Protokoll der Sitzung vom 15.12.2020

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Das passt nur nicht!)

ich kann nur empfehlen, sich nicht nur auf eine Seite zu schlagen, sondern sich auch gegensätzliche Meinungen anzuhören. Ich empfehle...

(Ann Christin von Allwörden, CDU: Oder nur die, die Ihnen passen!)

Nein, gegensätzliche Meinungen anzuhören, denn genau das macht Wissenschaft aus, dass man Für und Wider abwägt. Und das scheint mir bei uns viel zu kurz zu kommen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Herr Kollege, zu Ihrem Beitrag wurde eine Kurzintervention des Kollegen Abgeordneten Barlen angemeldet.

Kann es losgehen?

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)

Ja, sehr geehrter Herr Kollege, ich wollte Ihnen nur kurz nahelegen, den heimischen Abakus wirklich mal zu ölen und noch mal genau nachzurechnen. Schweden hat, Stand heute, bei einer Einwohnerzahl von 10,23 Millionen 7.514 Tote zu beklagen. Das sind...

Das ist falsch, Herr Barlen.

... 734,5 je Million. Bezogen auf die Einwohnerzahl von Mecklenburg-Vorpommern – da sind es 1,6 Millionen – wären das 1.175 Tote. In Wirklichkeit sind es 100. Die Differenz sind 1.000. Das heißt, Ihr Kurs, den Sie hier vorschlagen – immer wieder vorschlagen, offensichtlich nicht nur im Mai, nicht nur im Juni, nicht nur im August, sondern in Ihrer Person auch heute –, würde massiv mehr Tote bedeuten. Und vielleicht sollten Sie anfangen, anstatt hier Nebelkerzen zu werfen und mit dem Abakus zu quietschen, der Bevölkerung mal reinen Wein einzuschenken, wofür Sie als AfD hier stehen, nämlich einen Kurs der massiven Anzahl von mehr Toten in diesem Land.

Herr Kollege, möchten Sie darauf antworten?

Ja, natürlich.

Bitte schön!

Ja, ich weiß nicht, wo Sie Ihre Zahlen, Herr Barlen, herhaben. Ich habe mir die schwedischen Zahlen angesehen, und die schwedischen Zahlen besagen 3.551 Tote bis zum aktuellen Zeitpunkt.

(Stephan J. Reuken, AfD: Passt nicht so gut.)

Also das passt überhaupt nicht zu Ihren Zahlen. Und ich weiß nicht, wo Sie Ihre Zahlen herhaben. Und die schwedischen Zahlen sind nämlich taggenau, und mit denen habe ich gerechnet und die Ergebnisse sind so, wie ich es Ihnen gesagt habe. Und die sind richtig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Wildt.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das war ein zusätzlicher Redebeitrag.)

Ich habe Sie nicht vergessen, Herr Professor Weber. Ich habe das registriert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Mitbürger! Wir haben jetzt heute schon sehr viel gehört über die Pandemie im Allgemeinen, alle Facetten des Gesundheitsschutzes, und deswegen möchte ich darauf nicht mehr so sehr eingehen, sondern nur auf die drei Punkte unseres Antrages, die meiner Fraktion und mir besonders wichtig sind.

Das Erste ist tatsächlich der Schutz der Risikogruppen. Es ist uns besonders wichtig, dass die Alten- und Pflegeheime, aber auch die mobilen Pflegedienste besonders in den Schutz genommen werden, dass dort auch die Teststrategie konsequent durchgesetzt wird. Und vielleicht haben einige von Ihnen das vor wenigen Tagen im „Nordmagazin“ gesehen – wir sind ja alle fleißige „Nordmagazin“-Gucker –, dass dort in einigen Altersheimen sehr sorgfältig schon getestet wird. Jeder, der das Altersheim betritt, egal, ob Mitarbeiter oder auch Besucher, wird dort getestet, und es ist dort gelungen, bis jetzt Infektionen aus dem Haus rauszuhalten. Andere Pflegeeinrichtungen haben da noch Nachholbedarf, die können da noch besser werden. Und das ist uns besonders wichtig, und deswegen ist dieser Punkt auch im Antrag enthalten.

Aber auch allgemein muss man sagen, die Risikogruppen sind eben auch, Herr Dr. Jess, auch wenn Sie sich da anders verhalten, insgesamt natürlich doch besonders schutzwürdig. Und wir haben uns tatsächlich auch schon im Sommer, schon vor langer Zeit im Grunde genommen, in unserer Fraktion damit auseinandergesetzt, wie können wir die besonders schutzwürdigen Risikogruppen besser schützen, wie machen wir das und wäre das tatsächlich vielleicht ein Alternativmodell, wenn man nur die Risikogruppen schützen würde und der Rest könnte normal weiterlaufen. Das ist ja ein sachgerechter Vorschlag, den man mal durchdenken muss.

Und in unseren Diskussionen mit den Epidemiologen ist tatsächlich als Ergebnis herausgekommen, wir würden das nicht schaffen. Die Risikogruppen betragen etwa 40 Prozent der deutschen Bevölkerung. In MecklenburgVorpommern sind es noch mehr, wir haben da einen etwas überalterten, wenn man so will, etwas älteren Bevölkerungsstand und die Vorerkrankungen sind auch eher über dem Durchschnitt. Und wir würden es nicht schaffen, diesen hohen Anteil an unserer Bevölkerung zu schützen, wenn wir uns nur darauf konzentrieren würden.

Denn was passiert? Das sehen wir ja jetzt laufend. Zwangsläufig werden Infektionen immer wieder in die Pflegeheime, in die Altersheime hineingetragen, dann mit verheerenden Auswirkungen. Gerade heute stand – oder ich glaube, gestern Abend schon – wieder eine Nachricht, Berliner Pflegeheim, 23 Tote nach CoronaInfektion. Was ich damit sagen will: Wenn eine Infektion hineinkommt, ist das Risiko eben enorm hoch, dass wir dort ganz schwere Verluste zu tragen haben, und deswegen muss diese Gruppe besonders geschützt werden. Und ich glaube, die Frau Ministerpräsidentin war es, die hier auch darauf hingewiesen hat, dass es bundesweit gesehen – zum Glück ist es bei uns nicht der Fall, wir sind da besser –, aber bundesweit gesehen tatsächlich der Hotspot Nummer eins ist, Altersheime und Pflegeheime.

Der zweite Punkt, der uns besonders wichtig ist, ist der Schulbetrieb. Wenn Sie sich daran erinnern, wir haben schon im Juni gemeinsam mit dem Koalitionspartner einen Antrag eingebracht, in dem wir ganz klar gefordert haben, Präsenzunterricht sollte Vorrang haben. Wir möchten, dass die Kinder im Präsenzunterricht unterrichtet werden.

Und ich habe gerade, ja, interessiert zur Kenntnis genommen, dass Herr Kramer gesagt hat, das Hygienekonzept an Schulen ist gut, oder die sind gut und wirksam, haben Sie eben gesagt, Herr Kramer. Und das

finde ich, das finde ich schon mal gut, dass Sie das jetzt tatsächlich zugeben, denn im August, im September, im Oktober haben Sie uns eigentlich mit Anträgen, möchte ich mal sagen, malträtiert, in denen Sie genau dieses Hygienekonzept kritisiert haben, Sie haben ein angebliches Maskengebot wieder abschaffen wollen. Heute erkennen Sie selber an, unser Konzept war sehr erfolgreich.

Und das ist auch richtig so, das Konzept war sehr erfolgreich, wir konnten es in den letzten drei Monaten tatsächlich schaffen, kaum oder wenig Infektionen in den Schulen zu haben. Sobald eine Infektion in die Schule hineingetragen wurde, hat das Hygienekonzept gegriffen und es wurden die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet, und diese Maßnahmen übrigens waren auch immer regional und waren immer fallbezogen und deshalb auch verhältnismäßig. Das war uns ja besonders wichtig, dass es eben nicht diesen Stillstand übers ganze Land gab, sondern wenn in einer Schule ein Fall war, dann hat man an dieser Schule reagiert. Wir hatten die Kohortenbildung, um das möglichst stark eingrenzen zu können, noch nicht mal die ganze Schule, sondern vielleicht nur zwei Klassen eben in Quarantäne schicken zu müssen, hat alles hervorragend geklappt.

Und jetzt könnten Sie die Frage stellen, warum weicht denn die Regierung, warum weichen die beiden Fraktionen SPD/CDU jetzt von dieser Methode ab, von diesem sehr erfolgreichen Konzept ab. Das kann ich Ihnen ganz leicht sagen: Weil wir es müssen. Die Infektionsdynamik hat so stark zugenommen, dass wir jetzt mit diesem Verfahren, das bisher sehr erfolgreich war, nicht mehr weitermachen können. Und es hat sich auch gezeigt, das ist eigentlich auch ganz logisch, wenn man sich ein bisschen mit Epidemien beschäftigt oder auch Pandemien, die Fallzahlen können sehr, sehr stark sehr, sehr schnell ansteigen. Das heißt, wenn Sie heute sagen, wenn Sie heute sagen, es gibt vielleicht keine Fälle in Anklam, dann kann das morgen schon ganz anders aussehen.

Und deswegen können wir diese Methode jetzt in der Form kurzfristig so nicht weiter fortsetzen, wir haben aber in unserem Antrag schon vereinbart, oder beantragen das eben, dass wir natürlich möglichst schnell wieder zu dem bewährten Konzept zurückkommen können und dass wir möglichst schnell die Kinder wieder im Präsenzunterricht unterrichten können. Und dabei geht es nicht nur um den Bildungsauftrag, den Bildungsanspruch, es geht um die Stabilität und die Sicherheit der Familien, aber eben immer im Gleichklang mit dem Gesundheitsschutz. Und das habe ich auch schon mehrmals hier gesagt, bei allen Ihren Anträgen: Wir können diese Ziele nicht gegeneinander ausspielen, wir müssen beides erfüllen, wir müssen beides in der Waage behalten, Gesundheitsschutz genauso wie halt auch die Stabilität der Familien und den Bildungsauftrag, den wir gegenüber den Kindern haben.

Das dritte Thema, was ich ansprechen möchte, ist natürlich das Thema Wirtschaft. Das wurde hier heute auch schon mehrmals kritisiert, die schweren Schäden, die bei der Wirtschaft entstehen können. Hier haben wir eine offensichtlich vollkommen unterschiedliche Auffassung. Während Sie als AfD fordern, dass das öffentliche und wirtschaftliche Leben wieder geöffnet wird, dass man also einfach alles wieder so macht wie vorher, sagen wir eben ganz klar, das geht nicht. Natürlich würden wir das

auch gerne machen, also es ist ja nicht so, dass wir das lustig finden. Wir fänden es auch besser, es gäbe kein Virus und keine Pandemie. Aber es gibt diese Pandemie,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

es gibt eben diese Pandemie und wir müssen da jetzt drauf reagieren. Und es ist auch vollkommen müßig zu versuchen, das eine mit dem anderen zu vergleichen sowie eine mathematische Formel dort aufzustellen, zu sagen, ein X ist gleich zwei Y, und wenn das da erlaubt ist, dann muss das dort auch erlaubt sein. Das funktioniert im Moment nicht.

Es geht schlichtweg darum,

(Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

es geht schlichtweg darum, die Zahl der Kontakte massiv zu reduzieren, massiv runterzubekommen, und dabei haben wir keine absolute Gerechtigkeit, das ist uns klar. Wir können dort keine absolute Gerechtigkeit und Gleichheit und so weiter herstellen. Den einen trifft es ein bisschen härter als den anderen, aber das Gesamtergebnis für unser gesamtes Land, das steht doch im Vordergrund, und damit meine ich nicht nur MecklenburgVorpommern, sondern ganz Deutschland. Das steht im Vordergrund. Wir kriegen diese Pandemie nicht in den Griff, wenn wir nicht die Zahl der Kontakte reduzieren.

Und dann möchte ich gerne noch auf den dritten Punkt eingehen, den Sie in Ihrem Antrag genannt haben, dass man das Ganze doch eher als Empfehlung, die Kontaktbeschränkungen als Empfehlungen herausgeben könnte und deswegen diese strengen Ordnungsmaßnahmen nicht bräuchte. Das ist absolut richtig, genau das haben wir ja in der Vergangenheit getan. Wir würden es gerne machen, so als Empfehlung, aber wir wissen dann auch genau, dass sich nicht alle daran halten. Das sind die Erfahrungen der letzten Wochen.

Und da frage ich mich dann schon, wie lange möchten Sie den Sachsen zum Beispiel empfehlen, sich daran zu halten, wenn die Inzidenzen schon mittlerweile teilweise bei über 500 liegen? Das reicht eben nicht, die Empfehlung. Wir fänden das schön, wenn das klappen würde, wenn man nur zu empfehlen braucht und alle halten sich dran und es ist alles wunderbar. Das wäre viel, viel besser, als diesen strengen Maßnahmenplan durchzusetzen. Aber die,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

aber die Vergangenheit der letzten Monate oder auch Wochen zeigt eben, nur mit Empfehlungen funktioniert es nicht, das verstehen die Leute nicht. Sie können ja auch allen sagen, fahren Sie langsamer, fahren Sie nicht bei Rot über die Ampeln, einfach nur so als Empfehlung. Nein, da gibt es klare Regeln und an diese Regeln muss man sich halten, und daran – und das ist ganz wichtig – muss sich jeder halten. Und ich glaube, dass da die Landesregierung gut beraten ist, das in der Zukunft stärker durchzusetzen, dass sich wirklich alle daran halten, denn es geht schließlich am Ende darum, dass die Maßnahmen erfolgreich sein müssen. Und erfolgreich sind sie eben nur, wenn sich alle daran halten.

In diesem Sinne bitte ich, unserem Antrag zuzustimmen und den Antrag der AfD abzulehnen. – Besten Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Herr Kollege Wildt, auch zu Ihrem Beitrag gibt es eine angemeldete Kurzintervention.

Bitte schön, Herr Kramer!

Frau Präsidentin, vielen Dank!

Kollege Wildt, Sie haben gesagt, dass wir zu einer Zeit...

(Zuruf vonseiten der Fraktion der CDU)