Werte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, vor diesem Hintergrund darf ich also erneut feststellen: Links wirkt nicht allein, sondern im Verbund mit vielen anderen, die sich außerparlamentarisch im Sinne dieser Produktionsschule starkgemacht haben, und das ist gut so.
Damit ist Punkt 1 im Absatz II unseres Antrages erledigt. Seien Sie sich aber gewiss, wir werden sehr genau Obacht geben, wie sich die Antragstellung und das Verhalten der Schulämter in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln.
Die weiteren Punkte unseres Antrages haben leider nichts an Aktualität verloren. Zwar ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Landesregierung auch in der neuen Förderperiode des ESF 2014 bis 2020 in Summe 10 Millionen Euro zur Verfügung stellen will, allerdings bedeutet diese Summe am Ende des Tages auch eine Absenkung um 220.000 Euro gegenüber dem bisherigen Ansatz, und das, obwohl eine Produktionsschule und ein Außenstandort zusätzlich in die Landesförderung aufgenommen werden sollen. Dazu kommt, dass die Landesregierung seit Längerem weiß, dass der örtliche Anteil, der sich zu Teilen aus kommunalen Finanzmitteln speist, nicht mehr weiter ausdehnbar ist. Die Landesregierung schreibt das auch ohne Umschweife in Antworten auf Kleine Anfragen zu diesem Thema. Ursprünglich war daher auch im Gespräch, den örtlichen Anteil beim Wert aus 2012, das waren 35 Prozent, festzuschreiben. Diese Korrektur ist unterblieben und stattdessen favorisiert die Landesregierung den Platzeinkauf für über 18-jährige schulaversive Jugendliche durch die Jobcenter, um nicht wieder stärker in die Förderung einsteigen zu müssen.
Die Zuweisung von Jugendlichen über berufsvorberei- tende Bildungsmaßnahmen mit produktionsorientiertem Ansatz, kurz BvB-Pro genannt, an die Produktionsschulen ist vor allem finanziell motiviert und wurde aufgrund der finanziellen Engpässe auf kommunaler Ebene zunächst durchaus positiv aufgenommen, zumindest aber akzeptiert. Allerdings erweist sich diese Verfahrensweise mit Blick auf das pädagogische Konzept der Produktionsschulen vorsichtig ausgedrückt als suboptimal. Warum?
Hier werden zwei völlig unterschiedliche Ansätze in einen Topf geworfen und verrührt, auf der einen Seite der stark sozialpädagogisch orientierte Hilfeansatz aus dem Jugendhilferecht und auf der anderen Seite der eher restriktiv angelegte Ansatz der Jobcenter. Und was bedeutet das nun für den Alltag an den Produktionsschulen?
Erstens wird sich der alterstechnische Durchschnitt, also die Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler verändern. Bislang dominierten jüngere Jahrgänge, vor allem Förderschüler und solche, die ihre Schulausbildung auf dem Weg zur Berufsreife abgebrochen haben. Jetzt kommen über 18- und 20-Jährige dazu, was natürlich funktionieren kann, mitunter aber auch für zusätzliche Konflikte verantwortlich zeichnet.
Zweitens werden die Schüler de facto in zwei Gruppen gespalten. Die einen befinden sich von Montag bis Freitag in der Produktionsschule, die anderen an zwei Tagen in der Woche an der Berufsschule, mit allen Folgen für gruppendynamische Prozesse.
Drittens entsteht mit der Zuweisung über BvB-Pro und die Abrechnung selbiger per Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheinen ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand nicht unbeträchtlichen Ausmaßes.
Viertens untergräbt die Zuweisung einschließlich der Sanktionierung bei Nichtfunktionieren der Jugendlichen nach den Maßstäben von Bundesagentur und Jobcenter den an sich freiwilligen und auf Stabilisierung ausgerichteten Ansatz der Produktionsschule.
Und fünftens war die Produktionsschulwoche früher auf 30 Stunden, also 21 Werkstattstunden und 9 Unterrichtsstunden ausgerichtet. Es entsteht jetzt das Problem, über 18-jährige Schülerinnen und Schüler mit 39 Stunden pro Woche beschäftigen zu müssen.
Deshalb haben wir eine kritische Bestandsaufnahme beantragt und deshalb wollen wir mit Ihnen und den Fachleuten darüber diskutieren, a) ob und b) wie man das Produktionsschulkonzept möglicherweise weiterentwickeln und finanziell dann auch so ausstatten kann, dass die von mir geschilderten Kollisionen vermieden werden und die Produktionsschulen auch weiterhin erfolgreich ihre Arbeit verrichten können. Dazu kommen spezielle regionale Herausforderungen, so die Frage nach notwendigen Investitionsmitteln und dem Beitrag des Landes beispielsweise bei der Errichtung eines Außenstandortes in Schwerin, aber auch beim Umzug der Produktionsschule Rothenklempenow von einem mit mehreren Millionen Euro Fördermitteln hergerichtetem Campus nach Torgelow.
Es ist also genügend Diskussionsbedarf da. Ich freue mich auf die Debatte. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, damit ist das so beschlossen. Und ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Schwesig. Bitte.
Genau, vielen Dank, Frau Präsidentin. Manche wollen mir ja schon das Mandat wegnehmen. Deswegen war es ganz schön, dass Sie mich auch noch mal so begrüßt haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Arbeit der Produktionsschulen unseres Landes ist wichtig und deshalb hält die Landesregierung an den Produktionsschulen fest.
Und, lieber Herr Foerster, Sie haben ja hier erwähnt, wie wichtig die Arbeit ist, und Sie wissen auch aus unserer gemeinsamen Zusammenarbeit, dass die Landesregierung gar keinen Zweifel daran lässt, dass die Produktionsschulen erhalten und gesichert werden sollen. Alle Panikmache taugt nichts
(Henning Foerster, DIE LINKE: Ich habe keine Panik gemacht. Ich habe konkrete Probleme angesprochen.)
Bei dem Besuch des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, in der Produktionsschule Greven im November 2012 konnten die Produktions- schülerinnen und -schüler sich und ich selbst mich vom Erfolg und dem sinnvollen Einsatz der ESF-Mittel überzeugen. Mir war es damals wichtig, den höchsten Vertreter des Europäischen Parlaments sozusagen direkt vor Ort zu holen und zu sagen, so kommt konkret europäisches Geld an.
Um noch einmal ein paar Erfolgsdaten zu zeigen: Wir können 360 Plätze anbieten, die von etwa 500 jungen Menschen im Jahr genutzt werden. Die Verweildauer beträgt im Durchschnitt zehn Monate. Das Durchschnittsalter ist 18,3 Jahre. Und schon über 2.900 junge Menschen wurden in den Produktionsschulen betreut, davon 53 Prozent ohne Schulabschluss, 23 Prozent mit Förderabschluss und 53 Prozent sind Leistungsempfänger nach SGB II. Über 950 junge Menschen haben sich auf einen Schulabschluss in dieser Zeit vorbereitet, 435 haben auch tatsächlich einen Schulabschluss mit Abschlussprüfung geschafft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, diese Zahlen zeigen, dass die Produktionsschulen wichtig sind, gerade jungen Menschen, die Probleme hatten, auf dem ersten Weg zu einem Schulabschluss zu kommen, helfen, zu einem Berufsabschluss zu kommen. Das ist außerordentlich wichtig und deshalb nutze ich auch die Debatte, um hier meinen Dank den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Produktionsschulen auszusprechen.
Die Produktionsschulen in unserem Land waren immer wichtig und bleiben es. Das zeigt auch die Regierungskoalition in ihrem Koalitionsvertrag an zwei Ziffern.
Ziffer 194, Zitat: „Die Koalitionspartner wollen die Zahl von Schülerinnen und Schülern, die nicht mindestens die Berufsreife erwerben, deutlich reduzieren. … Sie werden das Produktive Lernen und die Produktionsschulen fortführen.“
Und unter Ziffer 269: „Die Koalitionspartner werden das erfolgreiche Übergangssystem zwischen Schule und Ausbildung, insbesondere die Produktionsschulen, in enger Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und den Trägern weiterentwickeln.“
Zu „wir“: Das Bildungsministerium und das Sozialministerium arbeiten schon seit Jahren an einer interministeriellen Projektgruppe mit folgenden Aufgaben zusammen:
Erstens. Dort werden grundsätzliche Fragen in der Zusammenarbeit der bestehenden Produktionsschulen mit den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie Schulbehörden geklärt.
Zweitens. Dort werden Vorschläge zur Zusammenarbeit der beruflichen Schulen mit schulischer Berufsvorbereitung und den Produktionsschulen erarbeitet.
Und drittens. Es geht auch in dieser Arbeitsgruppe darum, die Arbeit der Produktionsschulen langfristig zu verstetigen.
Also, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der Linksfraktion, Sie sehen, die Landesregierung nimmt sich der Produktionsschulen besonders an und achtet darauf, dass die Förderung nahtlos und kontinuierlich im neuen ESF fortgeführt wird.
Erstens. Das Problem der unsicheren Beschulung zu Beginn des Schuljahres ist inzwischen geklärt. Staatssekretär Schröder hat bei seinem Besuch in der Produktionsschule Waren deutlich gemacht, dass vorerst nicht der Ort der Beschulung der insgesamt circa 250 unter 18-jährigen Produktionsschüler entscheidend ist, sondern die Tatsache, dass sie gut beschult werden.
Herr Abgeordneter Foerster, es wird immer im Regierungshandeln und im Alltag eine Situation geben, wo vielleicht Entscheidungen gefällt werden, die auf den ersten Blick nicht so glücklich sind. Und dann zeugt es doch von guter Arbeit der Häuser, dass man sich zusammensetzt und das Problem löst. Wenn es keine Probleme geben würde im Land, dann bräuchte man uns
Insofern, nun machen Sie aus dieser ersten Entscheidung des Bildungsministeriums nicht so ein großes Trara! Wir haben es gelöst, im Übrigen weil es engagierte Abgeordnete gibt wie unseren Abgeordneten Rudi Borchert, die ganz konkret auf regionale Probleme vor Ort aufmerksam machen,
(Henning Foerster, DIE LINKE: Ja, ja, natürlich nur die aus dem Regierungslager, ist klar. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
und dann legen wir los und lösen die Probleme. So muss es sein. Und das können Sie auch mal anerkennen.