Stefanie Drese
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nach beinahe vierjähriger Arbeit, 82 Sitzungen und etwa 70 Zeugenvernehmungen legt der Parlamentarische Untersuchungsausschuss heute seinen Sachstandsbericht vor. Der Ausschuss ist damit seinem Auftrag nachgekommen. Ob die politischen Untersuchungen, wie es zur Insolvenz der P+S Werften kommen konnte, damit beendet sind, entscheiden nicht wir, sondern die Abgeordneten des neu zu wählenden Landtages.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich direkt zu den Einschätzungen und Schlussfolgerungen aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion kommen. Für uns haben sich nach den vielen Zeugenvernehmungen und Materialauswertungen folgende Ergebnisse herauskristallisiert: Hauptgründe für die Werfteninsolvenz waren das eklatante betriebswirtschaftliche Missmanagement und das intransparente Geschäftsgebaren der ehemaligen P+SGeschäftsführung unter der Leitung des ehemaligen Hauptgeschäftsführers Dr. Brammertz. Hinzu kamen fehlerhafte Gutachten von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zur Sanierungsfähigkeit der Werftengruppe.
Völlig unverständlich bleibt der Umgang mit den Risiken und Problemen beim Bau der anspruchsvollen Spezialschiffe durch die Geschäftsführung. So wurde vonseiten der Geschäftsleitung im Fall der Scandlines-Fähren trotz engster Gewichtsvorgaben kein funktionsfähiges Gewichts- und Risikomanagement etabliert. Dazu kam als negativer Höhepunkt, dass die Aufträge für die Scandlines-Fähren von der damaligen Werftgeschäftsführung nach mangelhafter Prüfung zulasten der Werften geschlossen wurden. Auch bestätigte Herr Fuchs, der Nachfolger von Herrn Dr. Brammertz, dass keine Projektreviews im notwendigen Ausmaß stattgefunden hätten und die Mitarbeiter wieder froh gewesen seien, über die real vorliegenden Probleme berichten zu können. Nebenbei gesagt, von VW hört man Ähnliches.
Weiterhin ist zu konstatieren, dass die wirtschaftlichen Kennzahlen des Unternehmens bei Amtsantritt des letzten Hauptgeschäftsführers von der industriellen Wirklichkeit innerhalb des Unternehmens entkoppelt waren. Inwiefern sich die Geschäftsführung um Dr. Brammertz gar dem Straftatbestand der Insolvenzverschleppung schuldig
gemacht hat, wird sich im juristischen Nachspiel zeigen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte nun in aller Kürze auf die Sondervoten der Opposition eingehen. DIE LINKE bemängelt, dass die Treuhand zu kostspielig gewesen sei und eine negative Außenwirkung gehabt habe, stattdessen hätte DIE LINKE eine AG-Lösung bevorzugt. Aber gab es diese Alternative der LINKEN wirklich? Die Banken wollten Herrn Hegemann aus dem Sanierungsprozess heraushalten und haben auf einer Treuhand bestanden. Ohne Finanzierung der NORD/LB und der KfW wäre eine Sanierung der Werften von vornherein unmöglich gewesen und zum Scheitern verurteilt. Eine AG-Lösung schied somit aus.
Die GRÜNEN sind der Meinung, dass es besser gewesen wäre, wenn das Land im Jahr 2009 eine Rettungsbeihilfe beantragt hätte. Bei einer Rettungsbeihilfe im Jahr 2009 hätte jedoch die EU-Kommission auf einer Ausgleichsmaßnahme bestanden. Diese hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darin bestanden, einen der beiden Werftstandorte unwiderruflich zu schließen. Höchstwahrscheinlich wäre hiervon die Peene-Werft in Wolgast betroffen gewesen.
Dabei war es gerade das Ziel der Landesregierung, möglichst viele industrielle Arbeitsplätze in Vorpommern zu erhalten. Was eine Standortschließung für die Städte Wolgast oder Stralsund und Vorpommern bedeutet hätte, muss ich Ihnen sicherlich nicht erläutern.
DIE LINKE bemängelt, die Landesregierung habe zu wenig Mittel bereitgestellt, um die Aufträge der Werft abzuarbeiten. Was hätten aber unbegrenzte oder höhere Mittel bedeutet? Die Landesregierung hat gut daran getan, eben nicht unbegrenzt Mittel in die Werft zu geben. Die Zeugenvernehmungen haben gezeigt, dass die ohnehin hohen Finanzierungskosten noch größer geworden wären. Diese hätten die Werften erdrosselt. Die von der LINKEN gewünschte Lösung einer unmittelbaren Landesbeteiligung hätte das Risiko für den Steuerzahler drastisch erhöht und der Bund hätte sich aus dem Sanierungsvorhaben herausgezogen. So wäre ein Fass ohne Boden entstanden.
Die GRÜNEN betrachten den Sanierungsversuch spätestens im Herbst 2011 für gescheitert und vertraten mehrfach die Ansicht, dass man spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Insolvenz hätte einleiten müssen. Fakt ist aber, dass nach Aussage der meisten Zeugen sich die Werft bis zum Herbst 2011 gut entwickelt hatte. Die Werft verzeichnete neue lukrative Aufträge und konnte eine weitere Finanzierungslinie zu marktüblichen Konditionen einwerben.
Die Scandlines-Fähren wurden schließlich zum Grab der P+S Werften. Es wäre aber 2011/2012 wirtschafts- wie
finanzpolitisch fahrlässig gewesen, bei so einem Kenntnisstand einfach den Stecker zu ziehen und den P+S Werften in Wolgast und Stralsund keine Chance mehr zu geben.
Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, haben wir mit den Standpunkten der beiden demokratischen Oppositionsfraktionen zwei diametral entgegengesetzte Ansichten.
DIE LINKE ist der Meinung, es sei nicht genug Geld in die Werften geflossen, die Werften hätten verstaatlicht werden müssen. Die GRÜNEN sind hingegen der Meinung, dass viel zu viel Geld in die Hand genommen wurde und die Werftenindustrie kein Zukunftspotenzial für M-V habe.
Ich sage ganz deutlich: Gut, dass beide nicht in Regierungsverantwortung standen, sonst hätten wir heute mit höchster Wahrscheinlichkeit keinen Werftenstandort in Vorpommern mehr.
Mit den Investoren Lürssen in Wolgast und Genting in Stralsund haben beide Werfen solvente und seriöse Eigentümer erhalten und können einer positiven Zukunft entgegensehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, selbstverständlich muss man mit Steuergeldern sorgsam umgehen, dafür stehen die SPD-geführten Landesregierungen mit ausgeglichenen Haushalten und mit ihrer Politik des Schuldenabbaus. Aber genauso gilt, der Erhalt von industriellen Kernen, der Erhalt von gut bezahlter Arbeit im Land war und ist für uns sinnvoll, um Mecklenburg-Vorpommern weiter voranzubringen. Die Werftarbeitsplätze in Wolgast und Stralsund inklusive der Zuliefererindustrie sind das Risiko wert gewesen, um diese im Land zu erhalten.
Und dass die Unterstützung der krisengeplagten Werften mit erheblichen Risiken verbunden war, ist kein Phänomen aus Mecklenburg-Vorpommern, sondern eine europa-, ja weltweite Frage. Das steht hier außer Frage und dieses Risiko bei den Entscheidungen haben alle Beteiligten auch stets betont. Mein Kollege Tilo Gundlack hat es einmal auf den Punkt gebracht und gesagt: „Werftenpolitik ist kein Ponyhof.“
Sehr geehrte Damen und Herren, unter diesen schwierigen Voraussetzungen hat die Landesregierung einen vernünftigen Mittelweg gefunden und dabei Chancen und Risiken gründlich abgewogen. Sie hat die Sanierung verantwortungsvoll begleitet und die zuständigen Fachausschüsse des Landtages angemessen eingebunden. Die Insolvenz konnte letztendlich nicht verhindert werden, dafür konnte aber der Fortbestand der Werftindustrie in unserem Land gesichert werden und dieses Ergebnis zählt am Ende für die Beschäftigten in Wolgast und Stralsund.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Plenardebatte um die Einsetzung des Untersuchungsausschusses betonte die Opposition, dass es ihr um zweierlei Dinge gehe: erstens die Klärung der Verantwortung für das Scheitern der Sanierungsbemühungen – diese liegen offenkundig zuallererst bei der Geschäftsführung, gegen die auch staatsanwaltschaftlich ermittelt wird –, zweitens sollte die Frage geklärt werden, was künftig verbessert werden kann, damit sich so eine Pleite nicht wiederholt. Lassen Sie uns also konstruktiv und im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in MecklenburgVorpommern nach vorne schauen.
SPD, CDU und LINKE haben mit dem Sachstandsbericht einen gemeinsamen Empfehlungsteil vorgelegt. Dabei muss zwischen dem technischen Bereich und dem kaufmännischen Bereich unterschieden werden. Im Hinblick auf die technische Seite muss zukünftig vor allem die Neutralität der Gutachter sichergestellt werden. Im vorliegenden Fall haben die Banken einen technischen Gutachter ausgewählt und die Werft veranlasst, diesen mit der Überwachung zu beauftragen. Die Werft hatte jedoch als Auftraggeber Mitwirkungs- und Erstleserechte an den einzelnen Prüfungsberichten. Die Beweisaufnahme ergab, dass der technische Gutachter von der Werftleitung zum Beispiel aufgefordert wurde, aus der Formulierung „nicht realisierbar“ „sehr ambitioniert“ zu machen. Für künftige Sanierungen schlagen wir daher vor,
1. regelmäßig persönliche Rücksprachen zwischen dem
jeweiligen Gutachter und der Landesregierung oder dem Landesmandatar,
2. eine Vertragsgestaltung, die eine Einflussnahme des
jeweiligen Managements ausschließt, und
3. ausreichender Zugang vor Ort, um die Baufortschritte
der Projekte durch sachkundige Vertreter oder Beauftragte der Landesregierung in angemessenen Abständen überprüfen zu lassen.
Auf kaufmännischer Seite ist nicht die Zahl der Sachverständigen sowie der erstatteten Gutachten und Berichte entscheidend, sondern die Tiefe der Begutachtung. Im Fall der P+S Werften war die Gutachtenanzahl nicht das Problem, sondern deren Qualität.
Es ist nicht ausreichend, die Zahlenbasis aus der Geschäftsführung zu übernehmen, diese allenfalls zu plausibilisieren und zur Grundlage der Gutachten zu machen. Zu verbessern ist hier:
Erstens sollte die Begutachtung der kaufmännischen Belange stichprobenartig die gelieferten Zahlen in der Buchhaltung eigenständig und umfänglich prüfen.
Zweitens sollte dabei erhöhte Aufmerksamkeit der Mittelverwendung zukommen, damit nicht zum Beispiel Gelder zum Bau von Schiffen für die rollierende Finanzierung von anderweitigen Schulden zweckentfremdet werden.
Und drittens sollten die Gewinne und Verluste der einzelnen Bauprojekte direkt durch Vor-Ort-Kontrollen überwacht werden.
Allgemein muss jedoch bei dem erhöhten Prüfungsaufwand darauf geachtet werden, dass die Begutachtung für
den jeweiligen Betrieb nicht unverhältnismäßig teuer wird oder dass die Landesregierung als Bürgschaftsgeber nicht faktisch die Geschäfte des Unternehmens führt. Die Rettung von Arbeitsplätzen muss möglich sein und Risiken lassen sich eben nicht immer vermeiden, aber die öffentliche Hand ist sicherlich nicht der bessere Unternehmer.
Sehr geehrte Damen und Herren, trotz dieser Verbesserungsvorschläge in Bezug auf die Überwachung des Bürgschaftsmanagements ist abschließend festzuhalten, dass die Landesregierung auch in den Augen des Insolvenzverwalters Berthold Brinkmann keine Schuld an der Insolvenz der P+S Werften GmbH trägt. Ich möchte daher mit einem Zitat aus der Zeugenaussage des Insolvenzverwalters enden. Wörtlich sagte Berthold Brinkmann mit Blick auf das Vorgehen der Landesregierung, Zitat: „Und ich kenne keinen unserer Fälle, in dem so sorgfältig mit Gutachtern gearbeitet worden ist, wie hier. … Es ist schwer vorzustellen, dass man noch mehr tun sollte, das darf ich hier sagen. Und ich meine, dass ich dann Ihre Frage dann auch so beantworten kann, dass ich keine Hinweise gefunden habe, die hier auf Versäumnisse schließen ließen.“ Ende des Zitats und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir hörten es, entscheidende Hinweise zu Gammelfleischskandalen, Notständen in Pflegeheimen oder Bestechungsvorwürfen bei Großunternehmen stammen häufig von couragierten Mitarbeitern aus den betroffenen Unternehmen. Viele Beispiele im Lebensmittel-, Gesundheits-, aber auch Finanzbereich zeigen, dass Hinweisgeber ein hohes Risiko eingehen, wenn sie über Missstände im Betrieb informieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, der deutsche Whistleblower-Schutz beschränkt sich auf vereinzelte Vorschriften und Einzelfallentscheidungen von Gerichten. Während in anderen Ländern Hinweisgeber, sogenannte Whistleblower, durch Gesetze geschützt sind, gehen sie in Deutschland ein hohes Risiko ein. Bisher muss die Preisgabe eines Missstandes durch die Rechtsprechung im Einzelfall geprüft werden. Das führt zu Rechtsuntersicherheiten für den Einzelnen. Viele Missstände können aber ohne Hinweisgeber, also allein durch die Behörden, kaum ermittelt werden. Wir brauchen auch in Zukunft Menschen, die den Behörden Hinweise geben. In vielen Fällen können nämlich nur Insider Licht in das Dunkel bringen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hatte daher bereits in der 17. Wahlperiode den Entwurf eines Gesetzes zum
Schutz von Hinweisgebern in den Bundestag eingebracht. Dieser wurde jedoch im Juni 2013 vom Bundestag abgelehnt.
Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass das Beamtenstatusgesetz eine Durchbrechung des Verschwiegenheitsgrundsatzes enthält. Demzufolge dürfen Beamte neben den Katalogstraftaten des Paragrafen 138 StGB, die die Anzeigepflicht regeln, auch Korruptionsstraftaten nach den Paragrafen 331 bis 337 StGB direkt bei der Staatsanwaltschaft anzeigen.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Schutz von Arbeitnehmern, die durch ihre Hinweise auf Missstände oder gar kriminelle Handlungen ihrer Arbeitgeber Zivilcourage beweisen, ist weiter zu stärken.
Deshalb wurde das Thema in den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD für die 18. Wahlperiode des Bundestages aufgenommen.
Dort heißt es zum Informantenschutz im Arbeitsverhältnis, dass beim Hinweisgeberschutz geprüft wird, ob die internationalen Vorgaben hinreichend umgesetzt sind.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, auch die Justizministerkonferenz hat auf ihrer Tagung Anfang Juni 2016 zum Tagesordnungspunkt „Gesetzliche Regelung des Schutzes von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern“ einen Beschluss gefasst, wonach die bestehenden Möglichkeiten zum Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern einer Überprüfung bedürfen:
„Angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung von frühzeitigen Hinweisen auf Missstände in Unternehmen, Behörden und Organisationen und im Hinblick auf internationale Vorgaben bitten die … Justizminister die Bundesregierung um Prüfung, ob der Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern einer gesetzlichen Regelung bedarf.“
Sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Antrag enthält zwar keine neuen Aspekte, er ist aber geeignet, dem Beschluss der Justizministerkonferenz, den wir als SPD-Fraktion ausdrücklich begrüßen,
auch durch unser Landesparlament Nachdruck zu verleihen.
Leider kann selbst die Tatsache, dass die CDU die Justizministerin unseres Landes stellt, die CDU-Fraktion nicht dazu bewegen, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.
Die SPD-Fraktion ist daher leider gehalten, den Antrag aus Koalitionsgründen abzulehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ein inhaltsgleicher Antrag wurde vom Landtag in der 51. Sitzung am 10. Oktober 2013 beraten.
Es gibt keine Veranlassung, zum wiederholten Mal auf ihn einzugehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir erleben heute zu nächtlicher Stunde ein letztes Aufbäumen der NPD.
Bei diesem kläglichen Versuch, sich an aktuelle politische Geschehnisse anzuhängen,
hätte sich die NPD allerdings wahrlich mehr Mühe geben können. Bereits in der 29. Sitzung des Landtags am 25. Oktober 2012 haben wir einen ganz ähnlichen Antrag beraten. Allerdings ging es damals um die Aussetzung der Visafreiheit für Bürger aus Mazedonien und Serbien. Auch damals durfte im Antragstitel die Parole „Asyl- und Sozialleistungsmissbrauch verhindern“ natürlich nicht fehlen. Heute nun, garniert mit dem EU-Türkei-Abkommen, richtet sich der Antrag gegen die Visafreiheit für Bürger aus der Türkei. Da kann man nur sagen: Guten Morgen! Die politische Debatte um das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei wird seit geraumer Zeit intensiv geführt. Auf die NPD hat auch da nun wirklich niemand gewartet.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem eineinhalbzeiligen Antrag verabschiedet sich die NPD hoffentlich aus diesem Landtag.
Wir werden auch diesen denk- und fragwürdigen Antrag mit Freude ablehnen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit der heutigen Beschlussfassung des vorliegenden Gesetzentwurfes wird ein weiterer Punkt aus der Koalitionsvereinbarung in die Tat umgesetzt. Dieser sieht vor, das Landesrichtergesetz im Hinblick auf die Beteiligungsrechte der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu novellieren.
Mit dem Gesetz werden die notwendigen Änderungen vorgenommen, um die bestehenden Regelungen in Bezug auf die Beteiligungsrechte von Richtern und Staatsanwälten an die des Personalvertretungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls anzugleichen. So werden statt den bisherigen generellen Verweisen auf die personalvertretungsrechtlichen Regelungen die Beteiligungsrechte eigenständig im Gesetz geregelt. Die Beteiligungsrechte werden inhaltlich präzisiert und auch angemessen erweitert.
Die Beteiligung der Richter- und Staatsanwaltsräte erfolgt auch bei organisatorischen und personellen Maßnahmen, soweit nicht die Zuständigkeit des Präsidialrates beziehungsweise erweiterten Hauptstaatsanwaltsrates gegeben ist. Auch werden die Verfahrensregelungen eigenständig im Landesrichtergesetz geregelt.
Sehr geehrte Damen und Herren, hervorheben möchte ich noch einmal, dass sich der Gesetzentwurf an den Empfehlungen einer durch das Justizministerium im Einvernehmen mit dem Hauptrichterrat und dem Hauptstaatsanwaltsrat eingesetzten Expertenkommission orientiert. Das wird auch dadurch deutlich, dass die in der Beschlussempfehlung enthaltenen Änderungen zum Gesetzentwurf nur gradueller Natur sind.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir in Mecklenburg-Vorpommern ein modernes Landesrichtergesetz. Die SPD-Fraktion stimmt der Beschlussempfehlung zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Im Januar dieses Jahres haben sich die demokratischen Fraktionen mutig auf einen selten beschrittenen Weg begeben
und sich zusammen auf den Weg gemacht, die Verfassung unseres Landes zu ändern. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass ich sehr froh darüber bin, dass die demokratischen Fraktionen diesen Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung nicht nur gemeinsam tragen, sondern auch gemeinsam eingebracht haben.
Auch die sich anschließenden Ausschussberatungen fanden in einer sehr sachlichen und kollegialen Atmosphäre statt,
was nicht nur dem Beratungsgegenstand angemessen war, sondern was ich im Übrigen bei allen bestehenden politischen Unterschieden auch als positiv empfunden habe.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden neben der eigentlichen Änderung der Verfassung auch einfachgesetzliche Änderungen, so im Volksabstimmungsgesetz sowie im Landes- und Kommunalwahlgesetz, vorgenommen, die sich aus dieser Verfassungsänderung ergeben. Daneben ist auch die Geschäftsordnung des Landtages betroffen, welche wir parallel mit dem Gesetzentwurf beraten haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, im Mittelpunkt der Verfassungsänderung steht die Stärkung der direktdemokratischen Teilhabemöglichkeiten. Die SPD-Fraktion hat sich bereits seit längerer Zeit für stärkere politische Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land eingesetzt.
Mit der jetzt vorgesehenen Absenkung der Beteiligungsquoren für Volksbegehren und Volksentscheide machen wir einen wichtigen Schritt auf diesem Weg. So wird die notwendige Mindestunterschriftenzahl zur Einleitung eines Volksbegehrens von 120.000 auf 100.000 Wahlberechtigte abgesenkt. Zusätzlich wird das erforderliche Zustimmungsquorum bei einem Volksentscheid von gegenwärtig einem Drittel auf nur noch ein Viertel der Wahlberechtigten reduziert. Dieses Quorum entspricht damit der Regelung für Bürgerentscheide in der Kommunalverfassung, die ein Zustimmungsquorum von 25 Prozent der Stimmberechtigten vorsieht. Damit einhergehend wird, wie im Übrigen in allen anderen Bundesländern auch, eine zeitliche Befristung für die freie Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren eingeführt. Hier ist nach Auffassung der demokratischen Fraktionen ein Zeitraum von fünf Monaten sachgerecht.
Sehr geehrte Damen und Herren, auch dieses Gesetz wird das Parlament nicht so verlassen, wie es eingebracht wurde. Die im Europa- und Rechtsausschuss durchgeführte öffentliche Anhörung hat gezeigt, wie der Gesetzentwurf an einigen Stellen noch optimiert werden kann. Dabei haben wir auch die im Rahmen der Ausschussberatungen vorgenommenen Änderungen zum Gesetzentwurf sehr umfassend und intensiv innerhalb und zwischen den demokratischen Fraktionen beraten. So soll der Zeitraum für den Wahltermin der Landtagswahlen statt der ursprünglich im Entwurf vorgesehenen 59 bis 61 Monate nach Beginn der Wahlperiode nunmehr frühestens 58 bis spätestens 61 Monate betragen. Damit kann nicht nur ausgeschlossen werden, dass der Wahltermin perspektivisch in die Sommerferien fällt, sondern auch, dass sich dieser in die Wintermonate hinein verschiebt. Die Fristen für die Durchführung der Wahlen der Wahlkreis- und Landeslistenbewerber im Landes- und Kommunalwahlgesetz werden dementsprechend angepasst.
Sehr geehrte Damen und Herren, bezüglich der Verankerung des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union, der das Recht hat, dem Landtag in EUAngelegenheiten Beschlussempfehlungen vorzulegen, und den der Landtag zu plenarersetzenden Beschlüssen ermächtigen kann, wird nunmehr geregelt, dass der plenarersetzende Beschluss im Ausschuss öffentlich zu beraten ist. Des Weiteren wird klargestellt, dass ein Be
schluss des Ausschusses auf Antrag nicht nur einer Fraktion, sondern von mindestens vier Mitgliedern des Landtages nachträglich vom Landtag aufgehoben werden kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, nach der Beschlussempfehlung soll auch eine Übergangsregelung für bereits laufende Volksbegehren eingeführt werden, da die mit der Änderung des Volksabstimmungsgesetzes verbundenen Fristen sowie die Verpflichtung zur Anzeige des Beginns der freien Unterschriftensammlung von bereits laufenden Volksbegehren naturgemäß nicht eingehalten werden können. Diese Übergangsregelung dient dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, wobei die Absenkung des Unterschriftenquorums und des Zustimmungsquorums auch für zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung laufende Volksbegehren gilt.
Sehr geehrte Damen und Herren, alle demokratischen Fraktionen haben sich im Ergebnis der Beratungen auf die vorliegende Beschlussempfehlung verständigt, sodass der Landtag heute über die Änderung der Landesverfassung auch abschließend beraten kann. Die beabsichtigten Verfassungsänderungen sind das Ergebnis einer offenen, sachorientierten und verantwortungsvoll geführten Diskussion. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten noch einmal herzlich bedanken.
Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Landesverfassung hat sich seit ihrem Bestehen bewährt. Es gibt nichts Grundlegendes an unserer Verfassung zu ändern, das heißt aber nicht, dass man sie nicht an der einen oder anderen Stelle immer mal wieder ein Stück verbessern kann. Eine Verfassung soll sowohl Verlässlichkeit wahren als auch gesellschaftlichem Wandel sowie politischen Entwicklungen Rechnung tragen. Dem kommen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nach. Die SPD-Fraktion ist der Auffassung, dass wir mit der gemeinsam getragenen Änderung der Verfassung und insbesondere der Erleichterung direktdemokratischer Teilhabemöglichkeiten unsere parlamentarische Demokratie sinnvoll ergänzen und sie im Ergebnis auch stärken. Die SPD-Fraktion wird der Beschlussempfehlung zur Änderung unserer Verfassung aus vollster Überzeugung zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Da hättest du
ja gleich stehen bleiben können! –
Zurufe von Manfred Dachner, SPD,
und Katharina Feike, SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Leiter des ARD-Studios in Brüssel hat sich vor einigen Jahren sinngemäß folgendermaßen zur Berichterstattung über die Europäische Union geäußert: Wenn ich mit einem Bericht über die Sitzung des Europäischen Rates in die 20-Uhr-Tagesschau kommen will, müssen sich die Bundeskanzlerin und der Kommissionspräsident schon öffentlich an die Gurgel gehen. – Seit Kurzem sieht das ganz anders aus.
Ich glaube, ähnlich verhält es sich auch mit europapolitischen Anträgen. Es ist richtig und wichtig, dass wir hier im Plenum vermehrt Europapolitik in den Mittelpunkt stellen.
Sehr geehrte Damen und Herren, eine verbindliche Lösung der europäischen Flüchtlings- und Migrationsfrage auf Europaebene steht ganz oben auf der Agenda der politischen Herausforderungen. Ich möchte jedoch an dieser Stelle alle politischen Akteure bitten, sauber zu definieren, wen sie meinen, wenn sie davon sprechen, dass Europa keine Lösung für diese drängenden Fragen findet. Die Kommission und vor allem das Parlament sind die treibende Kraft bei der Skizzierung europäischer Lösungsansätze. Bislang scheiterten Lösungen vor allem an den nationalen Blockadehaltungen im Europäischen Rat. Wir sind klug beraten, die Schuld nicht reflexartig Brüssel in die Schuhe zu schieben.
In diesem Zusammenhang teilt meine Fraktion die Befürchtungen des Europäischen Parlaments hinsichtlich der Auswirkungen der Migrationsfrage auf Schengen. Der Rat hat im Februar Empfehlungen zum SchengenGrenzkodex angenommen. Mit diesem sollen schwerwiegende und seit Langem bekannte Mängel durch sehr präzise Empfehlungen binnen drei Monaten behoben werden. Vor allem ist es unabdingbar, dass die Mitgliedsstaaten Griechenland unterstützen, personell und finanziell. Die zum größten Teil in Italien und Griechenland ankommenden Flüchtlinge müssen mit europäischer Unterstützung flächendeckend registriert werden. Die eingerichteten Hotspots müssen funktions- und arbeitsfähig ausgestattet werden. Auch Frontex muss personell aufgestockt werden, um die Außengrenzen sichern zu können.
Es ist absolut richtig, dass in diesem Zusammenhang von einem Schengen-Schutzverfahren die Rede ist. Ich rufe an dieser Stelle aber zu höchster Wachsamkeit auf, weil ein Ergebnis dieser Empfehlungen sein kann, an einigen Punkten im Schengen-Raum wieder Kontrollen
an Binnengrenzen einzuführen. Das darf aber nur die Ultima Ratio sein. Die Schließung der Binnengrenzen kostet Geld, hat Auswirkungen auf den Güterverkehr und die Logistikbranche, aber auch viele indirekte Kosten wären die Folge. An dieser Stelle sei beispielsweise die Fremdenverkehrsindustrie genannt.
Wir haben nach der Finanz- und der darauf gefolgten Wirtschaftskrise endlich wieder positive Entwicklungen auch in Südeuropa zu verzeichnen. Binnengrenzen sind eine ganz reale Gefahr für eine positive Entwicklung des Binnenmarktes. Die hohen Flüchtlingszahlen sind eine ganz außerordentliche Bewährungsprobe für Europa und auch für Deutschland. Dass in dieser Zeit geordnete Wanderungsbewegungen sichergestellt werden müssen, ist uns allen längst bewusst, aber ich warne davor, dass hier ein Prozedere eingeläutet und Tatsachen geschaffen werden, die irreversibel sind und europäische Arbeitsplätze zerstören, die wir heute dringender denn je benötigen.
Deshalb, meine Damen und Herren, ist eine Lösung der Migrationsfrage im Europäischen Rat das Gebot der Stunde. 79 Prozent der Europäer meinen, dass die EU eine gemeinsame Migrationspolitik verfolgen sollte, 87 Prozent meinen, dass die EU eine gemeinsame Verpflichtung hat, ihre Außengrenzen zu schützen, und 79 Prozent meinen auch, dass Asylbewerber gerecht auf alle Mitgliedsstaaten verteilt werden sollen. Das sind eindeutige Handlungsaufträge.
Wenn diese Fragen beantwortet sind, dann ist ein hundertprozentiges Schengen-Europa auch wieder Realität. Es handelt sich um lösbare Fragen. Grenzen in Europa müssen deshalb nicht wieder hochgezogen werden. Die gemeinsamen Schengen-Regeln müssen genau angewendet werden, das ist keine Frage. Dies ist wichtig, weil die zu Recht geäußerten Sorgen und tatsächlich auftretenden Probleme mit den bereits vorhandenen Regeln gelöst werden können. Wer aber die Freizügigkeit in Europa angreift, der greift die europäische Einigung an, und das machen vor allem Rechtspopulisten, diese Ewiggestrigen. Diesen dürfen wir nicht in die Hände spielen.
Aus der Freizügigkeit im Inneren der Union ergibt sich die Herausforderung, die EU-Außengrenze gemeinsam zu managen. Die Verantwortung für die Außengrenze unter Berücksichtigung humanitärer Aspekte und der Einheit der Freizügigkeit im Inneren sind zwei Seiten derselben Medaille. Die Solidarität in unserem Staatenverbund verpflichtet alle, die Mittelmeerstaaten bei der Rettung und Aufnahme Schutzsuchender zu unterstützen.
Ich wiederhole an dieser Stelle meine Forderung aus der Aussprache im Februar: In Europa müssen für die Mitgliedsstaaten verpflichtende Kontingente definiert werden. Verpflichtend sage ich deshalb, weil der Beschluss, 120.000 Flüchtlinge umzuverteilen, nicht in die Tat umgesetzt wurde. Parallel dazu muss auch eine Residenzpflicht eingeführt werden, sodass die Flüchtenden in den ihnen zugeteilten Ländern bleiben. Das Grundrecht auf Unversehrtheit und Schutz vor Krieg überwiegt in diesem Fall zweifelsohne das Grundrecht auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union.
Unsere Verfassung verpflichtet uns zur Mitarbeit an der europäischen Integration. Gerade in Zeiten wie diesen
muss vom Landtag ein klares Zeichen für ein Europa ohne Binnengrenzen ausgehen.
Detlef Müller hat bereits auf die Aktivitäten des Landtags in den Parlamentsforen für den Ausbau der zivilgesellschaftlichen Kontakte im Ostseeraum hingewiesen. Lassen Sie uns diese Leistungen und bestehenden Kontakte und Dialoge nicht durch ein Denken und Handeln vergangener Jahrzehnte gefährden! Europa kann sich nur positiv entwickeln, wenn die Bürgerinnen und Bürger vor Ort wahrnehmen, welche Möglichkeiten ihnen Europa bietet.
Lassen Sie mich noch kurz zu Großbritannien Stellung beziehen. Europa und Großbritannien stehen vor einer gemeinsamen Aufgabe, meine Damen und Herren. Unterhält man sich mit Abgeordneten und Kommissionsvertretern aus Brüssel oder auch Bundestagsabgeordneten, wird der schmale Grat aktueller Europapolitik deutlich. Für die Menschen in Großbritannien ist die schnelle Lösung der Migrationsfrage ein entscheidender Punkt für das Abstimmungsverhalten. Andererseits wird von London nach Brüssel kommuniziert, dass man keine voreiligen Entscheidungen treffen soll, die Befürwortern eines Austritts in die Hände spielen. Europa ist in einer Zwickmühle. Wir brauchen die schnelle Entscheidung, können uns aber gleichzeitig die EU nicht ohne dieses wichtige Großbritannien vorstellen.
Schlechte Kompromisse einerseits und Austritte würden die Menschen zu einer Abkehr von Europa bewegen. Die Skepsis gegen Europa ist meines Erachtens in vielen Bevölkerungsteilen besorgniserregend hoch. Wir müssen die Kritik der Bürgerinnen und Bürger an Europa aber kanalisieren. Oftmals, wenn man sich auch die Zeit zum Hinhören nimmt, erfährt man eine grundlegende Skepsis gegenüber Institutionen und politisch endlosen Vorgängen in Europa. Dies bedeutet oftmals aber eben keine Ablehnung der europäischen Errungenschaften wie Freizügigkeit, hohe Arbeitnehmer- und Verbraucherschutzstandards oder Regionalentwicklungsprogramme.
Deshalb, meine Damen und Herren, sind irreversible Entscheidungen, wie sie beispielsweise bei Schengen möglich scheinen, hochgefährlich für die Entwicklung Europas und die Akzeptanz in breiten Bevölkerungsschichten. Es müssen Herausforderungen jenseits der Grenzkontrolle angegangen werden, um das Vertrauen zu schaffen, das erforderlich ist, um ein uneingeschränktes Funktionieren des Schengen-Raums wiederherzustellen.
Die Kontrollfreiheit an den Binnengrenzen sollte Hand in Hand mit der Entwicklung einer gemeinsamen Politik in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Kontrollen an den Außengrenzen gehen, die sich auf die Solidarität der Mitgliedsstaaten gründet und gegenüber Drittstaatenangehörigen angemessen ist. Daher ist es wichtig, dass die europäische Grenz- und Küstenwache beschlossen wird, damit sie ihre Tätigkeit im Sommer aufnehmen kann und gewährleistet ist, dass die Europäische Union der gemeinsamen Verantwortung für den Schutz der Außengrenzen auch nachkommen kann. Wenn diese Maßnahmen beschlossen werden, werden sie die Grundlage dafür schaffen, dass spätestens Ende 2016 wieder zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum zurückgekehrt werden kann. So steht es in einer Mitteilung der
Kommission. Dieser kann ich in diesem Bereich zustimmen und hoffe auf die Einhaltung dieses Fahrplans.
Sehr geehrte Damen und Herren, neu aufgezogene Mauern und Grenzen, der beschämende Zustand obdachloser Flüchtlinge, überforderte Behörden und die Versuche, schutzsuchende Menschen schnellstmöglich in ein anderes Land weiterzuleiten, sind kein Aushängeschild für uns Europäer gewesen. Wir müssen uns zurückbesinnen auf unsere Werte und Errungenschaften. Die Koalitionsfraktionen haben Ihnen einen Antrag vorgelegt, der aktueller denn je ist, wenn Sie sich die europäischen Herausforderungen ins Gedächtnis rufen. Aktueller denn je auch deswegen, weil wir diesen Antrag in einer historischen Woche debattieren. Am 18. April 1951 – einige unter Ihnen werden es sicherlich wissen – wurde die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die Montanunion, durch den Vertrag von Paris gegründet. Am 23. Juli 1952 trat dieser Vertrag in Kraft. Knapp sechs Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs haben sich Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Frankreich, Italien und die Bundesrepublik Deutschland über den Zugang zu Kohle und Stahl ohne Zollzahlungen verständigt.
Wenn Sie sich ins Gedächtnis rufen, dass die Montanunion auf den Schuman-Plan zurückging, der die Zusammenlegung der deutschen und französischen Stahl- und Kohleindustrie beinhaltete, war der europäische Gedanke – und dazu zähle ich ausdrücklich auch die damals schon betriebene Vergemeinschaftung – spürbar. Seitdem hat sich in vielen Zwischenschritten die Europäische Union entwickelt, die uns allen täglich Vorteile schafft. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Antrag. Den Änderungsanträgen, das hat mein Kollege Herr Texter schon ausgeführt, der Fraktion der LINKEN und der GRÜNEN werden wir zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Dass das Landgericht Schwerin mutmaßliche Straftäter aus der Untersuchungshaft entlassen musste, ist extrem ärgerlich. Ich bedaure das außerordentlich. Der Grund hierfür war, dass die zuständige Strafkammer die Hauptverhandlung nicht fristgerecht terminieren konnte. Zur Klarstellung sei gesagt, dass das aber nicht heißt, dass die Betroffenen straffrei ausgehen. Die Durchführung der Hauptverhandlung und ein daraus folgendes Urteil sind davon grundsätzlich nicht betroffen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in Mecklenburg-Vorpommern eine funktionsfähige Justiz. Die Richterinnen und Richter in Mecklenburg-Vorpommern leisten gute Arbeit, aber wir alle wissen, der Rechtsstaat ist nicht fehlerfrei und auch hier passieren mitunter Versäumnisse. Der Vollzug der Untersuchungshaft wegen einer Tat darf über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen. Als die Grenze von sechs Monaten überschritten war, musste das Oberlandesgericht Rostock entscheiden, ob die Untersuchungshaft der mutmaßlichen Täter fortgeführt wird. Dies hat es abgelehnt, weil es die Voraussetzung der besonderen Schwierigkeit oder des besonderen Umfangs der Ermittlungen als nicht gegeben ansah. Die Entscheidung, die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht anzuordnen, wurde unter Abwägung der Verhältnismäßigkeit und in Selbstverantwortung der Justiz getroffen. So ärgerlich ein solcher Fall auch ist, zeigt er doch auf der anderen Seite, dass der Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz funktionieren, auch wenn uns das im Einzelfall nicht immer passt.
Sehr geehrte Damen und Herren, wie in dem vorliegenden Antrag nun zu behaupten, derartige Haftentlassungen wegen nicht fristgerechter Terminierung würden verdeutlichen, dass die Funktionsfähigkeit der Justiz als
Ganzes in Gefahr sei, ist absurd. Dass Beschuldigte nach sechs Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen werden, ist in Deutschland zwar kein Einzelfall, aber die ganz, ganz große Ausnahme. Dafür kann es viele Gründe geben. Einerseits können die Ermittlungen zu lange andauern, bis es überhaupt zu einem Prozess kommt, andererseits können sich die Prozesse durch die Menge an Beweismaterial zu sehr in die Länge ziehen.
Dass Beschuldigte nach sechs Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen werden, kommt leider immer mal wieder vor. Dazu genügt schon ein Blick in unsere Nachbarländer Hamburg und Brandenburg, wo in jüngster Vergangenheit ebenfalls mutmaßliche Straftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten. So wurden im August 2015 in Hamburg zwei mutmaßliche Totschläger wegen überlanger Verfahrensdauer auf freien Fuß gesetzt. Erst im Dezember letzten Jahres mussten in Brandenburg drei mutmaßliche Sexualstraftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, dies ist aber kein norddeutsches Phänomen. So wurden etwa in Bayern allein zwischen Januar 2014 und März dieses Jahres 15 Haft- oder Unterbringungsbefehle wegen Verletzung des sogenannten Beschleunigungsgebots aufgehoben. Ich denke aber, dass niemand hier im Saal ernsthaft behaupten würde, die Funktionsfähigkeit der bayerischen Justiz sei gefährdet.
Auch wenn es sich bei den Beschuldigten im Fall des Landgerichts Schwerin nicht um Tötungsdelikte oder Sexualstraftaten, sondern um Drogenhandel dreht, hätten diese Entlassungen nicht passieren dürfen. Auch wenn derartige Fälle sehr, sehr selten sind, ist jeder Fall ein Fall zu viel.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben die Thematik im Europa- und Rechtsausschuss ausführlich beraten. Die Justizministerin hat den Ausschuss über die aktuelle Personalsituation und -struktur am Landgericht Schwerin unterrichtet. Es wurde dargelegt, dass die Personalausstattung in Strafsachen über dem berechneten Personalbedarf liegt. Auch wurde erläutert, wie die richterliche Selbstverwaltung durch das Präsidium des Landgerichts Schwerin wahrgenommen wird. Das Justizministerium kann darauf keinen Einfluss nehmen. Gemäß Gerichtsverfassungsgesetz bestimmt das Präsidium die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnung vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Dabei kann jeder Richter mehreren Spruchkörpern angehören. Diese Anordnungen dürfen auch im Laufe des Geschäftsjahres geändert werden, wenn dies wegen Überlastung eines Richters oder eines Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Das Präsidium kann auch anordnen, dass ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.
Sehr geehrte Damen und Herren, es kann vielfältige Gründe geben, warum manche Verfahren nicht fristgemäß beginnen. Das Oberlandesgericht stellt in seinem Beschluss ein „tiefgreifendes Strukturproblem“ beim Landgericht Schwerin fest. Auch wenn DIE LINKE immer wieder eine unzureichende Personalausstattung herbeizureden versucht, so bleibt doch festzuhalten, dass das Oberlandesgericht in seinem Beschluss ein „tiefgreifen
des Strukturproblem“ beim Landgericht Schwerin feststellt. Es ist bezeichnend, wenn der Sprecher des Landgerichts einräumt, dass die Einstellung zusätzlicher Richter keinen Sinn machen würde.
Sehr geehrte Damen und Herren, als vor vier Monaten in Brandenburg drei mutmaßliche Sexualstraftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten – dort ging es um das Landgericht Cottbus –, hat das DIE LINKE nicht sonderlich interessiert. Sie hat dort jedenfalls keinen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht, wie sie es hier getan hat.
Im Gegenteil, als der Landtag Brandenburg im Januar dieses Jahres einen oppositionellen Antrag mit dem Titel „Entlassung mutmaßlicher Straftäter aus der Untersuchungshaft verhindern“ beraten hat, hat DIE LINKE das Ansinnen der Opposition zurückgewiesen und den Justizminister verteidigt.
Ich wage mal die Vermutung, das liegt daran, dass DIE LINKE in Brandenburg den Justizminister stellt.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich die Lage wie folgt zusammenfassen, Zitat: „Für diejenigen, die bei der Diskussion im Rechtsausschuss nicht dabei waren, möchte ich sagen, dass wir vor folgender Situation stehen: Ein Gericht ist ausreichend mit Richterinnen und Richtern ausgestattet. Das Gericht begeht Organisationsfehler. Nun benutzt man aus politischen Gründen diesen Fakt eines Fehlers, um wieder die große Keule der Haushaltsdiskussion herauszuholen und zu behaupten – das finde ich mittlerweile gräulich –, dass dieses Gericht nicht ausreichend ausgestattet sei. Das ist falsch!“ Zitatende. Das waren treffend die Worte der Abgeordneten Frau Mächtig, Fraktion DIE LINKE, in der eben erwähnten Landtagsdebatte in Brandenburg.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Justizministerium ist dafür zuständig, dass die Rahmenbedingungen für eine funktionsfähige Justiz gegeben sind. Wenn nachgesteuert werden muss, dann wird nachgesteuert. Das ist in der Vergangenheit in der Sozialgerichtsbarkeit geschehen und vor Kurzem auch hinsichtlich der Asylverfahren. Ich bin sicher, dass das Justizministerium auch zukünftig bei Bedarf die notwendigen Maßnahmen einleiten wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn der Landtag nun feststellen soll, dass die Funktionsfähigkeit der Justiz gefährdet ist, so ist das schlicht unseriös. Es ist aber mehr als das, es ist fahrlässig. Wenn auf derartige Weise eine drohende Funktionsunfähigkeit der Justiz an die Wand gemalt wird, so ist das Wasser auf die Mühlen derer, die unsere Rechtsordnung, unseren Rechtsstaat und seine Institutionen diskreditieren wollen. Ich möchte die Antragsteller deshalb bitten, gehen Sie noch einmal in sich, ob Sie den Antrag wirklich aufrechterhalten wol
len. Einen derartigen Antrag lehnen wir ab, wie es DIE LINKE in Brandenburg auch getan hat. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nach der Föderalismusreform, mit der die Gesetzgebungskompetenz für den Vollzug von Strafen und freiheitsentziehenden Sanktionen auf die Länder übergegangen ist, sind in den vergangenen Jahren alle erforderlichen Gesetze im Hinblick auf den Strafvollzug für Mecklenburg-Vorpommern geschaffen worden, bisher mit einer Ausnahme. Nachdem Mecklenburg-Vorpommern mit dem Strafvollzugsgesetz, dem Jugendstrafvollzugsgesetz und dem Untersuchungshaftvollzugsgesetz sowie dem Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz eigenständige Regelungen geschaffen hat, folgt nun abschließend ein eigenständiges Jugendarrestvollzugsgesetz. Die nähere Ausgestaltung des Vollzugs erfolgte bislang durch die Jugendarrestvollzugsordnung des Bundes. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Gestaltung des Vollzugs des Jugendarrests erstmalig in einem eigenständigen Gesetz geregelt.
Sehr geehrte Damen und Herren, gemäß Jugendgerichtsgesetz soll der Vollzug des Jugendarrests dem Jugendlichen zu Bewusstsein bringen, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. Dabei soll der Vollzug erzieherisch gestaltet werden und dem Jugendlichen helfen, die Schwierigkeiten zu bewältigen, die zur Begehung der Straftat beigetragen haben. Diesen Anforderungen wird auch der vorliegende Gesetzentwurf gerecht. Insbesondere berücksichtigt er, dass der Jugendarrest nicht die Rechtswirkung einer Strafe hat. Dem wird bereits in der Praxis dadurch Rechnung getragen, dass der Vollzug des Jugendarrests in Mecklenburg-Vorpommern räumlich klar von der Jugendanstalt in Neustrelitz getrennt ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Jugendarrest wird nur bis zu einer Dauer von vier Wochen ausgesprochen. Daraus folgt, dass die kurze Arrestdauer – durchschnittlich beträgt diese nur zwei Wochen – intensiv genutzt werden muss, um Veränderungs- und Reifeprozesse bei den Arrestierten anzustoßen. Der Erziehungsgedanke im Jugendarrestgesetz und die darauf abstellenden Regelungen sind zentraler Bestandteil des Gesetzes. In diesem Zusammenhang ist nicht zuletzt auch die Mitwirkungspflicht des Arrestierten zielführend. Ebenfalls als positiv erachten wir, dass die Einzelunterbringung während der Einschlusszeiten und der im Übrigen gemeinschaftliche Aufenthalt der Arrestierten mit dem Gesetz als Standard normiert werden. Da die Zuführung von Arrestierten nicht immer zeitlich exakt geplant werden kann, halten wir die Möglichkeit, gelegentliche temporäre Belegungsspitzen durch Doppelbelegung aufzufangen, für sinnvoll. Vorzeitige Entlassungen zur Vermeidung einer Doppelbelegung wären gerade auch im Hinblick auf den Erziehungsgedanken nicht sachgerecht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein im Vergleich zu Ziel, Ausrichtung und Gestaltung des Vollzugs des Jugendarrests nur auf den ersten Blick beiläufiges Thema ist die Regelung zur Anstaltskleidung. Wie im Rahmen der zu dem Gesetzentwurf durchgeführten Anhörung von Vertretern aus der Vollzugspraxis dargelegt wurde, stigmatisiert das Tragen von Anstaltskleidung in der Jugendarrestanstalt die Betroffenen gerade nicht. Stigmatisierend sei vielmehr, wenn nur einzelne Arrestierte auf das Tragen von Anstaltskleidung angewiesen sind. Vermieden werden sollte aber gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden ein Zurschaustellen sozialer Unterschiede durch Statussymbole oder Markenkleidung. Die Jugendlichen können bei Außenterminen ihre private Kleidung tragen.
Sehr geehrte Damen und Herren, beim Jugendarrest wird auf jeden Jugendlichen und Heranwachsenden individuell eingegangen. Mit jedem Arrestierten wird zu Beginn des Vollzugs das persönliche Gespräch gesucht, auf dessen Grundlage ein Arrestplan ausgearbeitet wird. Das Gesetz verpflichtet die Anstalt, zum Ende des Vollzugs einen Schlussbericht zu erstellen und diesen mit dem Arrestierten im Rahmen eines Entlassungsgesprächs zu erörtern. Durch den Schlussbericht wird sichergestellt, dass die während des Arrests gewonnenen Erkenntnisse den Institutionen zur Verfügung gestellt werden, die nach der Entlassung des Arrestierten an dessen weiterer Entwicklung beteiligt sind, also Jugendgerichtshilfe, gegebenenfalls Bewährungshilfe und bei Zustimmung des Arrestierten auch freie Träger der Jugendhilfe.
Sehr geehrte Damen und Herren, vorliegend handelt es sich um einen ausgewogenen Gesetzentwurf, der dem Ziel des Vollzugs des Jugendarrests Rechnung trägt, ein eigenverantwortliches und straffreies Leben zu führen. Dabei verkennen wir nicht, dass der Jugendarrest nur einen Beitrag für die Erziehung und Sozialisation des Arrestierten leisten kann. Er ist lediglich ein Baustein in einem aus Elternhaus, freien Trägern, Jugendgerichtshilfen und Bewährungshelfern bestehenden Gesamtgefüge. Ich denke, wir sind uns einig, bloßes Wegsperren bringt niemanden weiter, weder den Jugendlichen noch die Gesellschaft. Mit diesem Gesetz schaffen wir die Grundlage für einen modernen Vollzug des Jugendarrests. Die SPD-Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen, die Änderungsanträge ablehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir alle sind besorgt über die lang anhaltende Krise am Milchmarkt. Vor diesem Hintergrund haben die Koalitionsfraktionen auch den Antrag hier eingebracht. Wir wollen, dass alle Möglichkeiten geprüft werden, um den Markt und da- mit den Preis auf einem höheren Niveau zu stabilisieren.
Dazu sind in der Vergangenheit seitens der EU bereits Maßnahmen erfolgt. Seit 2012 läuft das sogenannte Milchpaket, das mit Blick auf das Auslaufen der Quotenregelung im Jahr 2015 erarbeitet wurde. Von dem 500Millionen-Hilfspaket für den Milchsektor hat Deutschland 69,2 Millionen Euro erhalten. Diese werden für den Darlehensschutz eingesetzt. Auch das Land hat, da, wo es möglich war, geholfen, Liquidität zu erhalten.
Unser Agrarminister war auch vor dem Hintergrund der Milchkrise in China. China ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Stichwort. Der einstige Absatzmarkt China ist dabei, in großem Umfang seine eigene Milchproduktion aufzubauen. Auf der Tagung des BDM in der vorletzten Woche wurde berichtet, dass insbesondere an der russischen Grenze intensiv investiert wird. Wenn die Sanktionen gegen Russland fallen, und das werden sie irgendwann, dann wird der russische Markt für uns nicht mehr der gleiche Markt sein wie vor den Sanktionen. Auch vor diesem Hintergrund ist es richtig und wichtig, dass der Ministerpräsident mit dem Russlandtag dafür arbeitet, dass unsere Beziehungen zu Russland nicht abreißen.
Meine Damen und Herren, ja, es ist richtig, wir haben hier in Deutschland als Exportland auf unserem Markt den Weltmarktpreis. Richtig ist auch, dass die EU den Weltmarktpreis nur durch ein deutliches Zurückfahren der Produktion beeinflussen kann. Niemand kann sagen, ob ein Zurückfahren der europäischen Milchproduktion dauerhaft zu einer Preisstabilität führt, denn mit einem möglichen Produktionsverzicht bekommen auch Australien, Neuseeland und die USA als große Milcherzeugerländer wieder mehr Luft oder besser gesagt mehr Geld, ohne die Produktion zu reduzieren. Niemand weiß, ob nicht in diesen Staaten dann weiter investiert wird und damit die Weltmilchmenge erneut ansteigt und es zu einem erneuten Preisverfall kommt. Niemand kann uns sagen, ob diese großen Milcherzeuger nicht damit in unsere Märkte vorstoßen werden.
In Mecklenburg-Vorpommern hat inzwischen eine ganze Reihe von Milchviehbetrieben aufgegeben. Das heißt aber nicht, dass sich die Milchproduktionsmenge reduziert hat, denn Betriebe und Ställe wurden übernommen, die Tiere geben nach wie vor ihre Milch. Die Gefahr besteht aber, dass Betriebe an Investoren verkauft werden, das haben wir hier schon öfter diskutiert. Das ist eine Entwicklung, die wir nicht wollen. Auch vor diesem Hintergrund haben sich die Koalitionsfraktionen in der Pflicht gesehen, alles, was uns möglich ist, zu tun, um die Abnahmepreise zu stabilisieren.
Vor diesem Hintergrund liegt Ihnen der Antrag heute vor. Wir wollen, dass geprüft wird, inwieweit das Land dabei helfen kann, die Marktposition der Milcherzeuger und der Molkereien zu stärken. Dazu soll ganz konkret geprüft werden, inwieweit eine Milchvermarktungsplattform eingerichtet werden kann. Was das heißt und wie das funktionieren kann, hat Kollegin Schlupp hier bereits erklärt. Mir ist bewusst, dass dieses Konstrukt vor dem Hintergrund des Kartellrechts sicher viele Fragen aufwirft. Dennoch wollen wir, dass hier sorgfältig geprüft wird, ob es einen rechtskonformen Weg gibt. Wir wollen alles ausloten, was den Landwirten helfen kann.
Ziel muss es sein, den Milcherzeugern gemeinsam mit den Molkereien eine bessere Marktposition zu geben, damit die Preise wieder in auskömmlicher Höhe gezahlt
werden. Ziel muss es sein, die Marktteilnehmer auf Augenhöhe verhandeln zu lassen. Dazu kann der in unserem Antrag gewählte Prüfauftrag, wenn sich der Weg als rechtskonform herausstellt, einen Beitrag leisten.
Frau Schlupp hat hier die Ministererlaubnis von Sigmar Gabriel kritisiert und deutlich gemacht, dass damit eine noch größere Marktkonzentration entstehen werde und Arbeitsplätze im Einzelhandel gegen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft ausgespielt würden. Richtig ist, meine Damen und Herren, dass die Tengelmann-Gruppe offensichtlich in wirtschaftliche Schieflage geraten ist. Ein Unternehmen, das aufgrund seiner wirtschaftlichen Probleme vom Markt verschwindet, trägt genauso zur Marktkonzentration bei wie eine Übernahme. Das haben wir bei der Schlecker-Pleite erlebt. Einen Unterschied gibt es aber doch: Mit der Ministererlaubnis war verbunden, dass Edeka vor der Übernahme garantieren musste, dass 97 Prozent der 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser‘s Tengelmann mindestens für fünf Jahre sicher seien und die Mitarbeiter tariflich bezahlt würden. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesministers sehr wohl nachzuvollziehen.
Im Namen der SPD-Landtagsfraktion bitte ich um Zustimmung zu dem hier vorliegenden Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft ist wieder in aller Munde und die Öffentlichkeit diskutiert über CETA und TTIP, und für die deutsche Sozialdemokratie kann ich sagen, das ist auch gut so. Die demokratischen Fraktionen im Landtag haben sich in den letzten Jahren mehr oder weniger intensiv und faktenbasiert mit den TTIP- und CETA-Verhandlungen beschäftigt. Von vorbehaltloser Zustimmung bis hin zu totaler Ablehnung war im Plenum alles vertreten.
Dass wir größtmögliche Transparenz in den Verhandlungen zu europäischen Handelsabkommen benötigen, steht außer Frage. Jedoch sollten wir das wichtige Thema der Transparenz nicht dogmatisch und mit erhobenem Zeigefinger behandeln. Zur Transparenz gehört
auch die Pflicht politisch Verantwortlicher, auf allen Ebenen die Öffentlichkeit zu diesem wichtigen und virulenten Thema zu informieren,
denn nur so können sich die Bürger selbst ein objektives Bild über das geplante transatlantische Handelsabkommen verschaffen.
Herstellung von Transparenz bedeutet für meine Fraktion aber auch, durch eine entsprechende Informationspolitik auf Bedenken in der Bevölkerung einzugehen. Alle politisch Verantwortlichen von der Europa- bis zur Landesebene haben sich bei diesem emotional diskutierten Thema der Aufgabe zu stellen, die Menschen in ihren Wahlkreisen zu informieren. Die Frage, die im Raum steht, ist allerdings, ob wir Politiker objektiv informieren oder gezielt Panik verbreiten, um in Umfragen und Debatten daraus politisches Kapital zu schlagen.
Anstatt Befürchtungen durch Falschinformationen zu streuen, stellen wir hier im Landtag wirklich Transparenz her. Aus diesem Grund hat meine Fraktion im Europa- und Rechtsausschuss kurz nach Amtsantritt von der Handelskommissarin Malmström eine öffentliche Anhörung mit einem Vertreter der Generaldirektion Handel auf die Tagesordnung gesetzt. Wenige Monate später hat meine Fraktion den Berichterstatter des Europaparlaments zu TTIP Bernd Lange in den Ausschuss eingeladen. Wir haben europäische Spitzenvertreter öffentlich im Ausschuss befragt und mit ihnen aus Landessicht TTIP diskutiert. Wir als Landesparlament haben somit Transparenz geschaffen.
Im Februar 2015 fand die viel beachtete TTIP-Konferenz der SPD-Bundestagsfraktion und der Bundespartei in Berlin statt. In Arbeitsgruppen waren viele hochkarätige EU-Beamte vor Ort, mit denen man unkompliziert diskutieren konnte. Außerdem war Frau Malmström vor Ort. Alles war öffentlich im Livestream zu verfolgen und jedermann konnte sich für die Veranstaltung anmelden. Auch so sieht Transparenz und sozialdemokratische Politik aus, meine Damen und Herren. Ähnliches vermisse ich manchmal.
Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern vielfältige Veranstaltungen durchgeführt. Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück war bei Veranstaltungen der Bundestagsabgeordneten Frank Junge und Jeannine Pflugradt in Wismar und Neustrelitz, Ralf Stegner in Stralsund und vor Kurzem fand eine weitere TTIP-Veranstaltung in Wismar statt. Ähnliche Veranstaltungen zur Herstellung von Transparenz in vergleichbarer Anzahl habe ich bei anderen Parteien nicht wahrnehmen können.
Lieber Herr Dr. Brie, ich habe große Sympathien für den Punkt II.
Natürlich würde auch ich mir wünschen, dass wir Landtagsabgeordnete Zugriff auf die Dokumente haben, aber der Zugriff zu den konsolidierten Verhandlungstexten für größere, über die später im Ratifizierungsprozess direkt involvierten nationalen Parlamente hinaus gehende Krei
se ist demgegenüber aufgrund ihrer Einstufung als geheim schlicht nicht möglich.
Die Einstufung selbst muss vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass letztlich nach üblichen völkerrechtlichen Gepflogenheiten nichts abschließend konsentiert ist, bevor nicht über das Gesamtpaket Einigung erzielt wurde.
Sehr geehrte Damen und Herren, in der Vergangenheit hat kaum jemand Notiz davon genommen, wenn die EUKommission Freihandelsabkommen ausverhandelt hat. Wer hat die Verhandlungen zum Abkommen mit Kolumbien und Peru 2010 verfolgt und kritisch begleitet?
Ich denke, dass sich die Anzahl derer in Grenzen hält. Ich habe weder von der Opposition noch von den NGOs spürbare Kritik in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Sozialdemokraten auf europäischer Ebene haben dem Verhandlungsergebnis gegenüber erhebliche Zweifel geäußert, weil die Menschenrechtslage in den genannten Ländern katastrophal ist, unzureichende Mechanismen zur Suspendierung des Abkommens vorgesehen waren und die Kommission international unabgestimmt vorgegangen ist.
Die öffentliche Empörung ist ausgeblieben. Insofern ist es gut, dass Freihandelsabkommen jetzt öffentlich in Parlamenten besprochen werden, auch im Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam mehr Sachlichkeit und einen wirklichen Informationsgewinn für die Bürger in die Diskussion einfließen lassen.
Wir als Sozialdemokraten wollen Freihandel. Dazu müssen wir aber auch den mühsamen Weg gehen, um den Bürgerinnen und Bürgern die Vorteile des Freihandels zu erklären.
Wir lehnen den Antrag und den Änderungsantrag ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf begeben wir uns auf einen nur sehr selten eingeschlagenen Pfad. Wir machen uns auf den Weg, die Verfassung unseres Landes zu ändern. Unsere Landesverfassung hat sich seit ihrem Bestehen sehr bewährt. Es gibt nichts Grundlegendes an unserer Verfassung zu ändern, das heißt aber nicht, dass man sie an der einen oder anderen Stelle nicht noch ein Stück verbessern kann.
Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern gibt unserem Gemeinwesen nicht nur seine rechtliche Grundordnung, sie stellt auch einen Grundkonsens aller, hier muss ich einschränken, demokratischen politischen Kräfte dar.
Man ist daher gut beraten, eine Verfassung nur behutsam zu ändern.
Sehr geehrte Damen und Herren, seit dem Inkrafttreten der Landesverfassung ist dies lediglich viermal geschehen. Erstmals erfolgte eine Änderung im Jahre 2000 mit der Einführung des sogenannten Konnexitätsprinzips. Gegenstand der mehrere Artikel betreffenden Änderungen im Jahr 2006 war neben der Aufnahme diverser Schutzziele und der Verlängerung der Wahlperiode des Landtages ein Punkt, an den wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gewissermaßen anknüpfen. Das Quorum für Volksbegehren wurde seinerzeit von 140.000 auf 120.000 Unterstützer reduziert. 2007 wurde ein neuer Artikel 18a zur Friedensverpflichtung und Gewaltfreiheit in unsere Landesverfassung eingefügt. Das Besondere an dieser Verfassungsänderung war, dass sie nicht durch ein Änderungsgesetz aus der Mitte des Landtages, sondern auf Betreiben einer Volksinitiative erfolgte. Die letzte Änderung liegt fünf Jahre zurück. 2011 wurde die sogenannte Schuldenbremse in die Verfassung eingeführt, die ab dem Jahr 2020 gilt.
Sehr geehrte Damen und Herren, eine Verfassung soll sowohl Verlässlichkeit wahren als auch gesellschaftlichem Wandel sowie politischen Entwicklungen Rechnung tragen. Dem wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nachkommen. Die Bedeutung der Verfassung und ihre Akzeptanz hängen davon ab, dass sie auf einem möglichst breiten Konsens beruhen. Auch deshalb ist es wichtig, dass dieser Gesetzentwurf von allen demokratischen Fraktionen gemeinsam getragen wird. Ich bin daher sehr froh, dass die Gespräche der demokratischen Fraktionen über konkrete Änderungen in der Landesverfassung nunmehr zu einem Ergebnis geführt haben. Dieses Ergebnis kann sich sehen lassen.
Zu der eigentlichen Verfassungsänderung gehören darüber hinaus weitere einfache gesetzliche Änderungen, die sich aus den Verfassungsänderungen konkret ergeben. Im Volksabstimmungsgesetz sowie im Landes- und Kommunalwahlgesetz ist das der Fall. Daneben ist auch die Geschäftsordnung des Landtages betroffen, welche wir parallel mit dem Gesetzentwurf beraten.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich die beabsichtigten Änderungen kurz darstellen. Der wohl elementarste Punkt ist die vorgesehene Stärkung direktdemokratischer Teilhabemöglichkeiten. Dazu sollen die Quoren für Volksbegehren und Volksentscheid abgesenkt werden. So wird die erforderliche Anzahl der Unterstützer eines Volksbegehrens, nachdem sie bereits in der Vergangenheit abgesenkt wurde, noch einmal reduziert, und zwar von bislang 120.000 auf 100.000 Wahlberechtigte.
Darüber hinaus wird in der Verfassung festgelegt, dass die Unterschriften in einem im Volksabstimmungsgesetz festzulegenden Zeitraum gesammelt werden müssen. Für die freie Unterschriftensammlung wird im Volksabstimmungsgesetz ein Zeitraum von fünf Monaten festgelegt. Das Volksabstimmungsgesetz sieht bisher nur für die Sammlung der Unterschriften durch Auslegung in Eintragungslisten bei den Gemeindebehörden eine Frist vor. Für die freie Unterschriftensammlung ist, das ist bundesweit einmalig, bisher keine Frist vorgesehen gewesen. Aufgrund der im Volksabstimmungsgesetz getroffenen Differenzierung zwischen der Sammlung von Unterschriften durch die Eintragung in Auslegungslisten bei den Gemeindebehörden und der freien Sammlung erfolgt die Aufnahme des konkreten Zeitrahmens selbst nicht in der Verfassung. Da das Volksabstimmungsgesetz bereits eine Frist von zwei Monaten für die Sammlung in Gemeindebehörden enthält, käme es zu einem Widerspruch zwischen dem einfachen Gesetzesrecht und der Verfassung bei einer Normierung ausschließlich einer fünfmonatigen Sammlungsfrist in der Verfassung.
Zusätzlich wird das erforderliche Zustimmungsquorum bei einem Volksentscheid von gegenwärtig einem Drittel auf ein Viertel der Wahlberechtigten abgesenkt. Dieses Quorum entspricht zugleich der Regelung für Bürgerentscheide in der Kommunalverfassung, die ein Zustimmungsquorum ebenfalls von 25 Prozent der Stimmberechtigten vorsieht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein weiterer Punkt ist die Verankerung des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union in der Verfassung. Dieser soll das Recht haben, dem Landtag Beschlussempfehlungen vorzulegen. In Europafragen, insbesondere hinsichtlich der Abgabe von Stellungnahmen im sogenannten Subsi
diaritätsfrühwarnsystem, muss der Landtag zur Wahrnehmung seiner Interessen innerhalb einer bestimmten Frist reagieren können. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Fristen zu kurz sind, um auf der Grundlage eines Auftrags des Plenums eine Beschlussempfehlung fristgerecht vorlegen zu können. Dem Landtag, wie gesagt, wird daher ermöglicht, den Ausschuss in der Geschäftsordnung zu plenarersetzenden Beschlüssen zu ermächtigen. Um diese Möglichkeit zu eröffnen, ist die Anpassung der Geschäftsordnung des Landtags ebenfalls erforderlich. Dem Landtag wird zugleich die Möglichkeit eingeräumt, im Nachhinein den Beschluss des Ausschusses aufzunehmen.
Sehr geehrte Damen und Herren, auf den ersten Blick eher technischer Natur ist die Änderung des Zeitrahmens für den Termin der Landtagswahlen.
Nach der Verfassung findet die Neuwahl des Landtags frühestens 57 und spätestens 59 Monate nach Beginn der Wahlperiode statt. Dieser Zeitrahmen soll um zwei Monate von 59 bis 61 Monate nach Beginn der Wahlperiode verlängert werden. Ohne Veränderung des Zeitrahmens für die Neuwahl kann der Wahltermin perspektivisch in die Sommerferien fallen, was sicher nicht ohne Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung bliebe.
Das Landes- und Kommunalwahlgesetz wird entsprechend angepasst, damit der bisherige Zeitrahmen für die Durchführung der Wahlen der Wahlkreis- und Listenbewerber beibehalten wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, die beabsichtigten Verfassungsänderungen sind das Ergebnis einer offenen, sachorientierten und von allen Seiten verantwortungsvoll geführten Diskussion. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten, besonders bei den Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Fraktionen, herzlich bedanken.
Die vier demokratischen Fraktionen haben seit vielen Monaten sehr konstruktive, offene und konsensorientierte Beratungen zur Änderung der Verfassung geführt. Ich kann sagen, kein Anliegen einer Fraktion wurde einfach beiseitegewischt. Jeder Vorschlag wurde geprüft, diskutiert und abgewogen, von und innerhalb jeder Fraktion. Der vorliegende Gesetzentwurf ist von daher wie immer bei Verhandlungen von mehreren Beteiligten ein Kompromiss, aber es ist ein sehr guter Kompromiss. Ich bin der Auffassung, nicht die Urheberschaft einer Änderung in diesem Entwurf ist wichtig, sondern die Einigung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf, trägt er doch die Handschrift aller demokratischen Fraktionen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich wünsche den weiteren Beratungen, dass diese in der bisherigen sachlichen und kollegialen Atmosphäre stattfinden, und bitte Sie im Namen der SPD-Fraktion daher um Zustimmung zur Überweisung. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ein schwieriges Jahr 2015 voller Herausforderungen liegt hinter der Europäischen Gemeinschaft und ein noch viel schwierigeres Jahr 2016 liegt vor uns allen.
Kurz nach der Ost- und Südost-Erweiterung befand sich die Union 2005 in einer äußerst komplizierten Lage. Damals ging es aus heutiger Sicht um vergleichbar leicht zu lösende Probleme, die die Eckpfeiler der EU nicht zu bedrohen schienen. Der mehrjährige Finanzrahmen sollte beschlossen werden zum Unmut vor allem der neu beigetretenen Länder. Schon damals wurde von mangelnder Solidarität gesprochen. Diese Stimmen waren zum größten Teil in Osteuropa zu hören, das sich nicht willkommen gefühlt hat in der Europäischen Union.
Heute, mehr als zehn Jahre nach dieser historischen und richtigen Erweiterung, stehen wir vor politischen Rissen in der EU, wie wir sie bisher nicht gekannt haben. Die EU droht auseinanderzudriften und mit ihr die bisherige europäische Integration.
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir uns die Ergebnisse der zuletzt stattgefundenen Wahlen vor Augen führen, stellen wir einen besorgniserregenden Rechtsruck in Europa fest. In Ungarn hat dieser schon vor einigen Jahren mit Viktor Orbán stattgefunden, der, und das muss man an dieser Stelle leider betonen, zur Parteienfamilie der EVP gehört.
In Polen hat die Nationalkonservative Partei eine große Mehrheit erhalten, sodass sie innerhalb kürzester Zeit Gesetze erlässt, die mehr als fragwürdig erscheinen. In Frankreich hat erst die zweite Runde der Wahlen den Front National gestoppt, der keine Antworten auf die drängenden Fragen gibt, sondern nur sich selbst und den Rechtspopulismus in Szene setzt. Die Ergebnisse des rechtsextremen Front National in der ersten Runde der Regionalwahlen haben alle Demokraten in Europa auf
schrecken lassen. Umso wichtiger war die Geschlossenheit der Demokraten in Frankreich. Dass man in einer solchen Lage die parteipolitischen Interessen hintanstellt, wie es Präsident Hollande mit dem Zurückziehen sozialistischer Kandidaten gemacht hat, um die konservativen Kandidaten zu stärken, ist eine richtige Entscheidung gewesen. Frankreich hat mit dem Ergebnis der zweiten Runde der Wahlen gezeigt, dass es die gemeinsamen Grundwerte verteidigen wird, wenngleich das Ergebnis des Front National die Geschlossenheit der Demokraten weiter fordert.
Frankreich muss es schaffen, Frau Le Pen den Nährboden für ihre kruden Ansichten und Forderungen zu nehmen, dann wird sie sich selbst entzaubern. Das Problem, das in Frankreich angegangen werden muss, ist die Wachstumsschwäche, die kein spezifisch französisches Problem ist. Vielmehr ist dies ein Problem vieler Euroländer, die zum größten Teil konservativ regiert werden. Ausschließliches Haushaltsanieren und ein fehlender Fokus auf Wachstum und Innovation sowie daraus resultierende soziale Probleme treiben Wähler tendenziell in die Reihen von Populisten und Extremisten, die ganz schnell einen Sündenbock gefunden haben.
Beim Front National sind es die Migranten und Flüchtlinge, die diffamiert werden und denen man unterstellt, sie kämen wegen üppiger Sozialleistungen nach Europa und Frankreich. Das Gegenteil ist der Fall.
Als Europaabgeordnete wäre diese Frau verpflichtet, eine humane Politik für 500 Millionen Menschen zu machen, anstatt rechtsextreme Propaganda zu betreiben.
Sehr geehrte Damen und Herren, aber auch die aktuellen Entwicklungen in unserem anderen Nachbarland, in Polen, verfolgen wir mit Erstaunen.
Das, was die nationalkonservative Regierung in Windes- eile beim Verfassungsgericht und den öffentlichen Rundfunkanstalten umsetzt, lässt schon die Frage der politischen Einflussnahme aufkommen.
Gerade weil Polen ein so wichtiges Land in der EU ist
und wir in diesem Jahr 25 Jahre deutsch-polnische Partnerschaft feiern, schauen wir kritisch auf die Entwicklung.
Wir kritisieren die Warschauer Regierung nicht, weil sie einem anderen Parteienlager angehört, wie es in Polen teilweise kolportiert wird. Es ist gut, dass die EU jetzt tätig wird und die Vorgänge genauer unter die Lupe nimmt.
Die Regierung in Warschau muss sich klar zu den europäischen Werten bekennen, denn dieses Land ist eines
der größten Nutznießer in der EU. Selbst das Wiederaufstellen der EU-Fahne am Sitz der Ministerpräsidentin wäre ein Zeichen. Wenn es um Solidarität geht, bin ich der festen Ansicht, dass Polen in der Flüchtlingsdebatte verbal abrüsten und die Blockadehaltung aufgeben sollte. Wenn Polen voranginge, wäre dies ein wichtiges Zeichen an alle osteuropäischen Länder.
Klar ist uns allen aber auch, dass dies nicht von heute auf morgen passieren wird, wir aber auch nicht unendlich viel Zeit dafür haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, Polen und Frankreich sind die engsten Partner und Freunde Deutschlands in der EU.
Gerade deshalb sollten wir an beide Länder appellieren, dass sie sich an der Bewältigung der Flüchtlings- und Migrationsfrage beteiligen, denn beide Länder nehmen sehr wenige beziehungsweise fast gar keine Flüchtlinge auf. Jedoch stehen hier alle 28 Staaten in der Pflicht.
Sehen wir uns beispielsweise das Thema Umverteilung an. Der Beschluss, 120.000 Flüchtlinge umzuverteilen, wurde sehr schnell angenommen. Aber was ist dann passiert? Laut der Kommission haben nur 14 Mitgliedsstaaten 3.346 Plätze zur Verfügung gestellt und es wurden weniger als 200 Personen tatsächlich verteilt.
Diese Zahl ist eine Schande. Ich fordere alle Mitgliedsstaaten auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
Bei der ganzen Kritik an den Südländern sollten wir jedoch vorsichtig im Duktus sein. Die Flüchtlinge kommen nicht erst seit einem Jahr auf Lampedusa oder Lesbos an. Bis dato haben wir uns zumeist zurückgelehnt, auf Dublin verwiesen und Solidarität mit den Südländern missen lassen.
Wir alle wissen, dass eine Lösung der Flüchtlings- und Migrationsfrage nur auf europäischer Ebene zu erreichen ist. Das darf aber nicht dazu führen, dass reflexartig gefordert wird, Schengen aufzugeben. Populistische Forderungen wie von der österreichischen Innenministerin, Griechenland vorübergehend aus dem Schengenraum auszuschließen, falls die griechische Regierung nicht endlich mehr für die Sicherung der Außengrenze tue, sind völlig fehlplatziert.
Sie sorgen für Verunsicherung bei den Menschen und entsprechen nicht geltendem Recht. Die EU-Kommission als Hüterin der Verträge hat dies Gott sei Dank sehr schnell klargestellt.
Es sind entscheidende Wochen, in denen es auch um die grundsätzliche Frage gehen wird, ob die EU in der
Flüchtlingsfrage die Reisefreiheit im Schengenraum aufgibt. Für uns Sozialdemokraten ist dies keine Alternative. Dass angesichts des anhaltenden Zustroms von Migranten mehrere EU-Staaten die Verlängerung nationaler Grenzkontrollen vorbereiten, muss uns mahnen, schnellstmöglich akzeptable Lösungen zu finden.
So könnten in Europa für die Mitgliedsstaaten verpflich- tende Kontingente definiert werden.
„Verpflichtend“ sage ich deshalb, weil der Beschluss, 120.000 Flüchtlinge umzuverteilen, nicht in die Tat umgesetzt wurde.
Parallel dazu muss eine Residenzpflicht eingeführt werden, sodass die Flüchtenden in den ihnen zugeteilten Ländern zunächst auch bleiben. Das Grundrecht auf Unversehrtheit und Schutz vor Krieg überwiegt in diesem Falle zweifelsohne gegenüber dem Grundrecht auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union.
Sehr geehrte Damen und Herren, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist, ist uns allen bewusst. In Bezug auf Großbritannien und die Forderung nach Veränderungen, die David Cameron in Europa wünscht, wird man in Brüssel hoffentlich eine Vereinbarung treffen, die die Befindlichkeiten beider Seiten zufriedenstellt. Sie kennen die Forderungen zum Teil und es leuchtet jedem im politischen Raum ein, dass einige Forderungen kompliziert, die anderen machbar erscheinen, aber sie müssen alle in Sorgfalt geprüft werden und es darf keinen falschen Aktionismus geben, der im Nachhinein zu Einschränkungen der europäischen Verträge führt und Nachteile für die Menschen in Europa bringt. Die Forderung nach Bürokratieabbau darf letzten Endes nicht das Einfallstor für die Deregulierung in Europa sein.
Ich glaube sagen zu können, dass alle Demokraten in diesem Hohen Haus den Verbleib Großbritanniens in der EU befürworten.
Es muss jedoch mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, dass nicht diejenigen über Gebühr Vorteile in der EU erhalten, die bei der europäischen Integration die Handbremse angezogen haben. Ich kann deshalb nicht einerseits sagen, dass der Binnenmarkt erhalten und geschützt werden muss, und andererseits massive Sonderbehandlungen beantragen.
Ganz klar sage ich auch, dass Diskriminierung aufgrund der Nationalität in Europa der Vergangenheit angehört. Das ist vielleicht eine der größten europäischen Errungenschaften. Deshalb gilt: Die Diskriminierung von Arbeitnehmern, um etwaigen Sozialmissbrauch zu bekämpfen, ist der falsche Weg. Die einzelnen Debatten dazu in Großbritannien sind Ihnen, so denke ich, allen bekannt und müssen aus Rücksicht auf Redezeit und Uhrzeit nicht wiederholt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, an der derzeitigen Lage in Europa gibt es nichts zu beschönigen. Deshalb sind wir als Politiker allen voran dazu aufgerufen, für ein solidarisches und demokratisches Europa zu arbeiten