Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach was, ach was!)

Ihr Lieblingsargument zur Ablehnung unserer Anträge hier im Landtag, wonach die bisherige Ministerin bereits unterwegs sei, aber Schwarz-Gelb angesichts der Mehrheitsverhältnisse auf Bundesebene ja alle Reformbemühungen blockiere, ist Ihnen nun abhanden gekommen.

(Torsten Renz, CDU: Sie müssen in die Zukunft schauen. Sie müssen in die Zukunft schauen.)

Ich bin deshalb gespannt, welche Ausflüchte heute hier wieder herhalten müssen.

Insbesondere der Ministerpräsident und seine Fraktion sind aufgefordert zu verhindern, den jenseits der Höhe zwischen uns immer unstrittigen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn gegen alle Versuche,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

ihn auszuhöhlen, zu verteidigen. Denn es reicht schon, dass die Übergangsfristen für Branchen mit Tarifverträgen unter 8,50 Euro und ein Einfrieren der Höhe bis 2018 dort vereinbart sind, ehe eine Dynamisierung folgt. Alles andere dann in der Debatte. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Hesse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Minijobs sind aus einer Vielzahl von Gründen nicht unproblematisch und dieses Thema stand in der Vergangenheit ja schon mehrfach auf der Tagesordnung des Landtages. Insofern möchte ich auch hier nur auf einige Stichworte eingehen.

Minijobs machen keine ausreichende, eigenständige soziale Sicherung möglich. Sie setzen Fehlanreize, im Minijob zu bleiben, statt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung anzustreben, und sie bieten kaum individuelle Entwicklungsmöglichkeiten. Die gegenwärtige Regulierung der Minijobs verzerrt den Arbeitsmarkt in eine Richtung, die wir schon allein vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels nicht gut finden können. Wir wollen das Arbeitsangebot ausweiten, die Minijobs setzen den gegenteiligen Anreiz. Minijobs sind oft mit Niedriglöhnen verbunden und das gilt natürlich vor allem, seitdem die Festlegung einer Höchstarbeitsdauer abgeschafft wurde. Mit einem niedrigen Einkommen aus alleinigen Minijobs ist wiederum die Gefahr von Altersarmut verbunden.

Außerdem lässt sich vor dem Hintergrund der jetzigen Regulierung Schwarzarbeit gut vertuschen. Kontrollen sind schwierig und die Grenze zur Schwarzarbeit ist fließend.

Ich will es auf den Punkt bringen und mit einem Satz ausdrücken: Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht sind Minijobs eher ein Problem als eine Lösung. Dennoch muss uns klar sein, dass die Ankündigung, Minijobs abzuschaffen oder neu zu regeln, nicht nur auf große Freude stoßen würde, denn viele Menschen haben sich nun damit eingerichtet; nicht nur Unternehmen, sondern auch die vielen einzelnen Rentner, Schüler und Studenten.

Bei uns im Land sind es nach den Zahlen der Bundes- agentur für Arbeit immerhin ungefähr 90.000 Menschen, die einen Minijob haben. Und es ist nicht so, dass wir davon ausgehen dürfen, dass alle mit der jetzigen Regulierung unzufrieden sind. Rentner, die sich die Rente aufbessern, oder Studenten, die sich einen Teil des Stu

diums finanzieren, haben nicht den Drang, einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen.

Das müssen wir bei allen Überlegungen einer besseren Regulierung im Bereich der geringfügig Beschäftigten im Auge behalten.

Nun zu den einzelnen Punkten des Antrages.

Zum ersten Punkt: Sie fordern, dass die Minijobs nicht von der Einführung eines Mindestlohnes ausgenommen werden. Dies ist für mich selbstverständlich. Wenn der Mindestlohn generell nicht für Minijobs gilt, öffnen wir ein großes Tor als Fluchtmöglichkeit aus dem Mindestlohn. Das wäre aus meiner Sicht hochgradig problematisch.

Ich bin erfreut, dass die Fraktion DIE LINKE meine Position teilt, halte eine Aufforderung an die Landesregierung vor diesem Hintergrund aber für überflüssig.

Für Punkt 2 …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ah, das kommt uns sehr bekannt vor, Frau Hesse.)

Nee, ist nicht der gleiche Redenschreiber, ist einfach die gleiche Auffassung.

(Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Zu Punkt 2: Der Antrag will, dass Minijobs verstärkt in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführt

werden. Ich denke, es wird eine Folge der Einführung eines Mindestlohnes sein, dass die Minijobs im Vergleich mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung an Attraktivität einbüßen, vor allem für die Arbeitgeber.

Zu Punkt 3: Eine stärkere Kontrolle von Schwarzarbeit ist sinnvoll und der Punkt findet sich auch in der bereits von Ihnen zitierten Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene. Es freut mich, dass die Fraktion DIE LINKE den Koalitionsvertrag in diesem Punkt unterstützt. Dort heißt es, ich zitiere: „Wir werden zur Verbesserung der Bekämpfung der Steuerhinterziehung, des Sozialversicherungsbetrugs, der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung die rechtlichen Rahmenbedingungen unter anderem im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und in der Gewerbeordnung sowie die personelle und informationstechnologische Ausstattung der Finanzkontrolle

Schwarzarbeit verbessern und wirkungsvoller ausgestalten.“ Zitatende.

Das muss nun entsprechend umgesetzt werden und die Zuständigkeit liegt, wie bereits mehrfach richtig auch zugerufen, auf Bundesebene, denn die Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist eine Einheit der Zollverwaltung, für die das Bundesfinanzministerium zuständig ist. Jetzt hier noch eine Bundesratsinitiative oder einen ASMK-Antrag nachzuschieben, das hielte ich für Aktionismus.

Fazit: Ich glaube, durch den Mindestlohn wird sich die Situation von vielen geringfügig Beschäftigten verbessern, und ich habe Vertrauen in die Koalition auf Bundesebene, dass die Koalitionsvereinbarungen auch tatsächlich ausgeführt werden. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Renz von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss meiner Rede zum Antrag einiges vorwegstellen,

(Marc Reinhardt, CDU: Oha!)

weil der letzte Redebeitrag macht mich ja fast sprachlos.

(Unruhe vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Müller, SPD: Oh, dass ich das noch erlebe!)

Ich hoffe ja, dass wirtschaftspolitischer Verstand bei Herrn Gabriel dazu führt, dass in der Bundesregierung nicht die Arbeitsmarktreformen, die dazu geführt haben, aus 2003 begonnen, die dazu geführt haben,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sehen Sie, Frau Hesse, Sie loben die Große Koalition und hier gibts die Klatsche.)

dass Deutschland so dasteht, wie es jetzt dasteht, dass die aufgrund von Diskussionen zum Thema soziale Gerechtigkeit, weil man sich beim Wähler vielleicht andienen will, dass wirtschaftspolitischer Sachverstand so ausreichend in der Bundesregierung vorhanden ist, dass nicht alles über den Haufen geworfen wird, was erfolgreiche Wirtschaftspolitik in Deutschland in den letzten zehn Jahren ausgemacht hat.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Und wenn wir uns das anschauen, in Spanien über 25 Prozent Arbeitslosigkeit, Portugal 15, Italien 12,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Warum wohl, warum wohl? – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, jetzt geht das wieder los!)

im Europadurchschnitt fast 11 Prozent und dass wir hier in Deutschland bei 5,1 Prozent liegen,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

dann muss man sich doch fragen: Warum sind wir so erfolgreich im Bereich der Wirtschaftspolitik gewesen und sind es noch? Und sind es noch!

(Henning Foerster, DIE LINKE: Wahrscheinlich, weil wir Minijobs haben.)

Und deswegen möchte ich an dieser Stelle, auch wenn ich mich in diesem Bereich kurzfassen will, einfach nur davor warnen, dem Mainstream nachzulaufen

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Welchem, welchem?)

und hier zu versuchen zu suggerieren, dass,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

zu suggerieren, dass hier alles geändert werden muss, was erfolgreich war, was Deutschland dazu geführt hat.