Und wenn man das als Zielsetzung nimmt, kommt man ganz schnell zu der Überzeugung, Asyl ist ein Menschenrecht und keine Gnade. Dieser Grundsatz, aus guten Gründen von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes im Grundgesetz so verankert, muss Grundlage unseres Handelns sein. Das war Ausgangspunkt für die gemeinsame Antragstellung von LINKEN und GRÜNEN.
Und, lieber Kollege Silkeit, auf der Suche nach Argumenten, warum dieser Antrag abzulehnen sei, ist Ihnen of
fensichtlich entgangen, dass nicht die GRÜNEN die Initiatoren dieses Antrages sind, sondern der Antrag trägt die Überschrift „Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN“.
Nicht umsonst ist die Reihenfolge so gewählt. Und dann sozusagen zu unterstellen, dass wir hier in der Gefangenschaft von Frau Göring-Eckardt stünden und deswegen dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben, das geht etwas an den Realitäten vorbei.
Genauso, lieber Kollege Silkeit, wie Sie sich dann eben nicht mit dem Antragstext auseinandergesetzt haben, der sehr konkret ist, sondern die Begründung bemüht haben. Die Begründung, das müssen Sie aber mittlerweile wissen, wird nicht beschlossen, sondern der Antragstext,
und der lautet ganz konkret: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, alle Bemühungen für einen ‚nationalen Flüchtlingsgipfel‘ auf Bundesebene aktiv zu unterstützen und an einem Konzept zur Neuregelung der Unterbringung und Betreuung von Asylbewerberinnen/Asylbewerbern, Geduldeten und ausländischen
Flüchtlingen konstruktiv mitzuwirken.“ Sie haben hier keinen einzigen Grund nennen können, warum diese Aufforderung, diese Bitte, konstruktiv an solchen Lösungen mitzuarbeiten, nicht an unsere Landesregierung gerichtet werden soll. Ausflüchte, das muss ich Ihnen so deutlich sagen!
„Unterbringung“ und „Betreuung“, zwei Stichworte. Mit der Unterbringung, das wurde hier mehrfach erwähnt, sind wir in Mecklenburg-Vorpommern ein ganzes Stück vorangekommen. Ich will hier auch erwähnen, dass das seine Geschichte hat. Wir haben uns auf der letzten Landtagssitzung mit der Entscheidungsfindung des GRÜNEN-Ministerpräsidenten hierzu auseinanderge
setzt. Ich habe mich an die Zeit der rot-roten Landesregierung erinnert, wo Mecklenburg-Vorpommern Zünglein an der Waage war bei einer Bundesratsentscheidung, als es auch um Asylfragen ging. Auch wir haben uns damals die Entscheidung nicht leichtgemacht.
Wir haben hier für die Asylbewerberinnen und Asylbewerber bei uns im Land erste Verbesserungen erzielen können. Dazu gehörte die Abschaffung des Gutscheinsystems, dazu gehörte der Beginn der Lockerung der Residenzpflicht und dazu gehörte der schrittweise Übergang zur dezentralen Unterbringung. Das war eine Insellösung, für die ich, für die meine Fraktion damals auch von der eigenen Partei stark kritisiert wurde.
Bundesweit hat sich natürlich an dieser Situation nichts geändert, deswegen muss man jetzt auch die Situation in Baden-Württemberg kritisch begleiten. Das ist zuvorderst die Aufgabe der GRÜNEN-Partei, das ist nicht vordergründig meine Aufgabe, aber das, was Herr Kretschmann ausgehandelt hat, das muss jetzt in BadenWürttemberg Realität werden und das muss in der Bundesrepublik Realität werden.
Deswegen müssen wir die falschen Weichenstellungen, die in der Asylpolitik in den letzten Jahren vorgenommen worden sind, auch auf einem „Nationalen Flüchtlingsgipfel“ thematisieren und Änderungen herbeiführen. Deswegen müssen neben Fragen der Unterbringung auch Fragen der sozialrechtlichen Verhältnisse von Flüchtlingen beraten werden.
Das Bundesverfassungsgericht, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat bereits im Urteil vom 18. Juli 2012 zum Asylbewerberleistungsgesetz festgestellt, dass Asylsuchende, Geduldete und andere Flüchtlinge einen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums haben. Das gegenwärtig geltende Asylbewerberleistungsgesetz gewährleistet dies nicht.
Ein Kurswechsel grundlegender Art ist auch die Aufnahmepolitik in Europa und im Land. Und wenn ich von einer anderen Aufnahmepolitik rede, dann rede ich nicht davon, Schengen zu verstärken, sondern die Festung Europa wieder abzubauen.
Die Unterbringung von Flüchtlingen in Sammelunterkünften sollte grundsätzlich nur vorübergehender Natur sein
und die dezentrale Unterbringung sollte Vorrang haben, aber die dezentrale Unterbringung notwendigerweise natürlich verbunden mit Hilfs- und Betreuungsangeboten, die erreichbar in der Nähe vorhanden sein müssen. Und da wissen wir, dass wir vor einer großen Herausforderung stehen, denn im jetzt laufenden Doppelhaushalt sind für die besonderen Herausforderungen bei der dezentralen Unterbringung noch keine zusätzlichen Gelder eingestellt worden.
Wir haben bei der Beratung des Doppelhaushaltes damals nachgefragt, da war die Antwort des Innenministeriums: Wir beginnen jetzt damit, wir haben noch keine Erfahrungswerte. Diese Erfahrungswerte liegen jetzt nach zwei Jahren vor. Und wenn der neue Doppelhaushalt dem Parlament vorgelegt wird, brauchen wir an dieser Stelle unbedingt eine Nachsteuerung, denn dezentrale Unterbringung kann man nur garantieren, wenn auch eine örtlich erreichbare Betreuung der Flüchtlinge gewährleistet werden kann.
Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass wir heute hier zu einer Beschlussfassung kommen, weil ein Argument gegen einen „Nationalen Flüchtlingsgipfel“ oder ein Argument dagegen, unsere Landesregierung zu bitten, auf Bundesebene aktiv zu werden, um die Idee eines solchen Flüchtlingsgipfels zu unterstützen, habe ich nicht gehört.
Aber wenn es uns denn allen hilft, in der Diskussion hier im Land voranzukommen, würde ich mich freuen, wenn wir eine Überweisung dieses Antrages in den Innenausschuss und in den Sozialausschuss hinbekommen, um gemeinsam weiter über diese Fragen nachzudenken und dann vielleicht auch die aus Sicht der CDU unqualifizierte Antragstellung etwas zu qualifizieren, damit wir unsere Landesregierung mit ordentlichen Argumenten ausgerüstet nach Berlin schicken können. Also meine Bitte: Überweisen Sie diesen Antrag in den Innenausschuss und in den Sozialausschuss! – Danke schön.
Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3342 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss sowie zur Mitberatung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3342. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3342 bei gleichem Stimmverhalten wie in der vorhergehenden Abstimmung abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Umwandlung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der ehemaligen DDR rechtsgültig abschließen, auf Drucksache 6/3333.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Umwandlung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der ehemaligen DDR rechtsgültig abschließen – Drucksache 6/3333 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Anlass unseres Antrages ist der Abschlussbericht der Brandenburgischen Enquetekommission „Aufarbeitung der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED-Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen Rechtsstaat im Land Brandenburg“ vom Februar dieses Jahres,
in dem man sich auch ausführlich mit den Umwälzungen in der Landwirtschaft beschäftigt hat. Gerade in Bezug auf die Umwandlungen der LPG lassen sich dabei viele Parallelen zu Mecklenburg-Vorpommern ziehen.
Eine wesentliche Basis dieses Abschlussberichtes ist hierbei die Studie, die im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft unter Federführung von Herrn Professor Walter Bayer für alle fünf neuen Bundesländer erstellt wurde. Danach gab es auch in unserem Bundesland 46 LPG-Umwandlungen, die aus rechtlicher Sicht als gescheitert angesehen werden müssen. Und es gab, dem Gutachter zufolge, im Jahr 2002 48 sogenannte Scheinrechtsnachfolger, von denen die meisten bis heute unbeirrt weiterwirtschaften.
Gleichzeitig ist in diesen Fällen anzunehmen, dass die nicht rechtskräftig aufgelösten LPG heute formal noch existieren.
Was ist daran so brisant? Wenn man diesem Gutachten folgt, kommt man zu dem Schluss, dass diese Betriebe mit Vermögen wirtschaften, das ihnen gar nicht gehört, dass sie Verträge abschließen, die abzuschließen sie gar nicht berechtigt sind, dass sie Fördergelder beantragten und erhielten, die an sie gar nicht hätten ausgezahlt werden dürfen. Spätestens 2002, als ja der Verdacht aufkam, dass diese Betriebe ein massives rechtliches Problem haben, hätte man die Betriebe überprüfen müssen. Das ist aber nicht geschehen.
Die Studie von Professor Bayer hat auch festgestellt, dass nahezu flächendeckend, also bei fast allen ins Register eingetragenen Umwandlungen, mit fehlerhaften Vermögensangaben hantiert wurde. Deshalb erhielten viele LPG-Mitglieder nur einen Teil des ihnen zustehenden Auszahlungsbetrages, ein Umstand, der bis heute an vielen nagt, für viel Verbitterung und Ohnmachtsgefühle sorgt.
Um es gleich vorwegzunehmen, die zu gering bemessenen Auszahlungsbeträge sind nicht ausschlaggebend, eine Umwandlung für gescheitert zu halten. Ansprüche, die nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz geltend gemacht werden konnten, stellen nämlich nicht etwa eine Entschädigung für erlittenes Unrecht, also beispielsweise der Zwangskollektivierung dar, sondern sie sind die Kapitalisierung des Anteils am Eigenkapital der LPG. Dabei spielte es überhaupt keine Rolle, ob das Mitglied nun aus dem Unternehmen ausscheiden wollte oder nicht, ob es weiterhin in der Landwirtschaft tätig sein wollte oder nicht. Diese Ansprüche unterlagen einer Verjährung, die größtenteils 2001/2002 abgelaufen ist. Voraussetzung für diese Verjährung ist aber, dass der Tatbestand, der zu einer Verjährung führt, überhaupt eingetreten ist.
Das heißt im Klartext, wenn eine LPG noch existiert, kann die Verjährungsfrist noch gar nicht angelaufen sein. Das bedeutet in der Konsequenz, alle Mitglieder einer LPG, die nicht rechtskräftig umgewandelt wurde, können immer noch ihre Auszahlungssummen vor Gericht anfechten. Es ist daher schlichtweg falsch, wenn Sie, Herr Dr. Backhaus, in der Presse nicht müde werden zu betonen, dass alle Ansprüche verjährt sind und keine falschen Hoffnungen geweckt werden dürften. Für die Mitglieder der noch existierenden LPG gilt diese Verjährung eben nicht.
Die Umwandlung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in Gesellschaften bundesdeutschen Rechts fand in einer Zeit der Umbrüche und der Unsicherheiten statt. Bei den allermeisten Bürgern der ehemaligen DDR wurde das gesamte bisherige Leben auf den Kopf gestellt. Wenn man dann noch bedenkt, dass gerade einmal 18 Monate Zeit blieb, die geforderte Umwandlung durchzuführen, wundern einen die vielen Fehler, die es bei den Umwandlungen gab, nicht mehr. Gleichzeitig muss aber auch klar sein, dass man das gesamte Verfahren, ich formuliere das mal ganz vorsichtig, vertrauensselig in die Hände der LPG-Vorstände gelegt hat.
Eigentlich sollten diese dann die Mitglieder neutral über alle Belange einer Umstrukturierung des Betriebes informieren, damit diese frei über ihre Zukunft entscheiden können. Ich kann mir eine solche Neutralität nicht vorstellen.