Protokoll der Sitzung vom 10.12.2014

Frau Polzin, die Rolle der obersten Aufklärerin ist Ihnen natürlich nur schwerlich abzunehmen, wenn Sie eben vorher über Monate gemauert haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Kein Mensch hat gemauert! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wie kommen Sie darauf? Das ist Ihr subjektiver Eindruck.)

Und ich frage Sie mal ganz konkret: Wie soll die Verdunkelungsgefahr eigentlich aussehen?

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Wie soll die Verdunkelungsgefahr konkret aussehen, wenn das Finanzministerium selbst schon mit den Investoren eng zusammenarbeitet, um überhaupt an Informationen heranzukommen? Die Investoren haben der Landesregierung ja erlaubt, die Daten bei den Banken abzurufen. Also da gibt es eine enge Zusammenarbeit, und die Investoren wissen schon längst, dass die Landesregierung hier Nachforschungen betreibt.

Also, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte das für ein vorgeschobenes Argument, dass die Öffentlichkeit nicht informiert werden dürfe, weil ansonsten die Investoren wüssten, woran die Landesregierung arbeitet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Ministerin schon ganz eng mit den Investoren zusammenarbeitet, dann ist dieses Argument ein vorgeschobenes Argument und absolut unglaubwürdig.

Und, Herr Gundlack, zu den Geheimpapieren: Es gibt keine Geheimpapiere. Das sind alles Akten, die aus dem Bestand der Landesregierung stammen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und CDU – Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes, Drucksache 6/3244, und hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf Drucksache 6/3529. Hierzu liegen Ihnen Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf den Drucksachen 6/3545, 6/3546, 6/3547, Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE auf den Drucksachen 6/3559, 6/3560, 6/3561 und 6/3562 sowie ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/3563 vor.

Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 6/3244 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur (7. Ausschuss) – Drucksache 6/3529 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/3545 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/3546 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/3547 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/3559 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/3560 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/3561 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/3562 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU – Drucksache 6/3563 –

Das Wort zur Berichterstattung hat die Vorsitzende des Bildungsausschusses Frau Ulrike Berger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag befindet heute über eine weitere Novellierung des Schulgesetzes. Seit dem ersten Schulreformgesetz im Jahr 1991 ist es in der Schulgesetzgebung des Landes mehrfach zu Änderungen gekommen, zuletzt 2012. Offensichtlich haben dabei selbst die Landesregierung und die Koalition den Überblick über alle bisher beschlossenen Änderungen verloren, da zu Beginn der Ausschussberatung zum vorliegenden Gesetzentwurf festgestellt werden musste, dass auf diversen Portalen der Landesregierung unterschiedliche Fassungen des Schulgesetzes veröffentlicht waren

(Torsten Renz, CDU: Sie sprechen als Ausschussvorsitzende. Das wissen Sie, ne?)

und die Koalition ihren vorliegenden Gesetzentwurf auf der Grundlage der falschen Fassung erarbeitet hat.

Der Landtag hat den aktuellen Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/3244 in seiner 74. Sitzung am 17. September 2014 federführend an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und zur Mitberatung an den Finanzausschuss überwiesen.

Bereits in der 56. Sitzung am 3. September 2014 hat der Bildungsausschuss, vorsorglich der Überweisung, über das Verfahren beraten und beschlossen, am 29. Okto- ber 2014 eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf sowie zum Thema „Gegenwärtige und künftige finan- zielle Situation der Schulen in freier Trägerschaft in Mecklenburg-Vorpommern“ durchzuführen. Die Anzahl der Anzuhörenden wurde dabei auf 22 begrenzt.

An der Anhörung nahmen insgesamt 13 Sachverständige teil, darunter der Landesverband der Arbeiterwohlfahrt Mecklenburg-Vorpommern, die Schulstiftung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, das Diakoniewerk Neues Ufer, die Gesellschaft für Struktur- und Arbeitsmarktentwicklung, die Bernostiftung, der Verband Deutscher Privatschulen, das Diakonische Werk Meck

lenburg-Vorpommern, die Seminargesellschaft für Wirtschaft und Soziales, die Montessori-Schule Greifswald, die BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, das Evangelische Schulzentrum Martinschule, die Berufsfachschule Greifswald und die Jenaplanschule Rostock.

Die Auswertung dieser Anhörung fand dann am 5. Novem- ber 2014 statt und die abschließende Beratung zum Gesetzentwurf in der 62. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur am 26. November 2014. Diese Beratung führte der Bildungsausschuss gemeinsam mit dem Finanzausschuss durch, da aufgrund vorliegen- der finanzrelevanter Änderungsanträge zu erwarten war, dass gemäß Paragraf 55 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages die Einholung einer weiteren Stellungnahme des Finanzausschusses erforderlich ist und fraktionsübergreifend kein Interesse daran bestand, das Gesetzgebungsverfahren zu verzögern.

Die Notwendigkeit der Novellierung haben die Fraktionen der SPD und CDU damit begründet, bestehende recht- liche Unsicherheiten, die im Zusammenhang mit dem Erlass der Ersten Verordnung zur Änderung der Privatschulverordnung im August 2013 entstanden sind, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auszuräumen und Rechtsfrieden herzustellen. Des Weiteren würden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Regelungen zur Privatschulfinanzierung auf eine ausreichende und rechtssichere gesetzliche Grundlage gestellt.

In der öffentlichen Anhörung zeigte sich die überwiegende Mehrheit der Sachverständigen mit zahlreichen Regelungen des vorliegenden Gesetzentwurfes nicht zufrieden. Begrüßt wurde zunächst, dass die Finanzhilfen für die freien Schulen berechenbarer und einfacher gestaltet würden, sich das Verwaltungsverfahren hinsichtlich des Nachweises der verwendeten Finanzhilfe verringern und der Finanzhilfesatz zur Ermittlung der Finanzhilfe für die beruflichen Bildungsgänge Altenpflege, Heilerziehungspflege, Kinderpflege, Kranken- und Altenpflege sowie Gesundheits- und Krankenpflege auf 80 Prozent angehoben werde.

Kritisch ist von allen Sachverständigen unter anderem angemerkt worden, dass die erstmalige Evaluierung im Jahr 2022 zu spät und nicht sachgerecht sei, dass die im Gesetzentwurf vorgegebene Frist „31. März“ bis zu der durch die Vorlage eines Prüfvermerkes einer Wirtschaftsprüferin beziehungsweise eines Wirtschaftsprüfers nachgewiesen werden solle, dass die Finanzhilfe ausschließlich für schulische Zwecke verwendet wurde, kaum eingehalten werden könne und auch die im Gesetzentwurf angegebene Frist „31. Dezember“, bis zu der alle Ersatzschulträger den Nachweis der Fördertatbestände ihrer Schülerinnen und Schüler vorlegen sollen, nicht eingehalten werden könne, weil die Träger über die Abläufe des Diagnostischen Dienstes nicht verfügen und lediglich den Antrag stellen können.

Ferner hat eine Vielzahl der Sachverständigen nicht nachvollziehen können, warum ausschließlich den Förderschulen die Kappungsbeträge für das Schuljahr 2013/2014 zurückgezahlt würden, da den anderen Schulen durch die Reduzierung der Finanzhilfen gleichfalls Finanzierungslücken entstanden seien. Bemängelt wurde von zahlreichen Sachverständigen ebenso, dass der Gesetzentwurf nicht vorsehe, dass die Privatschulen an dem vom Land ab dem Schuljahr 2014/2015 für das Schulsystem in Mecklenburg-Vorpommern bereitgestellten Bildungs-

paket in Höhe von 50 Millionen Euro jährlich partizi- pierten.

Darüber hinaus wies unter anderem der Landesverband der Arbeiterwohlfahrt darauf hin, dass bei der im Gesetzentwurf vorgesehenen Anpassung der Schülerkostensätze auf der festgeschriebenen Basis der Schülerkosten- sätze für das Schuljahr 2014/2015 die Gefahr bestehe, dass private Schulen von der Entwicklung in den staatlichen Schulen abgehängt würden.

Die Schulstiftung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland erklärte, dass sie die seitens des Landes geplanten Zuschläge für die Wahrnehmung von Schulleiteraufgaben zwar für sinnvoll erachte, diese Zuschläge aber nicht in die Berechnung der Mittel einfließen würden, die für die Schulleitung von Schulen in freier Trägerschaft vorgesehen seien.

Die AOK Nordost, die Gesundheitskasse und der Verband der Ersatzkassen sprachen sich dafür aus, in Mecklenburg-Vorpommern für Berufsschülerinnen und Berufsschüler eine vollständige Schulgeldfreiheit anzustreben.

Die Bernostiftung forderte, bei der Berechnung der Finanzzuweisungen sämtliche Personalausgaben zu berücksichtigen.

Der Verband der Deutschen Privatschulen Nord und auch die BDO AG Wirtschaftsprüfergesellschaft regten an, dass nicht nur Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer, sondern auch Steuerberaterinnen und Steuerberater die Bestätigung der ordnungsgemäßen Mittelverwendung testieren können sollten.

Das Diakonische Werk Mecklenburg-Vorpommern machte deutlich, dass es im Gesetzentwurf für einzelne Be- griffe keine unterschiedlichen Bezeichnungen geben sollte. Darüber hinaus sollte den Privatschulträgern gesetzlich ermöglicht werden, notwendige Rücklagen für den Ausgleich etwaiger Ertragsschwankungen bilden zu können.

Die Montessori-Schule Greifswald und das Evangelische Schulzentrum Martinschule erklärten, dass ihre Schulen keine Förderschulen seien, sie allerdings Kinder mit pädagogischen und sonderpädagogischen Förderbedarfen beschulten und die aktuelle Gesetzgebung verhindere, dass diesen Kindern die gleichen Möglichkeiten im Sonderschulwesen und im inklusiven Schulalltag gegeben würden. Soweit zu den in der öffentlichen Anhörung getätigten Ausführungen der Sachverständigen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme nun zu den Ergebnissen der Beratungen im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Im Nachgang der Anhörung waren von den Koalitionsfraktionen Änderungen in vier Pa- ragrafen beantragt worden, denen insgesamt zugestimmt wurde. Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben darüber hinaus weiteren Änderungsbedarf gesehen. Vonseiten der Fraktion DIE LINKE waren Änderungen in sechs Paragrafen und von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Änderungen in drei Paragrafen beantragt worden, die mit Ausnahme eines Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN alle abgelehnt wurden. Ferner wurden vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Änderungen in Artikel 2 des Gesetzentwurfes beantragt, die ebenfalls abgelehnt wurden.

Über den Regelungsgehalt des vorliegenden Gesetzentwurfes hinaus hat der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur mehrheitlich insbesondere beschlossen, jeweils die Formulierung „Zuschüsse“ in „Finanzhilfe“ und die Formulierung „Förderbescheid“ in „Finanzhilfebescheid“ zu ändern, die Überschrift des Paragrafen 128 in „Grundlagen und Berechnung der Finanzhilfe“ umzuformulieren, die Frist zur Vorlage eines Prüfvermerks einer Wirtschaftsprüferin oder eines Wirtschaftsprüfers vom 31. März auf den 30. Juni und die Ausschlussfrist vom 30. Juni auf den 30. September zu ändern, die Anrechnung von möglichen Refinanzierungsbeträgen auf die zu zahlende Finanzhilfe zu modifizieren, den Finanzhilfesatz für die beruflichen Bildungsgänge Rettungsassistenz und Notfallsanitäter auf 65 Prozent zu erhöhen und die Kostensätze alle fünf Jahre, beginnend mit Wirkung zum Schuljahr 2019/2020, neu zu berechnen und anzupassen. Die übrigen beschlossenen Änderungen sind redaktioneller Art.

Darüber hinaus hat der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur einer von den Fraktionen der CDU und SPD beantragten Entschließung einvernehmlich zugestimmt, mit der die Landesregierung aufgefordert wird, eine Entschädigung als Ausgleich an die Schule zu zahlen, sofern Lehrkräfte einer Ersatzschule beispielsweise im Rahmen von Wettbewerbsvorbereitungen in Aufgabenkommission oder an öffentlichen Schulen tätig werden, die den erforderlichen Zeitumfang berücksichtigt. Eine weitere Entschließung, die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt wurde, ist abgelehnt worden.

Als Ausschussvorsitzende bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung und der Entschließung zuzustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Berger.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Butzki für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal möchte ich mich bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, dass wir heute die vor uns liegende Schulgesetzänderung beschließen können. Mein besonderer Dank gilt dabei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bildungs-, Sozial- und Finanzministeriums, den Verantwortlichen des Ausschusssekretariates, den vielen Sachverständigen, Frau Berger hat sie ja vorhin alle aufgezählt, meinen Kolleginnen und Kollegen der Koalitions-, aber auch den beiden demokratischen Oppositionsfraktionen für die konstruktive Zusammenarbeit.

Diese Beschlussfassung ist ein gutes Ergebnis aus der Anhörung vom 29. Oktober und den vielen Gesprächen mit Schulträgern freier Schulen. Die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU haben zahlreiche Änderungswünsche in den Gesetzentwurf mit aufgenommen. Damit hat sich