Und ein letzter Wunsch – wir haben hier das Sozialhilfefinanzierungsgesetz diskutiert zum Ausbau der ambulanten Pflege –, ich habe einen Wunsch, den äußere ich hier und hoffe, wir werden uns dem auch in der Enquetekommission noch mal annehmen: Es sollten 1,5 Millionen Euro eingesetzt werden, um hier eine demografische Entwicklungsstrategie aufzubauen. Ich kann nur appellieren, lassen Sie uns das Projekt des demografischen Wandels gemeinsam angehen! Lassen Sie uns, auch, wenn wir erfahren, dass andere Gutachten sagen, dass die Ergebnisse, die wir jetzt im Zwischenbericht hatten, vielleicht nicht weitgreifend sind, den Mut haben, die Gedanken wieder auf- zuführen! Vielleicht können wir dann am Ende nicht nur
10 alternative Wohnprojekte haben, sondern 100, die wir hier im Land haben, und sagen, dass es schön ist, in Mecklenburg-Vorpommern zu leben, denn ich lebe gerne hier.
Im Rahmen der Aussprache ist seitens des Vorsitzenden der Enquetekommission beantragt worden, den Zwischenbericht der Enquetekommission auf Drucksache 6/2929 verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Tätigkeitsberichtes des Petitionsausschusses gemäß § 68 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vor- pommern – Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2013, Drucksache 6/2930.
Tätigkeitsbericht 2013 des Petitionsausschusses (1. Ausschuss) gemäß § 68 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg- Vorpommern im Jahr 2013 – Drucksache 6/2930 –
Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses Herr Dachner. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass ich Ihnen als Vorsitzender des Petitionsausschusses heute über dessen Tätigkeit im Jahr 2013 berichten kann.
Der Tätigkeitsbericht wurde abschließend im Petitionsausschuss beraten und liegt Ihnen mit der Drucksa- che 6/2930 vor, sodass ich davon ausgehe, dass ich mich hier auf wenige Zahlen und Fakten beschränken kann. Zuvor gestatten Sie mir jedoch, dass ich mich bei den Mitarbeiterinnen der Petitionsverwaltung unter Leitung von Frau Berckemeyer recht herzlich bedanke für ihre konstruktive und fleißige Arbeit.
Nun zum Bericht. Die Bürgerinnen und Bürger haben im letzten Jahr 826 Eingaben an den Petitionsausschuss übergeben. Das sind 159 Petitionen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. 43 Petitionen waren darunter Sammelpetitionen. Gerade bei Gesetzesänderungen und -initiativen, die eine Vielzahl von Menschen betreffen, kommt es zu diesen Sammelpetitionen, wo sich zunehmend mehr Bürgerinnen und Bürger zusammenfinden, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen und es dem Landtag zur Kenntnis zu geben.
So protestierte zum Beispiel eine Bürgerinitiative mit 185 Bürgerinnen und Bürgern gegen die Ausweisung
eines geplanten Gebietes für Windkraftanlagen. In einer anderen Sammelpetition forderten 79 Bürgerinnen und Bürger, bei der Ausweisung neuer Eignungsgebiete für Windkraftanlagen früher, schneller, umfassender beteiligt und auch informiert zu werden. Neben diesen Sammelpetitionen gegen die Auswirkungen der Energiewende gab es auch eine Reihe von Sammelpetitionen, die sich gegen die geplante Gerichtsstrukturreform im letzten Jahr richtete. Hier schlossen sich 739 Bürgerinnen und Bürger an, die sich auch für die Erhaltung der alten Gerichtsstandorte einsetzten.
Einer Vielzahl anderer Petitionen schlossen sich 6.194 Bürgerinnen und Bürger an. Sie richtete sich gegen die im öffentlichen Vergabeverfahren getroffene Entscheidung, zukünftig anstatt der OLA ein anderes Unternehmen mit dem Personenschienenverkehr zu beauftragen.
Insgesamt, meine Damen und Herren, haben im letzten Jahr 9.771 Bürgerinnen und Bürger einzeln oder auch in der Gemeinschaft Petitionen an den Landtag gerichtet. Ich glaube, das ist eine sehr eindrucksvolle Zahl, die beweist, wie wichtig den Bürgerinnen und Bürgern das Petitionsgrundrecht ist.
Der Petitionsausschuss hat im letzten Jahr dem Landtag vier Beschlussempfehlungen und vier Berichte übergeben, in deren Folge 553 Petitionen abschließend bearbeitet wurden. 68 davon wurden in Gänze im Interesse der Bürgerinnen und Bürger geklärt und bei einer Vielzahl anderer Petitionen konnten Kompromisse geschlossen werden. So sei von mir hier ein Beispiel genannt:
Ein Petent forderte über ein Jahr lang oder suchte zumindest über ein Jahr lang die Möglichkeit, den Tod seines Bruders amtlich beurkunden zu lassen. Ich muss vielleicht dazusagen, sein Bruder war auf einem Segeltörn im Südpazifik, ist dort verstorben und musste aufgrund der Umstände im Südpazifik beigesetzt werden. So haben das die Mitsegler, die vier, bei der Staatsanwaltschaft auch bezeugt, sodass in der Folge das von Amts wegen eingeleitete Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Aber die Erteilung dieser Sterbefallanzeige, die für die Beurkundung des Todes wichtig war, hat die Staatsanwaltschaft abgelehnt, weil zur Bestattung keine amtsärztliche Todesanzeige beziehungsweise kein Totenschein vorlag.
Nun könnte man sarkastisch fragen: Wo gibt es im Südpazifik einen Hausarzt? Aber vielleicht ist hier Sarkasmus gar nicht angebracht. Jedenfalls wandte sich der Bürger dann mit einem Antrag an das Amtsgericht, um ein Aufgebotsverfahren zum Todesfall zu eröffnen. Dieses wurde auch abgelehnt, weil das Amtsgericht richtigerweise der Auffassung ist, dass dieser Antrag beim Gericht nur für Verschollene aufgenommen wird, und verschollen war dieser Bürger nicht. Also wandte er sich dann an das Seemannsamt in Bremen. Doch das Seemannsamt in Bremen war auch nicht zuständig, weil es nur die Toten auf Handelsschiffen beurkundet. Es blieb ihm nur der Weg übrig, noch mal zu dem Standesamt zu gehen, in dessen Einzugsbereich der Bruder bis zum Tode wohnhaft war. Dieses Standesamt war auch nicht zuständig. Um aus diesem Behördendschungel herauszufinden, wandte er sich dann an den Petitionsausschuss.
Im Zuge des Petitionsverfahrens stellte sich heraus, dass dafür das Standesamt I in Berlin zuständig ist. Allerdings
war Voraussetzung, dass hier eine Sterbefallanzeige entweder durch den Schiffsführer oder durch die Staatsanwaltschaft vorliegt,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ja wie bei Asterix in Rom: Gehen Sie in Zimmer 1 und dann gehen Sie in Zimmer 2...)
aber die Staatsanwaltschaft hatte ja damals diese Anzeige nicht aufgenommen. Somit mussten der Schiffsführer und die Besatzung durch dieses Standesamt noch einmal kontaktiert werden. Die Anzeige wurde dann aufgenommen, die Beurkundung auch, das Petitionsverfahren wurde abgeschlossen.
Im Zuge dieses Petitionsverfahrens hat dann aber das Bundesinnenministerium das Personenstandsgesetz dahin gehend verändert, dass zukünftig alle Toten auf offener See durch dieses Standesamt beurkundet werden, und nicht nur die auf Handelsschiffen.
Also ich will nur sagen, es ist sicherlich nicht einfach, sich in so einer außergewöhnlichen Situation zurechtzufinden. Aber was ich unerträglich finde, ist, dass man Bürger von einer Behörde in die andere schickt, anstatt sie tatkräftig zu unterstützen. Bürgerfreundlichkeit, denke ich, ist sicherlich etwas anderes.
Der Petitionsausschuss hat weiterhin 17 Petitionen an die Landesregierung und an die Fraktionen überwiesen mit dem Ziel, entweder Gesetzesänderungen oder -initiativen zu erreichen oder auf besondere Petitionen aufmerksam zu machen. Hier sei wieder ein Beispiel gestattet.
So ist zum Beispiel der Paragraf 4 des Rundfunk- beitragsstaatsvertrags noch einmal in Bezug auf die Erweiterung der Befreiungstatbestände für Wohngeldempfänger zu überdenken. Wir glauben, dass gerade Wohngeldempfänger, denen es nicht so gut geht, vom Rundfunkbeitrag auch freigestellt werden könnten. Andererseits, glaube ich, ist es gut, wenn die Politik noch einmal ihre Forderung überdenkt, von den Menschen zu erwarten, dass sie mobil sind und flexibel am Arbeitsmarkt, dass sie aber dann, wenn sie am Wohnort keinen Arbeitsplatz, keine Arbeit finden, eine Zweitwohnung nehmen müssen und dafür ein zweites Mal Rundfunkbeitrag zu zahlen haben. Das halten wir für überdenkenswert.
Das Gleiche gilt noch einmal für die Fraktionen und die Landesregierung, nachzudenken über die Rahmenbedingungen der Rundfunkanstalten, die Satzungen der Rundfunkanstalten, die ab Ende 2014 zulassen, dass private Adressen aufgekauft werden können. Das halten wir zusammen mit dem Landesdatenschutzbeauftragten für bedenklich.
Ich denke, meine Damen und Herren, die weiteren Beispiele finden Sie in dem Bericht, der Ihnen vorliegt. Insofern glaube ich, dass die Beispiele, die ich genannt habe und die Sie dort finden, Aufschluss geben darüber, wie die Menschen reagieren – gerade bei Sammel- und bei Massenpetitionen – auf politische Entscheidungen. Aber auch Einzelpetitionen machen deutlich, dass Petenten das Recht und auch die Möglichkeit haben, sich mit ihren persönlichen Problemen an ihre Volksvertreter wenden zu können.
Abschließend sei mir gestattet, mich noch einmal bei allen Mitarbeitern des Ausschusses zu bedanken für ihre fleißige, konstruktive, sicherlich auch streitbare Zusammenarbeit. Ich bitte um Zustimmung zu dem Tätigkeitsbericht des Ausschusses. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie haben es schon von meinem Vorredner gehört, dass im Vergleich zum letzten Jahresbericht die Zahl der eingegangenen Petitionen gestiegen ist, was ein deutliches Signal dafür ist, dass der Petitionsausschuss von den Bürgern unseres Landes noch bewusster als Schlichter zwischen Politik und Bürger wahrgenommen wird.
Meine Damen und Herren, die Themen der 826 Petitionen waren wieder einmal vielfältig und haben das Leben in Mecklenburg-Vorpommern widergespiegelt. Die Schwerpunkte lagen vor allem in den Bereichen der kommunalen Angelegenheiten, des Sozialrechts, der Bildungspolitik, des Steuerrechts und des Strafvollzugs. Bei den Sammelpetitionen stachen insbesondere folgende Themen
schwerpunkte hervor: die Ausweisung von Windkrafteignungsgebieten, die Gerichtsstrukturreform und die Personenbeförderung im Schienenverkehr.
Ich möchte gern auf zwei Themenbereiche eingehen, die mir persönlich aufgefallen sind. Dies betrifft zum einen die kostenlose Fahrradmitnahme in den Regionalzügen. Gleich mehrere Petenten forderten, die kostenlose Fahrradmitnahme in Regionalzügen auch nach dem Jahr 2012 zu ermöglichen. Bis dahin gab es eine Vereinbarung zwischen der Bahn und dem Land, dass Inhaber von Jahreskarten der Deutschen Bahn Fahrräder kostenlos mitnehmen können. Die Bahn hatte diese Vereinbarung aufgekündigt beziehungsweise nur zu erheblich schlechteren Konditionen fortsetzen wollen. Bereits bei der Anhörung haben die Vertreter des Energieministeriums verdeutlicht, dass das Land die Idee der Fahrradmitnahme begrüße, aber wegen der Haushaltslage zunächst nicht fortsetzen könne.
Da die kostenlose Fahrradmitnahme gerade für Pendler in einem Flächenland außerordentlich wichtig ist, wurde die Petition an die Landesregierung überwiesen, damit das Thema nicht aus dem Fokus gerät. Wir werden gerade im Interesse der Pendler in unserem Land das Gespräch mit dem Verkehrsminister suchen und erneut Verhandlungen mit der Bahn anregen.
Meine Damen und Herren, es gab noch eine weitere Petition, die ich besonders erwähnen möchte. Sie betraf die Einrichtung von Pflegestützpunkten in MecklenburgVorpommern. Die Konzeption sieht vor, dass Pflegestützpunkte als erste Anlaufstelle für Pflegebedürftige und deren Angehörige unabhängig und trägerübergrei
fend beraten sollen. Sie koordinieren alle für die Versorgung und Betreuung wesentlichen pflegerischen und sozialen Unterstützungsangebote und stärken so die ambulanten und teilstationären Angebote. Der Petent forderte die Umsetzung dieses noch jungen Konzeptes in Mecklenburg-Vorpommern.
Nach den seinerzeit geltenden rechtlichen Vorgaben sollte in jeder kreisfreien Stadt und in jedem Landkreis mindestens ein Pflegestützpunkt aufgebaut werden. Nach der damaligen Kreisstrukturreform – 12 Landkreise und 6 kreisfreie Städte – wären das 18 Pflegestützpunkte gewesen. Mittlerweile gibt es in unserem Land 13 Pflegestützpunkte. Der Kreisgebietsreform wurde insoweit Rechnung getragen, als es jetzt mehr Pflegestützpunkte in den einzelnen Kreisen gibt. Darüber hinaus gibt es Außenstellen und zusätzliche auswärtige Sprechtage in den Regionen. Dies ist ein guter und weiter ausbaufähiger Ansatz.
Meine Damen und Herren, die Pflegestützpunkte erfordern einen hohen Personalaufwand. Die Kommunen sind deshalb dauerhaft auf die finanzielle Unterstützung des Landes angewiesen. Die Kommunen vertrauen auf die Zusage des Sozialministeriums, dass die Finanzierung langfristig bestehen bleibt und sie so Planungssicherheit haben, denn, meine Damen und Herren, Pflege kennt keine Betreuung nach der Haushaltslage, sondern muss sich immer nach dem Bedarf richten. Insoweit begrüße ich es außerordentlich, dass sich nach der Anfangsförderung auch die Anschlussförderung ergeben hat – im Interesse der Pflegebedürftigen, der Angehörigen sowie der Kommunen. Es ist wünschenswert, dass die Finanzierung der Pflegestützpunkte langfristig gesichert wird.
Meine Damen und Herren, das waren nur zwei der zahlreichen Themen aus der Arbeit des Petitionsausschusses im letzten Jahr. Diese wie auch alle anderen Petitionen zeigen, wie wichtig die Arbeit des Petitionsausschusses als Anlaufstelle für alle Bürger ist. Die CDU-Fraktion wird dem Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt der Jahresbericht des Petitionsausschusses des Landtages zur Beschlussfassung vor. Wir alle wissen, dass die Behandlung von Petitionen eine eigenständige Aufgabe des Parlamentes ist. Leider steht sie nicht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, was ich sehr bedauere. Immerhin werden durch die Petitionen Beziehungsfelder zwischen Wählerinnen und Wählern und dem Parlament zum Ausdruck gebracht. Dieses öffentliche Interesse zeigt sich auch in der Darstellung des Petitionsausschussberichtes für das Jahr 2013 in der Presse.