Herr Müller, ich würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie die Entscheidung des SPD-Innenministers in BadenWürttemberg einschätzen, von diesem Verfahren abzuweichen und eben diesen Abschiebestopp umzusetzen, und wie Sie in diesem Zusammenhang den Antrag von SPD und GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen einschätzen, als Landesgesetzgeber ebenso die Landesregierung zu legitimieren, …
… dem Innenminister hier eine entsprechende Handlungsgrundlage zu geben, von diesem von Ihnen vorgeschriebenen Verfahren abzuweichen. – Danke.
(Zurufe aus dem Plenum: Stehen bleiben! – Udo Pastörs, NPD: Hände aus den Taschen und gerade stehen!)
muss ich Sie korrigieren. Dr. Nieszery hat vollkommen Recht, Hamburg hat entschieden, eine Abschiebung zu vollziehen. Einen Antrag, es nicht zu tun, hat es in Nordrhein-Westfalen gegeben und bei Baden-Württemberg sind wir beide uns dann einig.
Ich könnte es mir sehr einfach machen und auf Ihren Fraktionsvorsitzenden verweisen, der gestern an einer anderen Stelle gesagt hat: Wieso, was interessieren mich … So hat er es nicht gesagt, wörtlich,
(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nö, nö, nö! – Vincent Kokert, CDU: Ja, ja, ja. Das war schon nahe dran! Das war schon nahe dran!)
aber von der Sache her hat er gesagt: Wir haben hier eine Entscheidung in Mecklenburg-Vorpommern zu treffen und da reden wir über Mecklenburg-Vorpommern und nicht über andere Bundesländer. Das würde ich auch gerne tun.
Ich würde zum Beispiel gerne darauf verweisen, lieber Kollege Saalfeld, dass zu dem Verfahren, das ich gerade skizzieren wollte, nicht nur die Gerichtsentscheidung gehört, über die ich gerade eben gesprochen habe, sondern wir im Anschluss daran eine Härtefallkommission haben,
eine Härtefallkommission, unter anderem besetzt mit Vertretern der Kirchen, in der es die Möglichkeit gibt, Fälle von drohender Abschiebung noch einmal auf den Tisch zu legen und noch einmal zu diskutieren.
Ich weiß zwar, dass es eine solche Härtefallkommission – jetzt nehmen wir mal Baden-Württemberg, da ist das Ganze ja unstrittig –, dass es eine solche Härtefallkommission auch in Baden-Württemberg gibt, aber ich habe mir nicht in der Zeit der Vorbereitung, die mir zur Verfügung stand, anschauen können, wie effektiv beispielsweise eine solche Härtefallkommission ist. Beide Härtefallkommissionen basieren auf gesetzlichen Regelungen aus der Mitte des vorigen Jahrzehnts und da haben wir sehr wohl zwischen den beiden Ländern sehr deutliche Unterschiede auch in der Asylpolitik gehabt.
Von daher möchte ich hier über die Situation in Mecklenburg-Vorpommern reden und nicht über die Situation in Baden-Württemberg.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben Gesetze, wir haben Behörden, die auf der Basis dieser Gesetze arbeiten, wir haben Gerichte, die diese behördlichen Entscheidungen kontrollieren, wir haben eine Härtefallkommission und wir haben die Möglichkeit, damit noch einmal trotz all dieser rechtsstaatlichen Instrumente eine Entscheidung zu überprüfen, wenn dies aus humanitären Gründen geboten ist. Wir haben im Grundsatz eine Reihe von humanitären Überlegungen jenseits der Grundüberlegung „politisch Verfolgte genießen Asyl“ in das gesamte Verfahren eingebaut. Kinder werden nicht abgeschoben, Kranke, Alte, alleinerziehende Mütter – Kollege Silkeit hat schon darauf verwiesen – werden nicht abgeschoben. Dieses ist ein rechtsstaatliches Verfahren, das humanitären Grundsätzen entspricht.
Und wenn wir darüber hinaus meinen, dieses sei ein unangemessenes Ergebnis, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, dass wir eine Einzelfallentscheidung treffen und von einem Vollzug absehen.
Aber eine solche Absehung, meine sehr verehrten Damen und Herren, so denke ich, muss dann eine Einzelfallentscheidung sein und kann nicht kollektiv ganze Gruppen und ganze Staaten erfassen, die abgeschoben und wohin abgeschoben werden sollte. Weil, wenn wir dies so täten, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann kämen wir, denke ich, dorthin, was auch der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE glücklich, nein, deutlich macht, da geht es plötzlich einfach um …
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Glücklich auch. – Helmut Holter, DIE LINKE: Die LINKE macht glücklich, klar.)
Ja, glücklich auch, wenn wir ihm zustimmen würden, okay. Aber hier geht es ganz einfach um ethnische Minderheiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie sich diese Welt anschauen, dann werden Sie sehr schnell feststellen, wie groß der Umfang von ethnischen Minderheiten ist. Ich glaube, das hätte mit einem rechtsstaatlichen Verfahren dann nichts mehr zu tun.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir bekennen uns zum Grundrecht auf Asyl. Wir sehen ein rechtsstaatliches Verfahren – die Legislative, Exekutive und Judikative. Wir sehen allerdings nicht die Situation, dass dann die Exekutive hingeht und sagt, wir overrulen, wir korrigieren.
Wir machen den Oberschiedsrichter – vielleicht verstehen Sie das dann –, wir machen den Oberschiedsrichter über die Justiz und korrigieren deren Entscheidungen noch.
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir bekennen uns zu einem rechtsstaatlichen Verfahren. Wir bekennen uns auch ausdrücklich zur Arbeit der Härtefallkommission. Aber irgendwann, meine sehr verehrten Damen und Herren, irgendwann sind wir dann einmal an
einem Punkt, wo man eine auf diesem rechtsstaatlichen Weg gefundene Entscheidung auch akzeptieren und umsetzen muss. Das gehört zu einem solchen Entscheidungsverfahren dazu. Und deswegen werden wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE und den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen.
Als Letztes noch einmal: Das hat nichts damit zu tun, dass wir in irgendwelche asylfeindlichen Positionen hier einschwenken würden. Das können wir gerne Nazis überlassen. Damit haben wir nichts, aber auch gar nichts zu tun. Wir bekennen uns als eine Partei, die in zwei Jahren 150 wird, zur deutschen Geschichte und wir wissen sehr wohl, was Verantwortung aus Geschichte bedeutet, auch in der Frage des Asyls. – Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Müller – wer hatte eigentlich gesprochen? –, Herr Sil- keit, wir haben offensichtlich wirklich ein anderes Verständnis von Flüchtlingspolitik und wir haben sehr wohl mit dem Flüchtlingsrat gesprochen. Und, Herr Silkeit, uns wurde insbesondere auf dem „Tag des Flüchtlings“ nochmals mitgeteilt,
(Udo Pastörs, NPD: Was es nicht alles gibt! „Tag der deutschen Mutter“ brauchen wir, nicht „Tag des Flüchtlings“.)
Ich finde es bedauerlich, dass Sie, gerade als SPD, diesen Antrag nicht unterstützen, denn gerade in BadenWürttemberg ist ja etwas in Gang gekommen, nämlich, dass dort eine Delegation demnächst in den Kosovo fahren wird, sich vor Ort erkundigen wird und sehen wird,
Und wir stehen dort mit den Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und hoffentlich auch denen der SPD in Kontakt, um zu sehen, was dort passiert, wie die Situation vor Ort ist, und wir informieren Sie gerne,
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Haben Sie auch mit dem Auswärtigen Amt gesprochen? – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)