Vielleicht definieren wir gleich die Einzelheiten, wie ausfinanzierte Stellen, Qualität oder inhaltliche Umsetzungskonzepte künftig aussehen sollen. Nein danke! Das werden wir bestimmt nicht tun.
Unumstritten dürfen diese wichtigen Handlungsfelder nicht im Rahmen unseres gesamtpolitischen Paketes zum Nebenschauplatz werden. Jugendpolitik ist insgesamt ein viel zu zukunftsträchtiges Thema.
Die Nachbarpolitikfelder drücken den jugendpolitischen Raum, keine Frage. Da muss man aufpassen, dass die insbesondere politische Wertschätzung ausreichend berücksichtigt wird.
Und ganz bestimmt müssen programmatisch auch parteipolitische Abgrenzungen und Gemeinsamkeiten noch näher herausgearbeitet werden und Maßnahmen ins Auge gefasst werden, die den ländlichen Strukturen Rechnung tragen.
Vielleicht müssen wir, muss die Landesregierung die Arbeit mehr aus dem Schatten der Familien-, Sozial- und Bildungspolitik herauszerren.
Ihr Antrag allerdings ist nicht auf strategische Ideen und Umsetzung ausgerichtet und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Vincent Kokert, CDU: Gut. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zielstellung des vorliegenden Antrages von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist völlig richtig. Auch wir als Linksfraktion kritisieren seit Jahren die fehlende strategische Ausrichtung der Kinder- und Jugendarbeit und die mangelnden Teilhabechancen sowie Mitwirkungsrechte von Kindern und Jugendlichen.
Und, Frau Hesse, da muss ich Ihnen widersprechen, es gibt in Mecklenburg-Vorpommern leider keine optimalen Arbeitsbedingungen, Rahmenbedingungen für die Kinder- und Jugendarbeit. Ich möchte auch noch mal an den Antrag von SPD und CDU aus dem letzten Jahr zur Schulsozialarbeit erinnern,
wo zutreffend die Situation der Jugend- und Schulsozialarbeiter beschrieben wurde: befristete Arbeitsverträge, Sicherheit der Arbeitsstellen erst im laufenden Jahr. Das alles wissen Sie doch selbst, Frau Hesse, als Landrätin.
Was wir in Mecklenburg-Vorpommern erleben, sind verstärkte Signale von Landkreisen und kreisfreien Städten, von Jugendvereinen und Jugendverbänden, dass die aktuelle Förderpraxis eine kontinuierliche Kinder- und Jugendarbeit unmöglich macht.
Ich möchte das an zwei Beispielen aus dem letzten Jahr deutlich machen. Im letzten Jahr gab es eine Petition des Jugendmedienverbandes, aus der ich zitieren möchte, weil er die Situation zutreffend beschreibt. „Die Kinder- und Jugendarbeit in Mecklenburg-Vorpommern ist in Gefahr: Freie Träger der Jugendhilfe und insbesondere Jugendverbände i. S. d. §§ 11 - 14 SGB VIII sind existenziell von flächendeckender Sparpolitik bedroht.“ Und ein zweites Signal erreichte uns im letzten Jahr vom Kreistagspräsidenten des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte, Herrn Stieber. Er sandte uns einen Kreistagsbeschluss zu mit der Bitte um Umsetzung. Ich möchte auch diesen Beschlusstext zitieren: „Der Kreistag fordert die Landesregierung auf zu prüfen, ob mittelfristig ein Finanzierungssystem etabliert werden kann, das nicht mehr auf die Kopplung der Landesförderung an die Anzahl der Kinder und Jugendlichen im Kreis abzielt.“
Das alles sind doch Signale aus dem Land, die wir ernstnehmen müssen. Und auch wir haben insbesondere diese Signale zum Anlass genommen, um im Rahmen der Haushaltsberatungen eine öffentliche Anhörung im Sozialausschuss zu beantragen, welche dann am 2. Oktober 2013 durchgeführt wurde. Während der öffentlichen Anhörung wurden die Probleme bestätigt. Es wurden die finanzielle Ausstattung der Kinder- und Jugendarbeit und die damit verbundene fehlende Planungssicherheit kritisiert. Insbesondere kritisch wurden die Pro-Kopf-Förderung und die ESF-Finanzierung angesprochen. Und es wurde seitens der Anzuhörenden angesprochen, dass die Problemlagen bei den Kindern und Jugendlichen weiter zunehmen und deshalb Jugend- und Schulsozialarbeit ausgebaut oder zumindest erhalten bleiben müsste, wobei auch das Problem gesehen wur
de, dass nicht mehr ausreichend insbesondere junge Fachkräfte mit mehr Nähe zur Lebenswelt der heutigen Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stehen.
In den Haushaltsberatungen konnte so zumindest erreicht werden, dass auch für die Träger öffentlicher Jugendhilfe außerhalb des KJfG ein Titel eingeführt wurde, der einen Sockelbeitrag darstellen soll. Die vollständige Streichung der Mittel der Jugendberufshilfe, die seitens der Landesregierung eingeführt wurde, konnte zumindest in Teilen rückgängig gemacht werden. Immerhin sind jetzt 50.000 Euro im Topf, wenn auch dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, wenn man bedenkt, dass vorher 220.000 Euro bei der Jugendberufshilfe eingestellt wurden.
Aber eine strategische Ausrichtung bei der Kinder- und Jugendpolitik kann ich weder bei der Landesregierung sehen noch bei Ihnen, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen. Den Problemen der Kinder- und Jugendarbeit wird mit halbherzigen Taten begegnet, so wie zum Beispiel bei der Einführung des außergesetzlichen Haushaltstitels im Bereich der Jugendarbeit.
Das, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, hat wahrlich nichts mit verlässlichen Rahmen- bedingungen für die Kinder- und Jugendarbeit zu tun. Ich frage mich, warum Sie sich so scheuen, endlich das KJfG den Bedarfen anzupassen und es zu novellieren. Novellierungsbedarf ist genügend angezeigt. Vor diesem Hintergrund können wir als Linksfraktion dem Ansatz hinter diesem Antrag nur zustimmen. Aber so, wie der Antrag formuliert ist, verkennt er einige Dinge. Zum einen stellt er nur auf die Jugendlichen ab. Nach dem SGB VIII ist Jugendlicher, wer 14 Jahre, aber noch nicht 18 ist. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum sich nur auf die- se Gruppe bezogen wird. In der Praxis zeigt sich, dass beispielsweise immer mehr 6- bis 10-Jährige die Ange- bote der Kinder- und Jugendhilfe nach Paragraf 11 bis 14 SGB VIII annehmen. Deshalb meinen wir, dass wir wieder zu einem Kinder- und Jugendprogramm kommen müssen, so, wie es bis zu den Haushaltsplanun- gen 2012/2013 der Fall war.
Ich bedauere es noch heute außerordentlich, dass damals der Paragraf 15 des Landesjugendhilfeorganisa- tionsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern seitens der Landesregierung und bestätigt durch die Koalitionsfraktionen abgeschafft wurde. Darin wurde das Land dem Auftrag nach dem SGB VIII gerecht. In dem Kinder- und Jugendprogramm fanden eine Bestandsaufnahme und eine Wirksamkeitsanalyse der bisherigen Maßnahmen statt und es wurden seitens des Landes programmatische Vorstellungen zur Weiterentwicklung der Jugendhilfeinstrumente aufgeführt.
Das ist auch mein zweiter Kritikpunkt, Frau Gajek, an Ihrem Antrag. Er verkennt die gesetzlichen Zuständigkeiten. In dem Antrag heißt es: „Die Landesregierung wird beauftragt, ein jugendpolitisches Programm zu entwickeln“. Das ist unseres Erachtens nicht Aufgabe des Landes. Die Gesamtverantwortung und insbesondere die Planungsverantwortung liegt nach dem SGB VIII bei den
Dem Land hingegen obliegt die Anregung der Weiterentwicklung der Jugendhilfe und der Unterstützung der Jugendämter und des Landesjugendamtes. Insofern, meinen wir, ist es eben doch, so, wie formuliert, ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung.
Da wir den Grundgedanken Ihres Antrages aber unterstützen, beantragen wir die Überweisung federführend in den Sozialausschuss und mitberatend in den Innen- und Finanzausschuss. Ich hoffe, dass auch die Koalitionäre sich diesem Überweisungsvorschlag anschließen können, bin aber weniger optimistisch, ob sie an einer inhaltlichen Diskussion zur Kinder- und Jugendarbeit interessiert sind, heißt es doch in Ihrem Koalitionsvertrag von 2011: „Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in den Kommunen genießt weiterhin die Unterstützung der Koalitionspartner. Auch im ländlichen Raum muss es weiterhin angemessene Angebote der Jugendarbeit geben.“
Wenn Sie die Überweisung heute anlehnen, bezeugen Sie abermals, dass Sie nicht an einer strategischen Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendarbeit interessiert sind. Deshalb: Stimmen Sie unserem Überweisungsvorschlag zu! – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf stellvertretend für meinen fachlich zuständigen Kollegen Ralf Mucha reden und kann zu Beginn der Kritik von Kollegin Bernhardt an diesem vorliegenden Antrag nur zustimmen. Der Antrag zeigt in unseren Augen einmal mehr, dass ein durchaus sinnvolles Grundanliegen nicht automatisch auch zu einer sinnvollen politischen Initiative wird.
(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da können wie die ja das nächste Mal beantragen. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch was ganz anderes, Herr Suhr. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Eine eigenständige Jugendpolitik, in deren Zentrum die Schaffung fairer und gleicher Chancen für alle Jugendlichen auf ein erfülltes und selbstständiges Leben steht, erachten wir für äußerst sinnvoll. Da haben, denke ich, auch die Ausführungen der Ministerin für Klarheit gesorgt, das aber bitte nicht auf eine aktionistische,
hemdsärmelige Art und Weise, wie hier in diesem Antrag vorgeschlagen. Wobei man der Klarheit wegen noch mal dazusagen muss, der Antrag macht zumindest eines – diese etwas humoristische Bemerkung sei mir erlaubt – deutlich, dass das Thema Recycling bei den GRÜNEN eine wichtige Rolle spielt.
(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nämlich? – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, jetzt bin ich aber mal gespannt.)
die aufgeführten Punkte kann man nämlich in sehr ähnlicher Form bereits seit Dezember 2006 in einem Antrag der GRÜNEN-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt lesen,
(Regine Lück, DIE LINKE: Das ist jetzt aber langweilig. – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
wobei mir die Anmerkung erlaubt sei, dass ich das Ansinnen der GRÜNEN in Sachsen-Anhalt in dem dortigen Kontext deutlich überzeugender fand.