Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Die Diskussion über das Rettungsdienstgesetz ist schon interessant, Herr Schubert, und auch die kleinen Seitenhiebe, die hier verteilt werden. Ich denke, es wurde Zeit, dass dieses Gesetz jetzt endlich novelliert wurde. Die Zeiten haben wir gehört und es gab letztendlich schon im vergangenen Jahr Handlungsdruck.
Auch wenn ich von der Opposition bin, freue ich mich immer, mit Frau Hesse zusammenzuarbeiten. Das ist auch ehrlich gemeint, weil ich denke, wir haben hier einen fairen Umgang miteinander. Das ist nicht immer so oder nicht überall, das ist vielleicht richtig gesagt, aber ich denke – das hat der Ausschuss gezeigt –, dass wir im Rahmen der Möglichkeiten, auch der Geschäftsordnung, so gearbeitet haben. Ich hätte natürlich immer gerne öffentliche Ausschüsse, das gibt es aber nicht. Wir können ja, wie gesagt, nicht alles haben.
Von daher, denke ich, dass das Rettungsdienstgesetz, so, wie es daliegt, gut ist, aber es hätte besser sein können. Wir Bündnisgrünen sehen da Verbesserungsbedarf. Ich denke, das gehört zum politischen Geschäft, nicht hinter verschlossenen Türen zu äußern, wo man den Verbesserungsbedarf sieht, sondern das Plenum dafür zu nutzen.
Ich möchte auf drei Punkte kommen. Das eine ist die Wasserrettung. Auch wir haben einen Änderungsantrag gestellt. Im Ausschuss ist darüber diskutiert worden, ob dieses Wörtchen „auf“ jetzt wirklich so wichtig ist. Wir haben gesagt, okay, es ist ein Kompromiss geschlossen worden, wir werden prüfen, ob das in der Zukunft so reicht. Ich denke, das werden auch die anderen demokratischen Parteien tun. Und ich hoffe, es wird keine Diskussion darüber geben, was das denn jetzt ist, wenn ein Boot auf dem Wasser ist und wenn derjenige ins Wasser fällt. Das war schon etwas, wo ich weiß, dass Herrn Jaeger das sehr wichtig war, dass das hineinkommt.
Aber es gibt einige Aspekte, wo wir Verbesserungsbedarf sehen. Das ist der Bereich der Ausbildung. Wir haben, wie Frau Hesse eben sagte, drei Privatschulen. Zurzeit werden 30 Notfallsanitäter/-innen ausgebildet. Wir meinen, das reicht nicht. Wir haben unseren Änderungsantrag gestellt, dass die Landesregierung Steuerungsverantwortung übernimmt und auch darüber nachdenkt, zusätzliche Ausbildungsplätze an staatlichen Schulen vorzusehen. Ich denke, gerade bei dem Bedarf ist das ein sehr konstruktiver Vorschlag.
Ein Zweites ist der Bereich der integrierten Rettungsdienstleitstellen, Herr Schubert ist schon in Teilen darauf eingegangen. Natürlich ist es notwendig, gerade wenn jetzt die Frist verändert wurde, dass die integrierten Rettungsleitstellen gut ausgerüstet sind und eine einheitliche Qualität vorweisen. So verstehen Sie bitte auch unseren Änderungsantrag, weil gerade dort ist die enorme Verantwortung. Sie entscheiden darüber, wer wann wohin und wie fährt. Gleichzeitig schlagen wir vor, hierfür ein strukturiertes modulares Bildungsangebot zu machen und ein einheitliches Berufsbild, nämlich das des Leitstellendisponenten, einzurichten. Wir halten das, wenn wir die Rettungskette so sehen, für einen sehr guten Vorschlag und ich werbe natürlich hier wieder darum.
Ich möchte noch auf einen dritten Punkt eingehen. Wir werden nämlich jetzt eine neue Überplanung haben, das heißt, wir brauchen neue Rettungsmittel. Wir werden Mehrbedarfe haben und auch eine Neuausrichtung der Rettungswachen. Von daher meinen wir, dass es nur ehrlich ist, die Konnexität in Anspruch zu nehmen, weil die Landkreise Mehrausgaben haben werden, wir jetzt das Gesetz haben und sie es umsetzen müssen. Wir dürfen sie da nicht alleine stehenlassen. So verstehen Sie bitte unsere drei Änderungsanträge! Ich bitte die SPD und die CDU, sich einen Ruck zu geben, diesen zuzustimmen.
Ansonsten gibt es noch einen Blick in die Zukunft, denn ich denke, dieses Rettungsdienstgesetz wird ein Bruchstück sein. Wir werden perspektivisch ganz andere Herausforderungen haben: Die Menschen werden älter und müssen häufiger zum Arzt. Auch das ist in der Enquetekommission schon diskutiert worden, inwiefern wir nämlich möglicherweise den Ärztlichen Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigung mit einbeziehen und ob wir perspektivisch für unser großes Bundesland vielleicht irgendwann nur noch eine Notfallrufnummer haben.
Ich denke, das sind große Aufgaben. Ich wünsche mir natürlich, dass die Empfehlungen, die wir in der Enquetekommission auf den Weg bringen, hier einfließen, denn ich denke, das ist eine Zwischenstation.
Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden dem Gesetz zustimmen und ich werbe nochmals für die Unterstützung unserer Änderungsanträge. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Enttäuschung über die Arbeit von SPD und CDU, vor allem in Bezug auf das vorliegende Rettungsdienstgesetz, ist sehr groß und verständlich. Die Notärzte bemängeln, dass die Regierungsfraktionen wichtigen Fragen aus dem Weg gehen und andere Regelungen, wie zum Beispiel die Rettungsfrist, für das ganze Land gesehen unter Beachtung der Rahmenbedingungen absolut unrealistisch erscheinen. Bereits jetzt dehnt die Landesregierung – SPD und CDU – diese Rettungsfrist aus.
Wenn man einige Bemerkungen in der Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ betrachtet, wird deutlich, wohin die Reise geht – wenn zum Beispiel SPD-Abgeordnete schon in öffentlichen Sitzungen bemerken, dass die Infrastruktur in der Fläche in Mecklenburg-Vorpommern mittelfristig nicht mehr finanzierbar sei und daher die Zentren gestärkt werden müssen. Andere Diskussionen dort, zum Beispiel in Bezug auf die gegebenenfalls notwendige Ausdünnung der Krankenhausstruktur, belegen, dass die politische Klasse, also SPD, CDU, DIE LINKE, DIE GRÜNEN und FDP, den ländlichen Raum schon längst aufgegeben haben.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oh Gott! Das wünscht ihr euch vielleicht, damit ihr euch da breitmachen könnt.)
Die Änderungen des Rettungsdienstgesetzes sind aus unserer Sicht erste Maßnahmen, Herr Ringguth, die gegen den ländlichen Raum gerichtet sind. Die Diskussionen über die Zentralisierung beziehungsweise Zusammenlegung von Leitstellen ist ja auch schon im Gange.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst mal haben wir hier gerade ein sehr typisches Beispiel der Herangehensweise der NPD-Fraktion erlebt: Im zuständigen Fachausschuss und auch in der Enquetekommission
kein Interesse, keine Rückfragen, keine Hinweise. Dann steckt man also offensichtlich den Kopf in den Sand, um hier im Landtag an das Pult zu treten und zu behaupten, es gäbe negative Rückmeldungen zu diesem Gesetz.
Es gibt aus der Reihe der Praktikerinnen und Praktiker in unserem Bundesland sehr positive Rückmeldungen zu diesem Gesetzesverfahren.
Ich möchte zunächst feststellen, meine Damen und Herren, auch ich freue mich für die SPD-Landtagsfraktion natürlich sehr darüber, dass wir im Sinne einer leistungsfähigen und im Sinne einer flächendeckend verfügbaren notfallmedizinischen Versorgung das Rettungsdienstgesetz heute in Zweiter Lesung im Landtag beraten. Und ich freue mich darüber, dass wir das gleich gemeinsam beschließen werden.
Als Landtag Mecklenburg-Vorpommern haben wir nach der wirklich guten Vorbereitung des federführenden Gesundheitsministeriums einen handwerklich nahezu einwandfreien Gesetzentwurf vorgefunden und einen Entwurf – das hat auch die fachliche Anhörung im federführenden Ausschuss ergeben –, der aufgrund der sehr frühzeitigen, sehr transparenten und vor allen Dingen auch der wiederholten Einbeziehung aller Praktiker des Rettungsdienstes, also der Krankenkassen, der Kommunen, der Anbieter des Rettungsdienstes, der Ärzte, der Krankenhäuser und einigen mehr, schon in der Entwurfsfassung weitgehend konsolidiert war und auch weitgehend auf die tatsächliche Praxistauglichkeit hin optimiert war.
An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich für diese Vorarbeit sehr herzlich bei Ministerin Hesse, bei ihrem Team im Haus und natürlich auch bei allen Praktikerinnen und Praktikern, die an der Erstellung dieses Gesetzes mitgewirkt haben, zu bedanken.
Meine Damen und Herren, das sehr gute Miteinander zwischen Landesregierung, dem Parlament und den Akteuren des Rettungsdienstes sorgt dafür, dass alle Menschen in unserem Bundesland auch zukünftig darauf vertrauen können, dass in einer medizinisch ernsten oder in einer lebensbedrohlichen Situation schnell fachkundige Hilfe zur Stelle ist. Die wesentlichen Inhalte des novellierten Rettungsdienstgesetzes sind bereits angesprochen worden, also die Stichworte „Rettungsdienst als eigenständiger Teil der Versorgungskette“, „Intensivtransport“, „Wasserrettung“, die neuen Aspekte des Notfallsanitätergesetzes, „Bereitstellung von Notärztinnen und Notärzten“, „Qualitätssicherung“.
Zusätzlich haben wir als Koalitionsfraktion in Auswertung der Anhörung noch mal die anerkannte Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen für eine gute und leistungsgerechte Bezahlung der Beschäftigten herausgear
beitet. Ich glaube, das ist auch vor dem Hintergrund der Diskussion in der Enquetekommission das richtige Signal, das im Gesetzestext gleich vornan zu stellen. Und wir haben darüber hinaus – auch Kollegin Gajek ist darauf eingegangen – die Rahmenbedingungen für eine modellhafte Erprobung neuer Versorgungskonzepte, beispielsweise im Lichte der Beratung in der Enquetekommission, geschaffen.
Meine Damen und Herren, zu den Regelungen der Hilfsfrist: Da, fand ich, ging es bei dem Redebeitrag der Oppositionsfraktion DIE LINKE etwas drunter und drüber. Die Hilfsfrist wird insgesamt im Gesetz realistischer gefasst, ohne dass sich für hilfsbedürftige Patientinnen und Patienten etwas ändern wird. Hier bitte ich wirklich darum, einmal das gesamte System der Hilfsfrist in den Blick zu nehmen.
Die Hilfsfrist von zehn Minuten bleibt erhalten. Neu ist an dieser Stelle, dass die Stoppuhr dann zu laufen beginnt, wenn das Rettungsmittel auch tatsächlich die Chance hat loszufahren. Die Stoppuhr für die zehn Minuten Hilfsfrist beginnt zu laufen, wenn der Disponent oder die Disponentin in der Leitstelle die Entscheidung getroffen hat, welches Rettungsmittel ausrücken soll. Dafür spricht allein aus praktischen und planerischen Erwägungen einiges. Und – das habe ich auch schon in der Einbringung in der Ersten Lesung zum Rettungsdienstgesetz gesagt – garantiert wird kein Mitarbeiter der Leitstellen durch diese praktische Regelung auch nur eine Sekunde länger mit der Alarmierung des geeigneten Rettungsmittels warten, als unbedingt zur Klärung des zugrunde liegenden Sachverhaltes notwendig ist. Das mal zur Hilfsfrist von zehn Minuten.
Hinzu kommt – und das ist für die gesamte Planung der Hilfe äußerst relevant –, dass durch die Träger des Rettungsdienstes zukünftig keine sogenannten weißen Flecke für besonders entlegene Orte aus der Statistik auskommentiert werden dürfen. Mehr noch, die Einhaltung der grundlegenden Hilfsfrist aller Einsätze im Jahresdurchschnitt wird ergänzt um eine obere Grenze, also um eine zweite Hilfsfrist.
In diesem Zusammenhang möchte ich explizit darauf hinweisen, Frau Stramm, dass die von Ihnen in der SVZ vertretene Meinung, dass die Hilfsfrist ja realistisch auch eigentlich auf zwölf Minuten erhöht werden könnte, Ihre Einzelmeinung ist.