Protokoll der Sitzung vom 24.04.2015

Herr Heydorn, der jetzt leider nicht mehr im Raum ist …

(Heinz Müller, SPD, und Dr. Norbert Nieszery, SPD: Doch, ist hier! – Jörg Heydorn, SPD: Ja, hier, hier, hier! – Bernd Schubert, CDU: Nicht so voreilig!)

Doch noch. Das ist ja anders als gestern, Wahnsinn!

(Jörg Heydorn, SPD: Ich wollte Sie extra noch mal hören, Frau Bernhardt.)

Sie, Herr Heydorn, machten in Ihren Ausführungen klar, dass die Träger durch das Gesetz nicht verpflichtet sind, irgendwelche Pauschalpreise zu erheben.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Auch sei die Unterstützung der Kommunen sichergestellt, wenn Eltern sich nicht den Beitrag leisten können. „Die Kinder werden auch etwas zu essen haben, wenn die Brotdose leer ist“, so der O-Ton bei Ihrem Ortsverbandstreffen in der Paulsstadt am 22.04.2015.

(Bernd Schubert, CDU: Waren Sie dabei?)

Nein, das war in der Zeitung zu lesen.

Dabei wurde deutlich, dass neben einer Pauschalabrechnung auch mit einer Verteuerung zu rechnen sei. Der Preisanstieg bei der Essensversorgung sei durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und durch Verwaltungspauschalen gekommen, die einige Träger erheben. Ich gebe Ihnen recht, wenn gerade im Bereich unter anderem bei Küchenhilfen sehr schlecht entlohnt wurde und der von uns geforderte Mindestlohn daher zu begrüßen ist.

Die Kosten für die Vollverpflegung tragen die Eltern. Wenn die Eltern sich die Kosten nicht leisten können, dann soll also wieder die Kommune aufgrund eines Landesgesetzes zahlen, sprich die Landkreise und kreisfreien Städte für die Elternbeitragsübernahme.

Sie, Herr Heydorn, bejahten das mit einem ausdrücklichen Ja in derselben Veranstaltung. Eltern und Landkreise müssten die Kosten tragen, nur das Land hält sich aus der Vollverpflegung heraus. Das ist unverständlich! Und was ist mit dem Programm und der Idee der SPD in den letzten vier Jahren geworden? Bundesfamilienministerin Schwesig hatte damals noch als Stadtvertreterin als eine der ersten eine Volksinitiative unterschrieben, dass es generell ein kostenfreies und vollwertiges Mittagessen auf Kosten des Landes geben soll. Und was ist jetzt damit? Meilenweit entfernt.

Zusätzlich bestand die Überlegung darin, dass der Verwaltungsaufwand so gering wie möglich gehalten wird. Wir unterschreiben beide Forderungen sofort, doch zu sehen ist davon nichts. Oder wollen Sie sich diesem Thema wieder im kommenden Landtagswahlkampf widmen? Und wo bleibt das Mitspracherecht der Eltern? Auf der Strecke.

Viele Eltern haben sich schon im Vorfeld über die aus ihrer Sicht fehlenden Informationen und Mitwirkungsmöglichkeiten beschwert. Diskussionsbedarf war daher mehr als vorhanden. Die Augenhöhe zwischen Kita-Trägern und Eltern herzustellen, ist genau unser Wunsch. Eltern sind bei der Weiterentwicklung der Konzeption, den Öffnungszeiten und der Essensversorgung zu beteiligen. Die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft von Kitas und Eltern muss auf allen Ebenen gefördert werden. Hier gibt es derzeit noch große Defizite.

In Mecklenburg-Vorpommern existiert noch nicht einmal der im KiföG vorgesehene Landeselternrat. Immer wieder der Appell an die Eltern, sich über die Elternvertretungen in die Entscheidungen über die Rahmenbedingungen einzubringen, so lautet auch Ihr Ansinnen, Herr Heydorn. Verwunderlich ist nur, dass bei der KiföG-Novellierung 2013 die Fraktionen von SPD und CDU unseren Antrag, der auf eine Unterstützung der Elternräte abzielte, abgelehnt haben.

Vor diesem Hintergrund ist die Ankündigung der SPD im KiföG, die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit den Eltern weiter zu stärken, wenig glaubwürdig. Zudem existieren bereits Vorschriften zu den Elternrechten, die nur konsequent umgesetzt werden müssen. Die Landesregierung versäumt es seit Jahren, dies zu befördern. Über den Frust der Eltern braucht sie sich daher nicht zu wundern. Landesregierung und Gesetze anderer Bundesländer sind uns da voraus. Schauen wir beispielsweise ins Nachbarland Schleswig-Holstein, wo es im Paragrafen 17 des Kindertagesstättengesetzes heißt: „Das Land fördert die Tätigkeiten der Landeselternvertretung sowie der Kreiselternvertretungen nach Maßgabe des Haushalts.“ Wenn wir das KiföG ändern wollen, dann nehmen Sie sich ein Beispiel an Schleswig-Holstein!

Ich möchte mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und wollte noch zum Änderungsantrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen, dass wir dem zustimmen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Bernhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Foerster für die Fraktion DIE LINKE.

(Dietmar Eifler, CDU: Noch mal? Zwei Redner? Das ist ja ein Ding! – Wolfgang Waldmüller, CDU: Da muss ich ja erst mal Herrn Renz holen. – Stefan Köster, NPD: Diesmal nicht Arbeitsmarktpolitik.)

Es geht dieses Mal nicht um Arbeitsmarktpolitik.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist das Thema Vollverpflegung und Kitas ja nicht mein fachpolitisches Thema, aber da hier erwartungsgemäß auf kommunalpolitische Diskussionen in der Landeshauptstadt Schwerin Bezug genommen wurde, muss ich mich natürlich da noch mal zu Wort melden.

(David Petereit, NPD: Müssen Sie nicht.)

Denn, Herr Kollege Heydorn, die Darstellung, DIE LINKE würde hier im Landtag, übrigens zu Recht, für die Stärkung von Elternmitwirkung kämpfen und in der Stadtvertretung Schwerin ganz anders auftreten,

(Julian Barlen, SPD: Ist zutreffend.)

ist freundlich formuliert eine SPD-Ente.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Julian Barlen, SPD)

Denn wer sich einmal seriös mit den Fakten auseinandersetzt, Herr Kollege Barlen, der wird schnell merken, dass die örtliche SPD in Schwerin offenbar aus reiner Verzweiflung über den anhaltenden Unmut einzelner Eltern einen Antrag in die Märzsitzung der Stadtvertretung eingebracht hat,

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

der im Grunde nur Formulierungen enthält, die ohnehin Bestandteil des Gesetzes sind.

Und in der Debatte wurde dann von Ihrer Fraktion in der Stadtvertretung vor allem gegen die kommunale Kita gGmbH gekeilt, die sich zunächst für das Pauschalmodell entschieden hat, und das, obwohl die SPD die Aufsichtsratsvorsitzende der Kita gGmbH stellt, die die Diskussion aus meiner Sicht verantwortungsvoll begleitet hat.

(Gelächter bei Jörg Heydorn, SPD)

Um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken, sollte allerdings die Zuständigkeit für die Durchsetzung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaften der Oberbürgermeisterin übergeholfen werden,

(Jörg Heydorn, SPD: Die ist zuständig, die ist zuständig.)

anstatt sich mit der zuständigen eigenen Ministerin auseinanderzusetzen und Druck zu machen, dass Unklarheiten entweder gesetzlich oder untergesetzlich geregelt werden.

Und jetzt zu den Fakten: Als der Unmut der Eltern im Herbst vergangenen Jahres hier – auch in Schwerin – seinen Höhepunkt erreichte, hat die Stadtvertretung am 10. November auf Drucksache 140/2014 den Antrag „Transparenz herstellen – Elternvertretungen zu Neuregelungen im Zusammenhang mit der Essensversorgung … umfassend informieren“, den meine Fraktion eingereicht hatte, beschlossen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach so?!)

Im Antrag wird die Oberbürgermeisterin aufgefordert, „im Zusammenwirken mit den Trägern von Kindertagesstätten eine umfassende Information … der Elternvertreter über die mit der Änderung des KiföG einhergehenden Änderungen bei der Essensversorgung sicherzustellen“. Dem haben neben der LINKEN auch CDU, Unabhängige Bürger und GRÜNE zugestimmt.

Die SPD hatte ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo die Emotionen hier am höchsten schlugen, einen Änderungsantrag vorgelegt, in dem es hieß: „Die Stadtvertretung begrüßt die vom Landtag M-V im Sommer 2013 beschlossene Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes und stellt fest, dass die KiföG-Novelle mit deutlichen Verbesserungen für die Schweriner Kinder und Eltern verbunden ist.“ Dieser Antrag wurde in der Tat abgelehnt.

In der Konsequenz des beschlossenen Antrages der LINKEN hat die Oberbürgermeisterin über die Fachverwaltung alle Träger von Kitas in Schwerin anschreiben lassen und erneut eindringlich auf die Informations- und Mitwirkungsrechte der Elternvertretung hingewiesen, und mehr Kompetenzen räumen ihr weder das KiföG M-V noch das SGB VIII ein.

Und übrigens, Herr Heydorn, alle großen Träger, ob AWO, ob Diakonie oder die kommunale Kita gGmbH, haben daraufhin nach meiner Kenntnis Veranstaltungen beziehungsweise Sitzungen mit Elternvertretern durchgeführt. In der Konsequenz haben dann einige entschieden, sich vom ursprünglich stadtweit verabredeten pauschalen Abrechnungsmodell auf der Basis von 17 Tagen Anwesenheit,

also bei Abzug von 30 Tagen Urlaub und 20 Tagen Krankheit, zu verabschieden und statt dessen eine Spitzabrechnung vorzunehmen. Andere, wie die kommunale Kita gGmbH haben sich entschieden, zunächst bei diesem Pauschalmodell zu bleiben.

Verschiedene Träger von Kindertagesstätten haben meiner Kenntnis nach aber zugesagt, dass es nach einer angemessenen Zeit eine erneute Befassung mit dem Thema geben wird. Ich kann Ihnen als stellvertretender Elternratsvorsitzender einer kommunalen Kita nur sagen, die Vollverpflegung ist Dauerthema in unseren Elternratssitzungen und wir überlegen derzeit sehr genau, mit welchem Votum wir unsere Vorsitzende zum avisierten Treffen mit der Geschäftsführung der Kita gGmbH im Juni 2015 schicken werden, denn es ist zugesagt worden, dass die Erfahrungen mit der pauschalen Abrechnung evaluiert werden und dann mit den Elternvertretern erneut diskutiert werden. Das können Sie übrigens nachlesen. Lassen Sie sich vom Kollegen Masch die Antwort der Fachverwaltung vom gestrigen Tag geben.

Die Diakonie verteilt derzeit beispielsweise Elternfragebögen, wo sie die Zufriedenheit mit dem Abrechnungsmodell, was man dort gewählt hat, erfragt, und hat ebenfalls zugesagt, zum 01.09. erneut mit den Elternvertretern zu sprechen, ob es dann – dort ist es nach meinem Kenntnisstand eine Spitzabrechnung – dabei bleiben soll oder ob man dann doch das Pauschalmodell wählt.

Auch die Gremien der Stadtvertretung haben im Übrigen dazu getagt. Der Jugendhilfeausschuss hat sich eben nicht vor den Diskussionen weggeduckt, sondern hat im Rahmen seiner Sitzung vom 3. Februar 2015 unter Anwesenheit von Elternvertretern detailliert Auslegungsprobleme und weitere Fragen in Sachen Vollverpflegung diskutiert. Und im Ergebnis hat er beschlossen, den Jugendhilfeausschussvorsitzenden mit drei konkreten Bitten an das Sozialministerium loszuschicken beziehungsweise einen Brief zu schreiben, und auch das will ich dann an der Stelle noch mal vortragen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr toll. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Der Jugendhilfeausschuss regte an, die mittlerweile schwer nachvollziehbare Berechnung der Kostensätze, hervorgerufen durch eine Vielzahl besonderer Fördermaßnahmen und zu berücksichtigender Bedingungen, grundlegend zu vereinfachen. Er schlug der Ministerin ferner vor, die regelmäßige Umsetzung der gesunden und vollwertigen Verpflegung als integraler Bestandteil des Leistungsangebotes der Kita während der gesamten Betreuungszeit in einer Durchführungsbestimmung oder, wenn das rechtlich nicht möglich ist, zumindest in einer Handreichung zu regeln, an der sich Träger orientieren können.

Und er bat drittens darum, bei einer möglichen Änderung beziehungsweise Novelle den Paragrafen 10a des Gesetzes um folgenden Satz zu ergänzen: Umfang und Ausgestaltung dessen sollten gemäß Paragraf 8 Absatz 4 im Einvernehmen zwischen Einrichtungsleitung und Elternvertretung vereinbart und in der pädagogischen Konzeption festgeschrieben werden.

Wie Sie wissen, gehört Herr Brill, der Jugendhilfeausschussvorsitzende, meiner Fraktion an. Erzählen Sie also hier nicht so einen Unsinn, sondern machen Sie sich sachkundig! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)