Protokoll der Sitzung vom 03.07.2014

Ja, und wenn Sie in Mecklenburg-Vorpommern 100.000 Hektar aus der Produktion nehmen, wissen Sie, was das bedeutet unter dem Strich? – Dass Sie 100 Millionen Euro an Umsatz in diesem Land nicht mehr zur Wirkung kommen lassen wollen.

(Burkhard Lenz, CDU: Richtig.)

100 Millionen, in zehn Jahren sind das 1.000 Millionen, 1 Milliarde. Ich sage noch einmal: Ein Gespenst geht um, die GRÜNEN kommen!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und deswegen sage ich hier ganz klar Nein, Nein zu solchen Ideen.

Die Landesregierung im Übrigen ist sich dessen bewusst, sodass sie die hohe Schutzwürdigkeit der Gewässer in den Randbereichen auch weiter ausbauen will. Zu den Investitionen im Abwasser- und Trinkwasserbereich: Allein im Bereich des Abwassers haben wir 2,5 Milliarden Euro in den letzten Jahren investiert. Allein 571 zentrale Kläranlagen und 49.000 Kleinkläranlagen sind in diesem Bundesland erneuert worden. Damit haben wir die höchsten Standards, die es überhaupt in Deutschland gibt, mittlerweile erreicht, um Nährstoffe und auch Schadstoffe zu verringern.

Im Übrigen reden Sie ja immer von Pflanzenschutzmitteln, von Düngemitteln, aber geflissentlich vernachlässigen Sie die anderen Dinge, nämlich die Medikamente. Ich habe vorhin schon ganz bewusst von Medikamenten gesprochen. Das ist für Sie kein Problem. Entschuldigung, das ist kurzsichtig und einseitig!

Wir haben im Übrigen allein beim Phosphor – bitte nehmen Sie das zur Kenntnis! – seit 1990 eine Verringerung von 614 Tonnen pro Jahr auf 191 Tonnen. Wenn man das hochrechnet, dann ist das eine Reduzierung von 300, fast 400 Prozent. Das sind doch Leistungen, die wir auf den Weg gebracht haben, die sich auch sehr wohl widerspiegeln.

Es ist richtig, was Sie angedeutet haben: MecklenburgVorpommern entwässert sich über die großen Flüsse in Richtung Ostsee und Nordsee, und dass es der Ostsee schlecht geht, wissen wir alle zusammen. Aber nicht Mecklenburg-Vorpommern ist der Hauptverursacher, sondern unsere Nachbarländer.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Hier muss gemeinsam an einem Strang gezogen werden.

Ich sage noch mal, das Gespenst der GRÜNEN darf da nicht umgehen, sondern wir müssen die Reduzierung vornehmen. Deswegen sage ich hier auch noch mal ganz klar, wir haben die höchsten Standards und wir gehen über bundesdeutsches Recht hinaus.

Im Übrigen, wenn man wissensbasiert arbeitet, und ich tue das, vor allen Dingen konzeptionell, dann muss man eines zur Kenntnis nehmen: Der Gewässerrandstreifen hilft nur partikular. Der entscheidende Punkt ist, wie kriegen wir die diffusen Nährstoffe reduziert,

(Burkhard Lenz, CDU: Richtig.)

und zwar auf der Fläche. Wir wissen heute – Sie wissen es auch sehr genau und wenn Sie ehrlich sind, sagen Sie das auch –, das Hauptproblem, das wir in diesem Land haben, ist, dass über Dränagen auf der Gesamtfläche das Problem entsteht. Das heißt, wir müssen die Gesamtnährstoffsituation in diesem Land in den Blick nehmen, und nicht einen Randstreifen. Über Enteignungen oder Ideologie kommen wir damit keinen Millimeter weiter.

Im Übrigen ist eines auch klar – Sie haben dankenswerterweise darauf hingewiesen –, dass zum Schutz von Gewässern vor Einträgen erstens der Aktionsplan gilt – der Aktionsplan, der gilt deutschlandweit, nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! – und wir mit der Düngemittelverordnung und der Pflanzenschutzmittelverordnung rechtlich verbindliche Vorgaben in der Landwirtschaft und damit im öffentlichen Raum haben. Und wir kontrollieren, und zwar scharf, über Cross Compliance. Im Übrigen, für die Gewässerüberwachung, das haben Sie ja auch dankenswerterweise angedeutet, geben wir jedes Jahr – nur für die Überwachung, Frau Dr. Karlowski – über 4 Millionen Euro aus.

Im Rahmen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser arbeitet mein Haus, unser Haus an weiteren bundesweiten Regelungsvorschlägen und wir haben die Federführung hier übernommen.

Wie Sie wissen, dürfen Pflanzenschutzmittel und Düngemittel nur nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis angewandt werden. Sie haben auf die Abstände hingewiesen und ich will in dem Zusammenhang auch ausdrücklich unterstreichen, dass wir HELCOM beigetreten sind und damit zusätzliche Maßnahmen eingeleitet haben.

Ich habe, als ich das Umweltministerium übernommen habe,

(Torsten Renz, CDU: 2006.)

2006 war das, da habe ich eine der Schwerpunktsetzungen vorgenommen, und das ist Wasser. Das wissen Sie auch. Ich habe sofort eine Arbeitsgemeinschaft von Fachleuten, Frau Karlowski, von Fachleuten, nämlich der Wasserwirtschaft, des Naturschutzes, der Landwirtschaft, von Verbandsvertretern und vor allen Dingen aus der Wissenschaft berufen, um ein Konzept zur Reduzierung der diffusen Nährstoffeinträge in die Gewässer entwickeln zu lassen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde deutlich, auch durch Studien unterlegt, dass in Mecklenburg-Vor- pommern der Haupteintrag in die Gewässer nicht über die Oberfläche vonstattengeht, sondern über Dränagen. Nehmen Sie das bitte noch mal zur Kenntnis!

Ferner sind Einträge in Gewässer regional und lokal sehr unterschiedlich. Im Übrigen spielt da natürlich die Geologie, da spielen aber auch die Witterung, die Fruchtfolge und verschiedene andere Faktoren in diesen Bereich hinein. Das sollte man sich aus grüner Sicht mal ein bisschen näher zu Gemüte führen. Auch sind die einzugsgebietsbezogenen Reduktionsziele für die Gewässer unterschiedlich, und müssen von den Fachleuten weiter bestimmt werden.

Wir sind die Ersten im Übrigen, die Ersten in Deutschland! Ich bin gespannt, was bei Ihren Amtskolleginnen und Amtskollegen in den Nachbarländern in den nächsten Wochen und Monaten, wenn ich das veröffentlichen

werde, geschehen wird, wo sie da stehen. Und da kann man sich dann nicht mehr rausreden.

(Torsten Renz, CDU: Und was sagen Sie dazu? – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Im Übrigen, die Reduzierung der Tierhaltung hat einen großen Anteil an der Reduzierung der Einträge nach sich gezogen. Wir sind nach wie vor die viehärmste Region Europas. Aus den fachlichen Gründen heraus sieht das Konzept ganz klar vor, dass wir auf eine reine, aus Ihrer Sicht pauschale Reglementierung in der Landwirtschaft verzichten werden, sondern wir müssen betriebs- und hof-, wenn man es so will, hofbasierte Bilanzen aufstellen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Hoftorbilanz, meinen Sie das vielleicht?)

Ich meine auch die Hoftorbilanz, aber wir wollen weiter gehen. Wir brauchen betriebsinterne Daten, und darauf basierend, das sage ich Ihnen heute schon, werden Ihre Kolleginnen und Kollegen in den älteren Bundesländern ein Riesenproblem bekommen.

Wir haben, was die Düngeverordnung – das werden Sie wahrscheinlich noch ansprechen –, wir werden mit der Düngeverordnung in Mecklenburg-Vorpommern nicht das Problem bekommen. Das werden Ihre Kolleginnen und Kollegen haben, die in den letzten Jahren im Übrigen über ideologische Themen geredet haben, anstatt wirklich Lösungen zu finden. Wir schaffen Lösungen, und zwar wissensbasiert.

Ich setze vielmehr vor Ort auf die Umsetzung dieses Konzeptes, und zwar auf freiwilliger Basis, mit Fakten, aus denen die Landwirte vor Ort die Möglichkeit bekommen, passgenaue Maßnahmen zur Minimierung der Nährstoffeinträge in die Gewässer auswählen zu können. Eine wichtige Rolle spielt dabei im Übrigen die Beratung. Ich glaube, wenn Sie auf die Veranstaltungen gehen würden, die wir im Land anbieten – auch hier wurden im Übrigen über 250 Veranstaltungen in den letzten Jahren durchgeführt –, ist es die Aufgabe, die beteiligten Landwirte hinsichtlich des Gewässerschutzes zu sensibilisieren und ihnen bei der Ermittlung von betrieblichen und standortspezifischen Ursachen der Nährstoffeinträge von ihren Flächen sowie bei der Umsetzung der Maßnahmen Hilfestellung zu geben.

Weiterhin gehe ich davon aus, im Übrigen einmalig in Deutschland, dass unsere Agrarumweltmaßnahmen den Landwirten über die freiwillige Basis eine Lösung an- bieten werden. Wir werden für die Anlage von Gewässerrandstreifen, Erosionsschutzstreifen, aber auch von Schonstreifen und Blühflächen bis hin zum Alleenschonstreifen – ich habe das gestern schon mal angedeutet – einen Maßnahmenkatalog anbieten, den es in dieser Form in Deutschland noch nie gegeben hat. Im Übrigen sind allein für diese Maßnahmen 28 Millionen Euro, Frau Karlowski, vorgesehen. Das haben wir mit den Umweltverbänden und mit dem Bauernverband in hervorragender Weise gemeinschaftlich erarbeitet.

Ferner ist im ELER vorgesehen, für die Förderung der Umwandlung von Ackerland in Grünland entlang von Gewässern Maßnahmen zu entwickeln in einer Größen

ordnung von bis zu 10 Millionen Euro. Das heißt, wenn Sie es so wollen, werden wir neben den Wasserrahmenrichtlinienmitteln, das sind allein 93 Millionen in der neuen Förderperiode, zusätzlich diese 38 Millionen, wenn wir es zusammenrechnen, noch dazulegen mit dem Ziel, unsere so wichtigen Lebensadern – da sind wir uns einig –, die 46.000 Kilometer und die über 2.000 Seen in diesem Land weiter gesunden zu lassen. Und bitte, das Gespenst, das Sie hier zeichnen, so nach dem Motto, unsere Weiher, auch unsere Sölle oder die Kleingewässer seien nicht mehr mit Leben erfüllt – ich könnte Ihnen hervorragende Beispiele nennen in diesem Land, wo die Rotbauchunken am Wachsen sind, diese Bestände, oder auch tatsächlich Pflanzenarten oder Habitate gesunden.

Ich bitte Sie auch um Verständnis, dass wir in dem Zusammenhang auf zunächst freiwillige Maßnahmen abheben und nicht auf Zwangsmaßnahmen. Zwang führt immer zu einer Resignation und führt immer auch zur Abwehrhaltung.

(Burkhard Lenz, CDU: Manchmal auch zum Wutausbruch.)

Ich glaube auch, dass wir uns einig darin sein sollten, dass wir eine Reduktion wollen und erreichen müssen. Für mich gilt das Ziel, 50 Kilogramm N nach der Ernte als maximale Obergrenze zu erreichen. Wir liegen heute im Schnitt bei 60 Kilogramm, andere Bundesländer liegen bei 100 Kilogramm – Frau Karlowski, das wissen Sie – nach der Ernte. Das heißt, 80 bis 90 Kilogramm landen in den Oberflächengewässern oder im Grundwasser und das darf so nicht weitergehen!

Nun zu den Vorrangflächen. Im Übrigen, nach der neuen Agrarpolitik – oder der veränderten, eine neue haben wir ja nicht – müssen die Landwirtschaftsbetriebe fünf Prozent der Flächen in ökologische Vorrangflächen hineingeben. Diese Verpflichtung werden die Landwirtschaftsbetriebe voraussichtlich zu einem wesentlichen Teil in Mecklenburg-Vorpommern erfüllen. Da sind wir auch die Einzigen, die eine Verknüpfung zwischen den Vorrangflächen und den Schutz-, Rand- und Schonstreifen vornehmen. Ich bin davon überzeugt, dass diese Programme zu 100 Prozent angenommen werden. Das, was ich draußen höre, ist, dass die Landwirte sehr dankbar sind, dass wir diese Instrumente jetzt anbieten, sodass damit eine Nutzung zum Wohle der Natur, aber auch zum Wohle der Landwirtschaft stattfinden kann. Die Gespräche mit dem Bauernverband und den Landwirtschaftsbetrieben bestätigen mich in dieser Frage.

Auch raumordnerisch achten die Landwirtschaft, wir als Haus und die Landesregierung nicht nur über die gutachterlichen Landschaftsrahmenpläne, sondern auch über die aktuelle Fortschreibung des Landesraumentwicklungsprogramms auf die Lebensadern Gewässer. Das steht da im Übrigen so drin, es ist natürlich auch von uns dort eingearbeitet worden in Zusammenarbeit mit dem Energieministerium. Auf der Grundlage der fachplanerischen Bewertung können in den Regionalen Raumentwicklungsprogrammen unter Berücksichtigung der besonderen Belange Vorbehaltsgebiete Fließgewässer festgelegt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus meinen Ausführungen wird hoffentlich deutlich, dass ich das Thema Wasser, sowohl Oberflächenwasser als auch diesen Schatz des Grundwassers, sehr, sehr ernst neh

me und wir bei der Ausgestaltung der weiteren Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume den Zusammenhang, nämlich Nutz- und Schutzfunktion, mit der Landwirtschaft gemeinsam vorantreiben wollen.

Ich halte nichts von Konfrontation, sondern ich halte viel mehr von Kooperation. Sie wollen in dem Bereich nicht kooperieren, sondern Sie wollen in der Sache den Konflikt führen. Ich bitte Sie sehr herzlich darum, sich im Land kundig zu machen, und Sie werden sehen, Sie haben eine ganze Reihe von Mitstreitern, die genau das machen und wollen, was Sie hier versuchen zu erklären, dass wir es nicht machen. In diesem Sinne wünsche ich der Landwirtschaft eine gute Ernte und einen möglichst unfallfreien Verlauf der so wichtigen Arbeiten, die jetzt in den nächsten Tagen und Wochen auf uns zukommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Der Minister hat die angemeldete Redezeit um vier Minuten überschritten. Diese Zeit steht nach Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen zusätzlich zur Verfügung.

Ich rufe jetzt auf für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zwei Vorbemerkungen.

Die eine ist: Entschuldigen Sie bitte, Herr Minister, Sie mahnen auch immer Sachlichkeit an. Ich finde, hier von Gespenstern zu fabulieren, das ist nicht sehr sachlich.

Und die zweite Bemerkung, die ich machen möchte, ist, …

(Udo Pastörs, NPD: Aber sehr anschaulich.)

Es trägt zumindest zur Erheiterung bei, habe ich festgestellt.

(Stefan Köster, NPD: Das ist ja auch mal was.)

… in meiner Fraktion sind Bauern keinesfalls ein Feindbild, trotzdem hindert uns das nicht daran, wenn es notwendig ist, auch Kritik zu üben und Probleme zu benennen. Wenn alles so toll wäre, wie es manches Mal hier dargestellt wird, dann bräuchten wir uns nicht stundenlang mit der einen oder anderen Frage im Agrarausschuss zu beschäftigen. Aber soweit die Vorbemerkungen.