Protokoll der Sitzung vom 04.07.2014

Nein, war sie nicht. Ich befinde mich im regelmäßigen Austausch mit Herrn Süssmilch. Fragen Sie ihn doch! Fragen Sie ihn doch Folgendes, Herr Al-Sabty,

(Zuruf von Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)

ja, dann fragen Sie aber mal Folgendes: Ob ich Herrn Süssmilch in diesem Jahr zugesagt habe, dass diese Förderung stattfinden soll, dass wir planen, diese über den Landesheimatverband auszureichen an ihn, und dass wir darauf angewiesen sind, dass der Landesheimatverband als zentraler Verband auf die Beine kommt. Fragen Sie ihn doch mal, ob ich ihm das gesagt habe! Und fragen Sie ihn doch auch mal, ob er sein Einverständnis dazu gegeben hat! Fragen Sie ihn doch mal!

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Ich glaube Ihnen. Ich glaube Ihnen.)

Ja, aber wozu erheben Sie denn hier solche Vorwürfe, wenn Sie das alles wissen oder wenn Sie das glauben?

Und jetzt, wo es für dieses Jahr für den Landesheimatverband wohl keine Perspektive gibt, habe ich veranlasst – und das vor Wochen –, dass diese Vereine kontaktiert werden und die Förderung stattfindet, damit das Geld nicht verfällt, sondern die Vereine vor Ort ihre Arbeit fortsetzen können.

Solche Schwierigkeiten, Herr Al-Sabty, lassen sich aber leider nicht durch Aktionismus lösen. Es muss leistungsfähige Strukturen vor Ort geben, die greifen, nicht die Landesregierung kann mit ihren Mitarbeitern in die Kitas gehen. Dabei unterstützen wir gern, aber es braucht in diesem Fall leider seine Zeit und ich bedaure das selbst auch sehr. Das gilt im Übrigen auch für den Niederdeutschbeirat, dessen Notwendigkeit in der Vergangenheit mehrfach betont worden ist. Auch hier hat es viele Gespräche gegeben. Dafür möchte ich mich insbesondere bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich bedanken.

Ich möchte Sie darüber informieren, dass die Gespräche glücklicherweise so weit gediehen sind, dass zu Beginn dieser Woche die Zusammensetzung des Niederdeutschbeirates nach der Insolvenz des Landesheimatverbandes geklärt werden konnte, und zwar einvernehmlich. Die Berufungsschreiben und die Einladung zur konstituierenden Sitzung nach der Sommerpause sind ebenfalls bereits auf dem Weg.

Stichwort „Schule“: Auch hier sind Ihre Angaben, Herr AlSabty, nicht korrekt. Hier entwickelt sich die Lage durchaus positiv. Zurzeit gibt es an den Schulen des Landes 153 zertifizierte Lehrerinnen und Lehrer für Niederdeutsch, Tendenz steigend. An 84 allgemeinbildenden Schulen, Herr Al-Sabty, des Landes, darunter an drei Förderschulen, werden Angebote zur Pflege des Niederdeutschen bereits unterbreitet. Das bedeutet eine Steige

rung von gut 34 Prozent innerhalb der letzten drei Jahre und ich hoffe, dass diese Angaben meines Hauses auch stimmen. Ich habe es nicht selbst nachgezählt, da bitte ich um Verständnis.

Zwei Volkshochschulen aus dem Landkreis Vorpommern-Rügen bieten seit mehreren Jahren Plattdeutschkurse an. An der Beruflichen Schule Güstrow gibt es eine Initiative, Niederdeutsch zu unterrichten. Die Lehrpläne für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern sowie von Sozialassistentinnen und Sozialassistenten lassen auch dafür die nötigen Freiräume. Die Lehrkräfte des Landes werden kontinuierlich fortgebildet. Insgesamt wurden in dem Zeitraum der Schuljahre 2009/10 bis heute 33 Fortbildungen zu Niederdeutsch angeboten. Wir werden das selbstverständlich auch in Zukunft weiterführen, und eines unserer nächsten Projekte ist, dass wir zu einem plattdeutschen Kinderbuch, das in diesem Land bei Hinstorff erschienen ist, ein Lehrerbegleitmaterial herausbringen, um diese Regionalliteratur bei uns in den Schulen einsetzen zu können.

Kommen wir zu den Universitäten: In Greifswald und Rostock werden derzeit über 40 Lehramtsstudentinnen und -studenten ausgebildet, die mit dem Beifach Niederdeutsch abschließen. Schaut man sich die Studierendenzahlen der vergangenen Jahre an, so erfreut sich das Niederdeutsche glücklicherweise immer größerer Be- liebtheit. Niederdeutsch ist an beiden Universitäten erfolgreich in verschiedene Studiengänge implementiert worden. Die Universität Greifswald hat seit 2008/09 die Möglichkeit geschaffen, Niederdeutsch als Schwerpunkt im Lehramtsstudium zu wählen. Die angebotenen Veranstaltungen reichen vom Spracherwerb über Sprache und literaturwissenschaftliche Kurse bis hin zur Didaktik des Niederdeutschen. Mittlerweile ist dieser Schwerpunkt als Beifach ausgestaltet, das für Studierende des Faches Deutsch 15 ECTS-Punkte umfasst.

An der Universität Rostock können einzelne Module des Niederdeutschen in Bachelor- und Masterstudiengängen in die Lehramtsstudiengänge integriert werden. Dabei wird eine einführende Vorlesung zur niederdeutschen Sprache und Literatur für Lehramtsstudierende des Faches Deutsch verpflichtend angeboten. In den akademischen Studiengängen der Germanistik besteht ein Wahlpflichtangebot. Die Lehre wird durch entsprechende Forschung an der Universität Greifswald auf Mitarbeiterebene und an der Universität Rostock in Gestalt einer eigens ausgebrachten Professur fundiert. Das Land kommt somit seinen Ausbildungs- und Forschungsverpflichtungen auch vor dem Hintergrund der Europäischen Sprachencharta und der Landesverfassung nach. In der Ausbildung der Studierenden sehe ich auch die Chance für die strukturelle Stärkung, um zukünftige Generationen für die niederdeutsche Sprache und Kultur zu begeistern.

Für die universitäre Arbeit bedarf es natürlich auch der entsprechenden wissenschaftlichen Infrastruktur. Am 20. März ist in meinem Beisein das digitale WossidloArchiv des Volkskundeinstituts der Rostocker Universität an den Start gegangen. Mit ihm wird das Werk Richard Wossidlos, der als Begründer der Volkskunde Mecklenburgs und als einer der Väter der deutschsprachigen Volkskunde gilt, der Öffentlichkeit mit digitaler Raffinesse zugänglich gemacht. Die Plattform ist nicht nur bequem für jedermann zugänglich, sondern sie lässt auch umfängliche Diskussions- und Vernetzungsmöglichkeiten zu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie hören, ist der Einsatz zur Pflege und Förderung des Niederdeutschen sehr vielfältig und hoch. In der Kulturförderung hat das Land mehr als zwei Dutzend Förderungen allein für das Jahr 2014 in den Bereichen „Niederdeutsch“ und „Heimatpflege“ bewilligt. Darunter befinden sich einige hochkarätige Veranstaltungen.

Dem Festakt zum 200. Geburtstag des Dichters John Brinckman zum Beispiel durfte ich gestern Abend mit der Genehmigung des Ältestenrates beiwohnen. Und bereits vor etwa einem Jahr habe ich in einem Gespräch mit der Brinckman-Gesellschaft den Vorschlag unterbreitet, dass in die geplante Buchreihe für Weltliteratur aus Mecklenburg-Vorpommern auch ein Niederdeutschband integriert wird. Ich habe die Brinckman-Gesellschaft gebeten, sich mit den anderen Literaturgesellschaften des Niederdeutschen zusammenzusetzen und zu besprechen, welche Autoren diesem Band angehören wollen und sollen und wer von ihnen die Trägerschaft für ein solches Projekt übernimmt. Auch hier gestalten sich die Gespräche nicht ganz so leicht, weil sie sich darüber einigen müssen, wer von ihnen dieses Projekt umsetzt.

Im gesamten Land schaffen wir Möglichkeiten der Vernetzung für Vereine und Verbände, Theater, Musikschulen, Museen, Bibliotheken, Verlage, Bildungseinrichtungen und die vielen ehrenamtlich Tätigen. Aber überall gilt: Wir können nichts herbeizaubern, wir müssen es uns alle gemeinsam erarbeiten.

Am 21. August des vergangenen Jahres empfing der Staatssekretär des Bildungsministeriums den Sachverständigenausschuss der EU-Kommission der Europäischen Charta der regionalen Minderheitensprachen im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Der Ausschuss stellte dem Land ein insgesamt positives Zeugnis aus, mahnte jedoch an – ich vereinfache dies jetzt etwas –, dass die Kernelemente des Schutzes und der Pflege von Minderheitensprachen allgemein aus der Bevölkerung kommen müssen und nicht vom Staat verordnet werden dürfen. Ein Aktionsplan des Landes hilft uns deshalb aus meiner Sicht an dieser Stelle keinen Schritt weiter.

Insofern, meine Damen und Herren, ist die Lage eine deutlich andere, als der Abgeordnete Al-Sabty es geschildert hat. Und dort, wo es in der Tat erheblichen Nachholbedarf gibt, hat dies häufig zu tun mit Schwierigkeiten bei Vereinsgründungen und Koordination, an der wir gemeinsam arbeiten. Und, Herr Al-Sabty, Sie können davon ausgehen, der neue Landes- und Kulturheimatverband ist genauso betrübt über die Situation, die sich jetzt ergeben hat, wie ich oder wahrscheinlich auch Sie. Insofern hoffe ich, Ihnen ausreichend dargelegt zu haben, dass das Gegenteil von dem wahr ist, was der Abgeordnete Al-Sabty gesagt hat, dass dieses Thema keinesfalls ignoriert, sondern mit Hochdruck bearbeitet wird.

In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen für Ihre heutigen Termine in Ihren Wahlkreisen um 18.00 Uhr viel Erfolg. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Schlupp von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Niederdeutsche Sprache und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern pflegen und umfassend fördern“ – da haben Sie meine Fraktion sicherlich mit im Boot. Diese Intention teilen wir, das unterstreiche ich hier vollumfänglich.

Auch bei dem, was Sie, Herr Al-Sabty, zur Bedeutung der niederdeutschen Sprache für die kulturelle Identität gesagt haben, sind wir überhaupt nicht auseinander. Aber inwieweit Ihr Antrag jetzt geeignet ist, diesem Anliegen Rechnung zu tragen, da möchte ich mehr als ein Fragezeichen dahinter machen.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Zwei Fragezeichen.)

Fakt ist, dass Sie schon in einer Reihe von Kleinen Anfragen Istzustände abgefragt haben. Nun fordern Sie noch eine umfassende Istanalyse, werfen uns aber umgekehrt auch wieder vor, wir würden verzögern und verschleppen. Jetzt stelle ich mir natürlich die Frage, eine umfangreiche Istanalyse, bei der Sie lediglich aufgeführt haben, wo sie denn stattfinden soll, aber nicht, was dort eruiert werden soll, die wird wohl …

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Natürlich steht das drin. Lesen Sie doch mal den Antrag ordentlich!)

Ja, Frau Berger, also wer was wie wann richtig gelesen hat, darüber können wir trefflich streiten. Ich würde Ihnen eigentlich mal empfehlen, aus Ihrer intellektuellen Ecke herauszukommen und sich ein bisschen Realität um die Nase wehen zu lassen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

dann würden wir hier über bestimmte Dinge in der Form nicht diskutieren müssen.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist anmaßend. – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine beiden, ich bitte von Dialogen abzusehen.

Frau Schlupp.

Also ich denke schon, dass ich im Rahmen meiner Rede hier durchaus …

(allgemeine Unruhe)

Frau Schlupp, bitte.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Ich könnte ja jetzt einen Geschäftsordnungsantrag stellen –

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, nein, nein, nein, nein.)

davon sehe ich ab –, um festzustellen, was in der Geschäftsordnung geregelt ist, was ein Redner hier vorne am Rednerpult machen darf und was nicht – ich antworte jetzt auf den Zwischenruf von Frau Borchardt –, ich sehe davon ab, da wir schon eine ganze Menge Zeit haben ins Land gehen lassen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Seien Sie doch mal ein bisschen gemütlich! Wir gehen doch in die Sommerpause.)

Fakt ist, dass ich nicht glaube, dass das wirklich zielführend ist. Außerdem ist ausgeführt worden, wo die Probleme liegen. Ich denke auch, dass ich dem, was der Bildungsminister gesagt hat, nicht noch irgendetwas hinzufügen muss.

Fakt ist, wenn DIE GRÜNEN wirklich sehen, wie eine Istanalyse aussehen soll, nach welchen Kriterien sie stattfinden soll, dann bin ich gespannt auf die Rede der GRÜNEN. Dann kann man mir ja sicherlich Aufklärung leisten, wo eine inhaltliche Ausgestaltung einer Istanalyse tatsächlich aus diesem Antrag herauszulesen ist.

Ansonsten kann ich mich den Worten des Ministers nur anschließen. Dieser Antrag ist abzulehnen, weil er uns in dem Ansinnen, die niederdeutsche Sprache zu fördern, keinen Schritt weiterbringt. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ja, danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Berger von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Schutz und die Förderung der niederdeutschen Sprache sind in unserer Landesverfassung verankert.

(Heiterkeit bei Dr. Norbert Nieszery, SPD: Echt?)

Das haben wir heute schon mehrfach gehört. Die Formulierung des entsprechenden Passus ist im Übrigen identisch mit der aus der Verfassung von Schleswig-Holstein. Daher ist durchaus interessant – Hikmat Al-Sabty hat bereits darauf verwiesen –, wie unterschiedlich ein und derselbe Passus in zwei Landesverfassungen, wie unterschiedlich der in den Ländern ausgestaltet sein kann.