Ein weiterer Punkt, den ich sehe, ist, meines Erachtens haben Sie mit den Fachleuten nicht genügend darüber gesprochen.
Es gibt keinen, der Ihr Ansinnen mit unterstützt, eine längere Ausbildungszeit für Alten- und Krankenpflegehelfer. Ich habe keinen gefunden, der mir gesagt hat, dieser Antrag ist sinnvoll. Im Gegenteil, sie warten in der Praxis
auf diese ausgebildeten Kräfte und befürworten eine Verlängerung nicht. Insofern sehen wir keinen Bedarf, Ihrem Antrag zuzustimmen. Ich kann nur noch mal sagen, wie häufig, ziehen Sie Ihren Antrag zurück und dann ist die Debatte damit auch beendet.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Die Ministerin sagt, wir machen ein neues Gesetz und schauen mal, was dabei rauskommt, und Sie sagen das.)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
(Zuruf aus dem Plenum: Heute auch wieder so emotional? – Andreas Butzki, SPD: Aber der Puschel vom Mikrofon war dran. – allgemeine Heiterkeit)
(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir werden es nie vergessen.)
Also, meine sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir auch in unserem Bundesland mehr Pflegepersonal brauchen, ist unstrittig. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt ständig an. Die Fachkräftelücke wird, wenn es kein energetisches, nein, energisches Gegensteuern gibt,
in den kommenden Jahren immer weiter auseinanderklaffen. Wir wissen also, die Kernfrage lautet: Wie können wir mehr Menschen, auch junge Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, für die ebenso notwendige wie verantwortungsvolle Tätigkeit in der Pflegebranche gewinnen? Meine Fraktion hat dafür wiederholt Vorschläge unterbreitet, beispielsweise mit einem Antrag zur Reform der Pflegeausbildung, das ist die Drucksache 6/2120.
Nun kommt die Fraktion DIE LINKE mit einem Antrag um die Ecke, den ich nicht nachvollziehen kann. Einerseits
werden darin diejenigen Menschen geschmäht, die sich für eine Ausbildung im Pflegebereich interessieren und engagieren. Ich zitiere: „Empathie und … soziale Kompetenzen“, so heißt es im Antrag, seien „nicht … bei allen“ von ihnen „in ausreichendem Maße gegeben“, Zitatende. Diesen vermuteten Mangel an Sozialkompetenz möchte DIE LINKE nun mit verlängertem Schulbankdrücken beheben. Mittels einer Verlängerung der Ausbildungszeit um ein halbes Jahr, so die Diagnose, sei ein Zuwachs an zwischenmenschlicher Befähigung zu erreichen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, einmal abgesehen davon, dass es ein Unding ist, Auszubildenden, die sich für den Pflegeberuf entscheiden, die passende persönliche Eignung abzusprechen, überzeugt der Lösungsansatz wirklich in keiner Weise.
Aus der Begründung Ihres Antrages geht richtig hervor, dass auch Altenpflegehelfer/-innen zunehmend fachlich anspruchsvolle Aufgaben zu bewältigen haben. Dass sich dies in entsprechenden Schwerpunktsetzungen des Kurrikulums und der Organisation der Ausbildung widerspiegeln sollte, stellen die Bündnisgrünen nicht in Abrede. Dies geht aber nicht zwingend mit einer Verlängerung der Ausbildungszeit einher. Wir finden es zum Beispiel viel zielführender, darüber nachzudenken, ob tatsächlich eine vollzeitschulische Ausbildung in diesem Bereich noch sinnvoll ist oder ob nicht eine stärkere Verknüpfung zwischen Ausbildungsbetrieb und Schule viel eher
(Regine Lück, DIE LINKE: Ob das aber die Helfer leisten können, das ist noch die große Frage. Da sind auch die Fachleute sich noch nicht einig drüber.)
Es gibt aus unserer Sicht eine Reihe von Maßnahmen, die zur Steigerung der Attraktivität des Berufsbildes Altenpflegehelferin/Altenpflegehelfer beitragen könnten. Ich nenne hier exemplarisch eine Neugestaltung der Zugangsvoraussetzung auch unter stärkerer Anrechnung einschlägiger Praktika, beruflicher oder ehrenamtlicher Erfahrungen oder der Freiwilligendienste. Eine Anrechnungsmöglichkeit auf Antrag sieht die Verordnung im Paragraf 4 ja heute schon vor, daran ließe sich gegebenenfalls anknüpfen. Ich nenne weiterhin die Einrichtung schulgeldfreier Ausbildungsplätze und die Erprobung dual orientierter Ausbildungsvarianten, als Nächstes die Eröffnung insbesondere auch berufsbegleitender Aus-, Fort- und Weiterbildungsperspektiven oder die Herstellung von horizontaler Durchlässigkeit im Bereich der Pflegeberufe und selbstverständlich eine angemessene Vergütung im späteren Berufsleben.
All das finden wir sinnvoll und haben dies auch wiederholt von der Landesregierung eingefordert. Ich kann mich deshalb hier kurzfassen: Eine Verlängerung der Ausbildung für Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer, also derjenigen Ausbildung, die für Interessentinnen und Interessenten mit Berufsreife den einzigen beruflichen Einstieg in die Pflegebranche darstellt, zählt aus unserer Sicht nicht zum Katalog der sinnvollen und attraktivitätssteigernden Maßnahmen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abschließend ganz deutlich sagen: Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, Menschen wertschätzend und sozial adäquat zu begegnen, sind unserer Meinung nach Querschnittskompetenzen, die nicht auf einzelne Berufsgruppen reduziert und beschränkt werden sollten, sondern die für unsere Gesellschaft insgesamt wertvoll sind und deshalb einen wesentlichen Bestandteil aller Bildungsangebote darstellen sollten. Dem vorliegenden Antrag können, wollen und werden wir nicht zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerk- samkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie wir wissen, und an dieser Stelle erzähle ich Ihnen allen nichts Neues, nimmt die Bevölkerung unseres Landes in den kommenden Jahren ab
Gleichzeitig wächst die Anzahl der Älteren, insbesondere der Hochbetagten. In den kommenden 15 Jahren wird beispielsweise die Zahl der Seniorinnen und Senioren über 65 Jahre in unserem Bundesland um 40.000 Personen steigen. Das entspricht etwa der Bevölkerungsanzahl der Hansestadt Wismar heute.
Vor diesem Hintergrund, sehr verehrte Damen und Herren, müssen wir die Frage beantworten, ob Anträge hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern geeignet sind und ob insbesondere der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE dazu geeignet ist, kurz- bis mittelfristig mehr junge Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen und damit gleichzeitig den wachsenden Pflegebedarf qualitativ hochwertig und vor allen Dingen auch flächendeckend sicherzustellen.
Meine Damen und Herren, bereits während der Beratung zur Änderung des Landespflegerechts Ende des Jah- res 2012 haben sich die Koalitionsfraktionen hier im Landtag sehr deutlich dafür ausgesprochen, dass neben gutem Entgelt und guten Arbeitsbedingungen auch das Berufsbild der Pflege insgesamt attraktiver werden muss. Dabei müssen Ausbildung und Qualifizierung von Pflegekräften selbstverständlich den gestiegenen Berufsanforderungen gerecht werden. Und hierzu gehört, die Altenpflegeausbildung insgesamt in eine generalistisch ausgerichtete Ausbildung zu überführen. Gleichzeitig gilt es, die Ausweitung akademischer Weiterbildungsmöglichkeiten für die Pflege in den Blick zu nehmen und insgesamt Perspektiven für die Pflege zu eröffnen, also jungen Menschen durch attraktive Rahmenbedingungen Lust zu
Gute Pflege mit engagierten und in ausreichender Anzahl vorhandenen Pflegekräften braucht also etwas mehr, als in dem vorliegenden Antrag angesprochen ist. Das erfordert eine umfassende Ausbildungsreform und keine Einzelaktion. Auf Bundesebene gibt es, das ist angesprochen worden, Bewegung zu diesem Thema. Wer die Koalitionsverhandlungen in Berlin und wer eben die Rede unserer Sozialministerin Hesse aufmerksam verfolgt hat, dem wird aufgefallen sein, dass sich die Große Koalition vorgenommen hat, die Pflegeausbildung insgesamt zu reformieren. Konkret soll bereits zum Ende dieses Jahres ein Referentenentwurf vorliegen. Und schon deshalb – und hier kann ich auch die Worte unserer Sozialministerin nur noch einmal wiederholen – macht es zu diesem Zeitpunkt einfach keinen Sinn, die eng mit der Fachkräfteausbildung zusammenhängende Altenpflegehelferausbildung jetzt zu ändern und sie möglicherweise wenige Monate später abermals zu novellieren. Das sorgt für Unsicherheit im Ausbildungsmarkt und das sorgt auch für sehr wenig Begeisterung bei den jungen Menschen.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag soll erstens der Landtag feststellen, dass es vielen Berufsschülerinnen und Berufsschülern an sozialer Kompetenz mangelt, und zweitens soll auf dieser Grundlage die Ausbildungsdauer von eineinhalb Jahren auf zwei Jahre verlängert werden, um diesen Menschen dann offenbar in den hinzukommenden sechs Monaten die notwendige soziale Kompetenz für die Ausübung der Altenpflegehelfertätigkeit mit auf den Weg zu geben.
Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere der Linksfraktion, damit wir uns nicht missverstehen: Jungen Menschen soziale Kompetenz, Empathie, Nächstenlie- be – nennen Sie es, wie Sie es wollen – mit auf den Weg zu geben, das begrüßen wir alle sehr, das ist unser gemeinsames Anliegen. Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, dass jungen Menschen in einem halben Jahr längerer Ausbildungszeit im nahezu Erwachsenenalter das beigebracht werden kann, was in den Jahren zuvor an weichen Faktoren, an Soft Skills, möglicherweise versäumt wurde, ihnen beizubringen. Punktuelle Aktionen bezogen auf soziale Kompetenz im Rahmen einer Verlängerung der Ausbildung um sechs Monate helfen nicht weiter. Stattdessen, das habe ich eben angesprochen, müssen insgesamt die Kompetenzen in den Familien, in den Kitas, in den Schulen vermittelt werden, dauerhaft als Querschnittsaufgabe. Darauf ist Frau Gajek auch eingegangen.
Und deshalb setzt sich die SPD-Landtagsfraktion seit Jahren dafür ein, dass alle Kinder in unserem Land gleichermaßen die Möglichkeit haben, in gute Kitas und in gute Schulen zu gehen. Beispielsweise haben wir mit der KiföG-Novelle die Kitas gestärkt. Zusätzlich investiert das Land weiteres Geld im Rahmen der besonderen individuellen Förderung in soziale Brennpunktgebiete. Ich weiß, das wird insbesondere von der Linksfraktion sehr oft kritisch betrachtet, aber in den Förderschwerpunkten, die mit zusätzlichem Landesgeld gesetzt werden, geht es explizit um die dauerhafte Förderung von sozialen Kompetenzen für junge Menschen im Land. Das darf man nicht isoliert voneinander betrachten.
Meine Damen und Herren, nur mit einem umfassenden politischen Konzept, was DIE LINKE augenscheinlich
noch sucht, können junge Menschen für den späteren Beruf fit gemacht werden, und das gelingt mit diesem Antrag alleine nicht. Auch gelingt mit dem Antrag nicht, mehr junge Menschen für den Pflegeberuf zu motivieren. Ich behaupte, das Gegenteil wird der Fall sein. Vergegenwärtigt man sich, dass die Ausbildung derzeit ohne Vergütung erfolgt, dann liegt es auf der Hand, dass der ohnehin zumindest monetär geringe Anreiz einer Pflegehelferausbildung im Vergleich zu anderen vergüteten Ausbildungsberufen mit zunehmender Ausbildungsdauer sinkt. Ministerin Hesse ist darauf eingegangen.
Die Umsetzung des LINKEN-Antrages hätte unseres Erachtens zur Folge, dass zum einen weniger Pflege- helferinnen und -helfer aufgrund der längeren Ausbildungsdauer und zum anderen längerfristig weniger Pflegehelfer aufgrund der geringeren Anreizwirkung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Und diese beiden Effekte wirkten sich wiederum negativ auf die Anzahl Ausbildungswilliger für die anschließende Fachkräfte- ausbildung aus, denn viele der ausgebildeten Altenpflegehelferinnen und -helfer bilden sich danach zur Fachkraft weiter. Insgesamt könnte der Antrag, obwohl er sicherlich etwas anderes intendiert, den Fachkräftemangel in unserem Bundesland weiter verschärfen.
Meine Damen und Herren, eine bedarfsgerechte menschenwürdige Pflegeversorgung in Mecklenburg-Vorpom- mern auch zukünftig sicherzustellen, ist unser gemeinsames Kernanliegen. Dieser Aufgabe stellen wir uns selbstverständlich auch weiterhin. Der vorliegende Antrag trägt jedoch nicht dazu bei, dem zunehmenden Pflegebedarf qualitativ und flächendeckend zu begegnen, und deshalb lehnen wir den Antrag ab. – Herzlichen Dank.