Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes zur Zweigstellenverordnung.
Ich habe es hier schon vor vier Wochen erklärt und ich habe es im Europa- und Rechtsausschuss erklärt,
aber ich wiederhole es gerne noch einmal: Bedenken gegen das Gesetz zur Neuordnung der Gerichtsstruktur haben sich nicht ergeben. Die Zweigstellen sind gesetzlich geregelt, ihr Bestand ist gesetzlich garantiert
und ein Vergleich mit anderen Ländern und anderen Zweigstellen ist schlicht unzulässig, weil wir eine ganz andere Struktur gewählt haben. Ebenfalls nicht beanstandet hat das Gericht die in dem Gesetz enthaltene Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Regelung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit der Zweigstellen. Lediglich die konkrete Ausgestaltung, wie darüber entschieden wird,
welche Aufgaben in der Zweigstelle wahrzunehmen sind, ist nach Auffassung des Gerichtes nicht in Ordnung. Dies dürfe nicht abschließend und ausnahmslos durch das Justizministerium geregelt werden, weil dadurch Befugnisse des Gerichtspräsidiums zur Geschäftsverteilung verletzt würden, so die mündliche Urteilsbegründung, meine Damen und Herren.
Wenn ich nun zum wiederholten Male sage, wir müssen die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, dann heißt das nicht, wir spielen auf Zeit, sondern es ergibt sich aus der Sache selbst. Erst die schriftlichen Urteilsgründe werden uns wirklichen Aufschluss darüber geben, wie nach Auffassung des Gerichtes das Zusammenspiel zwischen Verordnung auf der einen Seite und Entscheidungen des Präsidiums auf der anderen Seite aussieht,
wo also das, was der eine darf, aufhört und das, was der andere darf, anfängt. Diesbezüglich nun ein Schreckensszenario an die Wand zu werfen, als würde durch ein Präsidium über die Geschäftsverteilung eine Zweigstelle gewissermaßen indirekt stillgelegt, halte ich für gänzlich unangemessen, um es diplomatisch auszudrücken, und ich frage mich, woher Sie diese Erkenntnis haben.
Wir werden, wie wir es angekündigt haben, nach Auswertung des schriftlichen Urteils entscheiden, ob wir ein Rechtsmittel einlegen oder aber darauf verzichten und
die Zweigstellenverordnung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts anpassen. An der Notwendigkeit der Gerichtsstrukturreform, meine Damen und Herren, hat sich ebenso wenig geändert wie an der Notwendigkeit ihrer weiteren Umsetzung.
Angesichts gesunkener und weiter sinkender Einwohnerzahlen sind die Eingangsbelastungen der Amtsgerichte insgesamt zurückgegangen. Wir brauchen eine Gerichtsgröße, die es ermöglicht, die notwendigen Spezialisierungen auf allen Arbeitsebenen zu gewährleisten
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig, Frau Ministerin. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das erreichen Sie ja auch nicht.)
Und ich sage auch dies noch einmal: Wem sollte wohl eine Justiz nützen, die zwar im Einzelfall örtlich etwas näher sein mag, aber nicht mehr ordentlich funktioniert? Wir schaffen tragfähige Strukturen für die Zukunft.
Meine Damen und Herren, nun haben am 6. September die Bürgerinnen und Bürger das Wort und ich bin sehr zuversichtlich, dass sie die Augen vor den Realitäten, denen man sich nun mal stellen muss, nicht verschließen werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Forderungen, die Umsetzung des Gerichtsstrukturneuordnungsgesetzes auszusetzen beziehungsweise zu verschieben, begegnen uns hier im Landtag in mittlerweile schon gewohnter Regelmäßigkeit.
Im September 2014 hatten die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN per Antrag eine Aussetzung von Umsetzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz gefordert. Im Oktober letzten Jahres lag ein Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor, der eine Verschiebung der Aufhebung der Amtsgerichte um zwei Jahre vorsah. Im Januar 2015 legte die Opposition, diesmal in der Reihenfolge der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, wiederum einen Gesetzentwurf vor, der die Verschiebung der Aufhebung noch nicht geschlossener Amtsgerichte um zwei Jahre vorsah.
Heute liegt uns abermals ein Gesetzentwurf der Opposition vor, wenn auch im neuen Gewand, oder besser
gesagt, alter Wein in neuen Schläuchen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht erneut vor, die Aufhebung der bislang noch nicht geschlossenen Amtsgerichte zu verschieben, allerdings nur noch um 18 Monate.
Sehr geehrte Damen und Herren, es wird die Opposition nicht verwundern, und sie erwartet das ja auch, dass die Koalition dieses Ansinnen erneut ablehnen wird. Wir haben in der Vergangenheit wiederholt dargelegt, dass und warum wir dem nicht zustimmen. Ein solches Hinausschieben macht auch heute keinen Sinn. Auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf heißt es wiederum: „Würde der Gesetzentwurf“, gemeint ist der des Volksbegehrens, „durch Volksentscheid angenommen, müssten diese Aufhebungen wieder rückgängig gemacht werden.“ Diese Erkenntnis ist nicht neu, liegt sie doch in der Natur der Sache. Jedes Gesetz, das vom Landtag beschlossen wurde, ist entsprechend der gesetzlichen Vorgaben umzusetzen. Wenn nun ein Volksentscheid dazu führt, dass ein Gesetz seine Gültigkeit verliert, werden die durch das Gesetz vorgesehenen Änderungen rückgängig gemacht. Das ist das Normalste von der Welt.
Sehr geehrte Damen und Herren, dass auch der vorliegende Gesetzentwurf von den einbringenden Fraktionen nicht ernst genommen wird, sieht man ihm an. Auch in dem vorliegenden Entwurf steht im Gesetzesvorblatt unter dem Punkt „Kosten“ – dreimal dürfen Sie raten –: „Keine.“ Gerade unter Kostengesichtspunkten wäre die vorgeschlagene Verschiebung nicht zum Nulltarif zu haben.
Gerade unter Kostengesichtspunkten spricht alles dafür, die eingeleiteten und angelaufenen Umsetzungsmaßnahmen zum Abschluss zu bringen. Die Umkehr einer ganzen Reihe von Maßnahmen wäre zum jetzigen Zeitpunkt mit Nachteilen verbunden. Das hat die Justizministerin an dieser Stelle bereits mehrfach erläutert.
Sie merken es schon, es geht der Opposition nicht um die Sache. Im Übrigen wird der Gesetzentwurf damit begründet, dass ein Volksentscheid nach den gesetzlichen Vorschriften spätestens im März 2016 stattfinden müsse und bis dahin zehn der elf zur Schließung vorgesehenen Amtsgerichte aufgehoben wären. Die Landesregierung hat allerdings bereits am 16. Juni als Termin für die Durchführung des Volksentscheids den 6. September 2015 festgelegt, dies wurde auch im Amtsblatt bekannt gemacht. Damit wird am ersten möglichen Termin die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger über die Gerichtsstrukturreform herbeigeführt.
Allerdings weist der vorliegende Gesetzentwurf doch einen neuen Aspekt auf. In Manier einer Behelfskonstruktion wird auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Greifswald verwiesen, welches in der konkreten Ausgestaltung der Zweigstellenverordnung einen Verstoß gegen Befugnisse der Gerichtspräsidien zur Geschäftsverteilung sieht. Daraus jedoch einen Beleg für die Intention des Gesetzentwurfes herzuleiten, ist, gelinde gesagt, interessant, wird doch geflissentlich unterschlagen, dass das Oberverwaltungsgericht laut eigener Pressemitteilung in dem Urteil festgestellt hat, dass der Landesgesetzgeber das Justizministerium ermächtigen konnte, eine Zweigstellenverordnung zu erlassen.
(Heinz Müller, SPD: Ach ja? – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das streitet auch keiner ab. – Heinz Müller, SPD: Ach?)
Damit hat das OVG das Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz nicht beanstandet. Das bedeutet zugleich, dass die Zweigstellen Bestand haben und die grundsätzliche Befugnis zur Aufgabenzuweisung besteht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss leider erneut feststellen, es geht den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht ansatzweise um die Sache.
(Regine Lück, DIE LINKE: Worum soll es denn sonst gehen, als um die Sache? – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
(Torsten Renz, CDU: Stimmenfang für den Landtag 2016. – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Sie profilieren sich nie!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt schon sehr interessante Zwischenstuhlgespräche hier, von wegen Landtags- wahl 2016 und so weiter. Von den Geschenken, die Sie hier laufend machen, Herr Renz, brauchen wir ja gar nicht zu reden.
Aber, Frau Drese, an Ihre Adresse: Wir meinen es sehr ernst damit, dass der Landtag mit unserem Gesetzentwurf – und das haben wir ja nicht zum ersten Mal versucht, da gebe ich Ihnen recht und danke auch schön für die Aufzählung –,