Sehr geehrte Damen und Herren, wie bedeutend das ist, wird deutlich, wenn wir noch einmal reflektieren, wie die Landesregierung seinerzeit zu den bis heute umstrittenen Neben- oder Zweigstellen argumentiert hat.
weil das so dezidiert und gut die Position der Opposition begründet, das können wir selber gar nicht besser machen.
Das Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz sieht bekanntlich vor, dass elf der zwölf Amtsgerichte unseres Landes aufgehoben werden, sechs der aufgehobenen Gerichte sollen als Zweigstellen anderer Gerichte fortbestehen.
Das ist eine bekannte Tatsache. Nach der Begründung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes ist die – ich sage es Ihnen auch deshalb noch mal, weil ich es seinerzeit im Ausschuss zitiert habe und die Regierungsfraktionen noch nicht mal darauf eingegangen sind –,
nach der Begründung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes ist die Einrichtung der darin vorgesehenen Zweigstellen im Interesse einer geordneten Rechtspflege geboten. Jetzt zitiere ich: „Sie“, gemeint sind damit die Zweigstellen beziehungsweise die Nebenstellen, Zitat weiter: „sollen unter dem Blickwinkel der Bürgerfreundlichkeit und größeren Ortsnähe bedarfsorientiert amtsgerichtliche Kernaufgaben im Sprengel der aufgehobenen Amtsgerichte wahrnehmen.“ Zitatende.
„Hierunter fallen“, so die Gesetzesbegründung weiter, wieder Zitat: „grundsätzlich jedenfalls die Einrichtung einer Rechtsantragsstelle, die Gewährung von Beratungshilfe, die Zuständigkeit für Betreuungsangelegenheiten sowie die in die Zuständigkeit der Strafrichter als Jugendrichter fallenden Verfahren.“ Damit wollten Sie festschreiben, dass die zukünftigen Zweigstellen relevante Aufgaben behalten.
Damit wollten Sie argumentieren, dass zukünftig an den Zweigstellen festgehalten werden kann, weil ein profundes Argument der Opposition in der Vergangenheit immer war, und zwar basierend auf den Erkenntnissen in anderen Bundesländern, dass Zweigstellen dann, wenn sie eingerichtet werden, eine relativ kurze Halbwertszeit haben.
(Torsten Renz, CDU: Können wir nicht das Volk entscheiden lassen? Herr Suhr, können wir nicht das Volk entscheiden lassen?)
die Halbwertszeit der Nebenstellen wird überaus überschaubar sein, selbst wenn das Volk so entscheiden würde, wie Sie sich das wünschen, nämlich festhalten würde an der Strukturreform, selbst dann, Herr Renz, weil Sie gerade gesagt haben: Wollen wir denn nicht das Volk am 6. September entscheiden lassen? Dafür bin ich sehr.
Aber selbst wenn es so ausgeht, dass dieses immens hohe Quorum von 33,3 Prozent der Zustimmung nicht zustande kommt, selbst dann müssten Sie sich nach diesem Richterspruch die Frage gefallen lassen, wie Sie denn realisieren wollen, dass die Zweigstellen wirklich eine langfristige, möglicherweise dauerhafte Existenz haben,
obwohl gleichzeitig die Präsidien die Möglichkeit haben, Zuständigkeiten tatsächlich vor Ort zu entscheiden und auch ganz klar festzulegen,
was in der Zweigstelle gemacht wird und was im Amtsgericht gemacht wird. Das ist genau der Knackpunkt.
(Torsten Renz, CDU: Dann ist es ja doch gut, dass Sie das heute auf die Tagesordnung gebracht haben.)
Diese Frage müssen Sie sich stellen und diese Frage habe ich bisher noch nicht beantwortet bekommen.
Ich glaube, dass es sehr sinnvoll ist, den Ausschuss, Herr Renz, mit dieser Frage zu beschäftigen, und zwar relativ unabhängig von der Frage des Volksentscheids. Und wir sagen, ich sage das an dieser Stelle, weil Ihre Argumentation – übrigens auch die aus dem Kollegenkreis der CDU, da haben sich ja einige breitschlagen lassen, obwohl sie eine ganze Zeit große Skepsis bei der Frage hatten, ob die Gerichtsstrukturreform etwas Sinnvolles ist –, ein tragendes Argument war, na ja, ihr bekommt ja die Zweigstellen und ihr erhaltet die ja vor Ort langfristig: Genau das ist infrage gestellt.
Und diese Frage, Herr Renz, müssten sich jetzt eigentlich genau diese CDU-Abgeordneten viel intensiver stellen, als wir das tun müssten, weil ja unsere Forderungen viel weiter waren. Wir wollten gar nicht in eine Änderung hinein in der Dimension, wie sie jetzt vorliegt, sondern wir wollten das in einem gemeinsamen Prozess machen.
Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt kommt wieder die Nummer von dem Kollegen Nieszery: „Haben Sie denn das schriftliche Urteil schon gelesen?“
Wenn Sie mir gerade richtig zugehört hätten, dann habe ich aus der mündlichen Urteilsbegründung eine Ableitung getroffen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na und? Aber im Schriftlichen steht vielleicht die Möglichkeit, wie es geht.)
Da brauche ich überhaupt kein schriftliches Urteil, da wird nichts anderes drinstehen als genau diese zentrale Begründung, die ich Ihnen gerade vorgetragen habe.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vielleicht gibt das Gericht Hilfe, wie wir das machen können, wie der Gesetzgeber doch noch zu seinem Recht kommt.)
Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, schlagen Ihnen LINKE und GRÜNE heute erneut vor, die noch nicht umgesetzten Teile der Reform auszusetzen und genau diese Frage zu beantworten, weil sich damit ein wesentlicher Punkt der Gerichtsstrukturreform verändert, anders als das selbst CDU und SPD ursprünglich in ihrem Vorhaben vorhatten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich sehe und höre dazu – oder war das jetzt ein Widerspruch? – keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem Antrag wird ja gefordert, dass die Gerichtsstrukturreform noch einmal überdacht werden solle. Um ein Vielfaches wird das gefordert und ich kann nur sagen, das haben wir nicht nur in der Vergangenheit getan, als wir die Gerichtsstrukturreform auf den Weg gebracht und geprüft haben, das haben wir nicht nur getan, als die Diskussionen hierzu im Landtag erfolgten. Ich kann sagen, auch insgesamt ist mehrfach und ausführlich dargelegt worden, was die Kernpunkte sind, und darauf möchte ich mich mal beschränken.
Zwischen dem seinerzeitigen Gesetzesbeschluss des Landtages und dem Inkrafttreten des Gerichtsstrukturgesetzes lag nicht ohne Grund ein Zeitraum von nahezu einem Jahr. Es handelt sich um ein wohlüberlegtes Vorhaben, bei dem sorgfältig alle aufeinander abgestimmten Schritte genau ineinandergreifen,
und deswegen kommt auch eine Aussetzung oder Verschiebung, wie sie jetzt hier gefordert wird, nicht in Betracht.