleich, in welcher Parteienkonstellation, die gleichen Parolen – die Zukunft rosig ausmalend und beschwörend, Mecklenburg-Vorpommern sei auf einem guten Weg, wie wir von Herrn Sellering heute Morgen gehört haben.
Aber, Herr Ministerpräsident, wen meinen Sie eigentlich konkret mit Mecklenburg-Vorpommern? Sind es in erster Linie die gut bezahlten Parteifunktionäre, die Minister und der gesamte Regierungsapparat hier im Lande,
oder verstehen Sie darunter auch das Riesenheer der schlecht bezahlten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Situation der Hartz-IV-Empfänger und die kleinen selbstständigen Unternehmer, die zunehmend ihre wirtschaftliche Grundlage verlieren?
Wer sich in einer Haushaltsdebatte wie dieser nur verkürzt mit dem nackten Zahlenwerk des Entwurfs auseinandersetzt, so, wie das die Landesregierung hier eben beispielhaft getan hat, der belügt das Volk durch Weglassen von Fakten. Die Fundamentierung jeder haushaltspolitischen Aussage findet ihre Grundlage in der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft. Und da, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Sellering, Sie in der Tradition des Verfälschens durch Weglassen stehen, möchte ich die Gelegenheit nutzen, auf ein paar Zahlen aufmerksam zu machen, die Sie bewusst in Ihren Ausführungen verschwiegen haben.
Mecklenburg-Vorpommern hängt nach wie vor am Tropf der Solidarpaktgelder und Fördermaßnahmen des Bundes und der EU. Unser Bundesland ist fast ein Vierteljahrhundert nach der sogenannten Wende aus eigener Kraft nicht lebensfähig. Das ist eine Tatsache, die leider bisher wenig in das Bewusstsein der Landsleute hier in diesem Bundesland eingedrungen ist.
Die Regierung macht auch in ihrem vorgelegten Haushaltsentwurf einen auf schöne heile Welt. Diese mag ja für Sie persönlich, meine Herrschaften der Regierungskoalition, schön und heil sein, für die Masse der normalen Menschen hier im Land ist die Situation praktisch eine gänzlich andere. Sie von der Regierung betrügen nach wie vor besonders die jungen Menschen im Land. Hunderttausende sind bereits in andere Bundesländer oder ins Ausland abgewandert. Die neuste Zahl der Arbeitslosenstatistik der unter 26-Jährigen von vor 14 Tagen lautet: 8,6 Prozent Arbeitslose in dieser Altersgruppe mehr als im Vorjahr. Und dieser Trend setzt sich nachweislich fort.
Aber kommen wir auch zu anderen konkreten Zahlen. Herr Sellering, warum sagen Sie den Menschen nicht, dass die Verschuldung unseres Landes nach wie vor bei sagenhaften 10 Milliarden Euro liegt? Weder der Herr Ministerpräsident noch die Finanzministerin haben diese Zahl hier in den Mund genommen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Doch! Haben Sie was an den Ohren, oder was? – Torsten Renz, CDU: Doch, das hat die Finanzministerin gerade gesagt.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haften hierfür und zahlen jedes Jahr 369 Millionen Euro Zinsen für diese riesige Schuldenlast. Jedes Jahr! Mit dem Schlagwort „ausgeglichener Haushalt“ wollen Sie den Menschen suggerieren, dass alles in bester Ordnung sei, in der Hoffnung, dass sich die Wählerschaft damit zufriedengibt.
Auch die Ausführung der Finanzministerin bezüglich der niedrigsten Arbeitslosenzahlen seit 20 Jahren beweist die Doppelzüngigkeit, mit der hier bewusst manipuliert wird.
Frau Polzin sollte bitte folgende Zahlen zur Kenntnis nehmen: 1991 waren in Mecklenburg-Vorpommern circa 130.000 Menschen ohne Arbeit. Und wir haben vorhin gehört, dass wir im Moment die niedrigste Arbeitslosenzahl seit der Wende haben mit unter 80.000.
Für wie dumm halten Sie eigentlich die Bevölkerung in unserem Bundesland, liebe Regierung dieses Bundeslandes? Setzt man die Zahl der aus beruflichen Gründen aus dem Land Vertriebenen ins Verhältnis zu den Erwerbslosenzahlen von heute, wird offensichtlich, mit welchen Buchhaltertricks Sie hier Ihre Politik betreiben.
1991 lebten in M-V noch 1,913 Millionen Menschen, davon war, wie schon gesagt, eine sehr, sehr hohe Zahl arbeitslos, um die 120.000. 20 Jahre später leben in M-V nur noch 1,63 Millionen Menschen – und nun hören Sie gut zu, „Statistisches Jahrbuch Mecklenburg-Vorpom- mern 2012“ –, davon 129.000 arbeitslos Gemeldete,
meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist die Wahrheit und widerspricht eklatant den offensichtlich gefälschten statistischen Eckzahlen, mit denen Sie hier heute operiert haben. 2012 lag der Bruttoarbeitslohn durchschnittlich bei knapp unter 2.000 Euro im Monat – der niedrigste in der ganzen Republik.
Über 80.000 Beschäftigte waren oder sind noch in sogenannter marginaler Beschäftigung beschäftigt, wie das im offiziellen Amtsdeutsch genannt wird. Gemeint sind die von Ihnen aussortierten 12,4 Prozent aller Arbeitnehmer, die mangels einer Alternative geringfügig beschäftigt sind oder für 1 Euro die Stunde statistisch entsorgt wurden.
Meine Damen und Herren, man könnte die Aufzählung Ihrer katastrophalen Finanz- und Wirtschaftspolitik im Lande endlos fortsetzen, indem man näher auf folgende Punkte eingeht: vorprogrammierte Altersarmut durch geringfügige Beschäftigung, niedrigste Bruttolöhne im Vergleich aller deutschen Bundesländer. Herausragendes Beispiel und katastrophalste Schlüsselzahl: MecklenburgVorpommern zahlt seinen Arbeitnehmern im verarbeitenden Gewerbe nur 61,9 Prozent des Durchschnittslohns von allen anderen Bundesländern, wie die offiziellen Zahlen belegen. Und da sprechen Sie von attraktiven Arbeitsplätzen hier in Mecklenburg-Vorpommern und träumen davon, dass die Leute aus Bayern, aus Schleswig-Hol- stein, wo es auch nicht gerade gut läuft, oder aus dem vielleicht auch Not leidenden Saarland hier nach Mecklenburg-Vorpommern in diese Branche hineinwechseln.
Die Finanzministerin ist dem Parlament auch die Antwort schuldig geblieben, wie sie zukünftig auf der Grundlage von 37 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung im Lande unter Berücksichtigung des Wegfalls von Drittmitteln aus dem Solidarpakt und der EU zukünftig Schulden zurückzahlen will.
Frau Polzin, Sie wissen genau, dass bei der bundesweit einmalig schwachen Eigenkapitalstruktur, besonders der kleinen und mittleren Unternehmen, bei nicht zu erwartender signifikanter Steigerung des Bruttoinlandproduktes über diese 37 Milliarden hinaus keine zusätzlichen Steuereinnahmen zu erwarten sind. Zum Vergleich: Schleswig-Holstein, das wirtschaftlich ähnlich strukturiert ist wie wir, verfügt über 77 Milliarden Wertschöpfung im Jahr. Dies bedeutet, dass Sie ins Blaue hineinplanen, dass Sie Schönfärberei betreiben. Sie hängen am Tropf, wie ich schon sagte, am Tropf der Subventionen. Sie versuchen auch, auf dem Rücken der Kommunen den Haushalt einigermaßen aufzupolieren. Und Sie hoffen auf steigende Inflationsraten, um hierdurch, ohne nominell Steuern und Gebühren erhöhen zu müssen, Ihre Schulden langfristig loszuwerden.
100 Millionen Euro einmalige Sonderhilfen insgesamt für die Jahre 2014, 2015 und 2016 für die Kommunen, haben wir gehört. Hört sich gut an, bewirkt aber in der Praxis real hochgerechnet auf den Bedarf gar nichts. Zu gigantisch ist die finanzielle Schieflage der Städte und Gemeinden hier in Mecklenburg und Vorpommern. Allein die Landkreise und die kreisfreien Städte Schwerin und Rostock haben 2012 160 Millionen Euro neue Schulden gemacht, Herr Ministerpräsident. Und, weil hier eben der Name Syrbe fiel, eine ganz aktuelle Zahl, und zwar aus dem Munde eines CDU-Landrates, der in der Mecklenburgischen Seenplatte Ende 2013 – nun hören Sie zu – ein Defizit von sagenhaften 27 Millionen Euro erwartet, wo allein im Jugendbereich jetzt schon, wenn Sie auf die
Auch das Ergebnis der sogenannten Kreisgebietsreform, die Ihnen finanzpolitisch ja gerade grandios um die Ohren fliegt, Herr Ministerpräsident, spricht eine deutliche Sprache. Meine Fraktion hat Sie gewarnt und wir haben darauf hingewiesen, dass vor der Kreisgebietsreform sieben Kreise – sieben Kreise! – ihre Etats bereits saniert hatten und fünf Kreise waren auf gutem Weg dorthin. Die jetzt hierdurch entstandenen finanzpolitischen Risiken sind im vorgelegten Haushalt nicht abgebildet.
Sie betreiben, Frau Finanzministerin, Flickschusterei. Hier: 2,5 Millionen Euro zusätzlich für den, wie ich meine, Versager des Jahres, Bildungs- und Kulturminister Brodkorb, dort 50 Millionen, …
Ich weise Sie auch in dieser Sitzung wieder darauf hin, dass ich unparlamentarische Ausdrücke während meiner Sitzungsleitung nicht dulden werde. Ich bitte Sie, sich daran zu halten.