Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

und viertens, um hierdurch für eine nicht überschaubare Anzahl vorhandener oder eben auch nicht vorhandener privater oder kommunaler Interessenten und deren eventuellen Nutzungsvorstellungen eine vielleicht überhaupt nicht nachgefragte Grundlage zu schaffen, ist eine nicht zu verantwortende Verschwendung der ohnehin knappen Personal- und Finanzressourcen dieses Landes.

(Beifall Martina Tegtmeier, SPD – Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sind solche Bahnimmobilien, Herr Kollege Jaeger, welche jeweils aktuell durch die DB AG und deren Töchter tatsächlich zur Veräußerung anstehen, im Internet nachzulesen. Für eine entsprechende Nachnutzung können dann auch die je nach konkreter Nutzungskonzeption in Betracht kommenden unterschiedlichsten Fördermöglichkeiten des Landes in Anspruch genommen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Lück.

(Torsten Renz, CDU: Ich glaube, sie ist noch schneller.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der vergangenen Wahlperiode befassten wir uns mit den Bahnliegenschaften und auch mit der Bahnkonvention. Bei beiden Anträgen von CDU und SPD beziehungsweise der FDP ging es vorrangig um für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigte Empfangsgebäude von Bahnhöfen. Deshalb könnte ich mich mit Verweis auf diese beiden Anträge kurzfassen.

(Torsten Renz, CDU: Aber?!)

Das Land kann, und da stimme ich mit dem Vorredner überein, mit dem Antrag das geforderte Konzept der Entwicklungsperspektiven für Bahnhofsgebäude natürlich nicht erstellen. Das Land ist, das hat Herr Schulte auch schon gesagt, weder Eigentümer der Bahnhöfe noch in etwaige Verkaufsprozesse involviert. Die Bahnhöfe sind entweder Bahneigentum – und das gibt es auch noch, Herr Schulte – oder zwischenzeitlich in kommunales oder auch in privates Eigentum überführt worden.

(Heinz Müller, SPD: So ist das.)

Der Erhalt von Bahnhöfen hat nichts mit dem Erhalt der Bahnstrecken zu tun. Für den Bahnbetrieb sind die Bahnhöfe zumeist nicht mehr nötig, darum stehen sie ja auch leer. Auch gibt es völlig unterschiedliche Zuständigkeiten. So ist für das Schienennetz die DB Netz AG und für die Bahnhöfe die DB Station&Service AG zuständig. Das Land bestellt die Bahnverbindungen. Damit ist das Wesentliche gesagt.

Aber ganz so einfach mache ich es mir dann doch nicht. 2008 beabsichtigte die Bahn, von 59 Empfangsgebäuden im Land lediglich 15 – das war auch die damalige Aussage schon, ich habe damals zum selben Thema geredet – zu behalten und 44 zu verkaufen. Scheinbar ist dieser Plan noch nicht vollständig umgesetzt worden – das muss man ja erst mal hier so festhalten –, denn unlängst las ich, dass die Bahn bis 2017 insgesamt 29 Empfangsgebäude verkaufen will, beispielsweise die Bahnhöfe Wesenberg, Züssow und der Gemeinde Neddemin bei Neubrandenburg werden auf dem Internetportal als Kaufobjekte angeboten. Aber auch die Bahnhöfe in Malchin, Ribnitz-Damgarten, Schwaan, Pasewalk, Plüschow und Sassnitz stehen laut Pressemitteilung zum Verkauf.

Für mich stellt sich die Frage: Gehören Mittel- und Grundzentren zum ländlichen Raum oder fallen die nicht unter den Antrag? Ich finde es schon wichtig, dass wir solche Fragen noch mal diskutieren, auch im Ausschuss. Deshalb würden wir dem Überweisungsantrag zustimmen.

Seit den beiden Anträgen aus den Jahren 2008 und 2009 wechselten einige der Bahnhofsgebäude den Eigen- tümer. So kaufte im Jahr 2010 die Stadt Teterow den Bahnhof. Der Minister hat darauf verwiesen, hat das Beispiel auch ausgeführt. Man könnte andere Beispiele bringen, wie den Bahnhof Sternberg. Der wurde von einem privaten Eigentümer saniert und wird seitdem den Vereinen der Stadt kostenfrei übergeben. Selbst ein Fledermausquartier wurde eingerichtet. Der Wariner Bahnhof ist heute hochwertiger Wohnraum. Im Gadebuscher und Loitzer Bahnhof lässt es sich gut essen

(Peter Ritter, DIE LINKE: Loitz, bitte, Loitz! – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und Grevesmühlen.)

und auch der Bützower Bahnhof wurde im vergangenen Jahr von einem örtlichen Landwirt gekauft, der dort Gewerbe und Mietwohnungen etablieren will.

Das sind nur einige positive Beispiele. Ich könnte natürlich noch viele mehr bringen. Und ob Kommune oder privat, bisher wurde sehr verantwortungsvoll und behutsam mit der Bausubstanz umgegangen und überwiegend auch eine öffentliche Nutzung ermöglicht. So konnte ein Stück Eisenbahngeschichte erhalten werden. Das halte ich auch für wichtig. Das ist das Grundanliegen dieses

Antrages, das haben wir auch so verstanden und das tragen wir selbstverständlich mit. Auch wir wollen die Bahnhöfe erhalten, denn diese Bahnhöfe haben in der Regel eins gemeinsam: Sie liegen im Zentrum von Orten, sie prägen das Ortsbild, sie sind baukulturell und natürlich -geschichtlich von hoher Bedeutung und stehen oftmals auch unter Denkmalschutz.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Leider gibt es eine Reihe von Empfangsgebäuden, die leer stehen und deutliche Spuren von Vandalismus aufweisen. Diese ehemaligen Schmuckstücke sind zu Schandflecken verkommen oder – noch schlimmer – sie sind bereits der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Denn ist der Zustand zu marode, werden Gebäude aus der Denkmalliste gestrichen und dürfen abgerissen werden. So lassen sich natürlich auch Probleme lösen, sage ich jetzt mal ganz ironisch, aber das ist genau das, was wir auch nicht wollen.

Den Eigentümer Deutsche Bahn kümmert es wenig. Das liegt auch an dem Geflecht der Bahn. Die Deutsche Bahn AG ist lediglich eine Dachgesellschaft, das Konzernoberhaupt. Daneben existieren die fünf ausgegliederten selbstständigen Unternehmensbereiche. Jedes Tochterunternehmen hat besondere Zuständigkeiten. So ist es Aufgabe der DB Station&Service AG, Bahnhöfe und Haltestellen zu warten und zu betreiben, und sie hat die Aufgabe, alle Bahnhöfe, die nicht betriebsnotwendig sind, abzustoßen. Beim Eisenbahnbundesamt ist das Entwidmungsverfahren zu beantragen. Erst nach einer Entwidmung geht die Planungshoheit auf die Kommunen über. Die Deutsche Bahn Immobiliengesellschaft ist für die Veräußerung zuständig.

Dieser Weg ist sehr lang und ist meiner Meinung nach äußerst intransparent. Deshalb sollten wir auch darüber im Ausschuss reden. Das Deutsche-Bahn-Geflecht hat potenzielle Käufer jahrelang hängen lassen. Die Verhandlungen waren nicht nur zäh, es fanden schlichtweg über Jahre auch keine statt. Insofern ist es schon positiv, dass der Erwerb von Empfangsgebäuden nun einfacher zu sein scheint. Aber in jedem Fall erfolgt der Verkauf nach Höchstgebot. Maximalgewinn ist die Devise der Bahn. Das ist eine Spätfolge der Bahnprivatisierung, die nun über 20 Jahre her ist.

Beispielsweise wollte die Stadt Waren seit Jahren das Empfangsgebäude direkt von der Bahn kaufen, aber der verlangte Kaufpreis war einfach viel zu hoch. Dann ersteigerte ein privater Käufer für deutlich weniger Geld das Empfangsgebäude. Die Stadt nahm ihr Vorkaufsrecht wahr und strebt nun eine öffentliche Nutzung, etwa als Touristeninformation und Gastronomie an.

Die Kommunen haben bei jeglichen Verkäufen das Vorkaufsrecht und wir meinen, das ist auch gut so. Leider lässt die Finanzlage der Kommunen es aber oft nicht zu, dieses Vorkaufsrecht auch wahrzunehmen. Deshalb mutet die im Antrag vorgeschlagene Fragebogenaktion mit der Absicht abzufragen, ob die Kommunen Interesse an der Entwicklung ihres Bahngebäudes oder dessen Wiederbelebung haben, geradezu grotesk an, muss ich mal so sagen. Welche Kommune hätte denn kein Interesse daran? Es liegt also nicht am Willen, es mangelt nicht an Ideen, sondern es fehlt eindeutig das Geld. Deshalb appelliere ich an die Landesregierung, betroffene Kommunen zu unterstützen.

(Dietmar Eifler, CDU: Das macht sie doch auch.)

Der Minister hat schon gesagt, es wird gemacht. Aber zu welchen Teilen?! Ich meine, das reicht noch nicht aus. Wenn Kommunen ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen wollen, dann müssen sie dabei auch finanziell unterstützt werden.

(Harry Glawe, CDU: Ich lade Sie zum Tee ein und dann besprechen wir das.)

Da, wo es möglich ist, sollten wie auch bisher Mittel aus der Städtebauförderung fließen – das hat der Minister schon gesagt –, ein Konzept, meinen wir, wäre dazu nicht notwendig.

Am Montag haben Sie allerdings, Kollege Jaeger, noch einen draufgesetzt. Sie haben gefordert, die Strafzahlungen von Bauunternehmen an das Land in den Erhalt der Wiederbelebung leer stehender Bahngebäude zu stecken. Ein 10-Millionen-Programm für Bahnhöfe hätte schon Charme. Ich meine, es ist aber zurzeit nicht realistisch,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

denn die Vertragsstrafen sind Teil des Gesamtbudgets der Regionalisierungsmittel und fließen in den Schienenpersonennahverkehr.

Mehr Mittel für den Denkmalschutz würden meine Fraktion und ich natürlich sehr begrüßen, so für Guts- und Herrenhäuser,

(Andreas Butzki, SPD: Wir brauchen das Geld für Breitband.)

das ist schon immer unser Standpunkt gewesen, aber auch für Bahnhöfe, und ich schließe da auch nicht die Postämter aus,

(Torsten Renz, CDU: Auch noch.)

wenn ich zum Beispiel an das sehr schöne Postamt in Anklam denke.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Also es gibt richtig gute Dinge, die wir haben im Land und die es auch wert sind, erhalten zu werden.

(Harry Glawe, CDU: Da haben wir doch gerade saniert. Also ich weiß nicht, was das Beispiel jetzt soll.)

Das Anliegen dieses Antrags teilen wir. Aus den genannten Gründen können wir Ihrem Antrag aber nicht zustimmen. Wir würden aber einer Überweisung zustimmen und meinen, es ist auch sehr zielführend, im Ausschuss genau über diese Probleme noch einmal zu reden. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Eifler.

(Andreas Butzki, SPD: Jetzt ist alles gesagt. Jochen hat alles gesagt.)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind uns einig,

(Egbert Liskow, CDU: Ja.)

dass der Zustand zahlreicher Bahnhofsgebäude und Bahnhofsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern einen hohen Sanierungsbedarf aufweist und dadurch die Ortsbilder teilweise verschandelt werden. Herr Jaeger, das ist so. Wenn man mit dem Zug fährt, ist das schon traurig hier und da, das anzusehen.

(Andreas Butzki, SPD: Dietmar, du fährst doch aber immer Auto.)

Jetzt gibt es aber auch ein Aber dazu, denn aufgrund mangelnder Nutzungsmöglichkeiten oder mangelnder Wirtschaftlichkeit wurden viele Anlagen sich selbst überlassen. Das ist dann auch so. Dabei spielen die Eigentumsverhältnisse, ob Deutsche Bahn AG oder Privateigentümer, kaum eine Rolle.

Dass es aber auch anders geht, hat unser geschätzter Wirtschaftsminister Harry Glawe hier deutlich gemacht. Und – Regine Lück ist schon raus – wenn es darum geht, Gemeinden zu unterstützen, dann erfolgt das. Aber es muss natürlich gewährleistet sein, dass eine vernünftige Nachnutzung gegeben ist, ansonsten ist es vollkommen unverantwortlich, da öffentliches Geld hineinzugeben, wo eine spätere Folgenutzung nachhaltig nicht nachgewiesen ist und nicht vorliegt. Von daher ist das ein Wunschdenken und nicht zielführend.

Auch in der zurückliegenden Legislaturperiode hat sich der Landtag mit der Situation der Bahnhöfe und Bahnhofsanlagen in unserem Land befasst. Auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll nunmehr durch die Landesregierung „ein zukunftsfähiges Konzept“ für eine attraktive Entwicklung von Bahnhofsgebäuden im ländlichen Raum und den Erhalt bestehender Bahnstrecken erarbeitet werden. Herr Jaeger, Sie haben das so vorgetragen. Auch das ist ein Wunschdenken, was natürlich dem einen oder anderen sehr dienlich wäre, aber wir reden auch hierbei über nachhaltigen Umgang mit öffentlichem Geld und mit den Veräußerungen.

Völlig außer Acht gelassen wird, dass die Landesregierung für die Bahnhofsgebäude und -anlagen nicht zuständig ist. Zuständig sind vielmehr die Deutsche Bahn AG oder die Privateigentümer, welche ab dem Jahre 2008 im Rahmen der Verwertungsinitiative der Deutschen Bahn AG diese Grundstücke erworben haben. Wenn auch schon heute die Landesregierung alle Maßnahmen zur Revitalisierung von Bahnhöfen unterstützt – ich komme noch mal auf die Ausführungen von Minister Glawe zurück –, stellt sich jedoch weiterhin die Frage, inwieweit ein Konzept des Landes trägt. So ist die künftige Nutzung von Bahnbetriebsflächen und Bahnhöfen im Wesentlichen von Planungen der einzelnen Bahninfrastrukturunternehmen und den derzeitigen Eigentümern der Anlagen abhängig.