Protokoll der Sitzung vom 30.01.2014

Hätte uns nämlich der Minister im Herbst eine Bedarfsplanung vorgelegt, die kurze Zeit später hätte aktualisiert werden müssen,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das kann ich dann jedes Jahr sagen. Das hat er 2011 gesagt, 2012.)

dann wäre der Unmut doch viel, viel größer gewesen in der Opposition. Das wurde auch kurz dargestellt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir können ja auch noch bis 2014 warten.)

Und dann sollten Sie nicht vergessen, neben der doppelten Arbeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bildungsministerium

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wäre das Unverständnis bei den Beteiligten vor Ort doch viel, viel größer geworden.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn es keine Ressortabstimmung gibt.)

Versetzen Sie sich doch mal in die Lage der Leute dort vor Ort, die damit planen müssen an den Berufsschulen und an den Fachhochschulen. Sie erwarten zu Recht von der obersten Schulaufsichtsbehörde ein gründliches und nachvollziehbares Verfahren. Das hat der Minister doch hier ganz klar vorgestellt. Schnellschüsse sollten wirklich bei Planungen, die für längere Zeit gelten sollen,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber Zweijahrespläne reichen doch, ne, Herr Butzki?)

eindeutig vermieden werden. Das müsste doch auch in Ihrem Sinne sein.

Es ist gut und richtig, das muss ich so deutlich betonen, dass sich der Minister hier entschieden hat, lieber einen zugesagten Termin nicht einzuhalten, als eine Fortschreibung zu erstellen, die keinen Nutzen hat. Der Minister hat ja bereits dargestellt, dass die Fortschreibung nunmehr fertig ist, die anderen Ressorts beteiligt werden und uns das zeitnah vorgelegt wird. Daher möchte ich noch einmal klar und deutlich darstellen, dass die SPD-Landtagsfraktion diesen Antrag ablehnen wird. Ich würde es besser finden, dass er zurückgezogen

wird, und bin gespannt auf die nachfolgende intensive Diskussion.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Welche denn noch?)

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Butzki, ich muss Sie enttäuschen, wir werden den Antrag nicht zurückziehen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Dieser lautet in seiner Überschrift „Ausbildungsplatzplanung … unverzüglich vorlegen“ – noch liegt sie uns nicht vor. Das, was ich heute vom Bildungsminister gehört habe, waren bloß Floskeln:

(Andreas Butzki, SPD: Sie haben zugehört? Sie haben doch mit anderen geredet. Sie haben doch gar nicht zugehört.)

In wenigen Wochen wird er uns vorgelegt werden. Wer weiß, was noch für eine Statistik dazwischenkommt, dass es dann wieder eines Aufschubs bedarf. Insofern glaube ich nicht mehr an das, was hier im Landtag gesagt wurde.

(Andreas Butzki, SPD: Sie sollen ja auch nicht glauben.)

Es wäre ein ehrlicher Umgang gewesen, wenn uns der Bildungsminister im Herbst Bescheid gegeben hätte,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

einfach eine kurze Information,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

ein Schreiben, an den Landtag gerichtet:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat auch was mit politischem Anstand zu tun.)

Meine Aussage vom Mai 2013 stimmt nicht mehr. Aufgrund der Statistiken haben wir die Ausbildungsplatzplanung verschoben. – Das wäre ein ehrlicher Umgang gewesen. Den sehe ich nicht, insofern bleibt unser Antrag bestehen,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

denn wie heißt es so schön in der Analyse vom Jugendhilfeausschuss: „Der Umfang der verfügbaren Personalressourcen ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die

Qualität“ in den Kindertageseinrichtungen. „Soll die Qualität der Kindertagesförderung verbessert werden, ist es daher sehr wichtig, sowohl den notwendigen Ersatz als auch zusätzlich entstehende Bedarfe rechtzeitig und ausreichend zu bestimmen.“

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Rechtzeitig“ ist ein dehnbarer Begriff. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Rechtzeitig, deshalb bleibt der Antrag bestehen.

Dem kann ich nur uneingeschränkt zustimmen. Ich wiederhole es noch mal:

(Andreas Butzki, SPD: Nee, lieber nicht.)

„Bedarfe“ sind „rechtzeitig … zu bestimmen“. Und das, worauf wir bei den Bedarfen zurückgreifen können, sind Studien aus dem Jahr 2009 von Professor Klemm und die nicht öffentliche Ausbildungsplatzplanung der Landesregierung, die 2011 dem Sozialausschuss vorlag. Beide Studien enthalten unterschiedliche Zahlen.

Die Landesregierung geht in ihrer Planung aus dem Jahr 2011 noch von einem Bedarf von 160 Erzieherinnen und Erziehern pro Jahr aus. Bestünde tatsächlich nur dieser Bedarf, könnte sich die Landesregierung zurücklehnen und die Ausbildungsplatzplanung noch um ein weiteres Quartal verschieben, so, wie wir es ja gehört haben. Denn mit den circa 209 – beziehungsweise 269 im Jahr 2010 – Absolventen und Absolventinnen mit Abschlusszeugnis zum Erzieher an staatlichen oder privaten Fachschulen und mit einer Abschlagsquote von 35 Prozent, denn nicht jeder ausgebildete Erzieher ergreift auch den Beruf des Erziehers in der Kinderbetreuung, wäre der tatsächliche Bedarf von 160 jährlich benötigten Erzieherinnen und Erziehern gedeckt.

Jetzt kommt natürlich das Aber: Das Bildungsministerium hat keine Kenntnisse, ob die ausgebildeten Erzieherinnen oder Erzieher tatsächlich auch in M-V bleiben oder ob sie in weitere attraktive Bundesländer abwandern, so jedenfalls einem Schreiben des Bildungsministeriums an den Landtag zu entnehmen.

Zweites Aber: Selbst die Koalitionsfraktionen gingen in ihrem Antrag vom 04.11.2009 von einem Bedarf von 400 Erzieherinnen und Erziehern aus. Sie bezogen sich damals auf die Studie von Professor Klemm. Anders als die Landesregierung ging Professor Klemm 2009 von 395 Stellen aus.

Der Landesjugendhilfeausschuss ging in seiner Analyse aus dem Jahr 2012 noch weiter, denn die Studie von Professor Klemm konnte mehrere Umstände nicht beachten, ich hatte es vorhin schon gesagt. Er konnte nicht beachten die neue Fachkraft-Kind-Relation im Kindergartenbereich. Er konnte ebenfalls nicht beachten, dass aufgrund der Erhöhung der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit von 2,5 Stunden auf 5 Stunden im Kindergartenbereich zusätzlich 155 Stellen benötigt werden. Auch die Elternbeitragsentlastung von 100 Euro, die einen zusätzlichen Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern bewirken kann, konnte nicht beachtet werden, ebenso wenig, wie es sich auf den Fachkräftebedarf auswirken könnte, wäre eine konsequente und gesetzeskonforme Herleitung des Personalschlüssels im KiföG vorgesehen. Das geschieht derzeit nicht.

Bestes Beispiel ist dabei der Landkreis Mecklenbur- gische Seenplatte, wo fachlich errechnet wurde, dass 1,59 Vollzeitäquivalente auf sechs Kinder im Krippenbereich notwendig wären. Aufgrund der finanziellen Situation wurden dann nur 1,2 Vollzeitstellen auf sechs Kinder gewährt.

(Marc Reinhardt, CDU: Die Eltern und Gemeinden bedanken sich, dass sie das bezahlen müssen.)

In anderen Landkreisen verhält es sich ähnlich. Das sprach gerade letzte Woche im Sozialausschuss der Landesjugendhilfeausschuss in seinem Bericht an. Das alles sind Umstände, die bei der zukünftigen Ausbildungsplatzplanung der Landesregierung beachtet werden müssten.

Nun ist es mühsam zu sagen, welche Studie recht hat, darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass die Landesregierung in einer öffentlichen Ausbildungsplatzplanung, anders als 2011, vor dem Hintergrund der angesprochenen Dinge den Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern herleitet und daraus die Konsequenzen zieht, und das unverzüglich, denn mit Ankündigungen wurden wir schon lange genug hingehalten. Es ist die Zeit da, dass endlich die Ausbildungsplatzplanung vorgelegt wird.

Wir müssen uns natürlich auch mit dem Umstand beschäftigen, warum es nur 65 Prozent der ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher tatsächlich schaffen, in den Kindertageseinrichtungen anzukommen. Die Ursachen für die Probleme bei der Personalbesetzung liegen nach der Analyse des Landesjugendhilfeausschusses in der mangelnden gesellschaftlichen Anerkennung der Tätigkeit als Erzieherin und Erzieher sowie in den unattraktiven Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Was beispielsweise die verbesserten Ausbildungsbedingungen angeht, schlug der Landesjugendhilfeausschuss vor, dass für die berufliche Vollzeitausbildung an der Fachhochschule für Sozialpädagogik eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird, dies wäre mit dem BAföG vereinbar. Zurzeit erhalten die Auszubildenden keinerlei Ausbildungsvergütung. Das wäre ein Vorschlag, den die Landesregierung bei ihrer Ausbildungsplatzplanung berücksichtigen könnte und der aus der Sicht der LINKEN auch notwendig und zu überlegen ist.

In der Analyse des Landesjugendhilfeausschusses finden sich noch mehr solcher Vorschläge, die die Landesregierung bei der Erstellung beachten sollte und die wir bei der anschließenden Diskussion ebenfalls beachten sollten. Ich gehe einmal davon aus, dass, anders als bei der letzten Ausbildungsplatzplanung 2011, diese dem Landtag als offizielle Unterrichtung zugeht, damit auch Institutionen außerhalb des Landtages sich an entsprechenden Diskussionen beteiligen können und nicht wieder, wie der Landesjugendhilfeausschuss bei der Erstellung seiner Analyse, auf Zahlen angewiesen sind, die ich durch meine Kleinen Anfragen bei der Landesregierung erhalten habe. Insofern kann ich nur an Sie appellieren, stimmen Sie unserem Antrag zu! – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.