Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

(Zuruf von Karen Stramm, DIE LINKE)

finanzielle Förderung von Praktika in den ambulanten Vertragsarztpraxen, finanzielle Förderung der allgemeinmedizinischen Lehrpraxen der Universität Rostock und Greifswald, Gewährung einer monatlichen finanziellen Unterstützung für Medizinstudenten im praktischen Jahr in Kooperation mit dem Sozialministerium. Und so könnte ich immer, immer weiter gehen.

Die Ministerin hatte auch gesagt, dass eine besondere Aufgabe den Kommunen zukommt.

(Zuruf von Karen Stramm, DIE LINKE)

Und da möchte ich mal aus einem Zeitungsartikel zitieren. Gestern sprach Frau Tegtmeier von einer Lieblings

ministerin, die wir ja lieben. Jetzt kann ich mal einen Lieblingsminister vorstellen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Lieblingsminister?)

Das ist Harry Glawe.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Julian Barlen, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oi!)

(Egbert Liskow, CDU: Ah! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Brauchst du wieder Fördermittel, Bernd?!)

In den Zeitungen in Vorpommern, in der Stadt Anklam, da ist er sehr beliebt bei den Bürgern und auch beim Bürgermeister. Aber ich kann jetzt noch mal sagen, dass er sich dafür eingesetzt hat, dass es ein Stipendienprogramm für junge Ärzte im Landkreis Vorpommern-Rügen gibt. Und zwar werden dort junge Ärzte mit 500 Euro pro Monat gefördert,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sonst wäre es auch ein bisschen wenig, ne?!)

wenn sie sich verpflichten, nach der Facharztausbildung vier Jahre im Landkreis Vorpommern-Rügen tätig zu werden. Das ist insgesamt eine Summe von 24.000 Euro.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist auch gut so.)

Ich habe noch mal nachgefragt, von 2011 bis jetzt haben sich drei junge Ärzte dazu verpflichtet, dort zu bleiben. Das ist ein kleiner Schritt,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: In die richtige Richtung.)

aber auch die anderen Landkreise oder kreisfreien Städte können dieses umsetzen. Das ist dann natürlich auch von Erfolg gekrönt. Und man muss natürlich als Kommune auch sagen, dass man Räumlichkeiten kostengünstig zur Verfügung stellt.

Vielleicht ist auch wirklich der Denkanstoß, den ich in einem Satz vorher schon gegeben habe, dass man sagt, dass man in überversorgten Gebieten, auch solche gibt es ja, einen Anreiz schafft, indem die KV sagt, ja, wir werden da keine Sperrung vornehmen, sondern wir überlegen, ob wir da einen weiteren Arzt zulassen, der aber dann die Verpflichtung hat, Sprechstunden im ländlichen Raum anzubieten. Auch das wäre ein Lösungsansatz, darüber muss man diskutieren. Ich glaube in dieser Runde, die die Ministerin angeführt hat, wird man auch über solche Dinge diskutieren müssen. Aber es gibt keinen allgemeinen Lösungsansatz für das gesamte Land. Jede Region muss extra angesehen werden.

Insofern freut mich, dass gerade mein Landkreis für dieses Modellprojekt ausgewählt worden ist. Ich hoffe, dass wir da keine Versorgungsschwierigkeiten bekommen, denn noch sind wir nicht aufgeführt. Insofern haben wir noch genügend Zeit, uns darauf vorzubereiten. Wir werden den Antrag der LINKEN ablehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat einen Antrag vorgelegt, der sich mit Fragen beschäftigt, die wir beispielsweise auch in der Enquetekommission haben. Und das schiebe ich schon mal gleich vorweg: Ich finde es ein Stück weit irritierend, dass hier auf Dinge vorgegriffen wird, wo wir uns doch erst perspektivisch damit auseinandersetzen.

Es geht uns allen, glaube ich, um die Sicherung einer wohnortnahen gesundheitlichen Versorgung. Das wird die Herausforderung sein, das haben die Vorredner schon gesagt. Wir haben das Phänomen einer älter werdenden Generation mit einem breiten Morbiditätsspektrum von chronischen Erkrankungen, Mehrfacherkrankungen. Dazu gehören auch Menschen mit Handicap und auch Menschen mit psychischen Erkrankungen. Das heißt, da nimmt der Versorgungsbedarf zu. Demgegenüber steht die sinkende Zahl der Hausärzte, aber auch bei steigender Zahl der Fachärzte und einer Konzentration von Ärzten in Ballungsgebieten. Ich denke, die Herausforderung wird sein, dieses Spannungsfeld der strukturschwachen Region im Gegensatz zu den Ballungszentren auszuloten.

Herr Schubert hatte das eben schon gesagt und, ich glaube, auch Frau Hesse, die Kassenärztliche Vereinigung hat einen Vergabeausschuss. Dem konnte ich fünf Jahre beiwohnen in meiner alten Tätigkeit, und ich habe das begleitet, wie es damals anfing. Die Ärzte werden älter, und jedes Mal war das Thema. Es wurde das Investitionsprogramm auf den Weg gebracht. Es sitzen sechs Berater aus der Selbsthilfe, also aus den unterschiedlichen Patientenbereichen dabei. Ich denke, es muss eine Herausforderung sein, hier Entwicklungen vorzunehmen. Und das wird möglicherweise eben nicht nur der Hausarzt sein, sondern, wie auch Herr Schubert und Frau Hesse sagten, ein Konglomerat aus verschiedenen Angeboten. Das geht nicht mehr anders. Wir brauchen eine integrierte Versorgung.

Die Frage ist auch: Kann es perspektivisch Tandempraxen geben? Welche Rolle übernehmen die Institutsambulanzen, die es vor Jahren auch nicht gab? Ich persönlich finde, eine ganz wichtige Frage ist zum einen: Ist der Verteilungsschlüssel pro Kopf, wie wir ihn jetzt haben, noch der ausschlaggebende oder müssen wir perspektivisch nicht andere Komponenten mit einführen, wie Morbiditätsquote und Mobilität? Also gibt es dort einen neuen Quotienten, um zu sagen, wir brauchen in dünn besiedelten Gebieten einen anderen Versorgungsschlüssel als in den Städten?

Sie alle haben das vor Jahren mitbekommen, die Versorgung von Psychotherapeuten hat sich ein wenig verbessert. Aber wenn wir die Verteilung im Land sehen, dann ist es so, dass es zwar eine Gebietskörperschaft gibt, aber die Verteilung in dieser sehr, sehr unterschiedlich ist. Von daher sagen wir als Bündnisgrüne, dass wir uns ganz intensiv für Multifunktionseinrichtungen einsetzen, für die Weiterentwicklung, wenn es den Bereich Pflege gibt, weil auch dort gibt es Ärzte, und ich denke, es wird

unsere Aufgabe sein, dieses zu begleiten. Aber das, denke ich, wird die Herausforderung sein, in der Enquetekommission diesen Prozess zu begleiten.

Ihr Antrag, den Sie vielleicht als einen, wie hieß es eben, „Rückenwind“ betreiben, ist dafür aber dann zu unspezifisch, weil, Frau Stramm, Sie haben nicht einen einzigen konkreten Vorschlag gemacht.

(Beifall Julian Barlen, SPD – Zuruf von Karen Stramm, DIE LINKE)

Also dass die Hausarztsituation so ist, wie sie ist, dass sie nicht gut ist, das wissen wir alle. Aber die Frage ist doch perspektivisch: Wie können die Krankenschwestern zum Beispiel spezialisiert werden? Gibt es dort neue Ansätze, die wir heute noch gar nicht kennen? Wie kann die Notwendigkeit echter Substitution umgesetzt werden? Was braucht man dafür, um weiterhin eine Qualität zu haben? Und was machen wir mit den Damen und Herren im ländlichen Bereich? Also wie gesagt, ich finde das Herangehen ein wenig irritierend.

Abschließend noch die Pressemitteilung der Sozialministerin – sie ist ja eben darauf eingegangen –, den Landkreis Vorpommern-Greifswald hinsichtlich der ärztlichen Versorgung zu untersuchen. Mich würde interessieren: Was sind die Auswahlkriterien? Warum hat man sich für diesen Bereich entschieden? Was spricht dafür? Was verspricht man sich davon? Und gibt es vielleicht auch eine Vergleichsregion? Es wäre immer ganz gut zu schauen, was habe ich in einem Landkreis, der aufgestellt ist wie Vorpommern-Greifswald mit der ärztlichen Versorgung, und was ist beispielsweise in den Ballungszentren? Und weiter gefragt: Gibt es nicht neue Entwicklungen oder Strategien, um doch den Beruf des Hausarztes zu stärken? Weil, wie gesagt, die Entwicklung, dass wir immer mehr Spezialisierung, immer mehr Fachärzte haben, das ist möglicherweise gut, aber perspektivisch ist die Frage: Sind das die Ärzte, die wir in diesem Land brauchen?

Ich denke, gerade die Hausarztversorgung wird von Interesse sein. Ich möchte auch ein gutes Beispiel dafür nennen – Herr Schubert hatte auch eins genannt –, dass es auch funktionieren kann. In der Selbstverwaltung zum Beispiel in der Gemeinde Pinnow hat man sich eindeutig dafür ausgesprochen, dass dort eine Hausarztambulanz eingesetzt wird. Dort werden die Rahmenbedingungen für die junge Ärztin geklärt. Dazu gehören eine Kita, eine Schule und dazu gehört Infrastruktur. Von daher denke ich, das Hausarztproblem – in Anführungsstrichen – darf man nicht isoliert sehen, sondern man muss es immer zusammen mit der Infrastruktur sehen. Ich denke, das werden wir dann in der Enquetekommission machen, weil die Intention unserer Meinung nach die richtige ist, der Antrag aber sehr, ja,

(Julian Barlen, SPD: Sagen Sie es ruhig! – Zuruf von Karen Stramm, DIE LINKE)

dünn, sehr unspezifisch ist, also sehr unspezifisch. Meine Fraktion wird sich bei dem Antrag enthalten, aber in der Enquetekommission auch weiterhin engagiert mitarbeiten. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Barlen von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung widmet sich – und das habe ich auch den Ausführungen meiner Vorrednerinnen und Vorredner entnommen – selbstverständlich einem sehr wichtigen und einem sehr relevanten Thema für unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Aber:

Erstens. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE ignoriert weitgehend die faktischen Zuständigkeiten in der Selbstverwaltung, also Kassenärztliche Vereinigung, Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, und vor allem ignoriert der vorliegende Antrag der LINKEN zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung deren laufende Detailplanungen und die regelmäßigen Feststellungen dieser Gremien zur Über- und Unterversorgung. Ich sage in diesem Zusammenhang, Frau Stramm, bewusst „ignorieren“, weil Sie sich mit der Kleinen Anfrage 6/3305 zu diesem Thema „Ärztliche Bedarfsplanung“ durch das zuständige Gesundheitsministerium haben umfänglich ins Bild setzen lassen. Das heißt, Sie lassen sich berichten, wie es läuft, schlagen das dann in den Wind und schreiben diesen Antrag. Das war der erste Punkt.

Zweitens. Ich bin ebenfalls – wie Frau Ministerin, wie auch die Kollegin Gajek, wie Herr Schubert – der Auffassung, dass der Antrag zu einer Unzeit kommt. Gerade haben wir uns in der Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ gemeinsam auf den Weg gemacht, uns mit der mittel- und langfristigen Perspektive der medizinischen und der pflegerischen Versorgung zu befassen. Und in der Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ hat DIE LINKE beim Thema „Ärztliche und pflegerische Versorgung“ zugestimmt, dass wir uns zunächst ein Status-quo-Gutachten der Universitäten in Greifswald und Neubrandenburg, das bereits vorliegt, und zudem einen Entwurf über konkrete Maßnahmen, der wird dann Anfang des nächsten Jahres beraten, dass wir uns diese Ausführungen zu Gemüte führen und dann im Rahmen einer breit aufgestellten Anhörung mit allen Akteuren, also beispielsweise mit den Krankenkassen, mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung, mit der Ärztekammer, mit Vertreterinnen und Vertretern der Pflege, mit den Krankenhäusern, mit vielen mehr, also dass wir mit allen Akteuren, die im Land Mecklenburg-Vorpommern diese sehr wichtige Aufgabe bearbeiten, gemeinsam diskutieren. Wie gesagt, da hat DIE LINKE zugestimmt in der Enquetekommission. Und jetzt sollen wir auf Antrag der LINKEN im Landtag heute darüber befinden, dass die Landesregierung diesen ganzen Prozess, der im Augenblick läuft, vorwegnehmen soll.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Alles kaputtmachen!)

Ja, da kommen selbst die Mikrofone hier in Mitleidenschaft.

(Heiterkeit und Zuruf von Ministerin Birgit Hesse)

Das macht in meinen Augen keinen Sinn und das ist nicht mit einer seriösen Herangehensweise an dieses wichtige Thema vereinbar.

Drittens. Der Antrag der LINKEN ignoriert zusätzlich das, was in der Tat durch das zuständige Ministerium von Frau Ministerin Hesse geleistet wird, Stichworte: Konzertierte Aktion, Nachwuchsgewinnung durch vermehrte Ausbildung von Allgemeinmedizinerinnen, durch die Bindung von ärztlichem und übrigens auch pflegerischem Personal im ländlichen Raum – die Ärzte alleine werden es nicht bewerkstelligen können –, durch innovative Versorgungskonzepte, Praxisnetze, Berufsausübungsge

meinschaften und so weiter, und das alles, auch darauf sind meine Vorrednerinnen und Vorredner eingegangen, sektorenübergreifend in Kooperation mit der Selbstverwaltung und der kommunalen Familie als regionale Lösungen. Denn, das hat ebenfalls Frau Ministerin Hesse völlig zu Recht betont, die Versorgungslage in den Regionen in unserem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ist durchaus vielfältig, sehr unterschiedlich, es gibt nicht die Versorgungssituation in Mecklenburg-Vorpommern.

Frau Stramm, übrigens auch in zehn Jahren wird es nicht die Versorgungssituation in Mecklenburg-Vorpommern geben, sondern es wird solche Regionen geben, wo es eine gute Versorgung gibt, und es wird solche Regionen geben, wo es durchaus ernsthafte Herausforderungen zu meistern gilt.

In diesem Sinne waren sich, wie ausgeführt, zuletzt Anfang dieses Monats die Mitglieder der Konzertierten Aktion, also die Vertreterinnen und Vertreter der Kostenträger, Ärztekammer, KV, Krankenhausgesellschaft und auch das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales einig, dass Lösungen für eine Befriedigung dieser unterschiedlichen medizinischen Bedarfe zunächst modellhaft im Landkreis Vorpommern-Greifswald entwickelt und erprobt werden sollen. Die Ministerin hat bereits öffentlich gemacht, dass die Ergebnisse dieser Herangehensweise zusätzlich noch mit der Arbeit der Enquetekommission synchronisiert werden sollen. Das halte ich für sehr sinnvoll, darüber freue ich mich und das kann man nicht ausblenden, wenn man hier zu diesem vorliegenden Antrag diskutiert.

Also muss ich in der Summe sagen, der Antrag „Strategieplan zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung vorlegen“ ist alles andere als rund und blendet die maßgeblichen Prozesse, die im Land stattfinden, aus. Ich bin der Meinung, so einfach kann sich die Opposition das Thema nicht machen, und deshalb lehnen wir den Antrag ab. – Herzlichen Dank.