Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

Wir werden diesem Antrag deswegen zustimmen, weil wir, wie ich schon gesagt habe, die EU für ein höchst zweifelhaftes betrügerisches Konstrukt internationaler Prägung halten, weil nicht nur in Italien nachweislich Straßen gebaut wurden, die es gar nicht gibt, weil in Griechenland und Spanien irgendwelche Südfrüchte angebaut wurden, die dann direkt auf die Müllhalde gefahren wurden, wo also der Zweck der Produktion die Verschrottung oder die Entsorgung war und damit Millionen Subventionsgelder eingesteckt wurden. Wir sind gegen die EU, weil sie die Völker Europas knechtet, in eine Währung zwingt, und dies ganz besonders zum Nachteil unserer Nation, nämlich der deutschen.

(Thomas Krüger, SPD: Deswegen wollen so viele Länder jetzt der EU beitreten, ne?!)

Wir sagen aber auch ganz klar, dass wir selbstverständlich, solange wir diese EU haben, ein engmaschiges Netz der Überprüfung brauchen, ob die Gelder zweckgemäß verwandt worden sind. In diesem konkreten Fall sind wir jedoch der Meinung, dass hier der Generalverdacht mehr oder weniger durch solch eine Maßnahme ausgesprochen wird, dass also jeder Unternehmer, der einen Antrag auf Fördergelder stellt, dann automatisch in den Fokus von Überwachungsmaßnahmen kommt. Deswegen halten wir in diesem Fall den Antrag der CDU-SPD-Koalition für vernünftig, werden uns da Ihrem Wunsch anschließen und zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Eifler von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache keinen Hehl daraus, es erfüllt mich schon etwas mit Freude, dass die demokratischen Fraktionen dieses Landtages unserem Antrag gegenüber die Zustimmung erklärt haben.

(Michael Andrejewski, NPD: Die Nationale Front.)

Das erfüllt mich mit Freude.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und es ist richtig – Frau Borchardt, sie ist leider nicht im Raum, aber sie hat es gesagt –, ja, es geht um politischen Rückenwind, um parlamentarischen Rückenwind einerseits für die Landesregierung,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Braucht sie doch nicht. Der Rückenwind hat die Regierung schon von der Bank geweht.)

bei dem Thema weiter aktiv zu sein, andererseits aber eben auch um parlamentarischen Rückenwind gegen den Generalverdacht gegenüber all den redlichen, fleißigen Unternehmerinnen und Unternehmern in unserem Bundesland und darüber hinaus in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb ist dieser Antrag so wichtig und deshalb freue ich mich, dass er so eine Zustimmung bekommt.

Zu der Wirtschaftskompetenz, zu der Wahrnehmung des Herrn Saalfeld die Wirtschaftskompetenz der CDU betreffend: Herr Saalfeld, ich habe in der Kürze der Zeit einfach reflektiert und muss sagen, in den zurückliegenden drei Jahren ist mir nicht ein Antrag eingefallen, den Sie eingereicht haben, der unsere Unternehmerinnen und Unternehmer wirtschaftlich unterstützt.

(Heiterkeit und Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was war denn mit dem Breitband-Antrag gestern?)

Soweit zur Wirtschaftskompetenz der Bündnisgrünen hier in dem Hause.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was war mit dem Breitband- Antrag gestern? Was haben Sie gemacht? Nichts haben Sie gemacht!)

In der Einbringung habe ich einiges zum Thema Subsidiarität vorgetragen und gesagt, dass die bestehenden Prüfmechanismen zuverlässig und damit ausreichend sind. Dies wurde ebenfalls vom Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus Harry Glawe in seiner Rede umfassend bestätigt.

Ich bin der Auffassung, dass die bestehenden Kontroll- instanzen absolut genügen, damit Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern ihre Aufgaben zur Betrugs- und Korruptionsbekämpfung so weit wie möglich selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen können. Dass dies nicht nur mein subjektives Empfinden ist, sondern dass der EU-Korruptionsbekämpfungsbericht, das Justizbarometer und die Empfehlungen zum Report zum Schutz der finanziellen Interessen der EU zu genau dieser Einschätzung gelangen, hatte ich bereits vorgetragen. Ich habe auch einige Sätze zum Bürokratieabbau gesagt.

Die mit ARACHNE verbundene Datenerhebung, die Datenübertragung und Datenauswertung sind mit einem erheblichen Mehraufwand bei den nationalen Behörden verbunden. Zumindest bei der Datenerhebung und Datenübertragung sind auch die potenziellen Zuwendungsempfänger betroffen. Der unternehmerfeindliche Generalverdacht führt also zu Bürokratiekosten. Für kleine und mittlere Unternehmen, die in unserem Bundesland sehr verbreitet sind, also die deutliche Mehrheit in diesem Land, und zum Beispiel für Unternehmensgründer, die wir in der

neuen EFRE-Förderperiode hier in Mecklenburg-Vorpom- mern ja besonders fördern wollen, kann dieser Aufwand regelrecht erdrosselnd wirken. Und wenn ein solcher Aufwand dann auch noch ohne jeden konkreten Anlass erbracht werden soll, dann ist das eben unternehmerfeindlich, und das benenne ich hier auch ganz klar so.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, worüber ich heute noch nicht gesprochen habe, ist die Zuverlässigkeit der Daten, zum Beispiel, wenn sie durch private Auskunfteien erhoben oder ermittelt werden. Ich habe nicht nur Zweifel an der Verhältnismäßigkeit, sondern auch an der Wirksamkeit von IT-Systemen wie ARACHNE. Ich berufe mich dabei auf entsprechende Experteneinschätzungen. Die Experten ziehen in Zweifel, dass Zuwendungsempfänger hinsichtlich ihrer Betrugsanfälligkeit mittels zuverlässiger und gültiger Indikatoren bewertet werden können. Ein Zusammenhang der Indikatoren, mit denen ARACHNE operiert, mit Betrug und Korruption wird also angezweifelt. Das bedeutet, das Ergebnis der Risikobewertung mit Einsatz zweifelhafter Instrumente liefert noch nicht einmal einen belastbaren Erkenntniswert, sondern eben nur Mehraufwand, Verletzungen des Prinzips der Subsidiarität und datenschutzrechtliche Probleme.

Aufgrund dieser Befürchtungen sollte dieses von der EU geplante Überwachungssystem gar nicht erst herangezogen werden. Mit ihm lassen sich keine zuverlässigen förderrechtlichen Konsequenzen für Mittelempfänger er- mitteln. Selbst wenn ARACHNE nur als Benchmark, also als Bezugs- oder Vergleichswert herangezogen werden sollte, lehnt die CDU-Fraktion dieses System ab, denn die geplanten Verfahren stehen im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit dem Daten- und dem Geheimnisschutz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige Sätze zum weiteren Vorgehen in dieser Angelegenheit sagen. Die Wirtschaftsministerkonferenz hat sich mit diesem Thema bereits im Juni 2014 befasst und sich gegen eine anlasslose Überprüfung durch ARACHNE oder vergleichbare IT-gestützte Systeme positioniert, meine Vorredner sind darauf eingegangen. Im Rahmen der Bund-Länder-Gespräche wird dieses Thema über die heutige Landtagssitzung hinaus aktuell bleiben. Mit diesem Landtagsantrag hat die Landesregierung eine klare Stellungnahme und Aufforderung des Landtages zur Verhinderung eines Generalverdachtes gegenüber EU-Mittelempfängern erhalten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genauso ist es.)

Es ist nach wie vor zu befürchten, dass in der Praxis der Prüfung ARACHNE indirekt als Referenzsystem herangezogen wird. Deswegen ist es wichtig, dass sich Mecklenburg-Vorpommern nicht nur durch die Landesregierung, sondern auch durch den Landtag gegen dieses Anliegen positioniert.

(Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

Hierfür werbe ich und bitte um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/3421(neu). Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/3421(neu) mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Strategieplan zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung vorlegen, Drucksache 6/3425.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Strategieplan zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung vorlegen – Drucksache 6/3425 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Stramm von der Fraktion DIE LINKE.

(Die Abgeordnete Karen Stramm spricht bei abgeschaltetem Mikrofon. – Heinz Müller, SPD: Mikro! Mikro! – Peter Ritter, DIE LINKE: Mikro, Frau Präsidentin!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mecklenburg-Vorpommern ergraut. Unsere Ärzte sind vom steigenden Durchschnittsalter nicht ausgenommen. In unserem Bundesland sind Hausärzte, also diejenigen, die die ärztliche Grundversorgung in der Regel leisten, im Durchschnitt 54 Jahre alt und ein Viertel hat den 60. Geburtstag bereits hinter sich. Der Generationswechsel bei den Hausärzten ist also absehbar. Das wäre an sich kein Problem, wenn jeder Hausarzt, der in den verdienten Ruhestand geht, auch einen Nachfolger findet. Das ist jedoch leider heute schon nicht mehr der Fall. In den letzten zehn Jahren schlossen bereits etwa 160 Hausarztpraxen in Mecklenburg-Vorpommern mangels eines Nachfolgers endgültig.

Wahrscheinlich fragen Sie jetzt, welche Möglichkeiten hat denn hier die Landespolitik. Wir sind doch nicht das richtige Gremium, schließlich gibt es für die ambulante Versorgung die Kassenärztliche Vereinigung und die hat auch in Mecklenburg-Vorpommern den Sicherstellungsauftrag. Das ist zwar richtig, allerdings: Wenn die Landespolitik jetzt keine Verantwortung übernimmt und das Problem nicht konsequent angegangen wird, gerät die Situation möglicherweise endgültig außer Kontrolle.

Hier zur Verdeutlichung der Brisanz noch einige Fakten:

Nach den Daten der Kassenärztlichen Vereinigung gehen in den nächsten fünf Jahren etwa 200 Hausärzte in Mecklenburg-Vorpommern in den Ruhestand. Das wird vor allem in den Regionen um Neubrandenburg, Teterow und Güstrow, aber auch um Wismar der Fall sein. Wenn diese Hausärzte keinen Nachfolger finden, droht diesen Gebieten in absehbarer Zeit die hausärztliche Unterversorgung. Dem gesamten Land droht diese dann in 10 bis 15 Jahren, wenn wir nicht endlich Lösungen finden.

Die bisherigen Instrumente reichen offensichtlich für die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung nicht aus. Und dies ist leider keine Besonderheit von MecklenburgVorpommern. In seinem diesjährigen Bericht stellt der Sachverständigenrat Gesundheit fest, dass es in allen

Bundesländern zu wenige junge niederlassungswillige Hausärzte, gerade für ländliche Regionen, gibt. Hausärzte sind hier eine höchst begehrte Mangelware.

Wenn Mecklenburg-Vorpommern in dieser Situation seinen guten Versorgungsgrad erhalten will und wenn auch Menschen in ländlichen Regionen weiterhin einen Hausarzt in erreichbarer Nähe haben sollen, dann muss die Landesregierung stärker eingreifen. Die bedarfsgerechte ärztliche Versorgung gehört zweifelsfrei zur allgemeinen Daseinsvorsorge und hieraus ergibt sich die ordnungspolitisch begründete Verantwortung der Landesregierung.

Die Linksfraktion hat zur Frage, wie wir in MecklenburgVorpommern die hausärztliche Versorgung auch in Zukunft sichern können, Überlegungen angestellt. Dazu mehr in der folgenden Diskussion. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Frau Hesse. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Sehr geehrte Frau Stramm, Sie sprechen in Ihrem Antrag eine Entwicklung an, mit der sich mein Haus ständig intensiv auseinandersetzt. Insofern danke ich Ihnen für die Gelegenheit, an dieser Stelle darüber reden zu können.

In der medizinischen Versorgung unseres Landes geht der Trend hin zu einem Stadt-Land-Gefälle. Es gibt die gut versorgten städtischen Regionen, in denen selbst Spezialangebote für alle gut erreichbar zur Verfügung stehen, und es gibt die dünn besiedelten ländlichen Gebiete, wo in einigen Teilen bereits die Grundversorgung schwierig sicherzustellen ist.

Die Entwicklung der Altersstruktur, die auch vor den Hausärzten, Sie sagten es, nicht haltmacht, forciert dieses Auseinanderdriften. Und ich gebe Ihnen recht, sich darauf zu berufen, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Verteilung der niedergelassenen Ärzte im Land steuert, reicht als Antwort nicht aus, wenn es um die Fragen nach der zukünftigen hausärztlichen Versorgung geht. Aber anders als Sie glaube ich nicht, dass uns von oben diktierte Strategiepläne an dieser Stelle weiterhelfen. Und auch durch die Bedarfsplanung allein lassen sich keine Ärzte gewinnen.

Genau darum geht es aber: Wie gewinnen wir junge Medizinerinnen und Mediziner für die Weiterbildung als Allgemeinmediziner? Und wie können wir diese Allgemeinmediziner dann in unserem Land halten und sie im besten Fall auch noch dafür begeistern, in einer ländlichen Region zu praktizieren? Aus meiner Sicht brauchen wir dafür regionale Lösungen, schließlich stellt die Situation sich auch in den Regionen unterschiedlich dar.

Anfang des Monats war die hausärztliche Versorgung das Schwerpunktthema der Konzertierten Aktion einer von mir geleiteten Runde aus Vertreterinnen und Vertre