Protokoll der Sitzung vom 24.04.2015

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/3941 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/3941 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3905 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3905 bei gleichem Stimmverhältnis abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Südbahn-Weiter- betrieb sichern – Modellvorhaben auf den Weg bringen, Drucksache 6/3894.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Südbahn-Weiterbetrieb sichern – Modellvorhaben auf den Weg bringen – Drucksache 6/3894 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Südbahn hat Zukunft!

(allgemeine Unruhe)

Dieser Antrag hat nicht etwa zum Ziel …

(Glocke der Vizepräsidentin)

Dieser Antrag hat nicht zum Ziel, den Todeskampf der Südbahn zu verlängern. Dieser Antrag soll eine Überbrückung solange sichern, bis wieder ein durchgehender Bahnbetrieb in Landesverantwortung möglich ist.

Noch immer liegt kein integrierter Landesverkehrsplan vor. Meine Erwartung ist, dass darin ein aus rein verkehrlicher Sicht notwendiges, landesbedeutsames Netz für den öffentlichen Verkehr festgelegt wird. Das war auch Gegenstand unseres Antrages in der vergangenen Sitzung des Landtages. Das muss die Hauptstrecken, sowohl schienen- als auch straßengebunden, umfassen, ein Landesnetz, unabhängig von starrer Aufgabenträgerschaft. Und da sage ich ganz deutlich: Die Mecklenburgische Südbahn von Hagenow-Stadt über Ludwigslust– Parchim–Lübz–Malchow–Waren bis nach Neustrelitz ist eine solche Hauptstrecke. Sie ist die einzige Verbindung zwischen Ost und West im Süden MecklenburgVorpommerns, und das seit 130 Jahren.

Was derzeit in Sachen Bahn verkehrspolitisch in diesem Land abläuft, hat mit verkehrlichen Erwägungen nur sehr wenig bis gar nichts zu tun. Hier wird geschaut, wann welcher Vertrag abläuft, dann wird nicht wieder ausgeschrieben oder die Ausschreibung wurde gestoppt. Schon jetzt sind die Signale von Minister Pegel sehr deutlich. Auch der Streckenteil der Südbahn zwischen Malchow und Waren soll nach Vertragsende nicht mehr weiter durch das Land bedient werden.

Die Regionalisierungsmittel reichen nicht aus, also werden die Strecken zusammengestrichen. Alles wird den Finanzen untergeordnet. Ich meine, es muss andersherum laufen. Es geht um verkehrliche Aspekte, um die Bedienung der Fläche,

(Jochen Schulte, SPD: Wir kriegen alle Schiffe.)

zumal Schienenpersonennahverkehr gemeinwirtschaftlich, das heißt, Teil der Daseinsvorsorge ist. Eine Einigung zu den Regionalisierungsmitteln zwischen Bund und den Ländern steht aus.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Ausführungen dazu spare ich mir an dieser Stelle, wir reden im nächsten Tagesordnungspunkt darüber.

Fakt ist: Das Land finanziert mit Regionalisierungsmitteln gegenwärtig Strecken, die ganz klar dem Fernverkehr zuzuordnen sind, um Lücken fehlender Fernverkehrsangebote zu schließen. Auch das haben wir unlängst hier im Landtag auf Antrag der Regierungsfraktionen diskutiert.

Im Ergebnis der Verkehrsministerkonferenz wird nun ein Gesetz zur Sicherung des Schienenverkehrsangebotes in den Bundesrat eingebracht. Zudem kündigte die Bahn am 18. März an, ihr Fernverkehrsangebot bis 2030 um 25 Prozent auszubauen. Ein neues IC-Netz soll sichern, dass von Schwerin, Rostock, Stralsund und Greifswald aus im 2-Stunden-Takt Städte wie Hamburg und Berlin erreichbar sind. Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wird aber noch dauern, denn die Umsetzung wird erst in 15 Jahren abgeschlossen sein.

Gesetze und Ausbaukonzept der Bahn müssen außerdem abgestimmt werden. Unsere Chance dabei ist: Mit dem Ausbau des Fernverkehrs können die Länder – auch wir – endlich die zur Verfügung stehenden Mittel zielgerichtet in die Aufrechterhaltung des Nahverkehrs lenken. Deshalb ist es heute die dringendste Aufgabe, die Bahnangebote zu sichern, die wir noch haben. Weitere Ausdünnungen und Abbestellungen von Bahnangeboten darf es nicht geben. Das muss auch für die Südbahn gelten. Deshalb dürfen wir aus unserer Sicht heute keine Tatsachen schaffen, die uns morgen auf die Füße fallen können.

Kolleginnen und Kollegen, das von der Hanseatischen Eisenbahngesellschaft vorgelegte integrierte Konzept in Kombination von Bus und Bahn verdient eine Chance. Die Verhandlungen stehen kurz vor dem Durchbruch. Minister Pegel hat bestätigt, dass es ein angemessenes Verkehrsangebot darstellt. Damit ist die größte Hürde genommen,

(Heiterkeit und Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

denn ein angemessenes Verkehrsangebot ist Voraussetzung dafür, dass die 670.000 Euro für den Schienener

satzverkehr überhaupt dafür eingesetzt werden dürfen. Es gelang, alle Partner an einen Tisch zu holen, das Land, den Kreis, das kreisliche Verkehrsunternehmen und die Eisenbahngesellschaft.

Die unterschiedlichen Ergebnisse zur Höhe der Finanzierungslücke, zu der das Land und der Landkreis gekommen sind, wurden gestern im Kreisausschuss des Landkreises Ludwigslust-Parchim bewertet. Der Kreisausschuss des Landkreises wird sich zeitnah zu einer weiteren Sondersitzung treffen und dem Kreistag eine Empfehlung geben, ob die Aufgabenträgerschaft übernommen oder abgelehnt werden soll. Es ist real möglich, dass es zur Aufgabenübertragung an den Landkreis kommt, und für diesen Fall muss sich auch der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte mit einklinken. Für einen entsprechenden Beschluss wird die Linksfraktion des Kreistages eine Sondersitzung beantragen.

(Vincent Kokert, CDU: Was?)

Aber ohne Unterstützung des Landes wird es nicht gehen.

Kolleginnen und Kollegen, die Hanseatische Eisenbahngesellschaft ist ein Tochterunternehmen der Regio Infra Nord-Ost GmbH. In deren Verantwortung läuft seit zwei Jahren ein erfolgreiches Modellprojekt, die Eisenbahnstrecke Neustrelitz–Mirow. Sie stand 2012 vor dem Aus. Als Modellprojekt wurde in Mecklenburg-Vorpommern erstmals die Aufgabenträgerschaft an einen Landkreis übertragen.

Seinerzeit hob Minister Schlotmann hervor, dass dieses Modellprojekt die Vernetzung von Bus, Schiene und flexiblen Bedienformen vorsieht. Er betonte zudem, dass die Optimierung der Schnittstellen von Bus und Bahn eine Blaupause für weitere Regionen sein könne. Neben der Förderung der Infrastruktur erhält der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte jährlich 300.000 Euro Betriebskostenzuschuss während der Laufzeit des Modellversuchs.

Vor genau einem Jahr wurden die neu errichteten barrierefreien Haltepunkte Weißer See und Zirtow-Leussow entlang der Strecke eingeweiht. Die Fahrgastzahlen steigen. Sie sind 2014 gegenüber 2012 um 18 Prozent gestiegen.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, von sieben auf zwölf. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Aber noch ist offen, wie es weitergeht. Geplant war oder ist es hoffentlich noch, das dreijährige Projekt zu evaluieren und dann noch zwei Jahre zu verlängern. Auskunft darüber sollten Sie, Minister Pegel, heute oder zeitnah im Ausschuss geben.

Ein weiteres Modell mit derselben Eisenbahngesellschaft läuft im Übrigen auch in Nordbrandenburg auf der Strecke Meyenburg–Pritzwalk. Auch dort steigen die Fahrgastzahlen und das Land Brandenburg unterstützt.

Vergleichbar diesen Modellprojekten sollte das Land Geld für den Weiterbetrieb der Südbahn-Teilstrecke Parchim–Malchow in die Hand nehmen. Wir alle wissen, dass eine Schließung der Finanzierungslücke durch die Landkreise kaum realistisch ist.

Außerdem sollten auch andere Quellen genutzt werden. Auf der Südbahn-Strecke fahren derzeit drei Unternehmen: die ODEG von Hagenow bis Parchim, die Hanseatische Eisenbahngesellschaft noch zwischen Parchim und Malchow und die Deutsche Bahn zwischen Malchow und Waren beziehungsweise Neustrelitz.

Die Hanseatische Eisenbahngesellschaft wäre bereit, als Subunternehmen der Deutschen Bahn die Strecke Malchow–Waren mit zu bewirtschaften. Die dafür zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel hält sie für mehr als auskömmlich. Dadurch könnte die Finanzierungslücke geschlossen werden oder zumindest verkleinert werden.

Die Krux: Das würde nur zwei Jahre helfen. Danach will das Land, wie erwähnt, auch diesen Streckenabschnitt der Südbahn nicht wieder neu bestellen. Das, Kolleginnen und Kollegen, halten wir für den falschen Weg. Besser wäre es, die Zeit bis zur Neubestellung durch das Land zu überbrücken mit dem Modellprojekt, wie wir es vorschlagen, und der Übernahme der Aufgabenträgerschaft durch die Landkreise. Parallel dazu sollte das Land rechtzeitig die notwendige europaweite Ankündigung einer Ausschreibung für beide Streckenabschnitte von Parchim bis Waren vornehmen und die formelle Ausschreibung vorbereiten.

Die Tatsache, dass die Aufgabenträgerschaft nur vorübergehend wäre, würde die Entscheidungsfreudigkeit der Kreistagsmitglieder bestimmt deutlich positiv beeinflussen. Zudem würde ein weiterer Praxistest eines integrierten Bahn- und Busbetriebes den Beweis erbringen, dass ein effektiverer Einsatz der Regionalisierungsmittel möglich ist, denn Ziel muss sein: mehr Bahn mit weniger Mitteln. Das sehen wir genauso, aber so weit sind wir noch nicht. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Herr Petereit, ich möchte Sie darauf hinweisen, wenn der Gesprächsbedarf so intensiv ist, dann haben wir draußen eine Lobby oder eine Nische, ansonsten würde ich darum bitten, dass die Blickrichtung hauptsächlich hier nach vorne gerichtet ist, denn wenn das alle hier täten, würde ein riesiges Chaos entstehen.

(Heiterkeit bei David Petereit, NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Südbahn ist hier im Landtag bereits mehrfach und, ich glaube, auch umfassend erörtert worden, also ausführlich besprochen. Ich will mich gleichwohl gern bemühen, die Position der Landesregierung erneut zu verdeutlichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst, das wäre mir wichtig, bitte ich zu beachten, dass ein Modell

vorhaben nicht durch die Landesregierung auf den Weg gebracht werden kann. Die Landesregierung hat ihrerseits den Bahnverkehr seit vergangenem Dezember nicht mehr in Bestellung.

Nun haben sie zwischendurch mal Sprünge hin und her gemacht, wer zwischenzeitlich und am Ende Beauftragender sein soll. Ich bin mir in der Struktur nicht mehr ganz sicher. Ich habe komplizierte Dinge als Anwalt mitgestaltet. An der Stelle habe ich irgendwo in der Mitte offenbar den Anschluss verloren, wer jetzt wann in welcher Reihenfolge beauftragt. Regelmäßig werden solche Bahnaufträge für 10 bis 12, sogar bis zu 15 Jahren gegeben. Da werden wir mit Hin- und Herspringen nicht viel erreichen.

Seitdem die Landkreise die Mobilität auf dieser Strecke organisieren, wissen Sie, dass es durch Busverkehre sichergestellt wird. Auch das wäre mir noch mal wichtig. Es wird immer von der Einstellung gesprochen. Lassen Sie uns doch so lauter sein in den Debatten, deutlich zu sagen, dass wir in der Tat einen Mobilitätswechsel von der Bahn auf den Bus vorgenommen haben, aber selbstverständlich weiterhin ein Mobilitätsangebot dort besteht, dass aber zwischenzeitlich von den Landkreisen beauftragt wird. Deshalb ist die Aufgabenträgerschaft dort in den Händen der Landkreise. Zwischendurch hatte ich zunächst vermutet, Sie würden von den Landkreisen wollen, dass sie es täten. Zum Schluss waren Sie mehr bei uns.

Noch mal: Eine Klarstellung, wer denn jetzt wann welchen Auftrag wie vergeben soll, wäre sicherlich für die Diskussion hilfreich. Zudem bitte ich zu beachten, dass – und das, fand ich, war sehr deutlich in Ihrem Hinweis – das Wort „Modellprojekt“ offenbar als Synonym für „Jetzt muss aber mehr Geld her.“ verwendet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist doch absolut legitim, so etwas in politischen Diskussionen zu fordern, aber dann doch bitte verbunden mit der Ehrlichkeit, gegenüber den Menschen in unserem Land auch zu sagen, wo denn stattdessen an aus Regionalisierungsmitteln finanziertem Bahnverkehr weniger oder gar nichts mehr passieren soll. Politik besteht doch selten daraus, dass ich Ja oder Nein sage, sondern im Regelfall besteht sie daraus, dass ich mich zwischen Alternative A und Alternative B entscheide. Beide sind dann regelmäßig mit Vor- und Nachteilen verbunden. Ich hielt es im Interesse einer redlichen Debatte für geboten, dass Sie dann auch die Hosen runterlassen,