Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

Und am Ende schließt sich der Kreis der Zweiklassengesellschaft. Familien haben also keine tatsächliche Wahlmöglichkeit, sondern kommen durch diese Regelung vom Regen in die Traufe, aber nicht auf eine solide Basis.

Unsere Frage, ob die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden sollten, ist nicht neu und wird auch seit Jahren diskutiert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es liegt doch bloß daran, dass das der letzte Punkt ist im Antrag.)

Wir hatten, ich habe es schon gesagt, es im Dezem- ber 2010 geschafft, einen gemeinsamen Antrag von

SPD, CDU und LINKE zu stellen, der auf eine Bundesratsinitiative gerichtet war. Leider fiel er mit der Neukonstituierung des Landtages der Diskontinuität zum Opfer und müsste erneuert werden, damit auch dieser Landtag sich zu Kinderrechten im Grundgesetz bekennt.

(Torsten, Renz, CDU: Ja.)

ich fordere Sie auf, Sie können ja gerne zu einem späteren Zeitpunkt – möglichst zeitnah – einen entsprechenden Antrag mit uns gemeinsam bringen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Er doch nicht.)

sodass wir das vielleicht – wie 2010 –, wenn uns das allen so wichtig ist, fraktionsübergreifend hinbekommen.

(Torsten, Renz, CDU: Frau Bernhardt, ist das jetzt ironisch gemeint oder ernst gemeint?)

Nein, das war ernsthaft gemeint, Herr Renz.

(Torsten, Renz, CDU: Das müssen Sie dann aber dazusagen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Nur „Herr Renz“ war in Anführungszeichen.)

Zu den Rechten gehören der Anspruch auf Schutz, Fürsorge sowie ein angemessener Lebensstandard, der Anspruch auf Meinungsfreiheit, das Recht auf Anhörung in allen das Kind betreffenden Maßnahmen in Gerichts- und Verwaltungsverfahren, bei denen das Wohl des Kindes Vorrang genießt, das Recht auf Bildung und die bestmögliche Förderung zur Erreichung von Chancengleichheit sowie die Verpflichtung des Staates, für kindgerechte Lebensbedingungen Sorge zu tragen. Darauf hatten sich die LINKE und die Koalitionäre vor drei Jahren verständigt. Diese Forderung ist weiterhin aktuell, weil noch nicht umgesetzt.

Aber wer Beteiligung, Anspruch auf Schutz und Fürsorge von Kindern und Jugendlichen will, muss sie absichern. Statt eines bloßen Versprechens von Politikern hier im Landtag, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, ist eine rechtsförmliche Verankerung notwendig. Dazu gehört aber auch, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene für die besonders benachteiligten Flüchtlingskinder starkmacht und die notwendigen gesetzgeberischen Initiativen zur Anpassung der Asyl-, Asylbewerberleistungen und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen an die Erfordernisse der UN-Kinderrechtskonvention einsetzt, darunter auch a) ein Heraufsetzen der Verfahrensmündigkeit in Asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren von bislang 16 auf 18 Jahre und b) das Verbot von Inhaftierung minderjähriger Flüchtlinge in Abschiebungs- und Zurückweisungsverfahren. Das hatten wir bereits in unserem Antrag „Rechte von Flüchtlingskindern stärken“ vom November 2012 gefordert. Dies fordern wir auch weiterhin und werden nicht müde, es immer wieder vorzutragen,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

bis sich tatsächlich etwas ändert. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/2553. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/2553 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kein Erfolgsrezept für die Energiewende: Direktvermarktung bei Sonne und Wind beenden, Drucksache 6/2612.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kein Erfolgsrezept für die Energiewende: Direktvermarktung bei Sonne und Wind beenden – Drucksache 6/2612 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Jaeger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag beschäftigt sich scheinbar mit einem sehr speziellen Thema bei der Reform des ErneuerbareEnergien-Gesetzes und er passt natürlich jetzt aktuell in die Diskussion sehr exakt hinein. Es geht um das Thema Direktvermarktung.

Worum geht es dabei? Es gibt einen Markt für Strom. Strom wird an der Börse und Strom wird auch mit langfristigen Verträgen über ein, zwei Jahre gehandelt. Etwa 20 Prozent des Stroms werden immer an der Börse, der Rest wird über langfristige Verträge gehandelt.

Das Problem der erneuerbaren Energien, und zwar speziell, das steht ja auch drin, Sonne und Wind, ist die nur schwere Berechenbarkeit des Angebotes aus Sonne und Wind. Das bleibt ein Problem dieser Energieformen.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Ohne Sonne und Wind ist aber die Energiewende in Deutschland nicht denkbar. Es kann nicht klappen. Wir brauchen diese Energieformen.

Und jetzt sind die Befürworter von Marktmodellen der Meinung, durch den Markt könnte das Ganze wesentlich preiswerter gestaltet werden und wir seien in der Lage, die EEG-Umlage zum Beispiel zu senken. Das ist eine Diskussion, die auch innerhalb der GRÜNEN geführt wird. Es ist also nicht so, dass ich hier eine ganz klare grüne Position vertreten könnte.

(Egbert Liskow, CDU: Nee, Ihre eigene.)

Auch dort gibt es eine heiße Diskussion zum Thema Direktvermarktung. Ich will Ihnen einfach ein paar Gedankenanstöße geben, um über dieses Thema noch mal nachzudenken und über die Sinnhaftigkeit der Direktvermarktung.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Wie ist das bisher? Im Moment ist es so, dass Anlagenbetreiber von Wind- und zum Teil auch von Solaranlagen monatlich sich den Börsenstrom auslesen. Der liegt zum Beispiel bei aktuell 3,5 Cent. Dann haben sie ein Recht auf eine Einspeisevergütung von 9 Cent und sie beantragen den Unterschied zwischen 3,5 Cent und 9 Cent, also 5,5 Cent als sogenannte gleitende Marktprämie. Sie haben also überhaupt keinen Verlust, wenn sie in die Direktvermarktung gehen. Im Gegenteil, weil es ein kleines Risiko gibt und für zusätzliche Ausstattungen der Windkraftanlage, gibt es sogar noch eine Managementprämie obendrauf.

Diese Managementprämie hat allein im Einführungsjahr etwa 400 Millionen Euro gekostet. Da sagen natürlich die Windkraftanlagenbetreiber erst mal grundsätzlich Danke. Aber ob das der Energiewende am Ende nützt, stelle ich hier deutlich infrage. Im zweiten Jahr wurde das Ganze abgesenkt auf jetzt 6,5 Cent, das heißt, wir zahlen nicht mehr 400 Millionen, sondern nur noch 200 Millionen. Ich glaube, das ist eine Summe, bei der es sich lohnt nachzufragen, bringt uns das wirklich voran und nützt es der Energiewende.

Ich habe außerdem bei meinen Recherchen mitbekommen, dass die sogenannte Direktvermarktung immer mehr die Versorgungssicherheit gefährden kann. Warum ist das so? Die Direktvermarkter agieren völlig unabhängig von den Netzbetreibern. Die Netzbetreiber, die in einer Netzleitwarte der WEMAG, von Vattenfall oder was weiß ich sitzen, die haben auf dem Schirm alle Windparks in ihrem Versorgungsgebiet, gucken sich sehr genau die Prognosen an, die möglichst genau errechnet werden, und sehen, der Windpark XY ist mit Volllast am Netz. Sie brauchen also jetzt die Kraftwerke nicht, die sonst einspringen würden.

Ein Direktvermarkter, der zum Beispiel in Leipzig sitzt und innerhalb des Versorgungsgebietes von 50 Hertz mitbekommt, der Strompreis an der Börse geht in den negativen Bereich, erkennt marktwirtschaftlich die Logik, diesen Windpark da oben jetzt einfach wegzuschalten. Das ist aus Sicht der Börse durchaus sinnvoll, aus Sicht des Netzbetreibers eine mittlere Katastrophe, weil eben hatte er diesen Windpark mit 30 MW noch am Netz und innerhalb von Sekunden verschwindet dieser Windpark plötzlich vom Netz. Es ist dem Netzbetreiber kaum möglich, so schnell Ersatzkapazitäten am Markt zu ordern und hochfahren zu lassen.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Diese Probleme nehmen im Moment immer mehr zu und werden auch viel zu wenig beachtet. Da liegt ein echtes Blackoutrisiko im Versorgungsgebiet des Netzbetreibers. Deswegen die erste Aussage: Zugriff auf die Windkraftanlagen sollte in Zukunft nicht mehr direkt der Direktvermarkter haben, sondern ganz klar nur der Netzbetreiber. Der entscheidet, ob er den Strom jetzt verwenden kann oder ob er ihn nicht haben will. Nur so ist garantiert, dass wir im Netz eine konstante Hertzzahl, also Frequenzzahl und eine konkrete Spannung haben, die das Netz aufrechterhält. Ein abfallendes Netz, ein Blackout, ist wirklich eine Katastrophe. Da geht es nicht darum, dass ein paar Familien dann einen netten Abend bei Kerzenschein verbringen, sondern dass in Krankenhäusern die Strom

versorgung ausfällt und so weiter. Und das wird im Moment alles mitgeschürt und befördert durch die Idee der Direktvermarktung.

Ich will Ihnen ein anderes Beispiel nennen: Windkraftanlagen werden zurzeit finanziert nach einem Modell. Sie kriegen eine relativ hohe Anfangsvergütung, zum Beispiel von 9 Cent, und fallen dann, je nach Standort, zurück auf eine Vergütung von 4 bis 6 Cent. Davon könnten wir alle profitieren als Stromverbraucher, weil dieser konkrete Windpark oder die Windkraftanlage dann für 4 bis 6 Cent Strom liefern könnte. Das ist auch gerechtfertigt, dass sie das für einen so kleinen Preis liefern können, denn sie haben zuvor vom EEG profitiert. Diese Anlagenbetreiber machen aber jetzt das, was marktwirtschaftlich völlig logisch ist: Sie gehen an den Direktvermarkter und verkaufen ihren Strom nicht mehr für 6 Cent über das EEG, sondern für 8 Cent an den Direktvermarkter. Das heißt, 2 Cent, die wir hätten sparen können – und die hätten wir berechtigt sparen können –, kriegt der Windkraftanlagenbetreiber einfach obendrauf. Das Problem besteht in der sogenannten freiwilligen Direktvermarktung.

Ich bin natürlich nicht dagegen, wenn jemand meint, er möchte seinen Strom direkt vermarkten. Momentan ist es aber so, dass Windkraftanlagenbetreiber und Fotovol- taikanlagenbetreiber monatlich hin und her wechseln können. Ich kann mich also entscheiden für die Direktvermarktung, wenn ich davon meinen finanziellen Nutzen sehe, sobald das aber kritisch werden könnte, wechsele ich einfach zurück in die EEG-Vergütung. Das heißt, ich nutze die Sicherheit des EEG, nehme aber alles mit, was ich kriegen kann über die Direktvermarktung. Das kann nicht solidarisch sein und ist kein sinnvolles Konzept. Deswegen: Wer einmal rausgeht aus dem EEG, ist raus aus dem EEG! Und wenn das so wäre, kann ich Ihnen versichern, würde so gut wie keiner in die sogenannte Direktvermarktung überwechseln.

Ich schlage dagegen ein anderes System vor. Das System beinhaltet, wir vergüten ganz normal über das EEG. Wir haben mit dem EEG selbstverständlich auch Marktmechanismen, weil natürlich jeder Anlagenbetreiber, der eine Anlage aufstellt, nach der kostengünstigsten Anlage sucht, um sein Projekt so preiswert wie möglich zu finanzieren. Die Politik steuert seit Jahren auch hinterher, entscheidet in regelmäßigen Abständen darüber, ob die EEG-Vergütung zu hoch ist, und senkt dann entsprechend die EEG-Vergütung ab. Das machen wir momentan und es ist gerade in der Diskussion, weil wir festgestellt haben, es werden sehr hohe Pachten gezahlt und das ist eigentlich dem Stromverbraucher nicht zuzumuten. Hier besteht die Möglichkeit, Geld einzusparen. Genau das macht die Politik. Das ist im Grundsatz im EEG so angelegt und auch grundsätzlich richtig, wenn es in überschaubaren Zeiträumen passiert, sodass sich die Beteiligten auf diese Entwicklung gut einstellen können.

Also die Alternative ist, wir vergüten über das EEG und es gibt nach wie vor, wenn man herunterfällt auf die niedrigere Vergütungsstufe, die Möglichkeit, in die Direktvermarktung zu gehen. Aber dann ist man endgültig draußen. Wenn man das nicht will, weil man die Unsicherheiten scheut, dann bleibt man im EEG und wir alle profitieren dann von der niedrigen Einspeisevergütung, die wir an diese Betreiber bezahlen, womit wir auch von Anfang an gerechnet haben.

Für das Thema Direktvermarktung spricht aus Sicht der Befürworter, dass man dadurch Anlagenbetreiber bewegen kann, ihren Strom marktkonformer zu produzieren. Das ist durchaus eine richtige Idee, aber ich glaube, dass wir das über das EEG wesentlich kostengünstiger lösen können. Wo liegen die Möglichkeiten?

Natürlich kann eine Windkraftanlage bei Windstille, wenn man den Strom sehr gut gebrauchen könnte, trotzdem keinen Strom erzeugen, weil halt kein Wind da ist. Aber man kann über das EEG – und da schlagen wir ein Modell vor, das sogenannte Referenzertragsmodell – Investoren dazu bewegen, große Windkraftanlagen aufzustellen, die einen großen Rotorkreisdurchmesser und einen kleinen Generator haben. Dadurch erhöhen sich die rechnerischen Volllaststunden und damit steigt massiv die Wahrscheinlichkeit, dass das Angebot der Windkraftanlagen in der Stromproduktion vom Verbraucher verwendet werden kann.

Die gleiche Idee gibt es bei Fotovoltaikanlagen. Auch hier gibt es die Möglichkeit zu sagen, innerhalb der Zeit von 11 bis 13 Uhr gibt es ein Peak in der Solarstromproduktion, da senken wir in Zukunft die Vergütung stark ab. Das führt dazu, dass die Anlagenbetreiber ihre Anlagen eher in Richtung Ost-West ausrichten und dadurch in den Tagesrandlagen den begehrten Strom aus Fotovoltaikanlagen haben, während wir ihn in der Mittagszeit nicht mehr so stark brauchen wie in der Vergangenheit.

Das sind also sehr konkrete Vorschläge. Die Netzbetreiber sollen in Zukunft selbstständig darauf zurückgreifen können.

Was schlägt das Gabriel-Papier jetzt vor? Das GabrielPapier schlägt zum einen eine dramatische Absenkung der Anlagenleistung bei der verpflichtenden Direktvermarktung vor. Man will also im Jahr 2015 auf 500 kW runtergehen, im Jahr 2017 will man sogar bei 100 kW ankommen. Wenn man das macht und damit den Anlagenbetreibern natürlich erhebliche Risiken zumutet, dann muss man einfach wissen, dass Banken, die diese Projekte finanzieren, logischerweise sofort Risikoaufschläge obendrauf packen. Wenn uns das wirklich in der Netzsicherheit voranbringt, ist das ein sinnvolles Verfahren, aber wenn es das nicht tut, sollten wir es lassen. Und das schlagen wir mit unserem Antrag vor. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort gebeten hat zunächst der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Herr Pegel.