Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Herr Müller, es ist doch billig, hier zu argumentieren, welcher Seniorenrat oder welche Vereinigung soll denn die Senioren präsentieren. Wir haben den Landesseniorenrat, darauf kann man sich doch verständigen! Es geht um ein Miteinander der Generationen und das ist der Garant für eine erfolgreiche Zukunft von Mecklenburg-Vorpom- mern. Aber auch hier verweigern Sie die Mitarbeit. Warum eigentlich? Warum die Weigerung, diese noch zusätzlich in dem Medienausschuss mitarbeiten zu lassen?

Einige von uns, ich war dabei, hatten die Gelegenheit, an einer Sitzung des Medienausschusses teilzunehmen, sodass wir uns überzeugen konnten, wie engagiert die Kolleginnen und Kollegen dort arbeiten.

Meine Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, Sie haben heute noch die Mög

lichkeit, „den Medienausschuss“ nicht „zum zahnlosen Verwaltungsannex“ werden zu lassen, wie der DGB es in seiner Pressemitteilung vom 9. März beschrieben hat. Stimmen Sie unseren Änderungsanträgen zu, Sie werden es brauchen für einen starken, quotierten und die Gesellschaft besser darstellenden Medienausschuss! Tun Sie es nicht, blamieren Sie sich nicht nur selbst,

(Michael Andrejewski, NPD: Wohlfahrtsausschuss.)

sondern Sie blamieren das Land Mecklenburg-Vorpom- mern, und das kann ich einfach mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Saalfeld.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke auf jeden Fall Herrn Holter für die sehr dezidierte Analyse und den sehr dezidierten Vortrag des Gesamtkomplexes. Da ist schon vieles angesprochen worden. Ich möchte dennoch auf einige Punkte eingehen, die insbesondere uns GRÜNEN sehr wichtig sind.

Der DGB hat vor wenigen Tagen erklärt, dass das neue Landesrundfunkgesetz nicht mehr auf der Höhe der Zeit sei. Diese Feststellung unterstützen wir GRÜNE natürlich absolut. Ich möchte das noch mal an zwei Beispielen konkretisieren und verdeutlichen. Das erste Beispiel ist Folgendes, Herr Holter hat es schon angesprochen:

Wir haben sehr viele neue Entwicklungen im Bereich der Medienlandschaft. Die Digitalisierung führt zum Beispiel bei den Rundfunkkanälen und Rundfunksendern dazu, dass es immer mehr Sparten gibt, aber immer weniger regionale Sender. Und wir stellen auch gerade in Mecklenburg-Vorpommern fest, dass immer weniger regionale Nachrichten hier im Land produziert werden. Also ich will jetzt keine Namen nennen, aber viele Radiosender, deren Nachrichten, werden gar nicht mehr in MecklenburgVorpommern produziert, die Nachrichtenstudios sitzen ganz woanders, in ganz anderen Bundesländern. Dieses Problems müssen wir uns annehmen, und es gibt tatsächlich auch Bundesländer, die gehen das aktiv an. Bayern fördert zum Beispiel regionale Nachrichten. Nordrhein-Westfalen will mit seinem neuen Rundfunkgesetz eine Stiftung aufbauen, um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken und in Zukunft vor allem auch Nachrichten aus der Region zu stärken. Das finde ich einen neuen Weg, das finde ich interessant, aber hier schweigt unser Landesrundfunkgesetz, hier werden keine Lösungen präsentiert, und deswegen ist dieses Gesetz nicht auf der Höhe der Zeit.

Zweites Beispiel: die Zusammensetzung des Medienausschusses. Wir haben es ja gerade schon gehört, dieser soll mit Personen besetzt werden, die möglichst vielfältige gesellschaftliche Perspektiven und Erfahrungshorizonte in den Medienausschuss einbringen. Das sieht auch das Bundesverfassungsgericht so.

Und das möchte ich Ihnen noch mal ganz kurz vortragen. Es hat zum Landesrundfunk – das hab ich gleich, ach ja, hier –, es hat zum ZDF-Fernsehrat ein Urteil getroffen

und hat dort Maßstäbe benannt, die auch auf die Aufsichtsgremien der Landesmedienanstalten anzuwenden sind, also für unseren Medienausschuss. Danach ist die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten am Gebot der Vielfaltssicherung auszurichten. Der Gesetzgeber hat dafür zu sorgen, dass bei der Bestellung der Mitglieder dieser Gremien möglichst unterschiedliche Gruppen und dabei neben den großen, das öffentliche Leben bestimmenden Verbänden auch die kleinen Gruppierungen Berücksichtigung finden.

Am Ende der Stellungnahme des Landkreistages, Herr Müller, findet sich dann auch der Hinweis, dass es angesichts der gestiegenen Bedeutung der Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland sinnvoll sein könnte, den Migrationsorganisationen eventuell gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat einen Sitz im Medienausschuss einzuräumen. Diesen Vorschlag haben wir aufgegriffen und in Form eines Änderungsantrages Ihnen heute hier vorgelegt. In der Stellungnahme des Flüchtlingsrates heißt es hierzu – und das möchte ich Ihnen gerne zitieren –: „Da die gesellschaftliche Realität des faktischen Einwanderungslandes Deutschland und damit auch MecklenburgVorpommern vor allem künftig durch mehr ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger geprägt wird, sollte aus unserer Sicht auch der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vor- pommern als eine der neu entsendenden Organisationen in den Gesetzestext aufgenommen werden.“ Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Stellungnahme des Kulturnetzwerkes e. V. und Radio LOHRO heißt es ähnlich. Radio LOHRO bringt noch einen weiteren Vorschlag mit ein, nämlich einen sogenannten Bürgersitz einzuführen, damit sozusagen wandelnden zivilgesellschaftlichen Realitäten besser Rechnung getragen werden kann, zum Beispiel, dass ein solcher Bürgersitz auch mal von einer Bürgerinitiative besetzt werden kann.

(David Petereit, NPD: MVgida.)

Auch diesen Vorschlag haben wir aufgenommen und haben ihn hier in einem Änderungsantrag vorgelegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche JournalistenVerband haben in den vergangen Tagen jedoch nicht nur kritisiert, dass das vorliegende Gesetz nicht auf der Höhe der Zeit ist, sondern auch technisch schlecht gemacht ist. Und auch hier möchte ich Ihnen zwei Beispiele nennen.

Zum Ersten die Frauenquote, die ja hier schon zu erhitzten Gemütern geführt hat. Wir GRÜNE sind völlig un- verdächtig, dass wir gegen eine Frauenquote argumentieren.

(Jochen Schulte, SPD: Wieso das denn?)

Was wir aber nicht abkönnen, ist eine schlecht gemachte Frauenquote. Und hier müssen wir einfach feststellen, diese Frauenquote ist keine Frauenquote, sondern eine Geschlechterrotation, die auch dazu führen kann, dass ein bestimmtes Geschlecht in den Nachteil tritt.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, um Gottes willen, das ist ja ganz schrecklich!)

Ja, das ist keine Frauenquote. Das ist kein gutes Gesetz, Herr Ringguth.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Rotationsregelung wird dazu führen, dass auch mal mehr Männer im Ausschuss sitzen, und könnte auch dazu führen, dass sich Strukturen verfestigen. Wenn zum Beispiel bestimmte Organisationen keine Frauen benennen können, wird möglicherweise dieser Ausschuss geschlechtertechnisch immer hin und her switchen. Das, finde ich, ist auch keine gute Entwicklung.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Zweites Beispiel: Die Begrenzung der Wiederwahl führt in ihrer Konsequenz zu einem lebenslangen Verbot, diese ehrenamtliche Tätigkeit auszuüben, sofern jemand schon zwei Amtszeiten im Medienausschuss war. Das finde ich schräg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Koalition braucht sich doch jetzt nicht im nächsten Tagesordnungspunkt mit einer Ehrenamtsstiftung zu beschäftigen, wenn sie gleichzeitig engagierten Ehrenamtlern mit einem lebenslangen Ausübungsverbot droht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kann sie. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wieso lebenslang?)

Ja, das kann sie offensichtlich, aber diesen Widerspruch, den sehe ich zumindest und den thematisiere ich hier, denn den finde ich problematisch.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Herr Müller, wenn Sie uns GRÜNEN vorwerfen, warum wir gegen diese eigenartige Rotationsregelung seien, obwohl wir GRÜNEN doch immer dafür gewesen seien: Wir sind tatsächlich gegen Verkrustungen, aber auch gegen ein so schlecht gemachtes Gesetz. Und, Herr Müller, bei allem Respekt, Sie sitzen seit 1998 in diesem Landtag, seit 16,5 Jahren,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

da würde ich mich ein bisschen zurückhalten, die GRÜNEN zu kritisieren, die seit 2011 in diesem Parlament sitzen, und ihnen nicht vorhalten, dass sie sich gegen die Rotation aussprechen. Wir sprechen uns ganz dezidiert gegen ein schlecht gemachtes Gesetz aus.

Ich fasse mal ganz kurz zusammen: Wir haben eine Frauenquote, die den Männern nützt, wir haben ein lebenslanges Ausübungsverbot für Ehrenamtler, und wir haben ein Gesetz vorliegen, was nicht auf der Höhe der Zeit ist. Diesem können wir nicht zustimmen.

Und jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, fragen Sie sich vielleicht, warum liegt denn überhaupt so ein schräges Gesetz vor. Ja, es geht nicht um die Frauen und es geht nicht um die Verkrustung oder um das Auswechseln von Personen. Es geht um den Machtkampf in der Medienanstalt und im Medienausschuss, und das finde ich sehr bedauerlich, dass die Koalition das offensichtlich mitmacht. Es geht darum, Personen aus bestimmten Gremien herauszukanten. Das wissen Sie alles ganz genau.

Ich finde es schwierig, wenn die Koalition dieses Spiel mitmacht, obwohl doch eigentlich überhaupt kein Bedarf besteht, diese Frauenquotierung, diese schlechte Frau

enquotierung, die Geschlechterrotation, diese Rotationsregelung einzuführen, denn – das finden Sie ja alles wunderschön in den entsprechenden Stellungnahmen im Innenausschuss – wenn Sie sich das anschauen: Seit 2012 sitzen in dem Medienausschuss, Entschuldigung, seit 2002, ich korrigiere das, seit 2002, seit über 13 Jahren sitzen mehr Frauen als Männer in dem Ausschuss. Wir brauchen da also gar keine Regelung. Oder aber, wir haben 2002 acht neue Mitglieder gegenüber drei alten Mitgliedern gehabt. 2012 waren es sechs neue Mitglieder gegenüber fünf alten Mitgliedern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben da eigentlich keinen Regelungsbedarf, und wir sehen, dieser Regelungsbedarf wird künstlich generiert, um einen Machtkampf voranzutreiben, um Personen aus dem Medienausschuss herauszuhalten beziehungsweise rauszuschieben. Das finde ich traurig, dass sich die Koalition dafür hergibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden natürlich einem solchen Gesetz, was der Kungelei dient, nicht ehrlich ist und auch noch technisch schlecht gemacht ist, unsere Zustimmung versagen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Moment! Ich möchte noch dem Parlament eine Chance geben.

(allgemeine Heiterkeit – Heinz Müller, SPD: Herzlichen Dank! Da freuen wir uns aber alle. – Udo Pastörs, NPD: Sehr großzügig.)

Ich beantrage – das ist ja möglich –,

(Heinz Müller, SPD: Ist denn schon Ostern?)

ich beantrage, dass dieser Gesetzentwurf nochmals in den Innenausschuss zur Beratung überwiesen wird, damit wir dann in einer Dritten Lesung vielleicht über ein besseres Gesetz entscheiden können. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Andrejewski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Hauen und Stechen ist im Gange zwischen den verschiedenen Machtcliquen, wer denn nun die Posten im Landesmedienrat besetzen darf. Es geht um die Kontrolle der privaten Rundfunk- und Fernsehanbieter und die Vergabe der Sendelizenzen. Alle Cliquen gehören zum Block der Linientreuen und sind sich einig – trotz Rosa Luxemburg –, Andersdenkende draußen zu halten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Lassen Sie mal Luxemburg aus dem Spiel!)

Aber untereinander sind sie sich nicht grün, weil der Futterneid größer ist als die Gemeinsamkeit der sogenannten Demokraten.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)