Protokoll der Sitzung vom 15.11.2013

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 55. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Afrikanische Schweinepest (ASP) abwehren/Seuchenschutz stärken, Drucksache 6/2349. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/2378 vor.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Afrikanische Schweinepest (ASP) abwehren/Seuchenschutz stärken – Drucksache 6/2349 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/2378 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Schlupp von der CDU-Fraktion. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Afrikanische Schweinepest steht, bildlich gesprochen, vor den Toren der Europäischen Union. Wir sollten alles tun, um einen Ausbruch dieser gefährlichen Seuche in Mecklenburg-Vorpommern zu verhindern.

Die Afrikanische Schweinepest ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung. Sie betrifft ausschließlich Haus- und Wildschweine. Selbst bei Verzehr des infizierten Fleisches stellt sie glücklicherweise keine Gefahr für den Menschen dar. Auch andere Tierarten sind von der Afrikanischen Schweinepest nicht betroffen, doch für fast eine Million Schweine in 700 Betrieben unseres Landes ist die Afrikanische Schweinepest höchst bedrohlich.

Die Afrikanische Schweinepest ist eine anzeigepflichtige Krankheit. Sie ist klinisch nicht von der Klassischen Schweinepest zu unterscheiden. Eine sichere Diagnose kann nur im Labor gestellt werden. Das Virus führt bei hoher Virulenz innerhalb einer guten Woche zum Tod der Tiere. Das heißt, es geht um Sterblichkeitsraten von bis zu 100 Prozent. Was in den 90er-Jahren noch mit Impfstoff gelöst werden konnte, ist nun nicht mehr möglich. Damals wütete die Klassische Schweinepest in Mecklenburg-Vorpommern. Gegen die Afrikanische Schweinepest gibt es aber noch keinen Impfstoff, das bedeutet, der Kampf gegen die Seuche ist ungleich schwieriger.

Das Virus der Afrikanischen Schweinepest ist im Blut und Gewebe der infizierten Tiere vorhanden und somit auch im Speichel, Urin, Kot oder Sperma. Eine Übertragung des Virus kann direkt und indirekt erfolgen. Direkte Übertragung heißt von Tier zu Tier, beispielsweise im Stall, auf Ausstellungen, bei Transporten oder bei offenen Haltungsformen auch zwischen Wildschweinen und Hausschweinen. Bestandsgrößen spielen hierbei keine Rolle. Indirekte Übertragung heißt, das Virus wird weitergegeben über virusbehaftete Kleidung, Futtermittel, Schlacht- und Speiseabfälle, Gülle und Mist oder ähnlich geartete Übertragungswege. Hinzu kommt, dass das Virus der Afrikanischen Schweinepest sehr widerstands

fähig ist. Es findet sich nicht nur in unbehandeltem Fleisch, sondern auch in Fleischprodukten, die gepökelt oder geräuchert sind.

Die Übertragung des Virus der Afrikanischen Schweinepest vollzieht sich also verhältnismäßig leicht. Allein die Verschleppung des Virus in Speiseabfällen im weltweiten Reiseverkehr und deren mitunter auch illegale Verfütterung stellt ein schwer kontrollierbares Problem dar. Wahrscheinlich ist genau durch eine solche Verschleppung das Virus der Afrikanischen Schweinepest von Afrika nach Europa gelangt, denn erstmals trat es 1921 in Afrika auf, bevor es über die Iberische Halbinsel seinen Weg nach Europa fand. Glücklicherweise konnten die Iberische Halbinsel, die Niederlande, Frankreich, Malta und Belgien Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest erfolgreich bekämpfen. Viele Schweine mussten dafür aber sterben, von dem wirtschaftlichen Schaden ganz zu schweigen.

Auf Sardinien hat man das Virus seit 1978 nicht in den Griff bekommen. Mittlerweile wurde der Erreger nach Georgien eingeschleppt und breitet sich über Russland in Richtung Westen aus. Das Virus hat sich aktuell bis an die Grenze Polens und Litauens vorgearbeitet. Nur noch rund 1.000 Kilometer trennen Mecklenburg-Vorpommern von der Seuche. Was das für eine geringe Entfernung in Zeiten der Globalisierung ist, muss ich Ihnen sicher nicht sagen.

Für die Wirtschaft unseres Landes wäre ein Ausbruch ein kaum kalkulierbarer Schaden. Die Tötung und unschädliche Beseitigung aller Schweine eines betroffenen Betriebes und seiner Kontaktbetriebe wären die Folge. Großflächige Schutzzonen und umfassende Handels- und Transportverbote wären unerlässlich. Soweit man der russischen Statistik Glauben schenken kann, fielen in Russland bisher 250.000 Schweine der Seuche zum Opfer.

Sehr geehrte Damen und Herren, Ziel unseres Antrages ist es, dazu beizutragen, dass Mecklenburg-Vorpommern im Bereich Prävention, aber auch für den Fall der Fälle gut aufgestellt ist. Über die Information des Parlamentes zu den Präventionsmaßnahmen der EU, des Bundes und des Landes, die aktuell ergriffen wurden oder noch ergriffen werden, wollen wir eine breitere Öffentlichkeit für dieses wichtige Thema sensibilisieren. Da in absehbarer Zeit und sogar in den nächsten Jahren nicht mit einem Impfstoff gegen die Afrikanische Schweinepest zu rechnen ist, kommt der breiten Aufklärung über mögliche Übertragungswege eine besondere Bedeutung zu. Die vorangestellte Darstellung verdeutlicht, dass hier nicht nur die Schweinehalter, Tierärzte und Jäger gefordert sind, sondern jeder Bürger für dieses Thema sensibilisiert werden sollte, ohne dabei allerdings Panik zu verbreiten.

Da kein Impfstoff zur Verfügung steht, ist eine frühe Erkennung und schnelle Labordiagnose für jegliche Bekämpfungsmaßnahme unabdingbar. Wir sind mit dem Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems in der komfortablen Situation, das Forschungsinstitut der Bundesrepublik Deutschland für diese Problematik quasi vor der Haustür zu haben. Es beschäftigt sich mit der Entwicklung und Optimierung von Bekämpfungsstrategien für die Afrikanische Schweinepest. Hierzu wurde auch eine Onlineumfrage entwickelt, die bei Landwirten Sichtweise, Einstellung und Erwartung im Hinblick auf die Überwa

chung, Meldung und Kontrolle von Tierseuchen im Allgemeinen und in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest im Besonderen abfragt. Hier bietet sich eine Verknüpfung mit den Aktivitäten unseres Landwirtschaftsministeriums geradezu an. Denkbar und wünschenswert ist beispielsweise die Nutzung der Internetseiten des Ministeriums, um über die Afrikanische Schweinepest, wie bereits in einigen Bundesländern geschehen, aufzuklären und auf die Onlineumfrage des Friedrich-Loeffler-Instituts zu verweisen.

Auch alle neu entwickelten Strategieansätze sind schnell und breit zu kommunizieren. Die Entwicklung eines Impfstoffes sollte allerdings nicht hintangestellt werden.

Wir sind uns bewusst, dass mit unserem Antrag das Thema nicht beendet ist, sondern wollten den Anstoß für eine weitere Befassung des Parlamentes, aber auch insbesondere des Agrarausschusses geben und hoffen in diesem Sinne auf Unterstützung unseres Antrages. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es gut, dass wir heute das Thema Seuchenschutz, wenn man so will, im übertragenen Sinne hier in diesem Hohen Hause diskutieren, denn leider ist uns das gar nicht so präsent: Wir haben es weltweit nach wie vor mit einem aktiven Seuchengeschehen zu tun. Die ganze Welt wartet – in Anführungsstrichen – hoffentlich nicht auf eine große Pandemie oder Epidemie, die dazu führen würde, dass wir ganz gravierende Auswirkungen auf die Gesamtentwicklung der Menschheit haben. Und deswegen kann der Appell, der von diesem Hohen Hause ausgeht, nur lauten, alles dafür zu tun, dass die seuchenhygienischen und seuchenprophylaktischen Maßnahmen zu 100 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern einzuhalten sind.

Mir macht die Situation in der Tierhaltung große Sorgen. Zu DDR-Zeiten waren wir da wirklich schon mal viel, viel weiter. Heute kann jeder auf den Hof fahren, wie er gerade möchte. Der eine oder andere meint ja im Übrigen, in Lebendpopulationen nicht eingreifen zu wollen. Ich sage das schon mal in Richtung der einen oder anderen Seite. Ein Segen ist im Übrigen, dass wir ein Monitoring bei Wildvögeln machen. Mir hat es letzte Woche fast den Atem verschlagen, weil wir H5N1 auf der Insel Rügen wiedergefunden haben. Wenn wir das nicht gemacht hätten, in die Lebendpopulation einzugreifen, hätten wir die Information nicht gehabt. Zum Glück ist es niedrig- pathogen gewesen. Nur, dass Sie das wissen.

Also denen, die sich hier hinstellen und meinen, man müsse so etwas alles nicht machen, sage ich hier heute und rufe ich zu, ändern Sie Ihre Meinung, ändern Sie Ihre Meinung, nehmen Sie Fachwissen auf und bringen Sie sich hier ein, und zwar aktiv ein!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Unruhe vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ich habe Sie gar nicht angeguckt.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Obwohl das auch schön ist, Herr Backhaus.)

Wenn Sie möchten, kann ich Sie auch gerne mal angucken.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Egbert Liskow, CDU)

Kein Problem.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war ein ganz freundlicher Blick zu Ihnen.)

Ja, ist ganz freundlich. Ich will das auch ganz freundlich machen, weil es ja letzten Endes um die Tiergesundheit geht, und im übertragenen Sinne geht es dann auch um die Gesundheit von Mensch und Tier.

(Heiterkeit bei Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist überhaupt nicht zum Lachen, sondern todernst.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, da sind wir uns ja einig, Herr Backhaus.)

Na, dann ist es ja gut.

Es ist lange her, meine Damen und Herren, aber diejenigen, die hier schon ein bisschen länger in diesem Hohen Hause sitzen, wissen, dass uns das Thema Schweinepest in diesem Lande schon ganz massiv beschäftigt hat, denn die Folgen des letzten Schweinepestzuges in Mecklenburg-Vorpommern haben immer noch schwere Spuren in Mecklenburg-Vorpommern hinterlassen. Die Schweinehaltung unseres Landes hat in den 90er-Jahren eine wahre, im wahrsten Sinne des Wortes, Rosskur überstehen müssen. Zum einen war es der wirtschaftliche Umschwung und zum anderen schüttelte die Schweinepest die Landwirtschaft wie ein Orkan.

Der Bestand an Schweinen in Mecklenburg-Vorpom- mern ging seit 1989 – 1989! – von 2,8 Millionen Schweinen auf 1.150.000 in 1991 zurück. Dann kam der Schweinepestzug und der Schweinebestand ist auf tatsächlich 614.000 Tiere reduziert worden. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, vielleicht auch vor dem Hintergrund der immer wiederkehrenden Diskussion, die heute vor dem Landtag stattfindet!

Danach setzte dann eine ganz langsame Stabilisierung ein. Erst 2006 wurde die Marke von 700.000 Schweinen wieder überschritten. Heute ist der Bestand auf 870.000 angestiegen, und das ist wahrlich für ein Agrarland wie Mecklenburg-Vorpommern nicht viel. Bei uns leben, bezogen auf den Schweinebestand, 6,7 Großvieheinheiten auf 100 Hektar. Ich sage noch mal: 6,7 Großvieheinheiten auf 100 Hektar. Der deutsche Durchschnitt liegt bei 18,8, also rund 19 Großvieheinheiten, das heißt, bei dreimal so viel. Nehmen Sie auch das bitte zur Kenntnis!

Der Schweineseuchenzug im Jahr 1990 und in den 90erJahren hat im Übrigen den Steuerzahler – den Steuerzahler! – allein 21 Millionen Euro gekostet. Die Über- wachungskosten von 1995 bis 1999 beliefen sich auf 2,2 Millionen Euro. Unterm Strich kann man sagen, der Steuerzahler in Mecklenburg-Vorpommern hat etwa 25 Millionen Euro allein in dieses schwierige Unterfangen hineinstecken müssen.

Nun werden wir durch die Seuchenlage in anderen Ländern gezwungen, uns auf das Thema wieder ganz neu einzustellen. Warum? Jawohl, Frau Schlupp hat darauf hingewiesen, in der Russischen Föderation ist seit 2007 die Afrikanische Schweinepest zunehmend außer Kontrolle geraten. Und sie hat auch darauf hingewiesen, dass dieser Virus seit 1921 existiert und dass auf Sardinien tatsächlich seit 1978 das Problem nicht zu lösen ist. Für mich ist das schon eine Tragödie. Das ist eine der ansteckendsten und schwierigsten Schweinekrankheiten, die wir überhaupt auf der Erde haben. Betroffen ist ein mehr als 400 Kilometer breiter Streifen im Westen Russlands, der im Norden, in Murmansk, beginnt und im Süden zumindest bis nach Georgien, Aserbaidschan und Armenien hineinreicht. Auch das ist mir wichtig, dass man das wirklich aufnimmt.

Im Jahr 2007 wurde in Russland ein Ausbruch gemeldet. Dabei wurde bei 5 Schweinen dieser Virus festgestellt. Im Jahr 2008 waren es schon 45 Ausbrüche mit 202.631 Schweinen und so setzt sich die Reihe fort. 2013 gab es bisher im Übrigen 68 Ausbrüche mit erheblichen Verlusten. Die Summe der 366 Ausbrüche mit 11.801 Virusnachweisen bei Einzeltieren ist aus meiner Sicht eben alarmierend. So die offizielle Statistik der Russischen Föderation. Ob da noch mehr dahintersteckt, ich kann es und will es nicht bewerten.

Bei den Ausbruchbetrieben handelt es sich im Übrigen um Kleinstbetriebe mit 1 bis 5 Tieren als auch um Großbetriebe mit bis zu 40.000 Tieren. Das Hauptproblem sind nach Einschätzung der russischen Veterinäre die Kleinsthaltungen, oder auch die Hinterhofhaltungen werden hier immer wieder genannt. Deswegen hier im Übrigen auch der Appell, die Tiere zu melden. Das ist eine Pflichtaufgabe eines jeden Tierhalters, die Tiere anzumelden, um damit eine möglichst wirksame Überwachung und Kontrolle zu haben. Da sind im Übrigen auch die Gemeinden gefragt, immer wieder ihre Tierhalter, vor allen Dingen Kleinsthalter aufzufordern, ihrer Nachweispflicht für die Tierseuchenkasse, aber auch der Nachweispflicht der Tierhalter nachzukommen.

Erst kürzlich musste in Russland angeordnet wer- den, dass alle Halter von Schweinen sich bei den Behörden zu melden haben. Wenn man Russland ein wenig kennt, dann weiß man wahrscheinlich, was das bedeutet. Aber nur so werden potenzielle Seuchenherde überhaupt bekannt. Und das Gleiche gilt dann für uns.

Auch wir hatten Anfang der 90er-Jahre genau das gleiche Problem im Land. 1996 waren bei uns kaum mehr als 50 Prozent der Haltung überhaupt bekannt. Das ist heute glücklicherweise anders. Im Übrigen haben wir dazu auch immer wieder Öffentlichkeitsarbeit gemacht und weisen darauf hin. Heute sind im Land circa 2.900 Schweinehalter registriert. 300 davon halten insgesamt mehr als 20 Tiere. Ich habe es schon erwähnt, wir haben knapp 870.000 Tiere.

Aktuell besteht nach Auffassung der russischen Veterinäre offensichtlich die Tendenz, dass die Afrikanische Schweinepest durch Weißrussland in die Baltischen Staaten, nach Polen, nach Königsberg und dann nach Deutschland gelangen kann. Durch die Ukraine und Rumänien könnte die Tierseuche dann nach Österreich oder im Osten über Kasachstan nach China gelangen. Nehmen Sie das bitte auf und lassen Sie uns gemeinsam dafür werben, alles zu tun, die seuchenhygienischen Maßnahmen durchzusetzen! Die Fachleute in Russland wissen aufgrund ihrer jüngsten Erfahrungen, worüber sie reden, und das macht uns und macht mir ganz, ganz große Sorgen. Große Sorgen macht mir auch, dass es bisher keinen Impfstoff gibt und letzten Endes die Industrie kein Interesse hat, weil zurzeit kein Geld damit zu verdienen ist. Aus meiner Sicht ein schlimmes Unterfangen!

Das Problem ist eine unzulängliche Produktion sogenannter neutralisierender Antikörper als Reaktion des Körpers auf die Impfung. Das heißt, dass Antikörper im geimpften Schwein gebildet werden, die dem Virus nicht gewachsen sind. Wenn sich in den kommenden Jahren dieses Problem lösen lässt, sehe ich in einem groß angelegten Feldversuch eine Option für eine effektive Bekämpfungsstrategie. Aber noch ist die Wissenschaft nicht so weit, obwohl inzwischen weltweit intensiv daran geforscht wird. Ich fürchte und wir fürchten, dass wir noch einige Jahre warten müssen, um überhaupt einen solchen Impfstoff zur Verfügung zu haben. Sie wissen wahrscheinlich auch, dass es gegen die Vogelgrippe zum Beispiel bis heute keinen wirksamen Impfschutz gibt. Pessimisten sprechen im Übrigen von acht bis zehn Jahren, die wir noch benötigen, um überhaupt einen entsprechenden Impfstoff zur Verfügung zu haben. Und wenn man sich mit Viren und Bakterien auseinandersetzt, dann muss man zur Kenntnis nehmen, dass diese einen Vorsprung vor der Menschheit haben, der im Milliarden-Jahre-Bereich liegt. Leider ist das manchem gar nicht bewusst.

Ich setze auch großes Vertrauen in die Forscher auf der Insel Riems. Es ist ein Segen, dass es uns – und auch mir – damals gelungen ist, dass diese Forschungseinrichtung endgültig nach Mecklenburg-Vorpommern gekommen ist. Im Übrigen ist der Riems, und zwar das Friedrich-Loeffler-Institut, intensiv dabei, die Entwicklung von neuen Impfstoffen zu forcieren und diese vorzubereiten. Ich darf daran erinnern, dass wir seinerzeit die Klassische Schweinepest mit einem Impfstoff erfolgreich bekämpft haben, der noch nicht zugelassen war. Da war Mecklenburg-Vorpommern mehr oder weniger ein Feldversuch. Letztlich konnten wir mit einem Feldversuch die Seuche durch die orale Immunisierung des Schwarzwildes mittels ausgelegter Köder zum Stillstand bringen. Ein Riesenerfolg, über den nicht berichtet worden ist, aber wir waren das einzige Land, das dieses gemacht hat. Damit ist tatsächlich im Wildschweinbereich, wenn man so will, diese Schweinepest ausgemerzt worden.

Die Bekämpfung kann bei der Afrikanischen Schweinepest nur durch konsequentes und schnelles Auslöschen der ersten Seuchenherde erfolgreich sein. Das haben Erfahrungen aus Portugal, Spanien und den Niederlanden Ende der 70er-Jahre gezeigt, wo die Afrikanische Schweinepest getilgt werden konnte. Mir machen im Übrigen insofern auch die Wildschweinbestände in Mecklenburg-Vorpommern erhebliche Sorgen, insbesondere in unserem Küstensaum und dabei vor allen Dingen

in den Schilfgürteln. Einerseits müssen wir alles tun, um eine Einschleppung zu verhindern, andererseits müssen wir bei einer Erstfeststellung personell, organisatorisch und technisch in der Lage sein, diesen Ausbruch unverzüglich und konsequent zu bekämpfen. Seuchenherde müssen, ähnlich wie bei der Vogelgrippe, sofort ausgeräumt werden, ansonsten laufen wir Gefahr, dass sie wie ein Flächenbrand über das gesamte Land hinaus verbreitet werden.

Ich habe bereits die entlang unserer Ostseegrenzen gelegenen Eingangsorte und auch die Häfen ermitteln lassen, um sicherzustellen, dass dort Speiseabfälle unschädlich beseitigt werden. Die Tierhalter, Tierärzte und Jäger werden regelmäßig, regelmäßig – weil hier ja auch noch ein Antrag vorliegt – zur Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen und Beobachtung der Tierbestände aufgefordert.