Protokoll der Sitzung vom 14.11.2013

Unser Datenschutzsystem und alle deutschen Bestimmungen zur Datensicherheit haben sich in einem jahrelangen Prozess stetig weiterentwickelt. Sobald neue konkrete Gefahren erkannt wurden, reagierte der Gesetzgeber schnell und passte die Datenschutzbestimmungen entsprechend an. Das sehe ich als völlig normal an und mit Blick auf den wissenschaftlichen, technischen Fortschritt erscheint das auch als geboten. Das ist ein ganz natürlicher Prozess.

Aber an diesem Punkt endet auch meine Übereinstimmung mit Ihrem Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren, und ich will ganz einfach noch mal zitieren. Also der, nach meinen Dafürhalten, beim Lesen feststellbare Schwerpunktvorwurf lautet ja, mangels fundierter Bewertung aufgrund fehlender hinreichender Sachverhaltsaufklärung bislang keine Maßnahmen ergriffen zu haben. Ich denke, das dürfte mit der Kernsatz des Vorwurfes an die Landesregierung sein. Und diesen Teil des Antrages musste ich erst sacken lassen. Und ganz ehrlich, ich bin wahrscheinlich auch nicht der Einzige, der ihn sacken lassen musste, denn werfen Sie der Landesregierung tatsächlich vor, nicht in blinden Aktionismus verfallen zu sein? Oder anders formuliert, fordern Sie von der Landesregierung geradezu ein Handeln im blinden Aktionismus?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich fordere, dass sich endlich etwas tut, was Sie lange unterlassen haben.)

Lieber Kollege Ritter, was ist so verwerflich daran, zunächst den Sachverhalt aufzuklären?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nichts tun ist verwerflich, Herr Kollege.)

Warum soll es falsch sein zu warten, bis man ausreichende Daten hat?

Und ich will an dieser Stelle ganz einfach mal einwerfen, Sie haben vorhin mit einem Zitat der Datenschutzbeauftragten abgeschlossen – ich muss jetzt hier meine Papiere kurz einmal sortieren. Ich füge einfach den Satz dazu, der davor steht, den Sie nicht zitiert haben, und der heißt: „Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert alle Verantwortlichen auf, die umfassende Aufklärung mit Nachdruck voranzutreiben“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Mit Nachdruck im September! Mit Nachdruck, Herr Vorsitzender! Gut, dass Sie das zitiert haben, mit Nachdruck und nicht mit Schläfrigkeit.)

„und die notwendigen Konsequenzen“, und jetzt füge ich ein, dann „zu treffen“, Herr Ritter. Also nicht blinder Aktionismus, sondern vernünftige Sachverhaltsaufklärung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da müssen Sie ein bisschen früher aufstehen, um mich hinters Licht zu führen.)

Und das, denke ich, sollte immer noch die Grundlage unseres Handelns sein. Auf welcher Grundlage sollte die Landesregierung denn sonst beraten und entscheiden?

Bislang ist der Sachverhalt über die Abhörmaßnahmen noch nicht einmal ansatzweise vollständig aufgeklärt

(Peter Ritter, DIE LINKE: Von der Landesregierung, allerdings.)

und weder die Landesregierung noch der Landtag können jetzt mit einem Schnellschuss irgendwelche Bestimmungen ändern, ohne zu garantieren, dass nicht an der falschen Stellschraube gedreht wird.

Erst wenn der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt ist, kann er auch bewertet werden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ei, jei, jei!)

Erst dann ist er als Entscheidungsgrundlage geeignet und es können die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, und ich habe keinen Zweifel daran, dass der Datenschutzbeauftragte an diesem Prozess beteiligt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bis es aber soweit ist, gelten nach wie vor die deutschen Datenschutzbestimmungen fort. Im Übrigen wäre es ziemlich naiv zu glauben, der NSA-Skandal wäre durch das deutsche Datenschutzrecht überhaupt erst möglich geworden. Auch das hört man ja gelegentlich. Ich denke, eher das Gegenteil ist der Fall, und außerdem haben nach jetzigen Erkenntnissen die NSA und der britische Nachrichtendienst Informationen gesammelt, indem sie überwiegend Datenleitungen außerhalb unseres Hoheitsgebietes angezapft haben. Wie soll man damit umgehen? Wie vermutlich jeder hier im Saal weiß, ist im Übrigen

meine Aufzählung der beteiligten Dienste nicht abschließend. Hier wurden ja schon andere Dienste genannt und ich denke, auch die Aufzählung dürfte nicht abschließend sein, da fehlen also garantiert noch einige.

(Michael Andrejewski, NPD: Da wird es noch welche geben, die wir gar nicht kennen.)

Soweit auch Daten deutscher Bürger erfasst wurden, ist dies den internationalen Kommunikationsnetzen geschuldet, ohne die deutschen Datenschutzbestimmungen wäre es der NSA und dem britischen Geheimdienst sicherlich noch viel leichter gefallen, Daten abzugreifen.

(Heiterkeit bei Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Büttenrede haben Sie gehalten, Herr Saalfeld.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits heute müssen in Deutschland tätige Unternehmen sicherstellen, dass im Rahmen der Datenerhebung beziehungsweise Datenverarbeitung auch die deutschen Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Der Datenschutz war mit Sicherheit nicht der Türöffner für die Nachrichtendienste. Soweit Verbindungen im Inland abgehört worden sein sollen, wurde dies sicherlich technisch bedingt überhaupt erst ermöglicht. Es hilft der beste Datenschutz nichts, wenn die Verbindung abgefangen und die Verschlüsselung umgangen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Schutz der Privatsphäre, der informationellen Selbstbestimmung, des Fernmeldegeheimnisses und des Grundrechts auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme sind Bestandteil des deutschen Datenschutzrechts. Da es niemandem etwas nutzt, wenn Deutschland in Europa eine Datenschutzinsel bildet, wird – und ich bin nicht der einzige, der diese Insel statuiert – in Brüssel bereits an einem europäischen Datenschutzsystem gearbeitet. Unsere Aufgabe wird es sein, dafür Sorge zu tragen, dass unsere Bestimmungen nicht aufgeweicht oder gar ausgehebelt werden. Ich denke, unsere europäischen Partner schauen interessiert auf unser Datenschutzrecht, und ich bin mir sicher, dass Sie große Teile des deutschen Rechts im künftigen europäischen Recht wiederfinden werden.

Die Entscheidung meiner Fraktion, Ihren Antrag nicht zu unterstützen, lieber Kollege Ritter, dürfte Sie nicht überraschen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nein, das auf keinen Fall.)

Ich danke für die Aufmerksamkeit. Danke sehr.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer tatsächlich glaubt, dem Abhören und Bespitzeln der Bürger, der Unternehmen und von Politikern hier in Deutschland könne mit einer verbesserten Datenschutzarbeit begegnet werden, ist äußerst naiv oder belügt das eigene Volk. Die Ursachen für die umfangreiche Bespitzelung in unserem Land sind weitreichender.

Bereits im Juli 2013 befasste sich „Die Welt“ mit den Lauschangriffen. Unter dem Titel „Die Suche nach verlorener deutscher Souveränität“ berichtet das Medium von der Bundesrepublik als Objekt und Subjekt der Lauschangriffe vieler Nachrichtendienste und zusätzlich über die Frage nach der Souveränität derer, die wie die Bundesrepublik Deutschland zugleich Objekt und Subjekt intensiver nachrichtendienstlicher Zuwendungen waren und weiterhin sind. Dass die Frage der Souveränität in den politischen Zirkeln in Berlin und den Ländern nicht gern gehört wird, ist verständlich. Einerseits müssten diese eingestehen, dass der große Bruder USA in Wirklichkeit unsere Nation als Feindstaat ansieht, und andererseits käme dieses Eingeständnis auch der Bestätigung gleich, dass die Bundesrepublik Deutschland seit 1945 fremdbestimmt ist.

(Michael Andrejewski, NPD: Klar.)

„Die Welt“ führt weiter aus, dass die Bundesrepublik Deutschland in den frühen Jahren des Kalten Krieges nicht als Staat auf der Suche nach einer Außenpolitik entstand, sondern als Produkt amerikanischer Außenpolitik auf der Suche nach einem Staat. Zu den Vorbehaltsrechten der Alliierten, vertraglich vereinbart, gehörte der Ausnahmezustand für den Fall des Falles, in Deutschland als Notstandsgesetz bekannt. Wenig bekannt ist zudem, dass die Alliierten das Recht abzuhören verlangten, was amtlich und nicht amtlich gesprochen wurde. Am Ende des Artikels führt „Die Welt“ aus, Zitat: „Ist jetzt die Zeit gekommen, sich auf die Suche nach der verlorenen Souveränität zu begeben, speziell in Sachen Luftraum über deutschen Sitzungstischen? Voraussetzung wäre zuerst einmal genaue Vermessung dessen, was war, ist und vermutlich sein wird.“ Zitatende.

Selbstverständlich unterstützt die NPD das Anliegen, die Datensicherheit zu stärken und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung herzustellen. Von den Superdemokraten ist aber noch kein einziger Redner darauf eingegangen, dass zumindest im EU-Raum kein Land so überwacht wird wie die Bundesrepublik Deutschland. Auf die entscheidende Frage der Ursache der Massenbespitzelung der Bürger und Unternehmen hier in Deutschland, nämlich der fehlenden Souveränität, geht die NPD-Fraktion in unserem eigenen Antrag ausführlich ein. Insbesondere der Ruf nach den Ermittlungsbehörden, wie er von der ehemaligen GRÜNEN-Ikone Claudia Roth öffentlich geäußert wurde, ist absolut grotesk. Und auch die Vertreter in den heiligen parlamentarischen Kontrollkommissionen auf Bundes- und Länderebene werden aus meiner Sicht bewusst dumm gehalten. Sie glauben doch nicht wirklich, dass Sie dort wesentliche Informationen erhalten. Die Datensicherung der deutschen Bürger und Unternehmen ist untrennbar mit der Souveränität unserer Nation verbunden.

Solange unser Volk nicht die volle Souveränität zurückerlangt, werden die Bürger und Unternehmen weiter unvermindert bespitzelt. Wäre Deutschland souverän, wür

de Edward Snowden, der ehemalige US-Geheim- dienstmitarbeiter, politisches Asyl in Deutschland erhalten. Hierdurch könnte dann zumindest etwas Licht ins Dunkle gebracht werden. Dadurch, dass selbst die Bundesregierung öffentlich zugeben musste, dass hier in Deutschland seine Sicherheit nicht garantiert werden kann, wird deutlich, wie frei Deutschland in Wirklichkeit ist. Wir werden dem Antrag nicht zustimmen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Kollege Innenminister, offenbar ist die Abteilung Humor ein neues Steckenpferd von Ihnen. Über Ihren Witz zum CDU-Landesparteitag habe ich vorhin schon berichtet. Und wenn Sie dann zum Abschluss Ihres Redebeitrages an mich gerichtet die Frage stellen, ob wir denn den gleichen Antrag eingebracht hätten, wenn hier China oder Russland betroffen wären, da kann ich mich vor Lachen nur schütteln. Erstens fahre ich nicht wie Frau Merkel regelmäßig nach China und zweitens bin ich nicht wie Frau Merkel mit Herrn Putin befreundet. Und wo Putin herkommt, das wissen wir wohl alle.

(Burkhard Lenz, CDU: In Dresden studiert.)

Ja, Dresden, ja? Und welche Funktion er in Dresden hatte, Herr Lenz, wissen Sie auch. Aber Spaß beiseite!

Ich habe mich wirklich eine ganze Zeit lang gefragt, ob Sie vielleicht die falsche Rede mit nach vorn genommen haben und schon zum nächsten Tagesordnungspunkt gesprochen haben. Denn bis Sie zum Stichwort „NSA“ gekommen sind, nachdem Sie über Facebook und sonst was gefaselt haben, hat es eine ganze Weile gedauert. Zum eigentlichen Punkt unseres Antrages haben Sie nichts gesagt außer der Feststellung, dass Sie natürlich regelmäßig mit dem Datenschutzbeauftragten im Gespräch sind.

(Minister Lorenz Caffier: Ja.)

Das mag ich auch nicht bezweifeln. In dem Antrag aber geht es darum, ob die Landesregierung im Zusammenhang mit der Erklärung der Datenschutzbeauftragten, die am 5. September verabschiedet ist – so viel zum Stichwort „zügig“, Kollege Silkeit, zügig, 5. September –, seit der Verabschiedung dieser Erklärung mit dem Landesdatenschutzbeauftragten gesprochen hat. Und damit man mir nicht wieder Falsches unterstellt, zitiere ich aus Ihrer eigenen Antwort, die von Ihrem Staatssekretär unterschrieben worden ist: „Wurde im Zusammenhang mit der o. g. Entschließung bereits das Gespräch mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gesucht …?“ Antwort: „Nein.“ Das ist Ihre Antwort zu diesem Thema.

Dass Sie sonst mit Herrn Dankert über alle Fragen des Datenschutzes reden, das will ich nicht in Abrede stellen, aber in diesem Zusammenhang stimmt Ihre Aussage einfach nicht. Und das belegt auch, dass Sie sich mit diesem Thema überhaupt nicht auseinandergesetzt haben oder sich nicht auseinandersetzen wollen.

Und eine weitere Bemerkung zum Neuesten aus der Abteilung „Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Zusammenhang mit Datenschutz“. Werfen Sie heute mal einen Blick in „Spiegel online“. Dort werden Sie nachlesen, die Onlineaktivitäten von Hartz-IV-Empfängern sollen stärker überwacht werden. Das ist Datenschutz aktuell in der Bundesrepublik Deutschland. Aber da auch das so vordergründig mit dem Antrag, nämlich mit dem Abhörskandal von NSA, nichts zu tun hat, will ich das an dieser Stelle nicht weiter ausdehnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen an die gerichtet, die mit mir zusammen im Landesdatenschutzbeirat sitzen, wie der Kollege Texter, wo ich mich gewundert habe, dass er heute als Datenschutzpolitischer nicht redet, aber gut, Sie werden sich erinnern, dass wir am 09.09.2013 die letzte Beratung des Landesdatenschutzbeirates hatten. An diesem Tag hat uns der Kollege Dankert die Entschließung zur Kenntnisnahme auf den Tisch gelegt. Und die Kollegen, die dabei gewesen sind, werden sich erinnern, dass ich im Rahmen der Diskussion gesagt habe, es wäre aus Sicht des Landesdatenschutzbeauftragten sicherlich nicht schlecht, wenn der Landesdatenschutzbeirat dieser Entschließung beitritt, um so dem, was Herr Dankert mit verabschiedet hat, Nachdruck zu verleihen. Herr Dankert lächelte milde, weil ich auch gesagt habe, das wäre aber allerdings heute eine Überforderung, nachdem wir das sozusagen als Tischvorlage gehalten haben, und ich habe in dem Zusammenhang einen Antrag meiner Fraktion angekündigt.