Protokoll der Sitzung vom 02.07.2015

mehr notwendig sein. Diese sah ja vor, dass der Bund einlenkt und M-V Projekte, die noch nicht ausgeschrieben worden sind, auf der Grundlage des TÜV-Gutachtens einreichen kann, also ein Verfahren über vorläufige Bescheide. Ich habe noch keine Information, ob der Bund überhaupt bereit ist, sich darauf einzulassen.

Es gibt also noch eine ganze Menge zu tun, auch wenn sich die Förderrichtlinie des Bundes verspätet. An Arbeit mangelt es bis August definitiv nicht. Aber die Landesregierung muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass der Zeitdruck hausgemacht ist.

Verstehen wir uns an dieser Stelle bitte richtig, meine Damen und Herren: Das ist weder eine Kritik am Breitbandkompetenzzentrum noch am Energieministerium im Einzelnen. Nein, den Mitarbeitern muss hier aus dem Landtag Dank ausgesprochen werden, den Mitarbeitern in diesem Kompetenzzentrum, aber auch Ihrem Ministerium, Herr Pegel, denn Sie haben ja im Januar diese Aufgabe übernommen. Kritik geht an die Regierung im Ganzen und insbesondere an den Ministerpräsidenten Erwin Sellering. Bis zum Anfang des Jahres war nicht klar, welches Ministerium überhaupt für das Thema Breitbandausbau zuständig ist. Wer soll den Hut aufhaben? Das Landwirtschaftsministerium, welches bisher den Ausbau in den ländlichen Räumen gefördert hat? Zu Recht. Das war auch in Ordnung so. Das Wirtschaftsministerium, das Anschlüsse für Gewerbegebiete gefördert hat? Oder eben das Infrastrukturministerium? Hier hat die Landesregierung einfach gepennt. Und 2013 gab die Bundesregierung das Ziel im Koalitionsvertrag bekannt.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Über ein Jahr lang hat es gedauert, bis feststand, wer denn nun unser Land Mecklenburg-Vorpommern ins digitale Zeitalter bringen soll. Sie im Einzelnen haben nicht geschlafen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das ist schon mal gut.)

Das habe ich ja schon gesagt. Sie haben die Förderung in die ländlichen Räume geführt, das ist richtig.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hellwach wie immer.)

Auch Herr Glawe, Sie haben die Gewerbegebiete angeschlossen. Aber eine Gesamtstrategie, und damit meine ich jetzt gar nicht bunte Papiere, eine Gesamtstrategie hat doch gefehlt.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Jeder hat seinen Teil gemacht. Insgesamt fehlte eben ein koinzidiertes, ein übereinstimmendes Vorgehen der Landesregierung.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Es hätte hier einer klaren Aussage und Ansage des Ministerpräsidenten bedurft, er hätte auf eine schnelle Entscheidung dringen müssen, wer mit welcher Mannschaft verantwortlich ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das war ein Paukenschlag.)

Und dann hätten Sie nämlich, Herr Pegel, heute nicht mit Ihrer Mannschaft hinterherhetzen müssen, um den Anschluss zu bekommen.

Jetzt ist klar oder seit Anfang des Jahres ist klar, Sie sind zuständig, Herr Pegel, mit Ihren Kolleginnen und Kollegen. Die Mannschaft musste zusammengesucht werden. Und Sie haben das dargestellt, was in den ersten sechs Monaten an Leistung gebracht wurde. Da kann ich nur den Hut ziehen, Respekt bezeugen. Ich finde, das ist eine herausragende Leistung, die im Energieministerium bisher geleistet wurde. Aber es war einfach zu spät und das haben wir gerade eben festgestellt.

Meine Damen und Herren, Sie fordern in Ihrem Antrag auch einen breiten Technologiemix. Das ist im Grunde in Ordnung. Oft wird damit angeregt, einzelne kleine Gemeinden mit wenigen Einwohnern per Funk ans Netz anzuschließen. Dabei dürfen Sie aber eines nicht vergessen: Gerade diesen Leuten wird von der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Abbau von Strukturen immer erklärt, dass es digitale Lösungen geben wird, die die Daseinsvorsorge sichern werden: Telemedizin, weil kein Arzt in der Nähe ist, digitale Einkaufsläden, weil der nächste Supermarkt 25 Kilometer entfernt ist, digitale Mobilitätsportale, weil es keinen ständigen Busfahrplan mehr gibt, und so weiter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kann man eigentlich schon digital wählen?)

Doch Funklösungen haben Grenzen, das kennen wir alle. Gerade zu bestimmten Tageszeiten, wenn sich eine halbe Gemeinde im Netz tummelt, bricht eben das Netz zusammen und dann bin ich ganz schnell wieder bei einem Megabit Durchschnittsgeschwindigkeit oder ich komme gleich gar nicht ins Netz. Daher braucht man dann nicht mehr über Telemedizin zu sprechen. Dazu braucht es eine flotte und stabile Leitung, weil da Daten durchs Netz geschickt werden, die eben mehr und größer sind als eine Word-Datei. Ich bitte, das immer zu bedenken.

Am Ende Ihres Antrags fordern Sie, Herr Schulte, und die Kollegen der CDU die Landesregierung noch auf, auf der Bundesebene aktiv zu werden. Also wenn wir das gemacht hätten, wäre wieder gesagt worden, das machen wir alles schon. Es läuft ja auch und es laufen viele Gespräche und Beratungen mit dem Bund. Der Minister ist darauf eingegangen. Zunächst ist es wieder einmal ein Allgemeinplatz zur Intensivierung der Zusammenarbeit. Geschenkt! Unkonkreter geht es nicht.

Der zweite Punkt betrifft letztlich wieder den Kriterienkatalog des Bundes für das Scoring. Die Haltung der Landesregierung ist mir zumindest bekannt. Herr Minister Pegel hat sowohl öffentlich als auch im Energieausschuss darüber berichtet. Auch ist das Ministerium in allen Beratungen in Berlin dabei. Die Kollegen geben Anregungen und bringen die Landesinteressen zum Ausdruck. Was dieser Punkt also soll, weiß ich nicht. Ich benutze an dieser Stelle einmal Ihre Worte, meine Damen und Herren von der Koalition:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Rückenwind.)

Die Landesregierung ist bereits viel weiter als Ihr Antrag. Insgesamt brettern Sie hier einen Antrag auf den Tisch,

der nichts bewirkt und der hinter den Entwicklungen hinterhersteht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Trotz alledem, meine Damen und Herren, müssen aus unserer Sicht die demokratischen Fraktionen beim Breitbandausbau an einem Strang ziehen. Die Bereitstellung einer leistungsfähigen Infrastruktur ist zukunftsweisend für Mecklenburg-Vorpommern. Die entscheidende Frage wird sich in Zukunft nicht darum drehen, ob die Infrastruktur vorhanden ist, sondern was mit dieser Infrastruktur im Einzelnen gemacht wird. Dann reden wir über Themen wie Industrie 4.0, über die Sicherung der Daseinsvorsorge beispielsweise durch Telemedizin oder im Verkehrsbereich.

Eine leistungsfähige Breitbandversorgung ist bereits heute kein Standortvorteil mehr, sondern, wo keine Infrastruktur besteht für ein schnelles und leistungsfähiges Internet, gibt es Standortnachteile. Deswegen werden wir Ihrem Antrag zustimmen, um deutlich zu machen, dass wir diesen schnellen Ausbau der Breitbandinfrastruktur in Mecklenburg-Vorpommern wollen.

Wenn Sie wieder mit einem solchen Antrag kommen, dann bitte ich Sie, tatsächlich nicht mit allgemeinen Forderungen zu kommen, sondern konkrete Forderungen hier einzubringen. Wenn Sie die konkreten Forderungen haben wollen, dann besuchen Sie bitte unsere netzpolitische Konferenz am 7. Juli – nächste Woche – 13 Uhr im AMEDIA Hotel hier in Schwerin.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Dann werden Sie möglicherweise nicht nur die Forderung nach gleichwertigen Lebensverhältnissen übernehmen in Ihre Anträge und Ihre Politik, sondern auch netzpolitische Forderungen der LINKEN. Denn es schadet ja ein Input der Linksfraktion nie für eine gute Politik der Koalition. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Eifler von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will auf den Einstieg in die Rede von Herrn Holter eingehen. Herr Holter, Sie haben gesagt, wir leben in einer verrückten Zeit. Verrückt? Weiß ich nicht. Verrückt bedeutet unkoordiniert, chaotisch. Vielleicht ist es besser, davon zu sprechen – und das trifft es besser –, dass wir in einer turbulenten Telekommunikationswelt angekommen sind.

Zehn Jahre zurückblickend, wer hätte denn daran geglaubt, dass wir mit kleinen Geräten hier mit dem Internet verbunden sind? Ich bin mir ganz sicher und gehe davon aus, dass jeder von uns heute Morgen sein Internet aufgemacht, die E-Mails abgelesen und vielleicht auch beantwortet hat, im Internet die eine oder andere Recherche gemacht hat. Das haben nicht nur wir gemacht, sondern Hunderttausende Menschen, die in der Wirtschaft tätig sind, die in öffentlichen Verwaltungen arbeiten, Institutionen arbeiten. Es ist inzwischen heute ein wichtiges Element in unserem Leben geworden. Wir sind – ja,

richtig – in einer Telekommunikationswelt angekommen. Selbst – und das wissen wir alle – wenn wir im Urlaub sind, Urlauber, die heute in Binz oder an der Müritz ihre Freizeit, ihren Urlaub verbringen, wollen und können auf das Internet nicht mehr verzichten. Insofern ist in der Tat ein Breitbandinternetanschluss kein Standortvorteil mehr, es ist ein harter Standortfaktor.

Laut den gesamten Reden, die bisher zu diesem Antrag – wo ich für sehr, sehr wichtig halte, dass der heute im Parlament debattiert wird – gehalten worden sind, stellt sich überhaupt nicht die Frage, und da stimmen wir demokratischen Fraktionen überein, dass das nicht infrage gestellt wird, dass der Ausbau notwendig und erforderlich ist. Die entscheidende Frage ist: Wie gewährleisten wir eine flächendeckende Breitbandversorgung in unserem Bundesland, damit wir alle zusammen, in welcher Branche auch immer, wettbewerbsfähig bleiben? Also es geht ganz konkret um die Finanzierung dieses Vorhabens.

Wenn der Minister sagt, dass wir einen Finanzbedarf für den flächendeckenden Ausbau des Breitbandes in unserem Land von circa 2,3 Milliarden und dabei noch eine Wirtschaftlichkeitslücke von 2 bis 2,2 Milliarden haben, dann macht das deutlich, welche Herausforderung an uns gestellt wird, hier Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zu schaffen, um das nachhaltig zu garantieren.

Und es ist richtig, nicht auf heute und morgen zu schauen. Um diese Technologie nachhaltig zu platzieren, ist es erforderlich, ein Stück Vorausschau zu halten, wobei das ganz, ganz schwierig ist. Wie ich eingangs sagte, wer hat denn im Jahr 2000 daran geglaubt, mit solchen kleinen Gerätschaften heute weltweit im Internet verbunden zu sein? Und welche Entwicklungen da noch vor uns liegen, können wir alle wahrscheinlich nur ahnen.

Deshalb, und das ist auch deutlich geworden aus der Rede des Ministers, widerspreche ich dem, dass hier gesagt wird, die Landesregierung hat da geschlafen. Auch wenn das über bestimmte Ressorts verteilt gewesen ist bis dahin, ist also dieser Zug nicht an Mecklenburg-Vorpommern vorbeigegangen. Die Landesregierung hat das nicht verschlafen. Ich weise einfach noch mal darauf hin, wie kompliziert und wie herausfordernd dieses Thema für uns alle ist.

Deshalb werbe ich auch noch mal um Zustimmung für diesen Antrag. Es geht um den flächendeckenden Ausbau des Breitbandes und da geht es ganz speziell darum, dass die Menschen in den ländlichen Räumen, durch die unser Bundesland geprägt ist, was landschaftlich wunderschön ist, einen gleichen Anspruch auf die Lebensbedingungen wie in den städtischen Bereichen, dem urbanen Raum, haben. Und deshalb ist es außerordentlich wichtig, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass wir in den nächsten Jahren – mit welcher Technologie auch immer, sei es der Kabelanschluss oder sei es ein Funkanschluss – für alle Branchen, die sich dort ansiedeln, und für die Privathaushalte eine flächendeckende Breitbandversorgung gewährleisten. Von daher bitte ich um Zustimmung zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen.

Zu dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90 ist schon ein Teil gesagt worden. Es ist eigentlich selbsterklärend, dass wir dem Antrag nicht zustimmen können. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ja, danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Halleluja!

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oha!)

Das unstreitig wichtige Thema Breitband ist SPD und CDU endlich auch einen eigenen Antrag hier im Landtag wert, und das nur knapp ein Jahr, nachdem der Antrag von uns GRÜNEN hier debattiert wurde. Aber na ja, möglicherweise verfahren SPD und CDU nach dem Bismarck’schen Motto: Wenn die digitale Revolution kommt, ziehe ich nach Mecklenburg-Vorpommern, denn da kommt das schnelle Internet erst 50 Jahre später.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist allerdings zwischenzeitlich auch eine ganze Menge passiert. Immerhin hat die Landesregierung nach fast einem Jahrzehnt Breitbandausbau – ich gehe da noch mal konkret drauf ein, was das eigentlich hieß –, schon mal die Zuständigkeiten geklärt und von ehemals vier Ministerien das Infrastrukturministerium federführend benannt. Infrastrukturminister Pegel, der jetzt zuständig ist, ist um seine Aufgabe wahrlich nicht zu beneiden. Er muss nämlich jetzt die Versäumnisse des vergangenen Jahrzehnts auslöffeln.

Noch Anfang des Jahres wollte sich Minister Backhaus dafür in der Presse feiern lassen, dass nun fast jeder Haushalt über einen Breitbandanschluss verfüge beziehungsweise verfügen kann. Das war ja eine echt dicke Meldung. Aber was stand wirklich dahinter? Breitband hieß für Herrn Backhaus zwei Megabit pro Sekunde,

(Minister Dr. Till Backhaus: Das war das Ziel der Bundesregierung, Herr Kollege.)