Die Zahlen sprechen in dieser Zeit eine klare Sprache: über 60 Millionen mit Corona infizierte Menschen weltweit, fast 1 Million in Deutschland, weltweit fast 1,5 Millionen Tote, in Deutschland über 15.000. Es lässt sich nicht von der Hand weisen, und wir alle müssen anerkennen, dass wir es mit einer ernst zu nehmenden Pandemie, also dem weltweiten Ausbruch einer Infektionskrankheit, zu tun haben.
Selbstverständlich müssen wir auch anerkennen, dass die Menschen weltweit und eben auch bei uns besorgt sind. Und wir erwarten, dass in einer lebendigen Demokratie der politische Streit über den richtigen Weg und die angemessene Lösung dort stattfindet, wo er hingehört, in die Parlamente.
Meine Damen und Herren, ganz besondere Zurückhaltung ist geboten bei Einschränkungen unserer Grundrechte. Beschränkungen dieser Art können notwendig sein, bedürfen aber der permanenten Abwägung. Unsere Landesregierung jedoch leistet dazu bis heute keinen Beitrag.
Der renommierte Verfassungsrechtler Hans-Jürgen Papier stellt für die Bundesebene fest, dass die grundlegenden Abwägungsentscheidungen zwischen den Schutzgütern, der Gesundheit und der Freiheit, eben nicht dem Parlament vorbehalten bleiben, sondern der Exekutive. Ich zitiere: „Diese behält nach wie vor insoweit einen Persilschein.“ Zitatende.
Frau Ministerpräsidentin, in der gleichen Art agieren Sie leider auch hier in Mecklenburg-Vorpommern: Verzicht auf eine solide Finanzpolitik, Schattenhaushalt der Regierung, Verletzungen des Budgetrechts des Parlaments, immense finanzielle Belastung der nachfolgenden Generationen, Einschränkung der Zukunftschancen für Mecklenburg und Vorpommern, kostenintensive Maßnahmen ohne Zusammenhang mit Corona, Intransparenz des Haushaltes und so weiter und so weiter.
Nennen Sie das etwa eine angemessene parlamentarische Einbindung?! Es besteht die dringende Notwendigkeit, bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie deutlicher zu differenzieren, um unnötige Härten für die Menschen und die Wirtschaft in unserem Land zu vermeiden.
Die Regelungen hinsichtlich der Kitas und Schulen, die jetzt entschieden wurden, begrüßen wir ausdrücklich.
Die Sicherstellung von Erziehung und Bildung ist so mutig wie richtig, Herr Barlen, und wurde genau aus diesen Gründen von uns schon im Frühjahr gefordert,
Aber immer noch sind Schule und Kita mehr als das Durchexerzieren von Corona-Maßnahmen: Maske auf, Maske ab, Fenster auf, Fenster zu. Ganz besonders hier kommt es jetzt und in Zukunft auf einfache, wirkungsvolle, sinnvolle und klare Regeln an, damit die Schulen und Kitas, die übrigens bei allen Einzelfällen irgendwo Hotspots waren, sich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können. Wir werden sie hierbei weiterhin kritisch und aufmerksam begleiten.
Der Kern unserer Kritik richtet sich aber auf Ihren leider sehr undifferenzierten Umgang mit den wichtigen Arbeitgebern hier im Land. Die rigorose Schließung von Gaststätten, Hotels, Betreibern von Ferienwohnungen, Theatern und Opern, Kinos, Messen und Sportstudios ist für die Betreiber und für die Bürger absolut nicht nachvollziehbar.
Und ganz genau in diesem Zusammenhang klingt Ihre Erklärung, wir wären bislang gut durch die Corona-Krise gekommen, wie blanker Hohn. Mit Blick auf die Infektionszahlen mag das ja sein. Richtet man den Blick jedoch auf die Menschen, auf deren Schicksale, auf deren Lebenswerke, die teilweise durch Ihre Politik zerstört werden zu drohen, sind Ihre Worte und auch der später zu debattierende Antrag Euphemismus par excellence.
Sie berichteten vorhin in Ihrer Erklärung, dass Sie mit Mitarbeitern der Uniklinik Rostock sprachen, Frau Ministerpräsidentin, doch von Gesprächen und Geklatsche um 18.00 Uhr auf Balkonen können unsere Pflegekräfte keine Familien ernähren. Stattdessen macht der Bund mal eben 1,1 Milliarden Euro locker für den Kampf gegen rechts und diese Landesregierung installiert einen Schattenhaushalt von 2,8 Milliarden mit den Stimmen von den LINKEN. Unfassbar!
Und statt hier eigene und angemessene Regeln zu treffen, statt differenziert zu bewerten und mit Augenmaß zu handeln, machen Sie die Hälfte aller Unternehmen in unserem Land oftmals völlig ohne Not zu Bittstellern, um dann zu hoffen, dass die versprochenen Hilfen schnell ausgezahlt werden können. Ja, damit verlangen Sie den Menschen viel ab, zu viel!
Wenn Hygienekonzepte in Schulen nach Ihrer Meinung gut und wirksam sind, was ist dann mit den Maßnahmen
von Hotels, Gaststätten, Sportstudios und Theatern? Hier wurde in den letzten Monaten viel investiert, viel kontrolliert und jetzt wieder geschlossen. Frau Ministerpräsidentin, das ist schlicht nicht nachvollziehbar!
Wir setzen hier auf Freiheit statt Zwang. Wir glauben daran, dass sich die Bürger in Ausübung ihrer Freiheit an ihre Regeln halten, wenn sie maß- und sinnvoll sind.
Hier braucht es schnell Hilfe durch couragierte Entschlüsse zur begrenzten Öffnung, wie sie auch richtigerweise gegenüber dem Einzelhandel getroffen wurden. „Freiheit statt Zwang“, das sollte das Leitmotiv sein, an dem wir uns orientieren und mit den Menschen in unserem Land durch diese herausfordernden Zeiten nach vorn schauen.
Meine Damen und Herren, dafür braucht es allerdings aus unserer Sicht einen Strategiewechsel. Darüber werden wir im Anschluss ja noch ausführlicher debattieren, deshalb an dieser Stelle nur eine kurze Skizzierung. Wir müssen davon wegkommen, uns immer wieder reflexartig im Lockdown einzuigeln. Die Folgen dieser wiederholten Maßnahmen sind schon jetzt sichtbar und spürbar und sie nehmen zu. Der angerichtete Schaden ist schon jetzt nachhaltig. Wir sind hierbei zum Beispiel eng an den Vorschlägen der Gruppe aus Wissenschaftlern und Ärzten um die Professoren Streeck und Schmidt-Chanasit, die einen neuen Ansatz in vier Punkten empfehlen:
Erstens brauchen wir eine Bewertung des aktuellen Pandemiegeschehens anhand eines Ampelsystems, welches auf der Basis relevanter Indikatoren rechtzeitig kurzfristig Auskunft gibt über die Gefährdungslage von Risikogruppen und eine drohende Überlastung des Gesundheitswesens. Der Corona-Radar des Landkreises VorpommernGreifswald könnte dafür als Vorbild fungieren.
Zweitens müssen wir auf die Eigenverantwortung anstelle von Bevormundung setzen. So können wir mutig und vorsichtig zugleich bleiben und die Menschen mitnehmen, ohne sie zu überfordern. Sie haben es gerade selbst gesagt, unser Verhalten jetzt und heute ist maßgeblich dafür, wie es ab Januar weitergehen kann. Das ist genau das, was meine Fraktion schon seit geraumer Zeit fordert: Freiheit statt Zwang!
Drittens sollten wir die Maßnahmen zunächst auf den Schutz besonders gefährdeter Gruppen konzentrieren, statt weiterhin ganze Bevölkerungsgruppen gegen ihren Willen zu isolieren.
Und schlussendlich, viertens, sollten wir dringend die vorhandenen Hygienekonzepte evaluieren und ihre Weiterentwicklung fördern. So lassen sich mit wissenschaftlicher Begleitung optimale Bedingungen entwickeln, unter denen dann soziale Begegnungen stattfinden könnten, wie kulturelle und politisch notwendige Veranstaltungen.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, wenn wir die Bevölkerung mitnehmen wollen, müssen wir auf die Bereit
schaft zur Mitarbeit und Kooperation setzen, aber, und ich zitiere abermals: „Sobald sich Verordnungen als widersprüchlich, unlogisch und damit für den Einzelnen als nicht nachvollziehbar darstellen oder von Gerichten außer Kraft gesetzt werden, entsteht ein Akzeptanz- und Glaubwürdigkeitsproblem. Wir könnten diejenigen verlieren, die wir dringend als Verbündete im Kampf gegen das Virus brauchen.“ Und darum nochmals: Freiheit statt Zwang! – Herzlichen Dank!
Und gestatten Sie mir an dieser Stelle auch die herzlichen Glückwünsche an Herrn Waldmüller als frisch gewählten Fraktionsvorsitzenden sowie an Franz-Robert Liskow als Parlamentarischen Geschäftsführer. Auf gute Zusammenarbeit!
Ich muss jetzt zunächst einmal auf den Herrn Kramer eingehen. Freiheit statt Zwang – welch tragende Worte Sie hier vortragen, was eigentlich nur verdecken soll, dass Sie einfach nur ignorieren. Sie ignorieren nach wie vor,