Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

Anfang des Monats war die hausärztliche Versorgung das Schwerpunktthema der Konzertierten Aktion einer von mir geleiteten Runde aus Vertreterinnen und Vertre

tern der Krankenkassen, der Ärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenhausgesellschaft. Dort haben wir beschlossen, beginnend mit dem Landkreis Vorpommern-Greifswald die Potenziale und Handlungsmöglichkeiten einzelner Regionen herauszukristallisieren, um so gezielt die medizinische Versorgung zu verbessern. Darin sehe ich eine wichtige Aufgabe für die kommenden Jahre, passgenaue Lösungswege zu initiieren und ihre Umsetzung zu unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Wort „Potenzial“ beinhaltet hier auch immer Personal. Um überhaupt auf mehr Allgemeinmediziner zurückgreifen zu können, brauchen wir junge Leute, die sich für diese Fachrichtung entscheiden. Dabei helfen uns die inzwischen eingerichteten zwei Lehrstühle Allgemeinmedizin im Land und der Verbund Weiterbildung für Allgemeinmediziner. Erste Erfolge sind sichtbar. Rund 100 junge Medizinerinnen und Mediziner machen derzeit die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin. Zum Vergleich: In den Jahren von 2000 bis 2012 waren es immer nur zwischen 40 und 65. Es gibt also Anlass zur Hoffnung, dass die Kurve hier weiter nach oben geht.

Im nächsten Schritt muss es darum gehen, die fertigen Allgemeinmediziner nicht ziehen zu lassen, sondern sie dazu zu bewegen, hier in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten zu wollen. Und dabei ist die größte Anstrengung, die wir zu leisten haben, attraktive Bedingungen zu schaffen, damit Ärzte sich auch in ländlichen Regionen niederlassen. Hier geht es nicht nur um Geld. Ein Ort kann auch dadurch anziehend werden, dass dort beispielsweise die Kinderbetreuung gut organisiert ist, die Schule einen guten Ruf hat oder es eine lebendige Kunst- und Kulturszene gibt. Landkreise und Kommunen haben großen Einfluss darauf, ihre Region lebenswert zu gestalten, auch für Mediziner und ihre Familien. Und ich sehe die Landkreise und Kommunen hier auch ganz klar in der Pflicht und als unsere Partner.

Ein attraktiver Arbeitsplatz, der Job und Familie vereinbar macht, kann beispielsweise ein Versorgungszentrum oder ein Gesundheitshaus sein, wie es sie schon gefördert vom Land in Mirow und Woldegk gibt. Solche sogenannten kooperativen Versorgungsformen – darunter fallen auch Praxisnetze und Berufsausübungsgemeinschaften – will auch die Bundesregierung in ihrem Entwurf eines Versorgungsstärkungsgesetzes fördern. Ich kann das nur begrüßen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, um die medizinische Versorgung auch in Zukunft zu gewährleisten, müssen wir bei der Gesundheitsversorgung sektorenübergreifend denken,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist wichtig, ja.)

das heißt, die vorhandenen Angebote müssen besser ineinandergreifen – Arztpraxen, Rehaeinrichtungen, ehrenamtliche Hilfen und auch Pflege. Statt scharfer Schnittstellen brauchen wir möglichst große Schnittmengen. Es wird nicht reichen, nur einen Teil der Angebote zu betrachten.

Insofern, sehr geehrte Damen und Herren, sehen Sie, dass dieses Thema bei mir sehr präsent ist und wir auch an Lösungen arbeiten. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Schubert von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, auf Antrag der LINKEN sollen wir uns heute mit der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum beschäftigen. Die LINKEN fordern eine Feststellung, dass der Altersdurchschnitt der niedergelassenen Hausärzte in unserem Land besorgniserregend hoch sei. Ja, es stimmt, jeder Zweite ist über 50 und jeder Fünfte über 60 Jahre. So alt sind die Ärzte. Aber wir müssen ganz klar sagen, es gibt keine Beschränkung, dass der Arzt mit 65 Jahren in den Ruhestand geht.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ah ja!)

Er kann mit über 65 Jahren weiterhin beschäftigt sein. Auch das …

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es sind schon zu viele, die 65 sind. – Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Ganz, ganz ruhig! Ich will es ja nur erklären, weil so der Eindruck erweckt worden ist, mit 65 ist bei denen Schluss. Das war mal so, das stimmt, es ist aber geändert worden, meines Erachtens 2011 oder 2008 im SGB V.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ändert aber an der Grundsituation nichts.)

Und somit ändert es an der Grundsituation nichts, aber die Möglichkeit besteht.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und insofern …

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin natürlich ganz bei Ihnen, die Altersentwicklung der niedergelassenen Ärzte müssen wir im Auge behalten,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Kann aber auch ins Auge gehen, wenn man zu lange beobachtet.)

aber die demografische Entwicklung, der demografische Wandel ist nicht nur bei den Ärzten so, sondern in allen Berufsgruppen, und insofern ist die Feststellung, die die LINKEN treffen, nicht neu. Das war es aber auch schon mit unseren Übereinstimmungen, meine Damen und Herren von den LINKEN.

Das Sozialministerium übt zwar die Rechtsaufsicht über die Kassenärztliche Vereinigung aus, in dieser Funktion hat es aber nur dafür zu sorgen, dass die KV die Schranken der Gesetze einhält und die ihr durch das Gesetz auferlegten Pflichten erfüllt. Das ist die Gestaltungsmöglichkeit, die durch das Sozialministerium wahrgenommen werden kann. „Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben im Einvernehmen mit den … Krankenkassen und den Ersatzkassen nach Maßgabe der vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Richtlinien auf Lan

desebene einen Bedarfsplan zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung aufzustellen und jeweils der Entwicklung anzupassen.“ So schreibt es der Paragraf 99 Absatz 1 SGB V vor. Dazu komme ich nachher noch und sage, welche Maßnahmen man schon im Land unternommen hat.

Als Rechtsaufsicht darf das Sozialministerium erst einschreiten, wenn ein rechtswidriges Handeln festgestellt wurde, also die Bedarfsplanung die Vorgaben des Paragrafen 99 SGB V nicht beachtet. Allerdings ist die Rechtsaufsicht allein auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit beschränkt. Vorgaben zur inhaltlichen Gestaltung sind im Rahmen der Rechtsaufsicht nicht zulässig. Das Sozialministerium als Rechtsaufsichtsbehörde hat also mit der Aufstellung des Bedarfsplanes nichts zu tun.

Meine Damen und Herren von den LINKEN, der dritte Punkt Ihres Antrages wurde Ihnen von der Landesregierung bereits mit der Antwort auf die Kleine Anfrage 6/3305 ausführlich beantwortet. Im Bedarfsplan ist festgeschrieben, dass die bereits bestehenden Maßnahmen zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung ausgebaut werden sollen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, und?)

Neben der …

Ich werde nachher noch Beispiele nennen. Warten Sie ab, Frau Borchardt!

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Neben den aktuellen Instrumenten,

(Zuruf von Karen Stramm, DIE LINKE)

wie Sicherstellungszuschläge, Investitionskostenzuschüsse

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

und Förderungen aus dem Strukturfonds, hat die Kassenärztliche Vereinigung zahlreiche weitere Fördermodelle zur Sicherstellung und Verbesserung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Angebot.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Nehmen Sie doch den Antrag auch mal als Rückenwind! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und insofern werde ich Ihnen jetzt einige Beispiele nennen, aber die kennt eigentlich Frau Stramm schon,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

deswegen wundert mich es, dass dieser Antrag heute wieder in den Landtag gekommen ist.

(Zuruf von Karen Stramm, DIE LINKE)

Aber so ist es ja immer, erst werden, …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Schubert, es geht um Rückenwind für die Regierung! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Bitte schön, setzen Sie sich doch erst mal hin!

… erst werden Kleine Anfragen gestellt und dann werden daraus Anträge gemacht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, das ist parlamentarischer Brauch. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und in der Kleinen Anfrage 6/3305 lautet die Frage 4: „Weicht der jetzige Bedarfsplan von den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ab und wenn ja, in welchen Positionen?“ Ja, dieser Bedarfsplan weicht ab von dem Gemeinsamen Bundesausschuss, und zwar deshalb – ich kann Ihnen die Zahlen nennen –, weil man da Lösungsansätze gefunden hat, indem man den Versorgungsbedarf abgesenkt hat. Also die Arzt-Einwohner-Zahl von 1.671 je Hausarzt wurde gesenkt im Versorgungsbereich um die Oberzentren herum auf ein Verhältnis von 1 : 1.425. Darüber hinaus wurden die Oberzentren – das ist die Richtung, worauf Ihr Antrag abzielt – abgekoppelt. Außerdem wurden die Oberzentren Rostock, Schwerin, Greifswald, Neubrandenburg und Stralsund als eigene Planungsbereiche ausgewiesen. Insofern hat man dort mehr Ärzte oder kann zumindest die Möglichkeit schaffen, dass dort mehr Ärzte tätig werden. Das war ein Beispiel, wie die Landesregierung, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Ärztekammer darauf reagiert haben.

Wenn man sich dann anguckt und reingeht in die Aktivitäten der Kassenärztlichen Vereinigungen, dann werden Investitionszuschüsse in Höhe von 50.000 Euro gewährt für die Zulassung bei den Ärzten in von Unterversorgung bedrohten Gebieten, Gewährung von Zuschüssen für die Anstellung von Ärzten bei Schaffung zusätzlicher Arztstellen bis zu 20.000 Euro, Gewährung von Investitionszuschüssen bei der Gründung von Außenstellen und Zweigpraxen – auch das ist ein Lösungsansatz, indem man sagt, okay, ansässige Ärzte gehen in die Fläche und machen da eine Außenstelle –, das wird gefördert mit 15.000 Euro, Gewährung von Gehaltskostenzuschüssen und, und, und.

Maßnahmen gibt es auch bei der Ausbildung. Es ist ein Katalog von bis zu sechs Punkten. Ich nenne nur noch einige Maßnahmen aus der Ausbildung: Einrichtung einer Stiftungsprofessur für Allgemeinmediziner an der Universität Rostock – das ist geschehen –, finanzielle Förderung der allgemeinmedizinischen Weiterbildung mit Gehaltskostenzuschüssen in Höhe von 3.500 bis 3.750 Euro pro Weiterbildungsmonat in einer ambulanten oder hausfachärztlichen Praxis, Übernahme der anfallenden Lohnnebenkosten in den ersten Monaten der ambulanten Weiterbildung,

(Zuruf von Karen Stramm, DIE LINKE)