Neben dem Nichtraucherschutz rücken das Verhindern des Raucheinstiegs und die eigenständige Auseinandersetzung der Heranwachsenden mit dem Thema Rauchen in den Fokus suchtpräventiver Bemühungen. Die Aus- einandersetzung mit dem Thema Nikotin erfolgt zum Beispiel im Rahmen des „Landesprogramms für die gute gesunde Schule“. Alle Studien belegen, dass Alkohol und Zigaretten Einstiegsdrogen für Cannabisprodukte, Ecstasy und harte Drogen sind. Wir müssen deshalb schon sehr früh mit der Suchtprävention beginnen. Ein junger Mensch, für den Zigaretten und Alkohol kein Thema sind, wird nur in den seltensten Fällen zu illegalen Drogen greifen.
Es ist sehr positiv, dass es uns in den letzten Jahren gelungen ist, durch gute Projekte im Land die Zahl der Betroffenen beim sogenannten Komasaufen zu reduzieren. Allerdings, das will ich ausdrücklich sagen, ist jeder Fall immer noch ein Fall zu viel. Wir sind mit dem Modellprojekt „Hart am LimiT“ (HaLT) sehr erfolgreich. Es ist ein effektives Konzept, das seit 2009 in sechs Kommunen umgesetzt wurde und seit 2012 auf alle Landkreise und kreisfreien Städte in M-V erweitert wurde. Worum geht es bei HaLT? Es geht darum, dass, wenn Kinder und Jugendliche aufgrund des Komasaufens in Kliniken eingeliefert werden, direkt mit Sozialarbeitern noch am Krankenbett darüber gesprochen wird, herausgefunden wird, wo lag die Ursache, und daran gearbeitet wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch der Konsum von Cannabisprodukten hat in Mecklenburg-Vor- pommern in den vergangenen Jahren abgenommen. Die Ergebnisse der „Europäischen Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen“ zeigen das. Der Jahresbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung zeigt für das gesamte Bundesgebiet bei jungen Leuten bis zum 17. Lebensjahr einen ähnlichen Trend.
Und es ist erfreulich, dass die Prävalenzdaten in Mecklenburg-Vorpommern auch rückläufig sind. Drogen- und Suchtprävention ist nur dann sinnvoll, wenn sie zu den Jugendlichen hinkommt. Deshalb ist es auch von so großer Bedeutung, die Regionalisierung zu erweitern. In einzelnen Regionen unseres Bundeslandes mag es sicherlich noch das eine oder andere zu verbessern geben. Unter Berücksichtigung der neuen Kreisgebietsstruktur gelangt die regionale Ebene in den Fokus und muss gestärkt werden, um Mecklenburg-Vorpommern als Flächenland zu berücksichtigen.
Es gibt ein Trainingsprogramm „CAN Stop“. Es wurde gemeinsam mit der Universität Rostock und dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg entwickelt und es richtet sich an junge Cannabiskonsumierende zwischen 14 und 21 Jahren. Und ich nehme die Profession und die Erfahrung gerade der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Rostock und auch des Deutschen Zentrums für Suchtfragen an der Uniklinik Hamburg sehr ernst, und man muss es ernst nehmen und darf es nicht banalisieren, wenn sie sagen, wir müssen auch beim Thema Cannabiskonsum etwas tun. Dieses Projekt „CAN Stop“ thematisiert besonders die Bedeutung Gleichaltriger bei problematischem Cannabiskonsum. Das Programm wurde 2011 als eine der besten Ideen prämiert im Rahmen des Wettbewerbs unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten „365 Orte im Land der Ideen“.
In Anlehnung an unser HaLT-Projekt, was sehr erfolgreich ist, werden wir ein neues Modell „Regionale Suchtprävention stärken“ auflegen, gefördert durch das Sozialministerium mit jährlich 100.000 Euro, vorbehaltlich Ihrer Zustimmung zum Haushaltsentwurf. Damit sehen wir eine Anschubfinanzierung von jeweils 10.000 Euro pro Kommune vor. Also an dieser Stelle können Sie ganz konkret die Suchtprävention im Land unterstützen.
Erforderlich sind auch eine landesweite Koordinierung zur Ausbildung von Suchtpräventionsfachkräften in allen Landkreisen und kreisfreien Städten und die kommunale Vernetzung aller Beteiligten. Um die Präventionsarbeit zielgruppenspezifisch und adäquat auszurichten, fördert die Landesregierung die ESPAD-Studie einer internatio
nalen Schülerbefragung zum Konsum von Alkohol, Tabak und illegalen Drogen. Wir erwarten in Kürze die aktuellen Daten für das Jahr 2011.
Es wird ein wichtiges Anliegen bleiben – der Landesregierung und meiner Arbeit ganz persönlich –, Kinder und Jugendliche vor illegalen und legalen Drogen zu schützen, und deshalb sind wir alle gemeinsam aufgerufen, in diesen Fragen Kindern und Jugendlichen ein positives Vorbild zu sein.
An der Stelle appelliere ich noch einmal an die Abgeordneten der NPD-Fraktion, die die Frechheit besitzen, hier öffentliche Veranstaltungen zu machen und dabei Alkohol auszureichen. Ich meine, es zeugt ja von Selbstkritik, dass Sie erkannt haben, dass man Ihre Stände nur unter Alkohol ertragen kann,
(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
aber trotzdem würde mir als Sozialministerin, der Sie auch gelegentlich Fragen zur Alkoholprävention stellen, sehr am Herzen liegen, dass es gerade die Abgeordneten dieses Landtages unterlassen, in öffentlichen Veranstaltungen Alkohol auszuschenken.
Mein zweiter Appell geht an die Gesellschaft, vor allem an die Eltern, dass wir uns darüber bewusst sein müssen, dass unser freizügiger Umgang mit Alkohol und Nikotin natürlich in keiner Weise Vorbild für Kinder und Jugendliche sein kann und dass wir an dieser Stelle auch eine Verantwortung haben, nicht Kindern und Jugendlichen Dinge zu verbieten, sondern an dieser Stelle eben selbst auch Vorbild zu sein. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr ge- ehrte Damen und Herren! Es ist gut, dass die Koalitionäre das Thema aufrufen, und ich darf Ihnen sagen, dass auch wir Maßnahmen zur Aufklärung und Prävention auf dem Gebiet der Sucht- und Drogenpolitik unterstützen. Ärgerlich ist jedoch, dass Sie die Komplexität von Sucht- und Drogenpolitik in Ihrem Antrag missachten. Und die Ministerin hat jetzt das nachgeholt, nämlich in der Breite mal darzustellen, worum es geht, was eigentlich der Antrag hätte leisten müssen. Ärgerlich ist weiterhin, dass Sie unprofessionell mit dem Thema umgehen,
und noch ärgerlicher ist, dass Sie auf diesem Feld der Gesundheitspolitik etwas zu machen vorgeben, was Sie tatsächlich jedoch nicht tun. Das werde ich nachher noch
Zunächst aber ein Blick in die Parlamentsgeschichte: Im Oktober 2008 beehrten Sie seitens der Koalition das Plenum letztmalig mit Fragen der Sucht- und Drogenpolitik. Seinerzeit waren Sie um einiges geistreicher. Sie wollten Kinder und Jugendliche vor illegalen und legalen Drogen schützen und eine Alkohol- und Tabakprävention ausbauen. Was ist daraus geworden? Wie wirksam sind Ihre Aktivitäten? Ihr Antrag lautet nunmehr lediglich: „Konsequente Anti-Drogenpolitik und Suchtprävention fortsetzen“.
Etwas fortsetzen, Herr Schubert und Herr Liskow, etwas fortsetzen, ohne es zuvor hinreichend analysiert zu haben, ist jedoch politisch fahrlässig. Nun, Seriosität ist an dieser Stelle Ihre Sache nicht. Wäre sie es, würden Sie Fragen der Sucht- und Drogenpolitik nicht fortwährend einengen. Ging es Ihnen 2008 fast ausschließlich um Alkohol und Tabak, kämpfen Sie nun gegen Cannabisprodukte, und dann parteipolitisch in bestimmte Richtungen.
In Ihrem Antrag, Herr Kokert, verlieren Sie kein Wort zu exzessivem Alkoholmissbrauch, krankhaftem Tabakkonsum und pathologischem Glücksspiel.
Vielleicht, weil Ihnen die lapidaren Sätze, Herr Kokert, in Ihrem Koalitionsvertrag bereits genügen, und Ihnen erst jetzt lediglich aufgefallen ist, dass Sie in eben diesem nichts zum Umgang mit Cannabisprodukten vermerkt haben,
vielleicht aber auch, weil Ihre Bilanz auf diesem Gebiet so miserabel aussieht. Denn es haben sich allein die Krankenhausfälle aufgrund von alkoholbedingten psychischen und Verhaltensstörungen zwischen 2002 und 2007 bei den 10- bis 15-jährigen Kindern um 46 Prozent und bei den 15- bis 20-jährigen Heranwachsenden gar um 230 Prozent erhöht. Vielleicht gehen Sie so bruchstückhaft mit dem Thema Sucht- und Drogenpolitik um, weil Sie selbst nicht so genau wissen, was gehauen und gestochen ist.
(Vincent Kokert, CDU: Na, da brauchen wir aber von Ihnen gerade keine Belehrung, ne?! – Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Michael Andrejewski, NPD)
Dann schauen Sie sich mal die virtuelle Gesundheitsberichterstattung an. Es ist nichts davon zu finden, wie es um das Thema Cannabiskonsum denn nun wirklich im Land steht. Worüber reden Sie denn eigentlich? Ihre Antidrogenpolitik, der Name sagt es schon, ist rein repressiver Art.
Nach aktuellen Angaben des Europäischen Monitoringzentrums für Drogen und Drogenabhängigkeit (European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction) gibt die BRD jährlich 1,6 Milliarden Euro für Strafverfolgung von Drogendelikten aus. Demnach entfallen auf Mecklenburg-Vorpommern 33,6 Millionen Euro für Strafverfolgung durch Polizei und Justiz.
Wie steht es hingegen um die präventiven Maßnahmen? Frau Ministerin hat eine Reihe einzelner Projekte aufgezählt.
Dem Sozialhaushalt des Landes ist zu entnehmen, wir haben hier für Prävention ganze 2,64 Millionen Euro. Rechnen wir das, was für Prävention in Kita und Schule zur Verfügung steht, überschlägig hinzu, kommt man in etwa auf ein Verhältnis von 80 Prozent der Landesmittel für Repression und 20 Prozent für Sucht- und Drogenprävention. Ein umgekehrtes Verhältnis wäre vernünftig.
Einerseits verbieten Sie konsumverbundene Verhaltensweisen mit Cannabisprodukten, andererseits wollen Sie im Einzelfall von Strafverfolgung absehen. Sanktionen nach Gusto also. Haben Sie – und das ist mir jetzt wichtig – schon einmal ernsthaft darüber nachgedacht, dass gerade Ihre widersprüchliche Verfolgungs- und Sanktionspraxis zur Problemverschärfung führt? Der blühende Schwarzmarkt, Herr Kokert, verhindert jegliche Kontrolle.
(Vincent Kokert, CDU: Aha! – Michael Andrejewski, NPD: Da muss die Kontrolle eben verstärkt werden.)
Ob die Cannabisprodukte von Pilzen befallen sind, ob ihnen Pestizide beigemengt sind, kann keiner kontrollieren, denn es handelt sich ja um verbotene Substanzen. Fragwürdige Beimengungen als Folge der Illegalität sind gefährlicher als das, was eigentlich geraucht wird.
Eine legale und kontrollierte Abgabe könnte bewirken, dass sowohl die Inhaltsstoffe als auch die THC-Wirk- grenze nach zuvor festgelegten Grenzwerten eingehalten werden. Hierdurch könnte verhindert werden, dass gesundheitsschädliche Streckmittel beigemengt oder für unerwünscht erachtete THC-Grenzwerte überschritten werden,