Ein Anstieg der Behandlungskosten ist hingegen in Bremen seit Einführung der Krankenkassenkarte gar nicht feststellbar.
Sehr geehrte Damen und Herren, bei der Praxis der medizinischen Versorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in unserem Bundesland besteht dringender, sehr dringender Verbesserungsbedarf. Bis sie eine medizinische Versorgung erhalten, müssen Asylsuchende und Flüchtlinge heute unnötige Hürden überwinden. Sie sind verpflichtet, vor jedem Arztbesuch einen Krankenschein beim Sozialamt einzuholen. Allein die Wegezeiten sind erheblich, vor allem in den Landkreisen.
Häufig muss dann auch noch ein Amtsarzt oder eine Amtsärztin bestellt werden. Kommt es nach einem Termin in der Allgemeinmedizin zu einer Überweisung, dann beginnt das Antragsprozedere von vorn. Ein derart langwieriges Verfahren ist in mehrfacher Hinsicht unzumutbar. Zum einen bedeutet es sinnlosen Aufwand, sinnlosen Aufwand für die Betroffenen, für die Behörden und für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Im schlimmsten Fall kann das umständliche Prozedere sogar zur ernsthaften Gesundheitsgefährdung führen, zum Beispiel wenn gefährliche Infektionskrankheiten aufgrund unangemessener zeitlicher Verzögerung erst sehr spät festgestellt und behandelt werden können.
Das Land Bremen hat die Krankenversicherungskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge bereits vor knapp zehn Jahren eingeführt und damit durchweg positive Erfahrungen gemacht, wie der Kollege aus der Senatsverwaltung im Rahmen der Anhörung vortragen konnte. Die gesundheitliche Versorgung der Betroffenen hat sich verbessert. Es werden weniger kostenaufwendige Notfallbehandlungen in Anspruch genommen. Insgesamt – so das Fazit der Bremer – liegt das Ausgabenniveau für die Zielgruppe der Asylsuchenden und Flüchtlinge unterhalb des Durchschnittsniveaus der gesetzlich Versicherten.
Seit 2012 existiert das sogenannte Bremer Modell auch in Hamburg. Auch in anderen Bundesländern, namentlich in den Flächenländern Niedersachsen und Brandenburg, gibt es Bestrebungen zur Einführung der Krankenversicherungskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen einen diskriminierungsfreien Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, unabhängig vom sozialen Status, von Alter, Geschlecht oder Herkunft. Für Flüchtlinge, Asylsuchende und geduldete Menschen ist dieser Zugang bisher mit großen Schwierigkeiten verbunden. Eine Krankenversicherungskarte bedeutet für Flüchtlinge und Asylsuchende ein Stück Normalität in einem Alltag, der ansonsten überwiegend von Unwägbarkeiten, von Unsicherheiten und Neuorientierung geprägt ist.
Insofern stellt die Krankenversicherungskarte für Flüchtlinge und Asylsuchende auch einen Aspekt der vielbeschworenen Willkommenskultur dar, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir fordern die Landesregierung auf, die Gebietskörperschaften und die gesetzlichen Krankenkassen zu Kooperationsgesprächen zusammenzuführen und den Verhandlungsprozess zu moderieren, mit dem Ziel einer landesweit einheitlichen Regelung zur Einführung der Krankenversicherungskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge.
Uns ist bewusst, dass weder seitens des Sozialministeriums noch seitens des Innenministeriums in dieser Frage eine rechtliche Regelungskompetenz hinsichtlich des Abschlusses einer solchen Rahmenvereinbarung besteht. Aber wir wissen, dass es in vielen Kommunen unseres Landes große Bereitschaft gibt, die Gleichbehandlung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in der Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin haben die Umstellung der Krankenbehandlung und die Übertragung der Leistungsabwicklung auf die Krankenkassen bereits beschlossen.
Das sind gute Ansatzpunkte für die Entwicklung einer landesweiten Lösung. Eine Moderation durch die Landesregierung würde dem Vorhaben die nötige Bedeutung und den Nachdruck verleihen, den es braucht, um die Einführung der Krankenversicherungskarte für Flüchtlinge, Asylsuchende und geduldete Menschen in unserem Bundesland zeitnah umzusetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich sage es ganz deutlich, am liebsten würden wir Bündnisgrüne das Asylbewerberleistungsgesetz ganz abschaffen, denn es ist die in Gesetzesform gegossene Diskriminierung von Flüchtlingen und Asylsuchenden. Aber eine Abschaffung ist leider derzeit unrealistisch. Deshalb konzentrieren wir uns zunächst auf das Machbare und Dringliche. Asylsuchende und Flüchtlinge brauchen endlich einen Zugang zur Krankenversicherung. Sie dürfen nicht nur in Notfällen oder nach langwierigen Antragsverfahren behandelt werden,
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Frau Vizepräsidentin! Zunächst einmal die Bemerkung: Sie sind jetzt das dritte Mal dabei, das, was man auf der Arbeitsebene in den Fachausschüssen, in den Ausschüssen bespricht und klären will, wieder mal zu konterkarieren, denn richtig ist...
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist unsere Aufgabe als Opposition, wenn Sie das blockieren.)
Lassen Sie mich doch reden! Sie können doch nachher ganz unaufgeregt reden. Aber Sie können ja nicht unaufgeregt reden.
Also der Sozialausschuss hat sich verständigt, die Ergebnisse von Bremen und von Hamburg zu untersuchen,
Ja, was heißt, wie lange? Ich bin doch nicht Mitglied des Sozialausschusses. Können Sie doch, können Sie doch...
Also, Frau Gajek, hören Sie bitte auf, den Kommunen hier zu unterstellen oder dem Land oder dem Sozialministerium, meiner Kollegin …
Natürlich haben Sie das! Sie haben gesagt, dass wir gewährleisten müssen, dass endlich eine vernünftige medizinische Versorgung für die Asylbewerber und Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern gewährleistet wird.
Es gibt nicht einen Fall, in dem es keinen Zugang zur medizinischen Versorgung gibt in allen möglichen und notwendigen Fällen.
Und ich habe heute gerade entschieden, weil in BadenWürttemberg Ihre GRÜNEN nicht bereit sind, so eine medizinische Versorgung zu gewährleisten,
hier bei uns im Land für eine Familie das zu gewährleisten, die wir aufnehmen, damit wir diese medizinische Versorgung gewährleisten können.
Hören Sie auf, immer zu unterstellen, dass wir bestimmte Leistungen nicht tun! Und deswegen befassen Sie sich doch damit erst einmal fachlich im Fachausschuss!
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir wohl schon gemacht. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Frau Gajek, Sie haben doch noch immer nicht die Unterlagen aus Hamburg und aus Bremen dementsprechend, die Sie im Sozialausschuss studieren wollen, auf deren Grundlage Sie eine Empfehlung geben wollen. Erzählen Sie doch nicht immer so was! Sie wollen schon wieder vorpreschen und Entscheidungen erzwingen. Genau das ist die Ausgangssituation.
Der Fachminister im sozialen Bereich wird sich einer solchen Frage nicht verschließen, wenn der Sozialausschuss zu der Auffassung kommt, dass das in Gänze eine sinnvolle Maßnahme...
Ich bin nicht Jurist, aber ich habe mich trotzdem schon beim ersten Satz Ihrer Begründung zu dem Antrag gefragt: Worüber reden Sie an und für sich? Nicht weil der Satz falsch ist, im Gegenteil, der erste Satz ist ja derzeit genau das Argument, mit dem Ihr Antrag wegen Nichtzuständigkeit hier zu behandeln wäre. Da heißt es nämlich: „Die medizinische Versorgung der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Leistungsberechtigten obliegt den Landkreisen und kreisfreien Städten.“
Damit ist doch alles gesagt. Sie sind Gott sei Dank im Rahmen Ihres Redebeitrages zum Schluss noch darauf eingegangen. Und Gott sei Dank gibt es in Deutschland ein Asylbewerberleistungsgesetz.
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, wir sehen das anders. Wir sehen das anders. Darin unterscheiden wir uns eben. Da gibt es eben grundsätzliche Unterschiede zwischen uns und der CDU.)
Das wird auch in naher Zukunft so bleiben. Damit haben wir die Gerechtigkeit nämlich gewährleistet, mit solch einer Form auch zwischen den Ländern. Aber Sie können das ja später mal alles im Bund regulieren, wenn Sie dann dementsprechend den Bundesminister oder die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler stellen.
Weder das Innenministerium noch die Landesregierung, ja, noch nicht einmal der Landtag kann auf dieser Rechtsgrundlage verbindliche Vorgaben zum Abschluss von Verträgen zwischen den zuständigen Behörden und den Krankenkassen machen. Das ist ein formales Argument. Das ist richtig. Und wir sollten uns hüten, bei solchen komplizierten Vorgängen rein formalistisch zu reden und zu entscheiden.
Ihr Antrag ist inhaltlich also falsch. Sie schüren einerseits unbegründete Ängste, darauf bin ich schon eingegangen, und lassen sich andererseits auf höchst spekulative Kostenerwägungen ein.