Protokoll der Sitzung vom 09.10.2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es also zu Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD kommen sollte, entscheiden am Ende knapp 480.000 Mitglieder meiner Partei. Sie entscheiden dann darüber, ob die erzielten Ergebnisse aus ihrer Sicht ausreichen, um in eine Große Koalition einzutreten. Das ist ein, wie ich finde, ehrlicher Prozess. Und man wird sehen, was am Ende beschlossen wird. Einen Automatismus jedenfalls für eine Große Koalition gibt es nicht, die SPD-Führung lässt sich vielmehr an ihrem Verhandlungsergebnis messen. Ich halte diesen Weg von Sigmar Gabriel für absolut richtig,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir sind hier nicht auf dem Parteitag. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

da er konsequent, transparent und basisnah ist, Herr Holter.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren von den LINKEN, bleiben Sie einfach gelassen!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir sind gelassen.)

Warten Sie ab, welche Ergebnisse bei den eventuellen Koalitionsverhandlungen herauskommen und wie die Basis meiner Partei darüber urteilen wird!

(Henning Foerster, DIE LINKE: Da bin ich auch gespannt.)

Sollte die SPD tatsächlich in Berlin Regierungsverantwortung übernehmen, werden wir Sie sicherlich schon in absehbarer Zeit, Herr Holter, darum bitten, einem Gesetzentwurf für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland zuzustimmen. Mal sehen, wie Sie sich dann verhalten!

(Heinz Müller, SPD: Da sind wir gespannt. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Damit und mit einem solchen Gesetz wäre auch den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern maßgeblich geholfen. Warten wir also ab, was passiert! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Nieszery.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Suhr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mag zugeben, dass ich gewisse Schwierigkeiten hatte, als ich das Thema der Aktuellen Stunde sah, mich diesem mit einem Landesbezug zu nähern.

(Vincent Kokert, CDU: Ich glaube immer noch an ein Büroversehen.)

Das hat übrigens nichts damit zu tun, dass wir Bündnisgrünen keine Vorstellungen davon hätten, was wir möglicherweise unter einem tatsächlichen Politikwechsel verstehen, und es hat auch nichts damit zu tun, dass wir nicht einschätzen könnten, welche politischen Weichenstellungen auf Bundesebene vorzunehmen sind, damit sie auch diesem Bundesland nutzen.

(Torsten Renz, CDU: Dass in der Zwischenzeit Wahlen waren, haben Sie schon mitgekriegt, ne?)

Wie bitte?

(Torsten Renz, CDU: Dass schon Wahlen waren, haben Sie schon mitgekriegt, ja?)

Dass Wahlen waren, haben wir mitgekriegt. Welches Ergebnis herausgekommen ist, Herr Renz, haben wir auch mitgekriegt, und welche Konstellationen sich daraus ergeben,

(Torsten Renz, CDU: Ja?)

da können wir gerne hier drüber diskutieren.

(Vincent Kokert, CDU: Gerne. Gerne.)

Aber ich will anmerken, wir werden es hier alles andere als entscheiden.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Deshalb und genau vor diesem Hintergrund möchte ich auch hier zum Ausdruck geben, dass ich einen Eindruck habe – und das hat weniger mit Eheberatungsstelle zu tun, was hier ja schon mehrfach vorgetragen worden ist, sondern mit Brautschau –, dass die Aktuelle Stunde, die Einschätzung habe ich, Herr Holter, hier eher genutzt wird, um noch mal die Frage Rot-Rot-Grün auf die Agenda zu heben. Aber nehmen Sie zur Kenntnis, im Augenblick spielt – wie sagt man das so schön? – die Musik woanders.

(Vincent Kokert, CDU: Wie stehen denn die GRÜNEN eigentlich dazu?)

Die Musik spielt in Berlin und nicht in Schwerin, denn in der Bundeshauptstadt werden die Sondierungsgespräche geführt, und die Musik spielt auch eher bei CDU und SPD, die die Sondierungsgespräche führen, und dann irgendwann mal, das sage ich von dieser Stelle persönlich sehr bewusst, in zweiter Linie zwischen CDU und GRÜNEN, die ja diese Woche bekanntlich ebenfalls erste Sondierungsgespräche führen.

Wir werden da kaum Einfluss darauf nehmen und ich will zumindest anmerken, trotz aller Skepsis, die ja von mir und von meinen Parteikolleginnen und -kollegen immer wieder vorgetragen wird, dass meine Partei auf Bundesebene der Einladung der CDU/CSU folgt und ein Sondierungsgespräch führt. Das halte ich im besten demokratischen Sinne für richtig und angemessen. Dass daraus eine gemeinsame Regierung mit einem gemeinsam getragenen Regierungsprogramm entsteht, dazu – in der Tat – fehlt mir im Augenblick jegliche Fantasie.

Und ich will diese Vorlage der Fraktion DIE LINKE einmal nutzen zu begründen, warum das so ist. Ich kann beileibe nicht erkennen, dass sich CDU und GRÜNE so weit annähern könnten, als dass daraus Grundlagen für eine echte, von beiden Seiten getragene Energiewende entstehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die CDU eine Klimaschutzpolitik mitträgt, die die bündnisgrüne Handschrift trägt und der drohenden Klimakatastrophe mit großer – lieber Vincent Kokert, ich komme ja gleich noch darauf, welche Perspektiven ich da sehe –, aber der drohenden Klimakatastrophe mit großer Entschiedenheit und auch unbequemen Maßnahmen und möglicherweise auch teuren Maßnahmen entgegentritt.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Gerade aber dies sind für uns elementare politische Inhalte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Vorstellungen einer verantwortlichen und wegweisenden Sozialpolitik mit einem Betreuungsgeld zusammenpassen.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Zu unseren sozialpolitischen Vorstellungen – auch auf Landesebene –

(Torsten Renz, CDU: Am besten, wir schaffen den Wähler ab.)

passt dies wie der Herd zur Prämie, nämlich gar nicht. Und ich halte es für unvorstellbar, so, wie es der bayerische Ministerpräsident fordert, auf bundesdeutschen Straßen – und damit auch auf Straßen in MecklenburgVorpommern – eine Maut für Ausländer einzuführen, ganz abgesehen davon, dass dies rechtlich gar nicht umsetzbar ist.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist umsetzbar.)

Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass wir uns auf eine Verkehrspolitik einlassen, die der Straße nach wie vor den Vorrang vor der Schiene einräumt. Gerade für uns in Mecklenburg-Vorpommern, wir kennen doch die aktuellen Diskussionen, wäre aber wichtig, dass wir dem Sterben der Schiene entschieden entgegentreten. Und dass wir dies nur mit Bundeshilfe tun können, ist, glaube ich, auch sehr klar.

Und mir ist völlig unklar, wie integrations- und migrationspolitische Vorstellungen von CDU und GRÜNEN zusammenpassen sollten. Mir fehlt jegliche Fantasie, mir vorzustellen, wie Schwarz und Grün ihre völlig unterschiedlichen gleichstellungspolitischen Vorstellungen

zusammenbringen wollen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Insofern, sehr geehrte Damen und Herren, mache ich keinen Hehl daraus, dass ich der Auffassung bin, die Zeit für Schwarz-Grün auf Bundesebene ist – jetzt unterstreiche ich das – noch nicht gekommen. Das mag sich in den nächsten Jahren, vielleicht sogar in den nächsten Monaten in dem einen oder anderen Bundesland ändern,

(Torsten Renz, CDU: Oha!)

genau wie auch rot-rot-grüne Bündnisse in den nächsten Jahren auf Landesebene und dann möglicherweise irgendwann mal auf Bundesebene kein Tabu mehr sein werden.

Aber die wesentliche Voraussetzung muss sein, dass es inhaltlich politisch zusammenpasst und das Vertrauen in und für ein gemeinsames Regierungshandeln gegeben ist, und da kommt es auf die handelnden Personen an. Ich sage hier auch meinen persönlichen Eindruck: Dieses Vertrauen und diese notwendigen Vorbereitungen sind zumindest zwischen Schwarz und Grün im Augenblick aktuell nicht gegeben.

(Vincent Kokert, CDU: Das liegt aber an euch, nicht an uns!)

Ach, ihr habt das offensichtlich, lieber Vincent Kokert, schon jahrelang vorbereitet?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

Da wundert mich aber so manche Aussage im Wahlkampf.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)