Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

Also die Theateraufführung, die Vorstellung von heute hat das aus meiner Sicht mit Sicherheit noch getoppt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oder die ölverschmierten Vögel von Herrn Thomas, das war noch tiefer.)

Aber nun zu dem Antrag oder zu dem hier mehrfach angesprochenen Werftenförderungsgesetz. Mit dem

Gesetz zur Förderung der Finanzierung der Werften in Mecklenburg-Vorpommern schafft das Land Mecklenburg-Vorpommern einen verbindlichen und verlässlichen Rahmen für die Werftenfinanzierung in den kommenden Jahren. Nach der Insolvenz der P+S Werften ist es notwendig gewesen, die Risiken einer weiteren Schiffbaufinanzierung abzuwägen und im Hinblick auf die finanziellen Möglichkeiten des Landes neu zu wichten. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir wissen um die strukturelle Bedeutung der Werftenindustrie und ihrer Zulieferer- und Dienstleistungsunternehmen mit ihren insgesamt 10.000 Beschäftigten für unsere Wirtschaft, aber wir haben leider erfahren müssen, dass Schiffsfinanzierungsbürgschaften in Millionenhöhe heute echte Risiken darstellen, die im Insolvenzfall zu dramatischen Verlusten für die öffentliche Hand führen. Die Zeiten, in denen große Konzerne Serienschiffbau betreiben konnten, sind nicht nur bei uns, sondern sie sind in ganz Europa vorbei.

Der heutige Spezialschiffbau ist Einzelfertigung. Fast jedes Produkt ist sozusagen ein Prototyp, bei dem auch

kleine Planungsfehler die gesamte Kostenkalkulation des jeweiligen Schiffbaus zu Fall bringen können. Dies bedeutet nicht, nunmehr den Bürgschaftsrahmen des Landes so eng oder so klein zu machen, dass unsere Werften keine Schiffbauprojekte in auskömmlicher Größenordnung gewinnen und finanzieren können.

Wir haben nach langen und harten Verhandlungen mit der Bundesregierung einen Schiffbauzeitfinanzierungsrahmen von bis zu 500 Millionen Euro erreicht. Für entsprechende Bankkredite oder Avale stellt das Land Bürgschaften bis zur Höhe von 400 Millionen Euro bereit, an denen sich der Bund im Ausfall mit bis zu 100 Millionen Euro beteiligt. Dieser Rahmen ist nach heutiger Einschätzung ausreichend, um die bestehenden Werftenstandorte, und hier schließe ich den Standort Stral- sund ausdrücklich mit ein, fortzuführen. Aber ebenso richtig ist es auch, im Hinblick auf die vorgenannten Risiken das Engagement des Landes künftig angemessen zu begrenzen, die Prüfungsintensität zu erhöhen und alle im Landtag vertretenen politischen Kräfte in die Entscheidung verantwortungsvoll einzubinden. Genau das, was die Opposition in den zurückliegenden Monaten immer wieder gefordert hat,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber anders.)

wird hier getan,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber anders.)

aber das wird nun wiederum auch kritisiert.

Das Werftenfinanzierungsgesetz trägt diesem berechtigten Anliegen Rechnung. Das Gesetz finanziert keine Bedarfe, an denen sich der Bund im Rahmen seiner Rückgarantie im Ausfall nicht beteiligen würde, also beispielsweise keine Barkredite der öffentlichen Hand und auch keine Endfinanzierungsbürgschaften für die Besteller von Schiffen. Das Gesetz finanziert keine Projekte, die nicht den strengen Kriterien der Rückbürgschaftsvereinbarung mit dem Bund entsprechen. Diese Kriterien sind mit den Förderwürdigkeitskriterien des Landesgesetzes deckungsgleich.

Die Ausfinanzierung der Werft muss in jeder Projektphase gegeben sein. Dazu ist ein fortlaufendes Controlling des Bürgschaftsmandatars PwC eingerichtet worden. Die Landesregierung trifft ihre Entscheidung über die einzelnen Bürgschaftsfälle weiterhin in eigener Verantwortung.

Herr Minister, lassen Sie eine …

Nein, lasse ich nicht.

… Frage des Abgeordneten Koplin zu?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist aber schlecht. Es hieß, Sie können sachkundig Auskunft geben.)

Gebe ich nicht.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Frau Polzin ist da.)

Fälle ab einer Größenordnung von 5 Millionen Euro werden aber,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wieder keine Debatte!)

Fälle ab einer Größenordnung von 5 Millionen Euro werden aber künftig von einer Zustimmung des Landtages,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ach, hören Sie doch auf!)

konkret des Finanzausschusses abhängig gemacht. Ein solches Verfahren ist keineswegs einzigartig, sondern es gibt auch in anderen Bundesländern bei Finanzierungsentscheidungen Zustimmungsvorbehalte des Landtages oder von Landtagsausschüssen.

Zur Kritik der Opposition an der angeblichen Verfassungswidrigkeit dieser Regelung möchte ich an dieser Stelle nur auf Folgendes hinweisen: Die Verfassungsjuristen des Justizministeriums haben die Frage, ob die Entscheidungsbefugnis auf einen Parlamentsausschuss delegiert werden darf, eingehend geprüft und erheben keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war in der Anhörung aber anders.)

Sie haben sich auch mit der scheinbar abweichenden Ansicht von Herrn Professor Kischel, die er in der Anhörung im Finanzausschuss am 26. September vorgetragen hat, auseinandergesetzt. Da das Gesetz klare und detaillierte Vorgaben darüber trifft, unter welcher Voraussetzung eine positive Finanzierungsentscheidung getroffen werden darf, sind die grundlegenden Rahmenbedingungen durch das Plenum vorgegeben. Der Landtag hat hierdurch seine haushaltspolitische Gesamtverantwortung ausreichend wahrgenommen und dadurch die Entscheidung des Finanzausschusses hinreichend vorherbestimmt. Ich wiederhole den Satz gern noch einmal, weil er möglicherweise nicht angekommen ist: Der Landtag hat hierdurch seine haushaltspolitische Gesamtverantwortung wahrgenommen und dadurch die Entscheidung des Finanzausschusses hinreichend vorbestimmt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kann ich noch mal hören?)

In diesen Fällen ist ein Parlamentsausschuss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts befugt, selbstständige Einzelfallbefugnisse und Einzelfallentscheidungen zu treffen, und genau über die reden wir in dem Werftenfinanzierungsgesetz.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nun, wir werden sehen.)

Im Übrigen wäre eine jedesmalige Befassung des Landtagsplenums mit Bürgschaftsentscheidungen ganz sicher kein praktikables Verfahren, um den kurzfristig veränderlichen Erfordernissen bei der Werftenfinanzierung etwa bei der Auflösung von Finanzierungsvorbehalten

(Helmut Holter, DIE LINKE: Oh, da können wir locker vom Hocker Sondersitzungen machen.)

in Schiffbauverträgen in der gebotenen Schnelligkeit und Gründlichkeit nachzukommen. Dazu ist ein Fachaus

schuss des Landtages nach Überzeugung des Hauses des Wirtschaftsministeriums und des Wirtschaftsministers bestens geeignet. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Um das Wort zur allgemeinen Aussprache hat nun gebeten der Abgeordnete Herr Schulte von der SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Müller hat mir eben gesagt, ich hätte jetzt 70 Minuten Redezeit.

(Zuruf aus dem Plenum: Wie viel?)

70 Minuten.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da freuen wir uns doch drauf. – Stefanie Drese, SPD: Nicht ganz.)

Das denke ich mir, Herr Kollege Suhr, aber ich kann Sie beruhigen, ich werde sie nicht beanspruchen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass die Frage der Werften oder die Werftenförderung hier in diesem Land auch im Zusammenhang mit dem Einzelplan 06 besprochen wird, aber das spielt ja im Grunde gar keine Rolle, an welcher Stelle das heute hier diskutiert wird. Vielleicht passt es auch vom Grundsatz her viel besser in die allgemeine Debatte zum Haushalt, weil es hier um Grundsatzfragen geht.

Warum geht es um Grundsatzfragen? Lassen Sie mich vielleicht an dieser Stelle eine allgemeine Anmerkung machen, und dafür bin ich eigentlich ganz dankbar. Ich habe in den letzten Tagen ein Gespräch mit dem Kollegen Holter und mit dem Kollegen Waldmüller geführt und mich noch mal kurz verständigt. Auch wenn das offensichtlich in der Öffentlichkeit nicht immer wahrgenommen wird, so scheint es trotzdem hier in diesem Landtag zwischen den drei größeren demokratischen Fraktionen einen Grundkonsens zu geben, dass die Werften industriell wichtig für dieses Land sind. Ich denke mal, das muss man an dieser Stelle auch deutlich machen, weil die ganze Debatte, die wir hier führen, manchmal an der einen oder anderen Stelle in ein schräges Licht gerät.

Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn man unterschiedlicher Auffassung ist, welche Instrumente man zum Beispiel im Zusammenhang mit der Vergabe von Bürgschaften für sinnvoll hält, für anwendbar hält. Ich bin sogar bereit, an der einen oder anderen Stelle darüber zu diskutieren, ob sie verfassungsrechtlich sinnvoll, an- gebracht oder zulässig sind. Ich bin kein Verfassungsrechtler. Ich lege auch keinen Wert darauf, Verfassungsrechtler zu sein. Deswegen würde ich mich ohnehin nie hinstellen und hier im Plenum sagen, dem sehe ich gelassen entgegen. Ich weiß ja, Rechtsanwälte, Juristen tun das gern und sagen: Das sehe ich doch völlig gelassen auf mich zukommen. Dann sieht man sich meistens sowieso bei Gericht wieder. Also deswegen können wir uns das heute an dieser Stelle schenken.

Aber, sehr geehrte Kollegen, lassen Sie mich auf zwei Punkte eingehen, die ich für wichtig halte, auch in der

Debatte. Es sind sowohl von Herrn Kollegen Holter als auch von Herrn Kollegen Suhr zwei Punkte benannt worden, die aus ihrer Sicht – ich will es mal freundlich benennen – Bedenken gegen das hier vorliegende Haushaltsbegleitgesetz eröffnen, soweit es die Werftenförderung betrifft. Das ist in beiden Fällen die Anmerkung gewesen, dass a) keine Transparenz durch das Haushaltsbegleitgesetz hergestellt werden würde, und b), dass die Masse des Landtages ausgeschlossen worden wäre oder ausgeschlossen würde. Ich verkürze das jetzt etwas.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dann muss man sich doch wirklich mal überlegen, was ist in diesem Zusammenhang Transparenz, was ist in diesem Zusam- menhang Öffentlichkeit und an wen richtet sich der Anspruch an Öffentlichkeit. Richtet der sich an die 1,65 Millio- nen Menschen, die hier in Mecklenburg-Vorpommern leben? Richtet der sich möglicherweise an die 82 Millio- nen Menschen, die in der Bundesrepublik Deutschland leben, oder an die, ich weiß nicht, 7 Milliarden auf der Welt oder richtet der sich hier an die Abgeordneten dieses Landtages? Ich denke mal, wenn man die Sache ernsthaft betrachtet – und das ist ja auch in der Anhörung deutlich geworden –, dann richtet sich dieser Anspruch, was die Frage der Transparenz eines Verfahrens angeht, in erster Linie an die Abgeordneten dieses Landtages. Dann muss man natürlich auch das, was im Haushaltsbegleitgesetz in Bezug auf die Werftenförderung drinsteht, unter diesem Gesichtspunkt sehen.

Ich will jetzt gar nicht darauf eingehen, ob ein Gremium von elf Abgeordneten im Finanzausschuss oder in einem anderen Ausschuss oder die Gesamtheit des Landtages politisch gesehen das sinnvollere Gremium ist, um irgendeine Entscheidung zu treffen. Man muss sich ja in dem Zusammenhang darüber im Klaren sein, die Grundsatzentscheidung wird heute oder morgen hier in diesem Haus getroffen, nämlich das ist die Grundsatzentscheidung über den Haushalt. Und jeder, der in diesem Parlament an der Abstimmung teilnehmen möchte, weiß, sollte wissen, worüber er abstimmt. Er stellt damit den Rahmen zur Verfügung, in dem jede weitere Entscheidung – dann gegebenenfalls auch durch den Finanzausschuss – getroffen wird.

Also geht es gar nicht darum, dass hier tatsächlich der Landtag ausgeschlossen ist, sondern es geht um das Prozedere, wenn der Landtag selber entschieden hat. Und der Landtag – das ist Mehrheitsdemokratie – wird möglicherweise am Ende dieser Debatte so entscheiden, dass das entsprechende Haushaltsbegleitgesetz mit den dort vorgesehenen Mechanismen beschlossen wird. Das halte ich für relativ wahrscheinlich, dass die Entscheidung so kommen wird.

Aber, sehr geehrte Kollegen, das ändert nichts daran, dass hier ein parlamentarisches Verfahren stattgefunden hat. Und es ändert auch nichts daran, dass dann im Finanzausschuss – nachdem die entsprechenden Voraussetzungen bei der Landesregierung geschaffen worden sind, die Prüfung der ganzen Mechanismen, die vorgesehen sind, stattgefunden hat –, wenn eine entsprechende Einzelfallentscheidung im Finanzausschuss stattfinden soll, ja nicht nur die Mitglieder des Finanzausschusses die Möglichkeit haben, dort an der Sitzung teilzunehmen. Ich bin stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss. Es steht mir ohnehin frei, daran teilzunehmen, aber es steht auch jedem anderen Mitglied des

Landtages frei, an der entsprechenden Sitzung teilzunehmen. Es steht sicherlich auch jedem anderen Mitglied in diesem Landtag frei, dann dort Fragen zu stellen – und das ist die Frage der Transparenz, die sichergestellt werden sollte. Ich denke mal, in diesem Zusammenhang oder in diesem Sinne bietet dieses Verfahren bestmögliche Transparenz.