Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber ist das gleich ausreichende Qualifikation?)

Und wenn Sie, Herr Suhr, sich hier hinstellen und sagen, es gibt ja Misstrauen gegenüber den Politikern: Wer heizt ein solches Misstrauen eigentlich mit Anträgen an, indem er unterstellt, nur weil jemand zu einem Kabinettsmitglied eine persönliche Beziehung unterhält, ist er zwar ungeeignet, wird aber trotzdem eingestellt? Sie sind für eine solche Veränderung des politischen Klimas, Sie sind für ein solches Misstrauen mit solchen Anträgen maßgeblich mit verantwortlich und schon deshalb finde ich Ihren Antrag sehr widerwärtig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ziel ist also Anheizen von Misstrauen gegenüber der Landesregierung, Ziel ist Diskreditierung und Ziel ist nicht Sauberkeit und Offenheit. Wenn Ihr Ziel Sauberkeit und Offenheit wäre, dann hätten Sie sich die Unterlagen, von denen der Innenminister gesprochen hat, die alle öffentliche Papiere sind, längst zu eigen gemacht, hätten sich das durchgelesen und dann hätten Sie gesehen, dass der Antragstext vollkommen überflüssig ist.

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Land wird nicht nach Gutsherrenart eingestellt. Wir haben eine klare Differenzierung zwischen dem ganz überwiegenden Teil der Stellen, die in diesem Land besetzt werden. Dafür gibt es klare Regeln, die sind durchschaubar, die sind objektiv und die gewährleisten ein vernünftiges Stellenbesetzungsverfahren.

Wir haben einige ganz wenige Ausnahmen. Man braucht nicht so sehr viele Hände, um sie abzuzählen, in denen anders verfahren wird. Zu diesen Ausnahmen gehören die persönlichen Referentinnen und Referenten der Minister. Und dieses, meine Damen und Herren, ist sachlich gerechtfertigt. Und dieses findet, und da können Sie hundertmal sagen, Herr Suhr, wir sind doch hier in Mecklenburg-Vorpommern, nicht in Baden-Württemberg – und ich finde das übrigens richtig –, auch dann statt, wenn ein GRÜNER Ministerin oder Minister ist. Das hat im Bund so stattgefunden, das findet in den Ländern statt und ich weiß nicht, ob der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Herr Kretschmann, sich seinen persönlichen Referenten via öffentlicher Ausschreibung ausgesucht hätte.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wohl nicht.)

Das würde mich sehr wundern.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hat sich denn da vielleicht auch der vorige Stelleninhaber, der persönliche Referent von Herrn Mappus, melden und sagen können, ich mache den Job schon, ich möchte hier eine Chance haben? Das können Sie doch jemandem erzählen, der sich die Hose mit der Kneifzange zumacht.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verwechseln Sie das mal nicht mit Ihrer speziellen Familienpolitik, die Sie hier betreiben.)

Und wenn der Ministerpräsident von Baden-Württemberg sich seinen persönlichen Referenten ohne Ausschreibung aussucht, dann habe ich das überhaupt nicht zu kritisieren. Das finde ich vollkommen richtig. Jeder täte es an seiner Stelle. Und da können Sie nicht einfach, Herr Suhr, sagen, wir sind doch hier in MecklenburgVorpommern. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Verfahrensweise findet überall statt, sie findet unabhängig von der politischen Farbe statt und sie findet auch dort statt, wo die Farbe Grün ist, und das ist sogar richtig so.

Und deswegen, Herr Suhr, ist das, was Sie hier machen, hier den Saubermann geben und anderen einen Bonbon an die Jacke kleben wollen, das Verhalten, das man mit den Worten umschreibt: Wir predigen öffentlich Wasser, aber heimlich saufen wir selber Wein.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und wenn Sie eines Tages – ich glaube, davon sind wir allerdings noch sehr weit entfernt bei Ihrem jetzigen Zustand –

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

in diesem Land dazu kämen, dass wir auch hier grüne Ministerinnen oder Minister haben, dann würde dieses Verfahren auch bei denen Platz greifen.

Also, meine Damen und Herren, wir lehnen den Antrag ab.

Herr Innenminister, Sie haben so schön gesagt, der Antrag der GRÜNEN habe ja auch poetische Formulierungen. Okay, antworten wir ihm poetisch mit Shakespeare: „Denn wie‘s nur eine Tugend gibt, die Wahrheit,“

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„gibt‘s auch ein Laster nur: die Heuchelei.“

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt Frau Rösler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag soll nach dem Willen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Landesregierung heute auffordern, zukünftig nur noch Objektivität und einen Ehrenkodex bei Personalentscheidungen walten zu lassen. Und nicht nur weil Weihnachten vor der Tür steht, sind solche Wünsche beziehungsweise Forderungen durchaus berechtigt. Und vielleicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bleibt es ja keine Illusion, dass Ihr Anliegen doch noch fruchtet.

In der Tat ließ es diese Landesregierung bei Personalentscheidungen zum Teil an Sensibilität vermissen

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

und leider fehlt es eben an zwei Dingen: erstens an der Einsicht der Landesregierung, womöglich falsche Entscheidungen getroffen zu haben, und zweitens an der Kritik aus den Reihen der Koalitionsfraktionen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, was kritisieren wir und was ausdrücklich nicht? Zunächst lassen Sie mich klar sagen, dass sich unsere Kritik nicht auf die Personen bezieht, die eingestellt wurden. Das wäre nicht fair und ungehörig. Welchen Vorwurf sollte man ihnen auch machen, zumal die betroffenen Personen sich ja kaum öffentlich wehren können. Unsere Kritik richtet sich an diejenigen, die eingestellt haben, also an erster Stelle an den Ministerpräsidenten und die verantwortlichen Ministerinnen und Minister.

(Torsten Renz, CDU: Oha, das ist ja ein Schachzug!)

Dabei geht es nicht nur um die Stelle des Koordinierungsreferenten im Finanzministerium. Es geht uns auch um eine Reihe von Personalentscheidungen, die, wenn es Ministerinnen und Minister der LINKEN beträfe, sofort zu massiven Rücktrittsforderungen geführt hätten.

(Heinz Müller, SPD: Also auf die Zeiten wollen wir hier nicht reflektieren.)

Am lautesten hätten die geschrien, die heute eisern schweigen, als müssten sie ein Gelübde ablegen.

Meine Damen und Herren, Besetzungsverfahren gliedern sich normalerweise in vier Verfahrensabschnitte: in das Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren, in das Beurteilungs-, das Auswahl- und das Bestellungsverfahren. An diesen Verfahren sind in der Regel auch die Personalräte beteiligt. Dass nicht alle Personalentscheidungen zuvor ausgeschrieben werden müssen, ist bekannt und grundsätzlich nicht zu beanstanden.

(Heinz Müller, SPD: Aha!)

Ich denke an Umsetzungen. Dass es bei bestimmten Stellen auf eine besondere Vertrauensbeziehung zur Ministerin oder zum Minister ankommt, ist ebenfalls klar und nicht zu kritisieren. Klar sollte aber auch sein, dass wir in jedem Fall Transparenz brauchen. Transparenz schützt alle Beteiligten. Und wir brauchen ein Mindestmaß an Sensibilität,

insbesondere bei Stellen, die großes Vertrauen erfordern. Ich will das an folgenden Beispielen verdeutlichen:

Stellen Sie sich vor, ein Abgeordneter der Linksfraktion wird Minister

(Zurufe vonseiten der Fraktion der CDU: Oh nee, nein!)

und zugleich erhält seine Lebenspartnerin die Stelle einer Koordinierungsreferentin in einem anderen Ministerium. Natürlich erfüllt sie die formalen Kriterien, wie Eignung, Befähigung und fachliche Leistung.

(Heinz Müller, SPD: Dann muss sie auch eine Chance haben.)

Das Geschrei von der Opposition möchte ich mir nicht vorstellen.

Und was sagt der Innenminister Herr Lorenz Caffier zur Personalpolitik? Wir haben es gehört. In Zeiten der schwarz-roten Koalition der 2. Wahlperiode jedenfalls war es dem Abgeordneten Caffier eine Kleine Anfrage wert, als es um eine Stellenbesetzung im Landeshauptarchiv ging,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach ja?!)

hinter der der Abgeordnete Caffier SPD-Seilschaften erkannte. Er wollte unter anderem wissen, ob die Stelle ausgeschrieben wurde und ob es zutrifft, dass die Stelle mit einer ehemaligen Assistentin einer hochrangigen SPDBundespolitikerin besetzt wurde. Haben Sie, Herr Caffier, heute ähnliche Fragen an Frau Polzin?

(Heinz Müller, SPD: Das war aber keine Stelle einer persönlichen Referentin, ne?!)

Und was hat sich Frau Polzin gedacht? Die Finanzministerin behauptet, dass die Personalentscheidung vor der Zusammensetzung des Kabinetts beschlossen wurde. Wenn das wirklich so gewesen ist, will ich nur darauf hinweisen, dass Frau Polzin Stabsstellen in ihrem Haus besetzt, bevor sie überhaupt als Ministerin ernannt wurde.

(Egbert Liskow, CDU: Sie war doch Ministerin! Sie war doch Ministerin!)

Meine Damen und Herren, stellen Sie sich weiter vor, DIE LINKE würde auch Staatssekretärinnen und Staatssekretäre benennen. Und weil unbedingt noch jemand untergebracht werden soll,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)