und uns dann eine Empfehlung vorzulegen. Ansonsten weiß ich nämlich nicht, warum ich etwas in den Ausschuss überweise. Diese Frage müssten Sie mir mal beantworten.
lassen Sie uns den vernünftigen parlamentarischen Weg gehen! Lassen Sie den Europa- und Rechtsausschuss die Angelegenheit abschließend beraten und uns eine Empfehlung vorlegen! Das ist ein vernünftiges parlamentarisches Verfahren und alles andere machen wir nicht mit. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung sollen bekanntlich 11 der bislang 21 Amtsgerichte im Land aufgehoben werden. Damit verfolgt die Landesregierung nach eigener Auskunft folgende Ziele: Qualitätssicherung in der Rechtsprechung, effiziente Personalstrukturen, erleichterte Nachwuchsgewinnung, Orientierung an den modernen Verwaltungsstrukturen des Landes und – fünftens – bürgerfreundliche Aufgabenerfüllung.
Mit der Aufhebung von 11 der 21 Amtsgerichte wird die Landesregierung diese Ziele jedoch nicht erreichen. Das haben die vom Europa- und Rechtsausschuss zu dem Gesetzentwurf durchgeführten Anhörungen eindrucksvoll gezeigt. Nach Ansicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE sollte die Landesregierung deshalb ihren Gesetzentwurf zurückziehen.
Die Qualität der Rechtsprechung will die Landesregierung durch effiziente Personalstrukturen sichern. Das heißt ja wohl, dass die Landesregierung die bisherige Qualität der Amtsgerichte für ungenügend erachtet oder sie in Zukunft für hochgradig gefährdet hält beziehungsweise ansieht. Anhaltspunkte für dieses Misstrauen in unsere Gerichte bleibt die Landesregierung jedoch schuldig und flüchtet sich stattdessen in oberflächliche Pseudokausalitäten. Demnach bergen die an kleinen Amtsgerichten üblichen Mischdezernate, ich zitiere, „stets die Gefahr eines Qualitäts-, jedenfalls eines Zeitverlustes, da Einarbeitung in weniger vertraute Materien häufiger erforderlich ist“. Zitatende. Um die notwendige Spezialisierung zu ermöglichen, müssten Amtsgerichte eine bestimmte Gesamtgröße aufweisen, behauptet die Landesregierung, vorzugsweise seien dies Größen von zehn Richtern.
Warum das zufällig genau diese schöne runde Zahl sein soll, lässt die Landesregierung offen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier das Prinzip „Pi mal Daumen“ angewandt wurde. Diese fragwürdigen Annahmen der Landesregierung wurden in den vom Europa- und Rechtsausschuss durchgeführten Anhörungen ein
Beispielhaft nenne ich hier die Stellungnahme von Birgit Freese, der Direktorin des Amtsgerichts von Bad Doberan. Ihr Gericht gehört zu den Gerichten, die aufge
hoben werden sollen. Frau Freese hat sich die Mühe gemacht, die Berufungs- und Beschwerdequote ihres Gerichtes als Qualitätsmerkmal genauer anzusehen. Und was stellt sie fest? Nämlich, dass diese nicht höher liegt als bei den anderen Gerichten des Bezirkes. Ein Qualitätsproblem hat das vergleichsweise kleine Amtsgericht von Bad Doberan also definitiv nicht.
Bestätigt wird dies auch durch die Stellungnahme des Richterbundes von Mecklenburg-Vorpommern. Dessen Vorsitzender Axel Peters schreibt in seiner Stellungnahme, die Mehrzahl der Amtsgerichte in der Bundesrepublik Deutschland sei kleiner als die Amtsgerichte, die der Landesregierung vorschweben, ohne dass deren Funktionsfähigkeit oder Effektivität infrage gestellt würde. Für die Behauptung der Landesregierung, Gerichte mit mindestens zehn Richterplanstellen seien besonders effektiv, gibt es keinen empirischen Beleg.
Wenig aussagekräftig ist die im Gesetzentwurf zitierte Kienbaum-Studie. Diese stammt aus dem Jahre 1991 und greift auf Erhebungen aus den Jahren 1989 und 90 zurück. Dass Gerichte mit mindestens zehn Richterplanstellen besonders effektiv seien, ist aber nicht einmal dieser völlig veralteten Kienbaum-Studie zu entnehmen, auf die sich die Landesregierung bisher stützt. Also auch das zweite angebliche Ziel des Gesetzentwurfes, nämlich effektive Personalstrukturen zu schaffen, geht fehl, weil eine angebliche Verbesserung in Form der Konzentration empirisch nicht nachweisbar ist.
Ich komme zum dritten angeblichen Ziel der Gerichtsstrukturreform. Aufgrund der Altersstruktur in der Justiz stelle die Nachwuchsgewinnung nach Ansicht der Landesregierung eine der Herausforderungen der Zukunft dar. Das ist ja erst einmal unstreitig. Das erkenne ich an. Dieser Herausforderung will die Landesregierung durch eine Ansiedlung der Gerichte an attraktiveren Standorten begegnen.
Dazu schreibt der Vorsitzende des Richterbundes, der Gesetzentwurf unterschätze schlichtweg das Bedürfnis der Bevölkerung, im jeweiligen Heimatbereich zu verbleiben beziehungsweise nach der Ausbildung wieder dorthin zurückzukehren. Notwendig sei vielmehr eine gute und vorausschauende Ausbildungsstrategie, um gerade in den ländlichen Räumen geeignete Bewerber für die Justizberufe zu gewinnen und diesen dann aber auch eine berufliche Perspektive dort zu geben.
Ich sage Ihnen, dass die Strategie der Landesregierung ins Leere läuft, nämlich Fachkräfte immer nur in den Zentren zu suchen. Wenn das alle machen, wird der Fachkräftemangel nur noch immer größer, die Landflucht wird beschleunigt und das Potenzial des ländlichen Raums vernachlässigt. Die Landesregierung widerspricht mit dem bisherigen Gesetzentwurf ihrer eigenen Zielstellung, sie lässt den ländlichen Raum ausbluten und setzt falsche Anreize, die zur weiteren Verstädterung führen und zur Verarmung der Peripherie.
Zum vierten angeblichen Ziel: Nach dem Willen der Landesregierung soll sich die Struktur der Amtsgerichte, ich zitiere, „an den Zentren orientieren, die sich durch die Kreisgebietsreform herausbilden, soweit dies mit den Belangen der Rechtsuchenden und der Justiz in Einklang zu bringen ist“, Zitatende. Hierzu stellt der Vorsitzende des Richterbundes fest, dass sich die Kreisverwaltungen auch nicht auf die Kreissitze konzentriert haben, sondern
Meine Damen und Herren, hier wird mal wieder mit unterschiedlichem Maß gemessen. Entweder setzt sich die Landesregierung für die tatsächliche Konzentration der Kreissitze ein und kann diese Struktur dann auch glaubwürdig als Argument für die Gerichtsstrukturreform an- führen, oder aber sie hat ehrlicherweise es zu unterlassen, Gerichte und Kreise mit unterschiedlichem Maß zu messen.
Aufgefangen wird die Aufhebung von elf Amtsgerichten auch nicht dadurch, dass fünf dieser Amtsgerichte in Zweigstellen umgewandelt werden.
oder sechs sollen nur Rechtsantragsstellen eingerichtet werden. Doch die Rechtspfleger in diesen Rechtsantragsstellen werden den Bürgerinnen und Bürgern, die dort einen Antrag stellen wollen, sagen: Tut uns leid, die Verfahrensakten lagern in der Hauptstelle. Ohne die macht eine Antragstellung keinen Sinn. Am besten, Sie fahren zur Hauptstelle. Ich frage mich, was dann die Zweigstelle eigentlich soll.
Der ehemalige Präsident der Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern, Herr Dr. Schöwe, hatte errechnet, dass sich bereits heute wegen der langen Wege in unserem Land Verfahren erst ab einem Streitwert von 2.000 Euro in unserem Land lohnen. Dieser Wert würde sich durch die Gerichtsstrukturreform nochmals verschlechtern.
Zum fünften und letzten der angeblich von der Landesregierung verfolgten Ziele: Was die bürgerfreundliche Aufgabenerfüllung anbelangt, war die Anhörung der von der Gerichtsstrukturreform direkt betroffenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sehr aufschlussreich. Sie trugen vor, dass den Bürgerinnen und Bürgern ein weiterer Rückzug des Staates aus der Fläche nicht zugemutet werden könne. Die Anfahrtswege zu den Amtsgerichten werden sich zum Teil massiv verlängern. Künftig sind die zuständigen Amtsgerichte aus einer Reihe von Gemeinden mit öffentlichem Personennahverkehr nicht mehr zu erreichen. Das trifft vor allem finanzschwache Bevölkerungsgruppen.
Viele Bürgerinnen und Bürger haben den Eindruck, dass ihre Bedürfnisse nicht hinreichend wahrgenommen werden, was sich in einer spürbaren Erhöhung der Politikverdrossenheit niederschlägt. Zu befürchten ist ein weiterer Rückgang des ehrenamtlichen Engagements. Die Amtsgerichte sind wichtige Wirtschaftsfaktoren in der jeweiligen Region. Mit den Amtsgerichten würden die betroffenen Gemeinden auch die dort angesiedelten Rechtsanwaltskanzleien verlieren. Es droht Einwohner- und Arbeitsplätzeverlust, der wiederum zu finanziellen Verlusten bei den Gemeinden führen kann. Die Zivilgesellschaft verliert zudem in ihren Vereinen viele ehrenamtlich tätige Juristen und Richter.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz werden gut funktionierende
Strukturen ohne Not zerschlagen, und das, obwohl sich ein finanzieller Nutzen der Reform derzeit nicht absehen lässt. Die Erforderlichkeit dieses Vorhabens muss sehr viel ernsthafter geprüft werden, als dies bisher geschehen ist. Zu diesem Zweck fordern wir die Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben klar signalisiert, dass sie sich dem Neustart einer Reform nicht verschließen, wenn dieser in einem Beratungsprozess auf Augenhöhe stattfinden würde.
Wir fordern die Landesregierung daher dazu auf, den vorliegenden Gesetzentwurf zurückzuziehen, denn es ist kein Zeichen von politischer Schwäche, wenn man in einem politischen Prozess die eigene Position überdenkt und korrigiert. Einem Neustart des Reformprozesses würde sich auch die Bündnisgrüne-Landtagsfraktion nicht verschließen.
Meine Damen und Herren, ich habe noch ein sehr eindrückliches Zitat gefunden, was ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Der Präsident des Landgerichtes Neubrandenburg sagte in einer der Anhörungen des Europa- und Rechtsausschusses, ich zitiere: „Ich empfinde inzwischen die Reform auch als Ausdruck mangelnden Respekts vor einem Staatsorgan. Die Exekutive beschneidet die rechtsprechende Gewalt substanziell. … Im Zentrum der Überlegungen der Entwurfsverfasser steht allein das gerade noch technisch Machbare, eine Wertschätzung der Justiz, die sich auch in der räumlichen Unterbringung spiegelt, wird nicht spürbar.“ Zitatende.
Meine Damen und Herren, das ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Landesregierung einen Ponyhof in Redefin für den Landwirtschaftsminister leistet, sehr, sehr, sehr traurig. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht des bisher Gesagten, glaube ich, kann ich mich kurzfassen.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Wie ist das mit Ueckermünde? – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Gerichtsstrukturreform beschäftigt uns nun schon seit geraumer Zeit. In vielen Ausschusssitzungen ist darüber debattiert worden und wir haben, wie hier schon ausführlich dargestellt, Sachverständige gehört. Das Gesetzgebungsverfahren ist mittlerweile sozusagen in seiner finalen Phase. Noch am letzten Mittwoch – das ist ja hier auch schon mehrfach erwähnt worden – sind Bürgermeister der betroffenen Kommunen angehört worden. Meiner Meinung nach hätten wir das gleich mitmachen sollen. Ich denke mal, das wäre eigentlich besser gewesen, wenn wir die Vertreter der jeweiligen Kommunen bereits in das erste Anhörungsverfahren mit eingeschlossen hätten, aber ich denke, wir alle waren uns sehr schnell einig, dass wir das nachholen, und das ist dann in der vergangenen Woche passiert.
Alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der geladenen Kommunen waren gut vorbereitet, das haben wir alles schon gehört, und haben sich natürlich für ihre Gerichtsstandorte eingesetzt. Wen wundert es? Für viele der Beteiligten, Justizangestellte, Richter oder Politiker, ist diese Reform nicht nur eine politische, sondern auch eine emotionale Angelegenheit. Das ist auch klar, dies wurde an der medialen Begleitung in der vergangenen Woche allzu deutlich.
Meine Damen und Herren von der Opposition, mit diesem Antrag scheinen Sie wohl auch mit dieser Emotionalität in der Sache etwas spielen zu wollen. Das finde ich unredlich.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Antrag stammt aus dem Juni. Sie erinnern sich, er wurde abgelehnt. – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Noch am Ende der zweiten Anhörung – das haben wir also auch hier schon gehört, Herr Müller hat das ausführlich dargestellt – haben wir gemeinsam beschlossen, die Anhörung zu erweitern. Aber siehe da, das war am 6. Juni. Siehe da, keine 14 Tage später entschließen Sie sich von der Opposition und stellen einen Dringlichkeitsantrag, diesen Gesetzentwurf zurückzuziehen – mitten im parlamentarischen Verfahren. Also wie gesagt, ich wiederhole mich noch mal, Herr Müller hat das ausführlich dargestellt: Hier spielt man mit Emotionen, das ist nicht redlich, das können wir so nicht mittragen.
Frau Justizministerin Kuder hat das in ihrer ausführlichen Rede auch dargestellt und im Ergebnis der Anhörung, das ist ganz klar, ist herausgekommen, das Ansinnen, das ursprüngliche Ansinnen des Reformvorhabens ist grundsätzlich ja nicht infrage gestellt worden.