Protokoll der Sitzung vom 03.07.2015

Ja, danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Wort „Paludikultur“ hat mich, als ich es zum ersten Mal vor vielen Jahren gehört habe, stutzig gemacht: Soll das jetzt heißen, die eigentlich geschützten Moore sollen nun doch wieder in Nutzung kommen? Ich war doch recht skeptisch bis zu dem Tag, als einige von unserem Agrarausschuss nach Neukalen gefahren sind und sich dort haben zeigen lassen, wie das funktioniert. Seitdem bin ich ein großer Anhänger dieser Idee. Unsere Fraktion unterstützt diesen Antrag, das kann ich jetzt schon gleich vorwegsagen.

In Neukalen haben wir eine mobile Pelletieranlage bewundern können, ein Wunderwerk der Technik. In dem Fall kam es, wenn ich mich richtig erinnere, aus Bayern.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Gerade die Bayern können Technik. Man sollte es nicht für möglich halten!)

Aber sei es drum, mit diesem umgebauten Lkw, sage ich jetzt mal, um es sich ein bisschen vorstellen zu können, konnten aus bestimmten Rohstoffen, aus Großseggenried und Schilf und anderen Arten, diese Pellets, die hier im Saal zu sehen sind, hergestellt werden. Das war wirklich positiv beeindruckend und ich bin froh, dass wir da hingefahren sind und uns das angucken konnten.

Wir haben es schon gehört, Moorschutz ist Klimaschutz. Das wissen wir vor allem dank der hervorragenden und international anerkannten Forschungsarbeiten der Moorökologen an den Universitäten unseres Landes. Wir haben es schon gehört, die entwässerten Moore sind mit 6,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten die größte Einzelquelle für die Treibhausgasemissionen, so nachzulesen im Moorschutzkonzept von MecklenburgVorpommern.

Sie können sich das so vorstellen: Wenn ein Moor entwässert wird, kann Sauerstoff in den nassen Boden, der dann trocken wird, eindringen und dieser Sauerstoff setzt Prozesse in Gang, wo CO2 entsteht und auch Lachgas in die Atmosphäre abgegeben wird,

(Heinz Müller, SPD: Ist ja witzig.)

und das ist wesentlich stärker klimaschädlich als das CO2. Weil Moorgebiete durch zahlreiche Renaturierungsprojekte im Land seit vielen Jahren jetzt aber wieder Wasser aufnehmen dürfen, kann diese Freisetzung der klimaschädlichen Gase nach einer gewissen Übergangsphase – das ist auch Gegenstand von zahlreichen Forschungsarbeiten – am Ende deutlich vermindert werden.

Weil dies, wie ich schon sagte, so ist und weil darüber hinaus Moore für den Gewässerschutz und für den Schutz der biologischen Vielfalt unverzichtbar sind, können wir, Kollege Krüger, den Zielstellungen des Antrags wirklich vorbehaltlos zustimmen.

Unsere Fraktion sieht in der Wiedervernässung und Revitalisierung von Moorgebieten eine der zentralen aktuellen Herausforderungen der Naturschutz- und der Landnutzungspolitik. Über Jahrzehnte waren die Moore nach der Entwässerung und der sogenannten Flurbereinigung – auch darüber haben wir hier schon mehrmals debattiert – einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung ausgesetzt. Es kam dann zu schweren Umweltschäden. Die Folgen können wir heute noch sehen. Zum Beispiel geht die starke Überdüngung der Küstengewässer mit Stickstoff wesentlich auf die entwässerten Moore zurück, denn natürliche Moore sind gewaltige Nährstoffspeicher. Wenn man ihnen das Wasser entzieht, werden diese Nährstoffe mobilisiert und landen im Endeffekt in der Ostsee.

Die Zerstörung der Moore als funktionierende hydrologische Systeme verursacht bis heute enorme volkswirtschaftliche Schäden. Das ist ein Aspekt, der heute noch nicht genannt wurde. Mit dem Bericht „Naturkapital und Klimapolitik“ des Forschungsverbundprojektes „Naturkapital Deutschland“ wird dies ganz aktuell auf den Punkt gebracht. Der Leiter des Projektes Bernd Hans- jürgens vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig-Halle sagt dazu, Zitat: „Wenn wir zum Beispiel 300.000 Hektar Moorböden in Deutschland wieder vernässen würden, ließen sich volkswirtschaftliche Schäden von 217 Millionen Euro pro Jahr vermeiden.“ Zitatende.

In dieser Situation, sehr geehrte Damen und Herren, entstand insbesondere an der Uni Greifswald das Konzept der Paludikultur. Das ist ein Ansatz, der wirklich Ökonomie und Naturschutz nutzbringend versöhnen kann. Moore waren von jeher, Sie sagten es, Herr Lenz – Wo ist er? Ach da! –, genutzte Räume, sei es durch extensive Beweidung, durch die Schilfwerbung oder durch die Mahd. Insofern ist der Ansatz, die unglaubliche Produktivität dieser nassen Standorte auch heute ökonomisch zu nutzen, allzu verständlich.

Die natürliche Vegetation der Moore als nachwachsenden Rohstoff zu nutzen, ist sinnvoll. Noch sind die Forschungen dazu in Mecklenburg-Vorpommern auf einzelne Vorhaben beschränkt. Um die ökonomische Tragfähigkeit dieser nachhaltigen Moornutzung zu überprüfen, sind noch mehr Praxisanwendungen erforderlich. Sie gehen darauf vielleicht gleich noch ein.

So berichteten Mitarbeiter der Michael-Succow-Stiftung in Greifswald im Rahmen der Vorrecherche zu dem Antrag, dass dringend Partnerbetriebe benötigt werden aus der Land- und Forstwirtschaft, um die Paludikultur in ihrer ganzen Einsatzpalette anwenden zu können und um auch Erkenntnisse, wie man das ins Werk setzen kann, zu gewinnen. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern

sollte deshalb in Anbetracht der kommenden Haushaltsberatungen – Kollegin Dr. Schwenke ist schon darauf eingegangen – im Blick haben, wie wir das zukünftig gewinnbringend für derartig anwendungsorientierte Forschung nutzen können.

Eine vorrangige Ausrichtung auf Modellprojekte zum Thema „Energetische Verwertung der nachwachsenden Rohstoffe aus Mooren“, so, wie es in dem Antrag ursprünglich gefordert war, halten wir für zu kurz gegriffen, daher unser Änderungsantrag auf der Drucksache 6/4148. Wir haben schon gehört, dass die Koalition dem erfreulicherweise zustimmen wird.

Noch ein Wort dazu: Mit den neuen Strategien der EU und der Bundesrepublik Deutschland zum Thema Bio- ökonomie gerät vor allem die bisher weniger geförderte stoffliche Nutzung der nachwachsenden Rohstoffe immer mehr in den Fokus, zum Beispiel im Aktionsplan der Bundesregierung zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe oder mit der Studie des Umweltbundesamtes zu nachhaltigen stofflichen Nutzungen von Biomasse. Deshalb werbe ich noch mal um die Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Wir werden dem Antrag auch insgesamt zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Krüger von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuallererst möchte ich mich bei allen Rednerinnen und Rednern bedanken für die sachliche Diskussion, die wir hier hatten. Ich stelle fest, wir haben eine Einigung darin, dass wir den Moorschutz in Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam fortsetzen wollen. Wir haben Einigkeit darin, dass wir Moorschutz und Moornutzung miteinander verbinden wollen.

Kollege Lenz, auch das Thema Rohrverwertung wird, ich denke, im Ausschuss ein Thema sein. Wir werden den Bericht des Ministers bekommen. Ich gehe davon aus, der Minister hat die Rede auch gehört, dass das Thema Rohrverwertung, „nachhaltige Rohrverwertung“ will ich dazusagen – das war ja für Sie auch ganz wichtig und ist auch für uns wichtig –, dort entsprechend mit diskutiert werden kann.

Dass wir uns weiter mit den Problemen befassen müssen, die im Zuge der Wiedervernässung aufgetreten sind, das ist richtig. Da sind nach wie vor Probleme, das will ich auch ganz klar feststellen. Dass wir an der Stelle weiterkommen müssen, auch das will ich ganz klar hier feststellen.

Frau Dr. Karlowski hatte gesagt, dass es Probleme gibt, Partnerbetriebe zu finden, die den Anbau machen. Deswegen, Frau Dr. Karlowski, gibt es in unserem Antrag den Prüfauftrag, ob landeseigene Flächen hier in Anwendung kommen können. Das wollen wir auch, das Problem sehen wir auch.

Im Großen und Ganzen, meine Damen und Herren, habe ich meine eigentliche zweite Rede auf dem Platz

gelassen, weil ich den Eindruck hatte, dass hier weitestgehend Konsens besteht. Ich wollte auf diese drei Punkte noch mal eingehen. Nochmals herzlichen Dank für die sachliche Bearbeitung des Themas. Ich gehe davon aus, dass wir alle miteinander dem Antrag zustimmen. – Danke.

(Beifall Heinz Müller, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Danke, Herr Krüger.

Und ums Wort gebeten hat noch mal die Abgeordnete Frau Schlupp von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sie haben recht, Herr Pastörs,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

ich möchte gerne vermeiden, am Wochenende in der Kolumne von Herrn Koslik zu lesen, ich wäre mit einem Cowboyhut von Prada unterwegs. Das ist keineswegs,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist schon zu spät.)

das ist keineswegs der Fall.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt ist es garantiert zu spät! Jetzt ist es garantiert zu spät!)

Um diese Legenden um das Plakat aufzulösen: Ich war auf dem Plakat. Ich hatte eine Wathose an.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Die hatte ich an, weil wir im Anklamer Stadtbruch waren und man den Anklamer Stadtbruch ohne Wathose nicht im Guten betreten kann, denn er ist ganzjährig über- flutet.

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD – Zuruf von David Petereit, NPD)

Auf dem Plakat stand –

(Udo Pastörs, NPD: Das muss man wirklich wissen.)

um auch da allen Legendenbildungen vorzubeugen –: „Vorpommern darf nicht absaufen, Wiedervernässung so nicht!“.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Diese Aussage war das Ergebnis eines einjährigen Diskussionsprozesses in Vorpommern-Greifswald in der CDU. Wir haben uns auf ein Positionspapier geeinigt, das unsere …

(Udo Pastörs, NPD: Eine einzige Narzistin.)

Ja, aber jetzt müssen Sie es trotzdem noch mal ertragen, weil genau so ist es gewesen.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, geben Sie es ihr mal!)

Hier wurde behauptet, dass wir uns grundsätzlich gegen die Wiedervernässung aussprechen,