Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Zweites Zitat: „Zumindest indirekt …“

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ausgerechnet der Petereit. – Zuruf von David Petereit, NPD)

Dass Ihnen das nicht passt, ist mir doch klar. Ich erzähle es trotzdem.

„Zumindest indirekt der NPD verbunden sind zwei weitere Verdächtige. André K., der das NSU-Video hergestellt haben soll,“

(Tino Müller, NPD: Haben soll!)

„wurde im Haus seines Bruders im brandenburgischen Grabow festgenommen – und der ist JN-Funktionär. Der inhaftierte Holger G., der nach eigenen Angaben 2001 oder 2002 als Kurier eine Waffe von Wohlleben“, NPDMitglied, „in Empfang genommen und ins Versteck der Terrorzelle gebracht haben soll …“

Da sind inzwischen so viele Leute aus dem Umfeld verstrickt, die haben Kontakt zum NPD-Feld. Erzählen Sie mir nicht, dass da irgendwo eine Grenze war,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

worüber man sich ausgetauscht hat und worüber man sich nicht ausgetauscht hat, meine Damen und Herren!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Richtig so.)

Und in dieses Bild passt auch die Verhaftung von Sven Krüger, der mit einem Waffenarsenal angetroffen worden ist, der NPD-Mitglied war, wo es keine Distanzierung gab.

(Tino Müller, NPD: Waffenarsenal! – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das ist ein Gefährdungspotenzial in Mecklenburg-Vor- pommern. Das Gute ist, dass dieser Mann hinter Gittern sitzt, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Dieser Antrag – und auch das passt ins Bild – ist der nächste untaugliche Versuch, von den Verstrickungen abzulenken. Dieser Landtag, meine Damen und Herren, wird das nicht mitmachen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Tino Müller, NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der NPD-Fraktion Herr Andrejewski.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jetzt kommt „Die Verschwörungstheorie“, zweiter Teil. – Heinz Müller, SPD: Der Humphrey Bogart für Arme.)

Also auf das Gestammel gehe ich gar nicht weiter ein. Ich setze meinen Text fort.

Viel logischer wäre doch die Annahme …

Herr Andrejewski, ich erinnere Sie an die Anrede.

(Udo Pastörs, NPD: Oh, die gnädige Frau!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viel logischer wäre doch die Annahme, dass die hoch professionellen Täter die Morde an den Gewerbetreibenden begangen und zwei tote Sündenböcke abgelegt haben, Beweismittel in dem Haus in Zwickau platziert haben, dann abgetaucht sind und sich jetzt irgendwo totlachen über das ganze Medientheater. Das passt eher zum Sachverhalt als das, was Sie hier vorbringen.

Die Angehörigen der Opfer müssen mit dieser Ungewissheit leben, auch mit der Möglichkeit, dass sie von staatlichen Stellen systematisch belogen werden

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ja wohl der Gipfel! Das ist ja wohl der Gipfel!)

und in geheimdienstliche Verbrechen verstrickt sind und sie die Wahrheit nie erfahren werden wie bei Barschel und vielen anderen Dingen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dass Sie hier die Opfer bemühen, ist ja wirklich ein Hohn!)

Von einem rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahren kann jedenfalls keine Rede sein. Ein solches ist ergebnis- offen. Aber der Präsident des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke weiß jetzt schon: Wir werden noch weitere Beziehungen zur NPD entdecken. Man scheint entschlossen zu sein, das auch um jeden Preis so hinzu- biegen, bis es passt. Beweise sind da wohl nicht mehr nötig.

Wo ist der Beweis, dass die als Unterstützer Verhafteten gewusst haben, dass die mutmaßlichen NSU-Täter Verbrechen begangen haben sollen? Das muss man ihnen nachweisen, das kann man nicht einfach so behaupten, was auch schwer sein dürfte, denn Mundlos und Böhnhardt sind tot und Geständnisse konnte man aus den Beschuldigten bisher nicht rauspressen, obwohl man Frau Zschäpe in Isolationshaft in einer Zelle hält, in der Tag und Nacht das Licht brennt, wohl in der Hoffnung, sie durch Schlafentzug zu zermürben

(Tilo Gundlack, SPD: Waren Sie schon mal da, oder was?)

und dann doch noch das rauszuholen, was man gerne hören will. Ihre Anwälte beschweren sich darüber, dass man ihnen nur bruchstückhaft Akteneinsicht gewährt und die Presse mehr erfährt als sie. Das sind alles faule Tricks. Bundesanwaltschaft, Bundeskriminalamt, Verfassungsschutz, und wie sie alle heißen, machen nicht den Eindruck, als ob sie sich ihrer Sache so sicher wären. Da scheint Nervosität zu herrschen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die herrscht bei Ihnen. Die herrscht bei Ihnen.)

Was wird da wohl alles vertuscht und was könnte alles herauskommen? Es zittern die Chefsessel.

Am 14.12.2011 schrieb die von Herrn Suhr heiß geliebte „Süddeutsche Zeitung“, die ich jetzt auch mal zitieren will, zu Recht, und das hat er wohl überlesen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach nee, lesen Sie doch die Zeitung nicht vor! Wir können doch selber lesen.)

das hat er wohl überlesen, dass die Vorwürfe gegen Frau Zschäpe und die vier mutmaßlichen Unterstützer auf wackligen Füßen stehen, wenn Frau Zschäpe nicht nachgewiesen werden kann, dass sie Mitglied einer terroristischen Vereinigung war, dann gibt es auch keine, weil dafür laut Rechtsprechung drei Mitglieder nötig sind. Und wenn den Unterstützern nicht nachgewiesen werden kann, dass sie Einblicke in kriminelle Taten des sogenannten NSU hatten, dann sind sie freizulassen, genauso wie die dringend Verdächtigen in den Fällen Sebnitz und Mannichl, wo sie auch mit Zitronen gehandelt haben.

(Udo Pastörs, NPD: Tja.)

Es sei denn, Sie wollen behaupten, das sei alles wahr gewesen.

Wie kommt man an Geständnisse ran? Das ist das Problem. Vielleicht hilft ein Blick ins Stasiverhörhandbuch, ansonsten wird das keine NPD-, sondern eine Staatsaffäre und Herr Ziercke vom BKA und Herr Fromm vom Verfassungsschutz können vielleicht bald verfrüht ihren Ruhestand genießen, wenn auch unverdientermaßen.

Und zu dem, was Herr Suhr noch gesagt hat: Es gibt mehrere intellektuelle Ebenen in der Gesellschaft. Die unterste ist die Medienebene.

(Zuruf von Tino Müller, NPD)

Die Medienebene ist das Blödeste und Billigste, was es gibt. Dort geht vieles, was auf einer höheren, auf einer prozessualen Ebene nicht mehr geht. Auf der Medienebene kann ich einfach irgendwelche Nonsenszusammenhänge herstellen, sehe zu, dass NPD und NSU häufig im Zusammenhang erwähnt werden.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wenn Apfel und irgendein NSU-Typ vielleicht mal in derselben Bäckerei gewesen wären, auf einer Demo hier und dort, das ist dann der große Zusammenhang, und mit entsprechenden Soundeffekten und Spezialeffekten

(Udo Pastörs, NPD: Ein Hubschrauber im Hintergrund.)

und Bildern und Gelaber kann ich das vielleicht eine kurze Zeit glaubhaft machen, wobei ich allerdings sinngemäß an das Zitat von Abraham Lincoln erinnern möchte: Man kann alle Menschen für kurze Zeit für dumm verkaufen, man kann wenige Menschen für immer für dumm verkaufen, man kann aber nicht alle Menschen für immer dumm verkaufen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist Ihr Problem.)

Selbst mit einer Medienkampagne geht das nicht und auf der Prozessebene sieht das schon anders aus. Im Gegensatz zur politischen Klasse hat der Richterbund noch was zu verlieren, der Richterstand, und zwar Ansehen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Bei Ihnen ist egal, wenn ein Strafprozess oder ein NPDVerbotsverfahren aussieht wie die Wahl in Russland oder wie der Chodorkowski-Prozess in Russland oder der Timoschenko-Prozess in der Ukraine. Einfach durchpeitschen, in die SPD-Kantine rein, 5-Minuten-Terrine gemacht und wenn es kling macht in der Mikrowelle, ist das Verbotsverfahren durch und das Strafverfahren auch durch.