Protokoll der Sitzung vom 16.10.2014

Umgang. Es steht immer oder häufig der Täter im Fokus, und die Frage ist doch, wie Opfer unterstützt werden.

(Vincent Kokert, CDU: Ich nehme an, wir sollen einen Arbeitskreis dazu gründen, ne?)

Ich glaube, es ist nicht so angebracht, Herr Kokert, was Sie da eben gesagt haben.

(Vincent Kokert, CDU: Wieso?)

Aber, ich denke, …

(Vincent Kokert, CDU: Dann gucken Sie doch mal in Ihren Änderungsantrag!)

Wir haben den gelesen.

(Vincent Kokert, CDU: Wir brauchen den nicht zu lesen, der ist selbsterklärend.)

… das, was in diesem Zusammenhang wichtig ist, ist Folgendes: Im September ist diskutiert worden durch DIE LINKE, „Opferschutz stärken“. Ja, dazu gehört eben auch Stalking.

(Vincent Kokert, CDU: Ach, der Landesfrauenrat soll das als Pflichtaufgabe bekommen?! Was sonst?!)

Eine Unterscheidung dessen, gerade in der Form psychischer Gewalt, ist immer schwer nachweisbar. Ich selber habe elfeinhalb Jahre in der Beratung gearbeitet.

(Udo Pastörs, NPD: Genau.)

Das, was hier aus Papieren vorgestellt wurde, habe ich in der Beratung erlebt.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Bis jemand überhaupt erst einmal Hilfe sucht, ist der Leidensdruck so hoch, dass das absolut nicht zu belächeln, sondern ernst zu nehmen ist.

(Vincent Kokert, CDU: Moment mal, wir haben den Antrag gestellt!)

Da ist dann der Paragraf 238 Strafgesetzbuch das Ende der Kette. Wir müssen doch hier in Mecklenburg-Vor- pommern die Zugänge für Stalkingopfer verbessern und vernetzen.

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Von daher haben wir den Vorschlag,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

weil beispielsweise gerade im Sozialministerium die Beratungslandschaft evaluiert wird, die Beratungsangebote der unterschiedlichen Professionen zu überprüfen

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

und zu überprüfen, ob da die Zugänge und die regionale Netzwerkarbeit insbesondere für die ländlichen Räume verbessert werden können,

(Vincent Kokert, CDU: Der beste Schutz ist, die Täter hart zu bestrafen, Frau Gajek.)

denn die ländlichen Räume sind immer noch welche, die vernachlässigt werden und wo der Zugang schlechter ist.

Das ist Realität, Herr Kokert! Da sage ich nichts Neues, das wird auch Ihnen und Ihren Kollegen bekannt sein.

Also wir beantragen zum einen eine Überweisung des Antrages, gerne auch mit unserem Änderungsantrag, in den Sozialausschuss und den Rechts- und Europaausschuss. Dieser soll dann auch federführend sein. In dem Zusammenhang kann man und sollte man darüber nachdenken, wenn auch die Petition des Opferschutzes auf die Tagesordnung kommt, ob man das noch mal mit einer Anhörung verbindet, um tatsächlich Opferschutz ernst zu nehmen, nämlich perspektivisch. Denn, wie gesagt, der Leidensdruck der Opfer ist so hoch, und wenn wir hören, dass die Verurteilung dann so gering ist, ist das ein doppelter Schlag für die Opfer.

Ich werbe dafür – noch mal an die CDU und an die SPD –, hier einer Überweisung zuzustimmen. Es geht um Opferschutz, diesen ernsthaft zu unterstützen und insbesondere die Hilfsangebote den Bedarfen und Bedürfnissen der weiblichen und männlichen Opfer anzupassen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Gajek.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Müller für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Gleichwohl erlaube ich mir, auf einige Ungereimtheiten beim Thema Opferschutz hinzuweisen.

Die von Ihnen benannten Vorhaben im Koalitionsvertrag offenbaren eine bestehende Lücke in der Praxis. Zunächst ein Beispiel aus dem jüngsten Alltag hier aus der Landeshauptstadt, bevor ich im Anschluss noch einmal auf die zitierte Nummer 385 aus dem Koalitionsvertrag zurückkomme. In Schwerin vergewaltigte ein Sexualverbrecher ein elfjähriges Mädchen, die Tochter der Lebensgefährtin seines Bruders. Dann marschierte er zur Polizei und zeigte sich selber an, wobei er gleichzeitig darauf aufmerksam machte, dass er an einer Persönlichkeitsstörung litt und selbstverständlich gerne bereit sei, eine Therapie zu machen. Da er während seiner Verhandlung vor dem Landgericht Schwerin Mitte Juli dieses Jahres auch gestand, erhielt er lediglich ein Jahr und zehn Monate Gefängnis, ausgesetzt zur Bewährung.

Jeder Kinderschänder hat also sozusagen in der bestehenden Unrechtsordnung mindestens eine Vergewaltigung frei – über ein Kind herfallen, dann sofort Selbstanzeige, Geständnis und Therapie und dafür keine Haft oder sonst eine ernst zu nehmende Strafe.

Herr Abgeordneter, wir reden hier über einen Antrag zum Thema Stalking und nicht über...

Ich komme zum Thema.

… Sexualdelikte gegenüber Kindern. Also ich bitte Sie, zum Thema zu kommen.

Ich komme zum Thema. Völlig gegensätzlich heißt es unter Nummer 385 des Koalitionsvertrages, Zitat: „Gerichtsverfahren sollen noch stärker an den Interessen der Opfer ausgerichtet werden.“ Zitatende. Nun stellen Sie sich das Opfer, das elfjährige Mädchen, und womöglich die Eltern während der Urteilsverkündung vor.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir reden von Stalking, stellen Sie sich vor!)

Ist das der von Ihnen beschriebene Opferschutz? Unter Nummer 388 des Koalitionsvertrages geht der Hohn weiter, Zitat: „Es sind alle rechtsstaatlichen Mittel auszuschöpfen,“

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie brauchen aber lange, um zum Thema zu kommen!)

„um Wiederholungstaten, insbesondere von Gewalt- und Sexualstraftätern, zu verhindern.“ Zitatende. Auch hier liegt der Koalitionsvertrag weit von der Praxis entfernt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir reden doch aber über Stalking!)

Die Sextäter können solche Justizpraktiken kaum anders auffassen

(Manfred Dachner, SPD: Wir reden über Stalking! – Vincent Kokert, CDU: Zur Sache!)

als eine Einladung, einen Freibrief, einen Jagdschein …

Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen einen Sachruf. Sie haben hier ein Thema zu bearbeiten und bisher haben wir dazu kein Wort von Ihnen gehört.

Das ist zum Thema.

Ich bitte Sie, sich jetzt auf den Sachgegenstand zu konzentrieren.

Abschließend sei gestattet, aus Nummer 381 zu zitieren, Zitat: „… die Bevölkerung vor Straftaten zu schützen ist eine zentrale Aufgabe der Rechtspolitik... der konsequenten Aburteilung überführter Straftäterinnen und Straftäter kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu.“ Zitatende.

Schlussendlich müssen sich alle Eltern darüber im Klaren sein, dass der Staat ihre Kinder nicht schützt. Seine Sorge gilt in erster Linie den armen Tätern,