Protokoll der Sitzung vom 24.04.2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist doch absolut legitim, so etwas in politischen Diskussionen zu fordern, aber dann doch bitte verbunden mit der Ehrlichkeit, gegenüber den Menschen in unserem Land auch zu sagen, wo denn stattdessen an aus Regionalisierungsmitteln finanziertem Bahnverkehr weniger oder gar nichts mehr passieren soll. Politik besteht doch selten daraus, dass ich Ja oder Nein sage, sondern im Regelfall besteht sie daraus, dass ich mich zwischen Alternative A und Alternative B entscheide. Beide sind dann regelmäßig mit Vor- und Nachteilen verbunden. Ich hielt es im Interesse einer redlichen Debatte für geboten, dass Sie dann auch die Hosen runterlassen,

(Heiterkeit bei Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wem Sie Geld und damit Bahnverbindungen für die Mehrausgaben auf der Südbahn-Strecke wegnehmen wollen.

Dass ein Bahnverkehr nur schwerlich mit den finanziellen Zuwendungen des Landes an die Landkreise für den Busverkehr finanzierbar ist, ist angesichts der seitens Landesregierung in diesem Hohen Hause diverse Male vorgetragenen Zahlen keine wesentliche Überraschung. Wenn jeder gefahrene Bahnkilometer zwischen 10 und 12 Euro Subvention vom Land benötigt, die Busersatzverkehre aber knapp über 2 Euro für jeden gefahrenen Kilometer brauchen, dann liegt das auch mehr als nah und auf der Hand.

Jetzt geht es um genau die Frage, die ich hier wiederholt vorgetragen habe, und die im Übrigen bei der letzten Sitzung aufgrund eines Antrages der LINKEN-Fraktion intensiv erörtert worden ist. Macht es nicht mehr Sinn, die wesentlich teurere Bahn auf den Strecken einzusetzen, wo sie ihre Stärken voll entfalten kann, dort, wo viele Menschen gemeinsam auf längerer Strecke befördert werden können, wo, um es deutlich zu formulieren, mehr als knapp unter zehn Fahrgäste im Durchschnitt, wie wir sie auf dem nicht mehr per Bahn, sondern jetzt per Bus betriebenen Teilstück der Südbahn-Zählungen feststellen mussten, unterwegs sind?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, ja, im Februar.)

Es sind mehrere Zählungen, das wissen Sie, auch das haben wir dargelegt, die entsprechend berücksichtigt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung wie auch der Landkreis Ludwigslust-Parchim haben in der Tat, darauf haben Sie hingewiesen, die Überlegungen bewertet und sind sich einig, dass das von der Hanseatischen Eisenbahngesellschaft vorgelegte Konzept sowohl finanziell wie auch organisatorisch und vergaberechtlich nicht ohne Weiteres umsetzbar ist. Insbesondere entstünde ein Finanzierungsbedarf deutlich über dem, was das Land für den Ersatzverkehr zurzeit dem Landkreis bereitstellt. Dann bin ich bei dem eben Gesagten:

Entweder es gibt mehr vom Land, dann sollte redlicherweise gesagt werden, was dafür an anderer Stelle wegfällt, oder es bleibt aufseiten der Kreise eine zusätzliche Finanzierungsaufgabe, denn wenn das Land lediglich das Geld für den Busersatzverkehr überweist, muss der Mehrbedarf durch die Landkreise am Ende aus ihren Haushalten getragen werden.

(Marc Reinhardt, CDU: Das ist so, ja.)

So viel Konsequenz und Offenheit sollten in der Debatte dann ebenfalls erlaubt sein.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein solches Konzept sollte den Forderungen aller Beteiligten vor Ort aus den letzten zweieinhalb Jahren ebenfalls genügen, also neben der breit gewünschten Barrierefreiheit und der Fahrradfreundlichkeit vor allem ein hinreichender, dem bisherigen Bahnangebot vergleichbarer Takt. Der Ihrige Antrag will aber lediglich bis 2015 eine Finanzierungslösung schaffen und die Frage bleibt: Was dann?

Das ist doch keine langfristige und nachhaltige Lösung für den öffentlichen Verkehr in dieser Region, der in diesem Hohen Hause wiederholt von uns gefordert worden ist. Dem Modellprojekt ist immanent, dass es zeitlich befristet wird. Das mögen zwei oder drei Jahre sein. Acht Monate, die uns noch bleiben, sind allerdings für ein Modellprojekt, um es aussagekräftig zu gestalten, deutlich zu gering bemessen, oder ich muss mein Geld zusammenkratzen bis Ende 2015, damit in 2016 in Größenordnungen Landesmittel im neuen Haushalt hierfür Einsatz finden. Dann wäre es konsequent, das schon jetzt so deutlich an dieser Stelle und in dieser Debatte zu formulieren und auch mit zu diskutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere vor dem Hintergrund der finanziellen Situation des Lan

des ab dem Jahr 2019 und vor dem Hintergrund der Höhe und der ungeklärten Zukunft der Regionalisierungsmittel ist die Frage, die ich mir als Verkehrsminister stelle und stellen muss: Wie können wir in diesem Land einen zukunftsfähigen, finanzierbaren öffentlichen Personennahverkehr in allen Regionen gewährleisten? Denn wenn wir darüber reden, dass wir einen zukunftsfähigen öffentlichen Verkehr im Land organisieren wollen, dann heißt das, vor allem einen finanziell langfristig gesicherten öffentlichen Verkehr. Den sehe ich bei einer Forderung, bis 2015 eine finanzielle Absicherung vorzunehmen, beim besten Willen nicht, losgelöst von der Frage, dass wir aus irgendwelchen Haushaltsresten nicht mal eben Beträge, die hier gefordert werden, so werden zusammenkratzen können, zumal dann weitere Linien gleichermaßen berechtigt Forderungen an uns herantragen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag geht im Übrigen allen Bemühungen meinerseits, in den letzten Sitzungen die Formalien des EU-Vergaberechts zu erläutern, zum Trotz erneut davon aus, dass man hemdsärmelig einem Anbieter die Strecke zuschustern könne.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das tut sie ja schon.)

Nichts anderes bedeutet die Aufforderung, mit einem Wettbewerber möge das Land einen Vertrag machen, Frau Dr. Schwenke. Das ist der Unterschied.

Er fährt jetzt eigenwirtschaftlich. Das kann er entscheiden. Wenn wir beauftragen und Geld reingeben, sind wir sofort in den vergaberechtlichen Maßgaben, denn auch ein Modellprojekt wird sich nur schwerlich aus dem Vergaberecht lösen können. Auch hier gehen die zulässigen zeitlichen Parameter und die Vergabeanforderungen wieder weit auseinander.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können im Interesse der Finanzierungssicherheit im Gesamtsystem des Schienenpersonennahverkehrs im Land die notwendigen Veränderungen auf der Südbahn-Teilstrecke nicht aufschieben oder beiseite schieben, einen Modellver- such starten und hoffen, dass uns irgendwann was Besseres einfällt. Damit schaffen wir keine Sicherheit für die Menschen vor Ort, was den öffentlichen Verkehr in der Region anbelangt, und halten sie weiter hin, im Übrigen auf Kosten anderer Landesteile, denn irgendwo wird das Geld in der Quersubventionierung herkommen müssen.

Das Land kann auch weiterhin nicht alles finanzieren, was wünschenswert ist. Das ist – entgegen Ihrer Annahme – keine Verkehrspolitik ausschließlich nach Kassenlage, aber wir stellen uns schlicht den Realitäten. Ich bitte – ich habe das auch in einer Kleinen Anfrage der GRÜNEN wahrgenommen –, sich von dem Gedanken zu trennen, dass alleine mit den Angeboten der Schienenpersonenfernverkehrsoffensive in Größenordnungen Millionenbeträge Regionalisierungsmittel bei uns frei werden, weil wir noch nicht wissen, wie diese Regionalisierungsmittel in den kommenden Jahren aussehen werden.

Was ich Ihnen unter Garantie geben kann, ist die Zusage, dass die anderen Bundesländer den Verteilungsmaßstab auf jeden Fall verändern werden. Wir werden im Verteilungsmaßstab weniger haben und wir diskutieren allenfalls, ob es der Königsteiner Schlüssel ist oder ob

wir ein bisschen darüber liegen. Wenn sich nicht namenhaft die Gesamtsumme, die der Bund den Ländern für die Regionalisierungsmittel zuschreibt, ändert, wird jede Veränderung nachhaltig Auswirkungen auf den Nahverkehr haben. Dann wäre ich schon auf Knien dankbar, wenn das ein Stufenplan wäre, der immerhin mit der Zunahme von Schienenpersonenfernverkehr einherginge, sodass es in sich verzahnt hoffentlich nicht zu einem Weniger führt, sondern wenigstens zu einem gleichbleibenden Maßstab.

Wenn wir am Ende wirklich mehr haben, diskutiere ich gerne über vieles, aber auch dann haben wir eine Vielzahl von Strecken, die bei so einer Planung, wie ich finde, gleichberechtigt in den Pott müssen. Da gibt es Strecken, auf denen sehr viel mehr Menschen fahren, die sehr viel bahnaffiner ausgestaltet werden sollten, wo man auch über höhere Takte immer noch diskutieren kann, bevor man an dieser einen Stelle sich schon mal verspricht, Geld auszugeben, was zurzeit noch nicht in der Landeskasse ist und auch noch nicht zugesagt ist, dass es bei uns landen wird.

Wir werden auch langfristig nicht mehr ausgeben können, als wir einnehmen. Das wird bei den Regionalisierungsmitteln erst – hoffentlich – im Laufe des Jahres geklärt, wie es da aussieht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Alternative, die uns dann bliebe, wäre nur, dass die Landkreise mehr Geld in die Hand nehmen, ich habe es schon erwähnt. Daran knüpfe ich die ausdrückliche Bitte an dieses Hohe Haus: Hängen Sie bitte den Landkreisen nicht einen zusätzlichen Mühlstein um.

Diese Haltung unterstützt im Übrigen der Bund der Steuerzahler ganz ausdrücklich. Er hat den Landkreis Ludwigslust-Parchim deutlich vor einer Übernahme der Südbahn gewarnt. Der notwendige Verlustausgleich überfordere die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kreises deutlich, so zumindest wird der Steuerzahlerbund in den Medien zitiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Übrigen begleitet das Energieministerium, das ist angesprochen worden, derzeit bereits das laufende und noch nicht beendete Modellvorhaben Mirow–Neustrelitz als Modellvorhaben zu der Thematik „Erhalt von Bahnverkehr im ländlichen Raum durch organisatorische Zusammenfassung der Zuständigkeiten“. Es gibt also genau zu dem Thema, was Sie hier noch mal vor Augen haben, schon einen Modellversuch. Dieser wird im laufenden Jahr auszuwerten sein, dann möglicherweise noch zwei Jahre zu verlängern sein. Ich plädiere auf jeden Fall dafür, wenn man einen Modellversuch hat, dessen Ergebnisse zunächst abzuwarten, bevor weitere ähnliche und auch kostspielige Projekte auf den Weg gebracht werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Eifler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Frau Dr. Schwenke, Sie haben bei der Einbringung Ihres Antrages darauf abgestellt, den in Aussicht stehenden integrierten Landesverkehrswegeplan abzuwarten, um dem sogenannten Modellprojekt eine Chance zu geben.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das habe ich nicht gesagt.)

Sind Sie ehrlich der Auffassung, dass sich die Zahl der Fahrgäste dadurch verändert und sich dadurch die Wirtschaftlichkeit dieser Strecke verändert?

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Na durch den Plan alleine nicht.)

Ich bin es nicht. Sie haben es aber im engen Zusammenhang gebracht.

Seit anderthalb Jahren, heute zum dritten Mal, befassen wir uns mit dem Erhalt und dem Weiterbetrieb der sogenannten Südbahn zwischen Parchim und Malchow hier im Landtag. Argumente, ob nun für oder wider, sind hinreichend ausgetauscht worden. Der zuständige Minister hat seine Position mehrfach – auch im Ausschuss – verdeutlicht. Wer dem Minister heute aufmerksam zugehört hat, wird mir sicherlich bestätigen, dass sich die Faktenlage seit der ersten Debatte nicht geändert hat. Inzwischen, das ist richtig, seit September fahren Busse und Bahnen parallel. Die Hanseatische Eisenbahn GmbH hat den Betrieb seit September ohne Finanzhilfe von Land und Landkreisen auf eigene Kosten weitergeführt.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Zwischenzeitlich hat sie die Einstellung des Betriebes signalisiert und dann widerrufen. Wenn hier nunmehr intelligente Lösungen hinsichtlich des Weiterbetriebes der Bahnstrecke ins Spiel gebracht werden, dann sind in erster Linie der Landkreis und die Betreiber vor Ort in der Verantwortung.

Die CDU im Kreistag hat sich eindeutig positioniert. Der vorliegende Antrag soll offensichtlich nicht nur der Sache dienen, sondern ein einziges Ziel verfolgen: aktive Akteure vor Ort hier im Landtag vorzuführen. Aber es gilt für jeden Abgeordneten in jeder Fraktion Fraktionsdisziplin. Deshalb ist dieses Gebaren, meine Damen und Herren von den LINKEN, schändlich und trägt zur Politikverdrossenheit bei.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Herr Eifler, das ist wohl...)

Sehr geehrte Damen und Herren, dem Landrat wird von Vertretern der Bürgerinitiative mangelndes Engagement vorgeworfen. Das will ich nicht bewerten und das kann ich von hier aus nicht bewerten. Klar ist aber, dass es einer weiteren Debatte hier im Hause zum Thema Südbahn nicht bedarf, zumal, und das will ich noch mal deutlich ansprechen, es nicht um eine ersatzlose Streichung dieser Bahnverbindung ging, sondern es sind Alternativangebote unterbreitet worden und die funktionieren auch. Inzwischen fahren die Busse.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Aber angenommen werden sie nicht, Herr Eifler.)

Den Eindruck, der entsteht, dass Infrastruktur weggenommen worden ist, kann ich so nicht mittragen und dem kann auch nicht so gefolgt werden.

Meine Fraktion spricht sich eindeutig für den Erhalt der Mobilität im ländlichen Raum aus.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Und was macht Herr Waldmüller im Kreistag?!)

Dennoch darf es keine Dogmen geben. Vielmehr ist es notwendig, sachliche Entscheidungen auf Grundlage von Fakten und Daten zu treffen, die zum einen die Mobilität der Bürger und zum anderen einen sorgsamen Umgang mit Haushaltsmitteln gewährleisten. Seitens des Verkehrsministeriums wurde in Zusammenarbeit mit dem Landkreis geprüft, welches die besten Alternativen zum Erhalt der Mobilität vor Ort sind. Des Antrages der Fraktion hätte es nicht bedurft. Aus diesem Grund wird meine Fraktion den Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Jaeger von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

(Marc Reinhardt, CDU: Nun wollen wir aber was hören.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Südbahn liegt uns als GRÜNE auch sehr am Herzen

(Vincent Kokert, CDU: Das überrascht.)